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Über den Bruch mit den Mao Tse-Tung - Ideen

Von Michael K.

 

Wie wohl den meisten Lesern aufgefallen ist, begann Red Channel vor einiger Zeit den vollständigen Bruch mit dem ‚Maoismus’. Leider wurden bis dahin keine umfassenden Begründungen für diesen Bruch gemacht – das soll aber hier und jetzt nachgeholt werden.

Dieser Bruch fand nicht aus ‚Jux und Dollerei’ statt, sondern ist das Ergebnis einer langwierigen Studie über die politische Entwicklung Chinas. Red Channel stand den Mao Tse-Tung Ideen schon immer relativ kritisch gegenüber und vertrat die Ansicht, dass diese keine Weiterentwicklung des Marxismus-Leninismus sind. Dennoch waren wir der Ansicht, dass Mao Tse-Tung und seine Politik dem Wesen nach sich immer noch am M-L, orientierte, aber in einigen Fragen entgegengesetzte Positionen einnahm. Diese Position muss aber revidiert werden. Aufgrund einer ganzen Reihe an Texten, die auf Red Channel veröffentlicht wurden, kommt man zu dem Entschluss, dass genau das Gegenteil der Fall ist: die Mao Tse-Tung – Ideen sind ihrem Wesen nach antimarxistisch, auch wenn hier und da einige richtige Positionen eingenommen werden. In diesem Statement will ich mich dabei auf 4 folgende Punkte thesenhaft beschränken, die meine Begründung rechtfertigen sollen: Der Große Sprung nach Vorn, die Behandlung der nationalen Bourgeoisie, die Kulturrevolution und einige philosophische Aspekte des Maoismus.

Vorweg soll aber etwas klargestellt werden: Keineswegs leugne ich, dass es während der Epoche Mao Tse-Tungs einige nennenswerte soziale Errungenschaften gegeben hat. Aber an solchen äußeren Erscheinungen, wie einem Bildungssystem, dass jedem zugänglich war, sollte man nicht die gesamte politische Linie, den Charakter einer Partei oder Politik beurteilen (auch wenn solche Erscheinungen nicht außer Acht gelassen werden sollten) – wichtiger ist, wie die Grundlinie der Partei war und hier möchte ich darlegen, warum diese Grundlinie der KP Chinas dem M-L widersprach.

 

1. Großer Sprung nach Vorn:

 

Hier soll erstmal erwähnt sein, dass Mao an der Sowjetunion Stalins kritisierte, dass dort die Landwirtschaft vernachlässigt wurde und man in China einen Weg gehen sollte, in der Landwirtschaft und Industrie gleichmäßig entwickelt werden sollen, weil in China die Bedingungen anders seien. Mal ganz unabhängig davon, dass Maos Gefasel über die angebliche Vernachlässigung der Landwirtschaft in der Sowjetunion Unsinn ist, stellt sich die Frage, was für andere Bedingungen in China herrschten, dass der Schwerindustrie nicht der Vorrang gewährt werden sollte. Oder sollte man von ausgehen, dass die Landwirtschaft ohne Mechanisierung in China besser ablaufen sollte, als in der Sowjetunion mit einer mechanisierten Landwirtschaft?

So sollte der Große Sprung nach Vorn gänzlich von dem sowjetischen Weg abweichen. Mao stellte dabei folgende Grundregeln auf:

1. sollte man eine Ausbildung von Kadern, die von ihrem Handwerk was verstehen, weitestgehend verzichten, da ja ‚Wahrheit wichtiger sei als Wissen und rote Gesinnung sei der Sachkenntnis überlegen’. Kommentar hierzu: natürlich ist es richtig, dass nicht alles 100%ig von der Sowjetunion übernommen werden muss, aber gleich alles 100% anders zu machen, das kommt aufs selbe raus. Da war man wohl etwas zu ‚kreativ’. Zum anderen kann ich nicht nachvollziehen, weshalb man auf Kader verzichten soll? Ist es etwa dumm und falsch solche zu erziehen? Soll man wieder blindlinks auf die Massen vertrauen, die werden es auch ohne uns schaffen? Das Ergebnis war wohl das umgekehrte. Aber natürlich sind Kader falsch, schließlich sind das ja bürokratische Betonköpfe, die jegliche Arbeit behindern. Oder sind Kader doch keine bürokratischen Betonköpfe, sondern Leute aus der Arbeiterklasse, die ihre Fähigkeiten erlernt haben und benutzen um den sozialistischen Aufbau zu betreiben. Natürlich besteht die Tendenz zur Abhebung der Kader gegenüber Nicht-Kadern. Aber durch eine konsequente marxistisch-leninistische Theorie und Praxis können solche Negativerscheinungen richtig behandelt werden. Im übrigen: Wahrheit entsteht durch Wissen/Lernen, rote Gesinnung durch Sachkenntnis!

2. Mao Tse-tung behauptete, dass es nicht die Partei sei, die das Volk lenken, sondern, dass es das Volk sei, das die Partei dirigieren solle. Das ist also nichts weiter als eine opportunistische Nachtrabpolitik.

Man sieht also, dass der Große Sprung auf einer vollkommen falschen politischen Linie basierte. Oder anders gesagt: das ist Verrat an den Prinzipien des Marxismus-Leninismus!

Neben der raschen Industrialisierung des Landes, welches – anders als in der Sowjetunion – vollkommen ohne einer konkreten Analyse der objektiven Bedingungen Chinas stattfand, hatte der Große Sprung nach Vorn eine weitere Funktion: einen raschen Übergang zum Kommunismus durch die Errichtung der Volkskommunen. Im Übrigen sollte die Errichtung der Volkskommunen nicht mit der Kollektivierung oder zumindest der Enteignung der Großbauern gleichgesetzt werden, denn diese fand ja vorher schon statt. Ich will hier nicht genauer auf das System der Volkskommunen eingehen, weil es sonst zu lang wäre, es sei aber erwähnt, dass dieser rasche Übergang zum Kommunismus ebenfalls eine absurde Idee ist – oder sollte China, grade mal ein Jahrzehnt nach der Revolution, für den Kommunismus reif sein?!

Ökonomisch und Landwirtschaftlich führte der Große Sprung nach Vorn in eine Katastrophe. Ein wesentliches ökonomische Ziel war, die Stahlproduktion zu erhöhen. Wir haben oben erwähnt, dass Mao und die KP Chinas auf die Ausbildung von Kadern verzichtete, genauso wie auf die Errichtung einer größeren Metall verarbeitenden Industrie. Viel mehr sollten Bauern, deren Aufgabe es eigentlich ist, für die Ernährung der Bevölkerung zu sorgen, in kleinen Hochöfen Metalle zu schmelzen und Stahl zu erzeugen. Dies war eine körperlich schwere Arbeit, daher war es für die Bauern geradezu unmöglich, ihre Felder zu bestellen, was Aufgrund des Mangels an Traktoren und anderen Maschinen (weil man ja die Landwirtschaft der Industrie bevorzugte) ohnehin schwer genug war. Zum anderen waren die Bauern in Sachen Stahl nicht ausgebildet (man verzichtete ja weitgehend auf eine Kaderausbildung), was zur Folge hatte, dass der Stahl von minderwertiger Qualität war.

Weil die Bauern ihre Felder nicht mehr bestellen konnten, kam es zu einer großen Hungersnot. Ich will mich, was diese Hungersnot angeht, nicht auf ‚Bodycounts’ festlegen, weil es egal ist, ob nun 5, 10, 20 oder mehr Millionen Menschen verhungerten. Viel wichtiger ist, warum es zu dieser Hungersnot kam. Ich will hier Mao und der KP China nicht vorwerfen, sie habe die Agrarkrise und die Stahlkrise bewusst hervorgerufen, dennoch hat diese fehlerhafte Politik Konsequenzen! Man kann ganz leicht feststellen, dass die Hungersnot in China völlig andere Gründe hatte, als in der Sowjetunion 1932 . Diese entstand in erster Linie durch die Sabotage der Kulaken, einer großen Dürreperiode, einer Thyphusepedemie und zu einem geringen Bruchteil durch das Fehlverhalten einiger KPdSU-Funktionäre während der Kollektivierung. Die Grundlinie der Partei war aber die richtige – im Gegensatz zu der der KP Chinas!

Dieser Revisionismus wurde von einigen Mitgliedern des ZK der KP Chinas – so z. B. von Peng Teh-huai - scharf kritisiert. Mao warf Peng aber vor, seine Kritik am Großen Sprung sei parteifeindlich – einige Zeit später wurde dieser auch als Parteifeind entlassen. Dennoch waren die Fehler der Großen Sprungs unübersehbar und Mao sah sich gezwungen ‚einige Fehler einzugestehen’, indem er aber auch darauf verwies, dass auch Marx von kleinbürgerlichem Fanatismus geprägt war, weil er stets auf die Revolution in Europa hoffte – als ob das Hoffen auf eine Revolution mit einer katastrophalen Ökonomie, die viele Menschen ins leid stürzte gleichzusetzen sei! Die Ironie der Geschichte ist hierbei noch, dass jene, die berechtigterweise Kritik geübt haben, auf Maos Initiative hin Repressionen unterworfen waren!

 

2. Über die nationale Bourgeoisie im Sozialismus

 

Eine weitere Missachtung des Marxismus-Leninismus durch Mao tse-Tung betrifft die Diktatur des Proletariats.

Mao ging davon aus, dass die Diktatur des Proletariats, also der Aufbau des Sozialismus, mit Teilen der nationalen Bourgeoisie durchgeführt werden konnte. Das ist kompletter Unsinn und purer Rechtsopportunismus. Hier hatte Mao den Übergang zwischen der demokratischen und sozialistischen Etappe der Revolution verwischt (in ersterer können Teile der nationalen Bourgeoisie durchaus an der Staatsmacht beteiligt sind, jedoch nicht in der sozialistischen!).

Zum anderen ging Mao auch von aus, dass die Bourgeoisie auch als Klasse dann bestehen bleibt, selbst wenn diese enteignet sei!

 

3. Kulturrevolution

 

Von jenen, die Mao als Klassiker des Marxismus-Leninismus sehen, wird die Kulturrevolution als die höchste Form des Klassenkampfes bezeichnet. Sie sei ein empfindlicher Schlag sowie eine Weiterentwicklung des Kampfes gegen Revisionismus und Bürokratie. Auch diese Behauptung deckt sich nicht mit den Tatsachen!

Die Kulturrevolution erfolgte nicht aus der Erkenntnis der Anwendung des Marxismus-Leninismus, sondern war folge der falschen Politik Maos in den 50er Jahren. Der Große Sprung nach Vorn war, wie oben erwähnt, ein ökonomisches Desaster. Auch dass Mao nicht von der Notwendigkeit der Diktatur des Proletariats gesprochen hat und mit der Bourgeoisie zusammenarbeitete, tat ihr übriges. Dies führte fast zu seiner politischen Verdrängung Maos und rechtsopportunistische Kräfte übernahmen in der Ökonomie das Ruder.

Die “Kulturrevolution” versetzt diesen offen reaktionären und revisionistischen Kräften, die allerdings später wieder die volle Macht bekamen, einen gewissen Schlag. Dennoch ist es nötig, diesen ganzen Prozess der sog. Kulturevolution genau zu betrachten zu analysieren. So müssen wir sehen, und dies sagte auch Mao, dass die Kulturevolution stattfand, weil es zuvor offen Reaktionären und Revisionisten gelingen konnte, den Partei- und Staatsapparat zu durchsetzen. Wer die Vorgeschichte der sog. Kulturevolution in seiner Betrachtung ausklammert, muss sich den Vorwurf gefallen lassen, nicht wissenschaftlich zu analysieren. Diese Abweichungen konnten eben nur deshalb am Boden gewinnen, weil Mao zuvor schwerwiegende Fehleinschätzungen vorgenommen hatte und es ‘liberalistische’ Abweichungen gab. Diese Abweichungen sind aber in der Kulturevolution keineswegs gründlich kritisiert und grundlegend korrigiert worden. An der Kulturevolution hatten zunächst vor allem die Rote Garde, revolutionäre Jugendliche, vor allem SchülerInnen und StudentInnen, und später die Armee den entschiedenen Anteil. Die Roten Garden mussten im Übrigen ihre Loyalität nicht gegenüber der Partei, sondern gegenüber Mao höchst persönlich bezeugen. So verlief die Kulturrevolution auch keinesfalls unter der Führung der Partei (die dazu hätte gesäubert werden müssen) und der Arbeiterklasse. Ebenso wurde nicht die Einheit der Partei auf marxistisch-leninistischer Grundlage hergestellt: die rechtsopportunistischen Abweichungen, die das Land in eine Lage brachte, in der die Errungenschaften der Revolution nur noch an einem seidenen Faden hingen, wurden nicht grundlegend aufgegeben oder gar grundlegend ausgemerzt. Obwohl man die praktischen Konsequenzen mit der Bourgeoisie ”auf lange Sicht” NICHT korrigiert.

Die Korrektur dieser Abweichung jedoch wäre die Voraussetzung dafür gewesen, um einen schonungslosen und allseitigen Kampf für den Aufbau und die Festigung der Diktatur des Proletariats siegreich führen zu können. Das geschah NICHT. Die falschen Ansichten Mao’s wurden nicht verworfen, sondern nur zeitweilig etwas in den Hintergrund geschoben, um später wieder aufzutauchen. So wurde z.B. niemals die Schrift ”Über die richtige Behandlung der Widersprüche im Volk” zurückgenommen, sondern wurde auch weiterhin als grundlegende Schrift propagiert. Auch die BÜRGERLICHEN Parteien wurden NICHT aufgelöst, sondern traten nur etwas in den Hintergrund. So wurden auch durch die sog. Kulturrevolution in China nur die Auswirkungen, nicht aber die Ursachen der revisionistischen Entwicklung bekämpft, und es blieben damit revisionistischen Ansichten und Elementen weiterhin Tür und Tor geöffnet, ihre Arbeit gegen die Errungenschaften der chinesischen Revolution fortzuführen.

Statt die Ursachen für die revisionistische Entwicklung vor der Kulturrevolution aufzudecken, stellte Mao seine schematische These auf, dass solche Kulturrevolutionen alle sieben bis acht Jahre durchgeführt werden sollten. Was aber heißt das? Das heißt, dass Mao nach wie vor von der Koexistenz mit der Bourgeoisie ausging und die Eroberung der Partei und des Staatsapparats durch offen reaktionäre und revisionistische Elemente zu einer ZYKLISCHEN GESETZMÄSSIGKEIT erklärte. Der Putsch der Ultrarechten (Oktober ’76), der vorläufig den Sieg der Konterrevolution in China besiegelte, aber auch bereits die Formierung dieser offen konterrevolutionären Kräfte zu Lebzeiten Mao’s, zeigt die Gefährlichkeit der Politik der ‚Koexistenz mit der Bourgeoisie auf lange Sicht’.“

Da die Kulturrevolution vor allem unter der Fürhung der Roten Garden und der Armee verlief und nicht unter der Fürhung der Partei und der Arbeiterklasse, ist das proletarische an der Großen Proletarischen Kulturrevolution durchaus anzuzweifeln. Zum anderen gingen die Roten Garden gegen die Partei und den Staatsapparat und halt nicht gegen bürokratisch entartete Elemente dieser.

Hinzukam, dass das Urteil des Großen Sprung nach Vorn vollständig revidiert wurde: dieses fehlgeschlagene Experiment wurde als großer Erfolg dargestellt. Dementsprechend ging man wieder dazu über, das sozialökonomische Konzept der Mao-Gruppe zu praktizieren. Die Bildung von den Ministerien direkt unterstellter Betriebsvereinigungen jeweils einer Branche wurde kritisiert, stattdessen sollten kleinbürgerlich organisierte Mehrzweckbetriebe errichtet werden.

Was die Verbrechen angeht, die während der Kulturrevolution angeht, so kann man folgendes dazu sagen:

Auch hier kommt es nicht wesentlich darauf an, ob solche Erscheinungen Ausnahmen waren oder die Regel – es hat zumindest solche Ausschreitungen gegeben. Viel wichtiger ist jedoch die Frage, wie mit so was umgegangen wurde!

Nehmen wir hier mal wieder die Sowjetunion als Vergleich:

Wir wissen, es hat während der Kollektivierung der Landwirtschaft und während der Säuberungen, viele Fehler, gar viele Verbrechen gegeben. Es wurden Menschen wegen geringster Lapalien in den Gulag geschickt. Die Gründe dafür waren unterschiedliche, aber es gibt einen entscheidenden Knackpunkt: Die Werktätigen in der Sowjetunion konnten, Hand in Hand mit der sowjetischen Führung und anderen ehrlichen Kommunisten in der Partei, gegen solche bürokratischen Maßnahmen vorgehen – und zwar zum großen Teil mit beachtlichem Erfolg. Solche Fehler wurden in der Partei offen angesprochen, kritisiert und beseitigt. Leider sind mir aus China solche Fälle nicht wirklich bekannt. Mir ist nicht bekannt, wo Mao sich gegen solche Auswüchse ausgesprochen hat, wie es zum Beispiel Stalin tat.

 

4. die Philosophie Mao Tse-Tungs:

 

Die hauptsächlichen Ideologischen Quellen der Philosophie des Maoismus sind die traditionelle chinesische Philosophie (vor allem der Konfuziamsmus), naiv-dialektische und sozialutopische Auffassungen aus dem alten China, der bürgerliche chinesische Nationalismus sowie anarchistische und trotzkistische Ideen. Der Maoismus ersetzt den historischen Materialismus durch Subjektivismus und Voluntarismus. Er geht nicht von der bestimmenden Rolle der ökonomischen Verhältnisse aus, sondern von einer besonderen Form der Theorie der Gewalt. Die Lehre von der Dialektik wird von Mao Tse-tung faktisch ausschließlich auf die Lehre vom Widerspruch, auf die sog. Theorie der Dualität reduziert. Die"Lehre von den Widersprüchen im Volke" beruht auf der Unterscheidung zwischen Widersprüchen im Volke und Widersprüchen zwischen dem Volk und dem "Feind". Die Widersprüche im Volke, etwa zwischen Bauern und Arbeitern werden durch demokratische Diskussionen gelöst, die politischen Widersprüche in der kommunistischen Partei werden durch Kritik und Selbstkritik gelöst, die Widersprüche mit dem Feind jedoch durch Auslöschung des Feindes.

Mao Tse-Tung aber untersucht nicht die inneren Gesetzesmäßigkeiten dieses Widerspruchs, die zur Aufhebung beider Seiten führen, sondern er betrachtet die Einheit der Gegensätze als einfaches Nebeneinanderbestehen in einem Prozess. Er erkennt zwar eine Wechselwirkung zwischen den beiden Seiten an, sieht diese aber rein mechanisch. Somit sieht er auch kein Ende des dialektischen Prozesses vor, sondern nur einen mechanischen Austausch der Plätze zwischen den beiden Seiten des Widerspruchs. Seiner Ansicht nach, und das ist ja all zu gut bekannt, muss es im Sozialismus immer wieder zur Entstehung einer neuen Bourgeoisie kommen, die die Macht ergreift und dann nach dem Prinzip „Rebellion ist gerechtfertigt“ in einer neuen Kulturrevolution gestürzt wird, was sich alle 8 bis 10 Jahre wiederholen soll. Das ist also Maos „Theorie“ vom Platztausch, das wohl immer weiter so gehen wird (und der Kommunismus wird wohl so ad absurdum geführt, da es ja immer wieder zur Entstehung der Bourgeoisie kommen wird – nicht kann, sondern WIRD!)

Diese Vorstellung widerspricht der Dialektik, die den Entwicklungsprozess nicht als einfachen Wachstumsprozess begreift, in welchem quantitative Veränderungen nicht zu qualitativen Veränderungen führen, sondern als eine Entwicklung, die zu grundlegenden Veränderungen führen, sondern als eine Entwicklung, die zu grundlegenden Veränderungen, zu qualitativen Veränderungen übergeht.

Mao macht in vielen Fällen Gegensatzpaare für die Entwicklung der Dinge verantwortlich, die es in Wirklichkeit nicht sind, und verdeckt damit die wirklichen Widersprüche, die die Dinge vorantreiben. Ein Beispiel:

„ Bekanntlich verwandeln sich Krieg und Frieden ineinander. Der Krieg verwandelt sich in den frieden; so ging zum Beispiel der erste Weltkrieg in den Nachkriegsfrieden über; der Bürgerkrieg in China hat jetzt aufgehört, und an seine Stelle tritt der innere Frieden. Der Frieden verwandelt sich in den Krieg; 1927 verwandelte sich beispielsweise die Zusammenarbeit zwischen Kuomintang und der Kommunistischen Partei in den Krieg; möglicherweise wird sich der heutige Friedenszustand in der Welt in einen zweiten Weltkrieg verwandeln. Warum geschieht das? Weil in der Klassengesellschaft zwischen solchen gegensätzlichen Dingen wie Krieg und Frieden unter bestimmten Bedingungen eine Identität besteht.“ (Mao, Über den Widerspruch, a. a. O., S. 398f. – Hervorhebung von mir).

Mao behauptet also allen Ernstes: Die Ursache für einen konkreten Krieg ist der vorzeitige Friedenszustand, die Ursache für einen Friedenszustand der vorherige Krieg. Die „Identität von Krieg und Frieden“ bewirkt einen konkreten Wechsel zwischen krieg und Frieden. Das ist doch absurd! Hat denn das logische gegensatzpaar Krieg/Frieden den zweiten Weltkrieg hervorgebracht? Nein, es handelt sich hierbei nämlich nicht um ein Verhältnis zwischen Wirkung und Ursache, sondern es ist bloß eine rein zeitliche Abfolge von Ereignissen. Ebenso geht der Sommer dem Winter voraus, ist aber nicht Ursache für den Winter, es ist nämlich die Erddrehung, die den Wechsel der Jahreszeiten bewirkt. Dieser Unsinn scheint wohl der eines abergläubischen Menschen zu sein, der, wenn er vor einem Kriegsausbruch eine Sonnenfinsternis beobachtet, diese als Ursache für den Krieg sieht!

Die marxistische Dialektik untersucht die wirklichen Ursachen eines Krieges, etwas das Weltherrschaftsstreben der imperialistischen Mächte und deckt auf, dass Krieg und Frieden nur unterschiedliche Mittel der gleichen imperialistischen Politik sind. Macht man aber das gegensatzpaar Krieg/Frieden für einen konkreten Kriegsausbruch verantwortlich, dann erklärt man gar nichts! Mao macht auch in vielen anderen Fällen für gesellschaftliche Entwicklungen Gegensatzpaare verantwortlich, die überhaupt keinen gesellschaftlichen Inhalt haben. So erscheint bei Mao das rein logische gegensatzpaar Haben/Nichthaben, Erwerb/Verlust als Triebkraft der chinesischen Agrarrevolution.

 

 

Dies sollte im Großen und Ganzen reichen um zu begründen, weshalb die Mao Tse-Tung – Ideen dem Wesen nach antimarxistisch sind. Man könnte mit Sicherheit noch eine Menge mehr schreiben: so die opportunistische Haltung zum Tito-Revisionismus, ihre falsche Kritik an Stalin, die Anbiederung an den US-Imperialismus etc. Doch das würde den Rahmen sprengen. Zum anderen wurden auf red channel eine Unmenge an Texten veröffentlicht, die den Maoismus entlarven. Dieser Text soll nur eine möglichst kurze Zusammenstellung einige wichtiger Punkte sein. Wer sich in dieser Frage weiter informieren möchte, so gebe ich mal die hier die wichtigsten links zur Entlarvung Maos an:

 

  1. Briefwechsel zur Beurteilung Maos: http://red-channel.de/texte/mao.htm
  2. Der 'Große Sprung Nach Vorn' (China 1958) oder: Welchen praktischen Wert besitzen die 'Mao-Tse-tung-Ideen'? http://red-channel.de/mlliteratur/soz_staaten/grossersprung.htm
  3. A. Schelochowzew: Chinesische Kulturrevolution aus der Nähe Augenzeugenbericht eines sowjetischen Beobachters (Stuttgart 1969) http://red-channel.de/mlliteratur/soz_staaten/schelochowzew.htm
  4. Bill Bland: Klassenkämpfe in China: http://kpaufbau.de/html/to-wzp/to-wzp14-18-1.htm
  5. die KP Chinas und der XX. Parteitag der KPdSU: http://red-channel.de/mlliteratur/soz_staaten/kpch20ptkpdsu.htm
  6. die Mao Tse-Tung – Ideen auf dem Gebiet der politischen Ökonomie http://red-channel.de/mlliteratur/soz_staaten/mao_oekonomie.htm

 

Der Bruch mit dem Maoismus hatte natürlich die unterschiedlichsten Reaktionen hervorgerufen. Einige begrüßten diese Entscheidung, andere waren enttäuscht, wieder andere waren empört. Diese Reaktionen sind durchaus verständlich. Die einzige konstruktive Kritik die jetzt aber kam, war, dass ich diesen Bruch begründen sollte – was ich hiermit getan hatte. Wieder andere sprachen von einem Angriff auf die Mao Tse-Tung – Ideen. Wer die Veröffentlichung historischer Dokumente und Analysen als einen Angriff sieht, mag dies so sehen – an den Tatsachen ändert dies aber nichts. Ich möchte hier aber betonen, dass ich nicht die Weisheit mit Löffeln gefressen habe und durchaus einige falsche Positionen hier vertreten kann – wer meint, ich liege in manchen Bereichen falsch – wie z. B. der Kulturrevolution – der hat natürlich das Recht und die Möglichkeit hier dementsprechend ne Stellungnahme zu schreiben, die ich dann veröffentlichen kann. An dieser Stelle sei dann folgendes vermerkt: Der Genosse, mit dem ich die Diskussion über Mao und Stalin geführt hatte, bat mich, seine Briefe aus meiner Seite zu löschen, weil er die Entwicklung meiner Seite in dieser Form nicht unterstützen möchte. Mal ganz unabhängig davon, dass die Anonymität des Schreibers bewahrt wurde, finde ich diese Entscheidung bedauerlich. Und zwar insofern bedauerlich, weil es für eine solidarische Diskussion, für eine Aufarbeitung der chinesischen Geschichte, für eine Weiterentwicklung des Marxismus-Leninismus nicht fördernd ist, sondern schädlich – es wäre sicher klüger gewesen sich meinen Behauptungen/Thesen/Argumenten/Positionen zu stellen und diese nach dem marxistischen Prinzip ‚alles zu hinterfragen’ auseinander zu nehmen, was auch meiner Entwicklung, meinem Verständnis des Kommunismus weiter geholfen hätte – unabhängig davon, ob ich mit den Positionen des anderen übereinstimme oder nicht. Aber letztendlich hat der Schreiber eines Textes das letzte Wort und ich halte mich an gewisse Copyrights (im Übrigen sind meine Briefe natürlich noch vorhanden und für jeden zugänglich)

 

Rotfront

Michael