zurück zu eigene Texte

Briefwechsel zur Beurteilung Mao Tse-tungs

1. Schreiben des Genossen D. (Der Brief wurde auf Wunsch des Verfassers gelöscht!)

2. Erste Antwort des Genossen Michael K.

3. Zweiter Brief des Genossen D. (Der Brief wurde auf Wunsch des Verfassers gelöscht!)

4. Zweite Antwort des Genossen Michael K.

(Der Brief wurde auf Wunsch des Verfassers gelöscht!)

 

Erste Antwort des Genossen Michael K.

Hallo D. gerade habe ich deine Reaktion auf die Veröffentlichung "anti-maoistischer" Texte bekommen, und versuche kurz mal darauf einzugehen:

Fange ich mal ganz hinten an. Du schreibst folgendes:

"du solltest dich mal bei der Veröffentlichung von Texten auf deiner Seite entscheiden".

Das tue ich, ganz gewiss. Auf der Startseite steht ganz unten folgender Satz: "Wir stützen uns auf den antirevisionistischen Kampf der KPChinas und der Partei der Arbeit Albaniens (aber auch der KPIndonesiens, der KPBrasiliens und der RKPChiles u.a) gegen den modernen Revisionismus, wobei wir deren kommunistischen Positionen verteidigen, ihre Fehler aber konsequent und solidarisch kritisieren." (Hervorhebung von mir)

Was heißt dies im Klartext? Das heißt, dass es sich bei red-channel weder um eine maoistische noch um eine hoxhaistische Seite handelt, sondern beide Positionen vetritt, oder genauer: beide Positionen zu Wort kommen lässt, ganz unabhängig davon welche Positionen ich vertrete. Sollte ich zur einen oder anderen Frage/Stellungnahme eine andere Position vertreten, kann ich, wenn ich die Zeit und die Möglichkeiten habe, den einen oder anderen Text kritisieren - dies ist bisher zwar noch nicht umfangreich geschehen, liegt aber nicht zuletzt daran, dass es doch sehr viel Arbeit ist und es wichtigeres zu tun gibt. Diese Position wird auch letztendlich auf meiner Seite unter "links" nochmals verdeutlicht: " Redchannel ist eine parteiunabhängige, aber in ihren Positionen dennoch prinzipienvolle marxistisch-leninistische Internetseite, die sich zum Ziel erklärt hat, den werktätigen Massen die Geschichte des Sozialismus/Kommunismus aus marxistisch-leninistischer zu erklären und dabei auch unterschiedliche Positionen zu berücksichtigen. ... Dabei muss erwähnt werden, dass wir mit der einen oder anderen Publikation nicht 100%ig einer Meinung sind. Dennoch halten wir diese für lesenswert und diskussionswürdig. Sollten wir bei einigen Publikationen nicht einer Meinung sein, so werden wir auch dazu entsprechende Kritiken schreiben (außerdem ist es auch möglich über unser Positionen Kritiken zu schreiben, die wir dann auf Wunsch hier veröffentlichen können). Der Leser dieser Seite soll sich über die Veröffentlichungen eine eigene Meinung bilden."

Es ist dabei natürlich klar, dass ich nicht nur "anti-maoistische" Texte veröffentliche, sondern auch die Gegenposition. (zugegeben, davon ist nicht viel auf meiner Seite drauf, das liegt aber eher am Mangel an Informationsquellen, als einer persönlichen Annäherung zu Hoxha.)

weiter schreibst du:

"aber ich bin mir nicht sicher, ob du die Mao-Tse-Tung-Ideen ausreichend studierst, um sie deinerseits kritisieren zu können - manchmal habe ich das Gefühl, du lehnst sie ab."

Das ist gar nicht mal so falsch, zugegeben. Mit Mao (genauso wie mit Hoxha) beschäftige ich mich erst seit kurzem und kann dabei natürlich auch nicht 100%ig sagen, dass das, was ich lese richtig oder falsch ist. Nur denke ich schon, dass ich mir momentan ein Bild vom Mao und Hoxha machen kann, auch wenn sich das Bild noch ändern kann.

Nur wenn du schreibst: "Hoxha war der Revisionist, nicht Mao - hier verläuft der Trennstrich zwischen Marxismus-Leninismus und Neorevisionismus", halte ich es irgendwie für Schwachsinn, denn ein Hoxhaist würde genau dasselbe sagen, nur halt mit vertauschten Namen. Ein grundlegender Beweis ist es nicht. Ich sehe es eher so: Sowohl Mao als auch Hoxha vertraten marxistisch-leninistische Positionen, aber auch revisionistische.... dazu aber etwas später ... du hast schon recht, wenn du mir "vorwirfst", dass ich eine zentralistische Position zu Mao und Hoxha vertrete, genau aus dem oben genannten Grund.

Du schreibst:

"denn der "Maoismus" ist identisch mit dem Marxismus-Leninismus, der nicht mit Stalins Beiträgen dazu abgeschlossen ist - einen solchen Standpunkt einzunehmen, bedeutet auf den Pfaden des Dogmatismus zu wandeln"

Dass der Marxismus-Leninismus nicht mit Stalins Beiträgen abgeschlossen ist, ist mir schon klar, aber er wird durch die "Mao-Tse-Tung-Ideen" nicht konsequent weiterentwickelt. Warum? Ich gebe mal einige Standpunkte wider, warum ich das so sehe (PS: diese Kritiken an Mao, habe ich nicht von Hoxha, da ich zum Beispiel Imperialismus und Revolution nicht gelesen habe):

- Mao vertrat Mitte der 50er Jahre die Theorie, dass die Widersprüche zwischen (nationaler) Bourgeoisie und Proletariat in China nicht-antagonistisch seien und man mit Teilen der nationalen Bourgeoisie den Sozialismus aufbauen könnte (also die macht im Staate teilen). Diese Position ähnelt einmal der Bucharins, der während der Kollektivierung behauptet hatte, die Kulaken würden friedlich in den Sozialismus "hineinwachsen". Die Theorie Bucharins führte natürlich zu solchen Ergebnissen: die Kulaken ermordeten Bolschewiki, Kollektivbauern und revolutionäre Arbeiter, zettelten Bauernaufstände an, verbrannten ihre Ernten oder schlachteten ihr Vieh, schlichen sich in die Partei ein um Mittelbauern als "Kulaken" zu denunzieren um sie zu deportieren usw. ... Vorgänge, die auch v o r der Kollektivierung der Landwirtschaft 1929 stattfanden! Zum anderen ist diese falsche Position Maos mit einer der revisionistischen Thesen des XX. Parteitages der KPdSU vergleichbar, man kann annehmen, dass Mao von diesem anfangs beeinflusst war. Richtig ist aber, dass zur Zeit der Kulturrevolution von dieser These wieder abwich und die marxistisch-leninistische Position wieder einnahm. mehr zu diesem Aspekt, siehe meinen letzten Brief über die "Stalinfrage" http://red-channel.de/texte/kritik.htm#6

- Die Hundert-Blumen-Kampagne: diesbezüglich kann ich wahrlich wenig sagen, da ich mich damit nicht umfassend beschäftigt habe, also lasse ich es erstmal sein darüber zu schreiben

- Der große Sprung nach Vorn: war ein großer Sprung nach hinten, mehr kann man dazu nicht sagen!

- Maos antirevisionistischer Kampf: Es ist lobenswert, dass Mao hierüber wertvolle Dokumente lieferte, die auch heute noch von großer Bedeutung sind, keine Frage. Dennoch waren auch hier einige Positionen fehlerhaft (Stalinfrage, Frage über die Möglichkeit des friedlichen Übergangs zum Sozialismus, Tito-Frage etc.), aber soweit ich weiß hatten wir das Thema schon mal, sodass ich hier nicht weiter eingehen brauch.

- Der Kampf zweier Linien in der Partei: Dieser Punkt ist nicht ganz falsch, da es richtig ist, dass es in der Gesellschaft und somit in der Partei Widersprüche gibt (das leugnete Hoxha übrigens auch nicht), falsch ist aber folgendes: Die Annahme, dass es immer einen ewigen Kampf Zweier Linien gibt und geben wird ist Unsinn. Denn nicht jede abweichende Meinung muss zu einer politischen Linie werden und die bürgerliche Linie kann in der Partei verhindert werden. Ein Prinzip der marxistisch-leninistischen Partei ist für die ideologische Reinheit der Partei zu kämpfen. Wenn man aber die Position vertritt, dass es immer einen Kampf zweier Linien in der Partei gibt, so muss man zwangsläufig darauf schließen, dass gegnerische, parteifeindliche Positionen geduldet werden, da es ja immer einen Kampf zweier Linien der Partei gibt, was aber nicht heißt, dass Mao einen konsequenten Kampf gegen solche Parteifeinde geführt hat. Das kann vielleicht auf die KPChina zutreffen, aber nicht als allgemeingültiges Gesetz für jede marxistische Partei festgelegt werden. Zum anderen sollte man folgendes bedenken: wenn der Kampf zweier Linien ewiges Gesetz der Partei ist, muss man sich die Frage stellen ob und wenn überhaupt wann, die Klassengegensätze, die Klassenwidersprüche verschwinden?

- Kulturrevolution: Zweifellos hatte die Kulturrevolution 1966 positive Aspekte, sie einfach so zu verdammen ist falsch. Man muss aber bedenken, dass die Kulturrevolution, auch wenn an sich nicht fehlerhaft, dennoch einige gravierende Fehler enthielt. Es sollte dabei erwähnt werden, dass die Kulturrevolution auch die konsequente Folge der falschen Politik Maos Mitte der 50er Jahre war (Tolerierung der nationalen Bourgeoisie, großer Sprung etc.). Folglich war die Kulturrevolution in dieser Hinsicht eine Art inoffizielle Selbstkritik, da einige falsche Aspekte der 50er korrigiert wurden. Dennoch sind wichtige Fehler nicht korrigiert worden:

Es wurden im ideologischen Kampf nicht an erster Stelle die Lehren von Marx, Engels, Lenin und Stalin propagiert, weder im Allgemeinen noch in bezug auf die Fragen der Kulturrevolution und der Fortsetzung der Revolution unter der Diktatur des Proletariats. Insbesondere die Erfahrung aus der Zeit Stalins wurde fälschlicherweise faktisch hauptsächlich als "negative Lehre" verwendet, die positiven Erfahrungen des Klassenkampfes in der SU zur Zeit Stalins wurden nicht wirklich ausgewertet und propagiert, Stalin wurde ganz falsch kritisiert (siehe dazu auch unseren Briefwechsel zur Stalinkritik der MLPD)

Stattdessen wurden die MTT-Ideen als zentrale ideologische Waffe propagiert und damit die Rolle des M-L herabgesetzt. Dahinter stand die Vorstellung, dass Mao und die Kulturrevolution in China nun die "Fehler" Lenins und Stalins (die jene unvermeidlich oder auch aufgrund subjektiver Verantwortung gemacht hätten) beseitigt hätten und der M-L einen "völlig neuen Gipfel" erreicht habe.

Mit einer solchen Vorstellung war zweierlei möglich: Zum einen konnte überhaupt kein Verständnis geschaffen werden, welche umfassenden Fehler die Linie der KPChinas vor 1966 die Vorherrschaft der Revisionisten ermöglicht hatten, welche Fehler in diesem Zusammenhang Mao gemacht hatte. Es wurde die ganz falsche These propagiert, dass Liu Schao-tschi alle Fehler "eingeschmuggelt" hätte. Der ganze Umfang des Kampfes gegen den Revisionismus konnte somit gar nicht erkannt werden. Mit einer solchen Vorstellung konnten zum zweiten aber auch die Fehler während der Kulturrevolution selbst nicht kritisch aufgedeckt werden.

Grundlegende theoretische Fehler der Kulturrevolution bestanden in der falschen Verallgemeinerung gerade spezifischer Züge der chinesischen Realität, deren Ursachen aufgedeckt, nicht aber zur Theorie hätten erhoben werden sollen.

Das betrifft einmal die These, dass im Sozialismus die Bourgeoisie als Klasse bis zum Kommunismus existiert. In der tat existierten in China bis 1966 offensichtlich noch Profit für Teile der nationalen Bourgeoisie, in der tat verselbstständigten sich manche Teile der staatlichen Betriebe zu Profit bringenden Unternehmen der neuen Bourgeoisie, aber das war eben ein Fehler, zudem auch eine Besonderheit in China im Zusammenhang mit falschen Vorstellungen beim Übergang von der demokratischen zur sozialistischen Revolution. Gerade das wurde nicht aufgedeckt, die Liquidierung der Bourgeoisie als Klasse wurde nicht propagiert, sondern die Fortexistenz der "Bourgeoisie" als Klasse auch unter sozialistischen Produktionsverhältnissen wurde als theoretische Entdeckung der MTT-Ideen dargestellt. In dieser Richtung wurde sogar Stalin kritisiert, weil Stalin (eben richtig!) feststellte, dass die Bourgeoisie als Klasse im Sozialismus beseitigt werden kann und muss. (siehe dazu auch unseren Briefwechsel). Ebenso wurde auch der ewige Kampf zweier Linien weiter propagiert. Es hätte klargestellt werden müssen, dass es wohl bis 1966 in der Partei zwei Linien existierten. Aber aus der Not hatte man eine Tugend gemacht und man hatte diese fatale Tatsache für die Zukunft aller Länder verallgemeinert, als eine neue "Entdeckung" der MTT-Ideen), statt klarzumachen, dass die marxistisch-leninistische Linie die revisionistische völlig zerschlagen und aus der Partei entfernen muss.

Die These, dass alle 6 bis 7 Jahre, sich sozusagen im zyklisch eine neue Kulturrevolution ereignen müsse, war in mehrfacher Hinsicht falsch:

- es wurde somit eine spezifische Form der Kulturrevolution in China mit all ihren sehr ungünstigen Bedingungen und Eigenheiten als Gesetzesmäßigkeit, die sich wiederholt, propagiert.

- Diese These legt somit die Vorstellung nahe, ein erneutes massives Auftreten der Revisionisten als "normal" anzusehen und alle Hoffnungen auf die "nächste" Kulturrevolution anstatt auf den sofortigen kompromisslosen Kampf zu legen.

dass es in der Kulturrevolution zu Verbrechen kam, streitest weder du noch ich ab, dennoch sollte man eine Situation hier schildern:

Ich zitiere aus einem teil des Buches: Niu Niu: keine Träne für Mao:

'Sie fesselten ihr die Hände auf dem Rücken und nahmen sie mit. Sie hat überhaupt keinen Widerstand geleistet und sich ohne ein Wort abführen lassen. Wir waren alle fassungslos und schrien gellend hinter ihr her.

Der Anführer der Abordnung der 'Roten Garden', der Vater von Zhou Qiang, schlug mit der Faust auf das Pult, um uns zum Schweigen zu bringen.

'Schüler! Sie ist nicht eure Lehrerin! Sie ist schon lange eine Konterrevolutionärin! Sie hat schlimme Taten begangen, von denen ihr nichts wisst! Sie hat es sogar gewagt, schlecht über unseren großen Mao zu reden! Alle Schüler aus allen Schulen müssen sie hassen und verachten! Ich fordere euch auf, eine Anklageschrift gegen sie zu schreiben!'

Sie beschreibt dann die Anklageversammlung gegen die ehemalige Direktorin der Schule:

'Sie stand da wie meine Großeltern, die Hände auf dem Rücken und eine Tafel um den Hals, auf der "Konterrevolutionärin" stand. Man hatte ihr die Haare halb abrasiert, um sie zu demütigen. Das sollte bedeuten, dass sie nur noch ein halber Mensch war, ein menschlicher Abschaum. In der kurzen Zeit war sie um Jahre gealtert. ... Jeder Lehrer hatte von der Tribüne aus seine Denunziationsschrift verlesen.'

Auch die Schüler mussten Anklageschriften gegen die Lehrerin Yang verlesen.

Kann so der Kampf gegen den 'Revisionismus' ausgesehen haben oder war dies nicht eher ein Kampf gegen all jene, die es wagten, gegen den Großen Vorsitzenden ihren Mund aufzumachen?'

(Quelle: Niu Niu, 'Keine Tränen für Mao. Eine Kindheit während der Kulturrevolution', Paris 1989, S. 116ff).

Mein Kommentar: Natürlich könnte man jetzt einfach so behaupten, dass es während der Säuberungen 1937 doch auch ungerechtfertigte Verhaftungen gegeben hat. richtig die gab es, dennoch gibt es qualitative unterschiede:
1. beweißt dies, dass eine sog. Massenmobilisierung vom Ergebnis her nicht besser ist, als wenn man die Sicherheitspolizei einsetzt um den Revisionismus zu bekämpfen (was ja auch nicht 100%ig den Tatsachen entsprach)... im Gegenteil, das NKWD brach nicht in irgendwelche Schulen ein und verhaftete irgendeine Lehrerin und bläute den Kindern ein, dass diese Lehrerein böse war, man hatte verhaftet und gut ist.
2. gab es die Möglichkeit in der SU sich gegen solche ungerechtfertigten Verhaftungen zu verteidigen, was in der Kulturrevolution wohl nicht möglich war. Zu wem hätte man denn hingehen können um sich zu beschweren wenn alle staatlichen Einrichtungen "bombardiert" wurden? Sich etwa vor dieser rebellierenden Masse hinstellen und sagen das man unschuldig war? Das wäre blanker Selbstmord.
3. gab es während der Säuberungen keine öffentliche Denunzierung von vermeidlichen oder tatsächlichen Konterrevolutionären ... zumindest nicht in dieser krassen Form.

Massenmobilisierung ist ja richtig und wichtig, aber ob das während der Kulturrevolution wirklich so war? Tut mir Leid da bin ich eher skeptisch

  weiter kann man über die Kulturrevolution folgendes sagen:(ich zitiere hier wieder Niu Niu)

"Zwei Wochen später fing die Schule wieder an. Wir gingen alle in eine neue Schule, um weiter die Worte Maos und die Hymnen zu seinem Ruhm zu lernen. ...

Ich lernte weiterhin eifrig: Ich kannte alle neuen und alten Zitate auswendig, und ich putzte sorgfältig das Klassenzimmer. - Eine Woche, nachdem der Unterricht wieder angefangen hatte, verkündete die Lehrerin uns, nachdem sie 'Guten Tag, Mao!' ausgerufen hatte, wir müssten jetzt jeden Morgen auf vier Fragen antworten: 'Liebst du Mao?', 'Wirst du Mao dein Leben lang folgen?', 'Bist du ein gehorsames Kind Maos?', 'Hast du Mao etwas anzuvertrauen?'.

Auf die ersten drei Fragen musste man, ohne zu zögern antworten: 'Ja, ich liebe den großen Mao, ich werde Mao mein Leben lang folgen, ich werde mein Möglichstes tun, um Mao ein gehorsames Kind zu sein.'

Die vierte Frage war jedoch etwas schwieriger. Wenn die Schüler Vergehen zugegeben hatten, dass sie sich z.B. gestritten oder ihre Hausaufgaben nicht gemacht hatten, mussten sie sagen: 'Ich habe Mao Vergehen zu bekennen: Gestern habe ich mich mit meinem Kameraden geprügelt. ... Ich habe während des Unterrichts geschwätzt. ... Ich bitte Mao um Verzeihung..'.

Das Ritual fand jeden Morgen vor dem eigentlichen Unterricht statt. Auch wenn wir nicht alles verstanden, mussten wir doch die Antworten auswendig hersagen, denn Mao hatte gesagt:

'Wenn du verstehst, mache es besser; wenn du nicht verstehst, handle zuerst und verstehe dann
.'"
(Niu Niu, 'Keine Tränen für Mao. Eine Kindheit während der Kulturrevolution', Bergisch Gladbach 1990, S. 126f).

Genau das Gegenteil jedoch lehrt der Marxismus. Er lehrt: 'Verstehe zuerst, handle dann!' Denn der Marxismus ist Erziehung zum selbstständigen Denken, eine Anleitung zum Handeln, n a c h d e m man etwas verstanden hat."

 

soviel dazu ... bin mal auf deine Antwort gespannt

msg Michael zurück

 

(Der Brief wurde auf Wunsch des Verfassers gelöscht!)

zurück

 

Zweite Antowort des Genossen Michael K.

1. zum Begriff „Maoismus“ und zur Rolle Enver Hoxhas
2. Über die Bourgeoisie im Sozialismus
3. Zur Frage über die Existenz der Ausbeuterklassen im Sozialismus
4. Großer Sprung nach Vorn
5. Mao Tse-tungs Kritik an Stalins 'Ökonomischen Probleme ..' und seine eigenen politökonomischen Ideen
6. Zur Haltung der KP Chinas zum Tito-Revisionismus
7. Kulturrevolution 
8. Die Philosophie Mao Tse-tungs 
9. Literatur 
      

Hallo D.,

nachdem wohl deine Antwort jetzt vollständig ist, gehe ich mal Punkt für Punkt vor ;-)

 

1. zum Begriff „Maoismus“ und zur Rolle Enver Hoxhas

 

Deine Einschätzung, dass gewisse Kampfbegriffe wie „Stalinismus“ (übrigens ein Begriff den ich niemals gebraucht habe) oder „Maoismus“ oder was auch immer, eindeutig ein Kampfbegriff der Konterrevolution war und ist. Dass es dennoch viele Organisationen gibt, die gerne vom „Stalinismus“ (wie es die KPD/ML in den 70ern vertrat) und vor allem vom „Maoismus“ im positiven Sinne reden, zeigt, dass es wohl eine Menge an Organisationen gibt, die selber vom Marxismus-Leninismus wenig bis gar nix verstehen.

Aber anscheinend habe ich das Gefühl, dass du mich in meiner „Maoismus“-Ansicht nicht oder falsch verstehst. Wenn ich meine Kritiken zu Mao schreibe, so scheinst du das Gefühl zu haben ich verteidige damit unkritisch oder dogmatisch Enver Hoxha, der ja als der große „Kritiker“ Maos gilt. Dass dem nicht so ist habe ich mehr als genug verdeutlicht, aber betone es gerne noch mal:

Ich stimme mit dir überein, wenn du schreibst:

„ Hoxhas Fehler waren tödlich nicht nur für den albanischen Sozialismus, sondern auch für die marxistisch-leninistische Weltbewegung nach Maos Tod und dem revisionistischen Staatsstreich von Deng und Hua. Hoxha hat objektiv die marxistisch-leninistische Bewegung gespalten und damit als solche liquidiert! Dieser Tatsache gegenüber darf man sich nicht liberal stellen!“

Hoxhas Fehler bestand nicht (nur) in dem Inhalt der Kritik, also dass er Mao kritisiert hatte, sondern in der Form der Kritik. Der Verlag Benario Baum hat ein Buch herausgebracht, in dem auf dem Boden des Marxismus-Leninismus Hoxhas Buch „Imperialismus und Revolution“ scharf aber dennoch solidarisch kritisiert hat. Gleichzeitig haben die Autoren dieses Verlags (der übrigens der Gruppe GDS sehr nahe steht) eine zweibändiges Buch herausgegeben, in dem Maos Wirken kritisch, aber dennoch solidarisch ausgewertet wird. Genau diese Position vertrete ich – gut vielleicht ist der in meinem ersten Brief erwähne Begriff „zentralistisch“ falsch gewählt – und distanziere mich von verleumderischen Attacken a la „Imperialismus und Revolution“. Ich kann natürlich nicht bestätigen, ob alles 100%ig ist, was die Autoren in ihren Werken erwähnen, das kann nur eine weitere Forschung zeigen, jedoch sind sie in ihren Ausführungen sehr überzeugend und ich habe nicht das Gegenteil feststellen können (zum Beispiel Zitatfälschungen)

Wo ich hierzu liberal stehen soll weiß ich nicht, aber vielleicht kannst du es mir ja erklären? zurück

 

2. Über die Bourgeoisie im Sozialismus

 

Es ist nicht falsch, dass in der neudemokratischen Etappe der Revolution, teile der nationalen Bourgeoisie an der Staatsmacht beteiligt sind. Aber es kann nicht sein, dass in der sozialistischen Etappe der der Revolution diese an der proletarischen Staatsmacht, sprich an der Diktatur des Proletariats, beteiligen kann.

Wenn du schreibst, „dass der Widerspruch zwischen dem chinesischen Proletariat und der nationalen Bourgeoisie an und für sich der Widerspruch zwischen Ausgebeuteten und Ausbeutern, sprich antagonistisch, sei, dieser aber unter den konkreten chinesischen Bedingungen und durch eine richtige Behandlung dieses Widerspruchs in einen nicht-antagonistischen verwandelt werden könne“, ist das nicht falsch.

Doch diese Darlegung zielt auf einen ganz bestimmten Punkt: sie dient als Rechtfertigung der revisionistischen Position, dass der Widerspruch zwischen (nationaler) Bourgeoisie und Proletariat in China nichtantagonistisch, demokratisch, gewaltlos behandelt werden müsse!

Betrachten wir die Argumentation Maos im Einzelnen:

„ In unserem Land gehört der Widerspruch zwischen der Arbeiterklasse und der nationalen Bourgeoisie zu den Widersprüchen im Volk“ (Über die richtige Behandlung der Widersprüche im Volk, 1957, Bd. 5, S. 436)

„ Der Widerspruch zwischen der nationalen Bourgeoisie und der Arbeiterklasse, ein Widerspruch zwischen Ausbeutern und Ausgebeuteten ist an und für sich antagonistisch. Aber unter den konkreten Bedingungen unseres Landes kann dieser antagonistische Klassenwiderspruch, wenn er richtig behandelt wird, in einen nichtantagonistischen umgewandelt und auf friedlichem Weg gelöst werden.“ (ebenda)

„ Unter gewöhnlichen Umständen sind Widersprüche im Volk nicht antagonistisch. Aber wenn man sie nicht richtig behandelt, wenn man die Wachsamkeit verliert, sorglos und nachlässig wird, kann ein Antagonismus entstehen. In einem sozialistischen Land tritt eine solche Erscheinung gewöhnlich nur örtlich begrenzt und zeitweilig auf, und zwar deshalb, weil dort das System der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen abgeschafft worden ist und die Interessen des Volkes im Grunde einheitlich sind“ (ebenda, S. 441/442)

„Widersprüche in der sozialistischen Gesellschaft unterscheiden sich grundlegend von Widersprüchen in den alten Gesellschaften,...... . Die Widersprüche in der kapitalistischen Gesellschaft finden ihren Ausdruck in heftigen Antagonismen und Konflikten......; sie können nicht vom kapitalistischen System selbst, sondern nur durch eine sozialistische Revolution gelöst werden. Widersprüche in der sozialistischen Gesellschaft ....... sind nichtantagonistisch und können fortlaufend durch das sozialistische System selbst gelöst werden.“ (ebenda, S. 444)

Da Mao davon ausging, dass in China

  • sozialistische Produktionsverhältnisse im wesentlichen geschaffen waren,
  • die nationale Bourgeoisie und ihre Parteien „ für den Sozialismus“ waren

schlussfolgerte er, dass zwischen Bourgeoisie und Proletariat der „Antagonismus verschwindet“, ja sich in einen nichtantagonistischen Widerspruch verwandelt habe, der demokratisch gelöst werden könne.

Meine Kritik hierzu:

  1. Diese Behauptungen Maos widersprechen der Theorie des Klassenantagonismus. Für Lenin war klar, dass der Klassenantagonismus im Sozialismus nur insofern „verschwindet“, dass die Ausbeuterklassen als Klasse „verschwinden“, da diese als Klasse liquidiert werden. Bei Mao dagegen verschwindet angeblich der Klassenantagonismus, OHNE dass die Bourgeoisie als Klasse verschwindet. Bei Lenin war das verschwinden des Antagonismus eindeutig FOLGE der Liquidierung der Bourgeoisie als Klasse, d. h. ihrer gewaltsamen Enteignung durch das an der Macht befindliche Proletariat, also durch die Diktatur des Proletariats. Bei Mao dagegen wird der ursprüngliche antagonistische Widerspruch auf geheimnisvolle Weise in einen nichtantagonistischen verwandelt, worauf die Bourgeoisie zwar nicht als Klasse verschwindet, aber aufhört im Sozialismus feindlich zu sein, sogar seinen Aufbau akzeptiert.
  2. Mao schlussfolgerte im Grunde fälschlicherweise, weil Sozialismus herrsche, könne es auch keine antagonistischen Widersprüche zwischen Klasen geben. Dabei wird jedoch die erst im Aufbau befindliche sozialistische Gesellschaftsordnung, in der es auf ökonomischen Gebiet noch wesentliche Reste der alten Ausbeutergesellschaft gibt, mit der voll entwickelten und vollständig verwirklichten sozialistischen Gesellschaft durcheinander gebracht. Was China betrifft, so existiert ja gerade 1957 k e i n e s f a l l s, wie Mao behauptete, auf allen wesentlichen Gebieten das sozialistische System, sondern es existierten in noch bedeutendem Grade kapitalistische Ausbeutung und es existierte Bourgeoisie. Gerade dieser Teil der Realität Chinas durfte n i c h t als sozialistische Gesellschaft bezeichnet werden. In China existierten (so wie auch in Russland nach den ersten Jahren nach der Oktoberrevolution) eben noch verschiedene Produktionsverhältnisse nebeneinander. Diese Tatsache durfte nicht verwischt werden, zumal es sich um in antagonistischem Widerspruch zueinander stehende Systeme von Ausbeutung und Abschaffung der Ausbeutung handelte.
  3. Widerspricht Maos Theorie, dass Proletariat und Bourgeoisie im Sozialismus nichtantagonistisch sind (BEIDE aber als Klassen noch existieren) nicht der „Kritik“ an Stalin, dass er keine antagonistischen Klassen im Sozialismus sieht (da die Ausbeuterklassen liquidiert sind), jedoch aber antagonistische Widersprüche bestehen, da die Reste der Ausbeuterklassen diesen ökonomischen Zustand (den sozialistischen) nicht akzeptieren und dagegen ankämpfen. Ich denke Mao und die KP China haben in ihrer Stalin-„Kritik“ in der Polemik eher ihre eigenen Positionen kritisiert und die von Stalin durcheinander gebracht.
  4. Es muss ein prinzipieller Unterschied gemacht werden zwischen der Frage, dass einzelne Angehörige einer bestimmten Klasse aus Feinden Freunde werden können, und der Frage, wie historisch bedingte ökonomische Gesellschaftsformen, wie der Kapitalismus und die ihr repräsentierenden Klassen, sich zueinander verhalten und geschichtlich abgeschafft werden können. Dies ist keine Frage nationaler Besonderheiten, sondern eine prinzipielle Frage für alle Länder der Welt. Marx nennt in der Vorrede zur ersten Auflage des Kapitals die geschichtliche Ablösung einer Gesellschaftsformation durch die andere ein Naturgesetz. Daraus folgt aber, dass in jedem Land der Aufbau des Sozialismus die Liquidierung der Bourgeoisie als Klasse enthalten muss, dass in jedem Land der Aufbau des Sozialismus von vornherein unmöglich ist ohne die Diktatur des Proletariats, die eine Diktatur über die Kapitalistenklasse ist mit dem Ziel ihrer vollständigen Vernichtung ihrer Klasse!

Es bleibt somit nur eine Wahl: „Entweder die Marxsche Theorie des Klassenkampfes oder die Theorie des Hineinwachsens der Kapitalisten in den Sozialismus; entweder unversöhnlicher Gegensatz der Klasseninteressen oder die Theorie der Harmonie des Klasseninteressen“ (SW 12, S. 27/28)

Zusammenfassend ergibt sich, dass Mao in seiner Schrift „Über die richtige...........“ im Wesentlichen zwei dem Leninismus grundlegend widersprechende Positionen propagiert hat.

Auf ökonomischen Gebiet könne man sich mit der Bourgeoisie nicht nur zeitweilig (nämlich der Phase der NÖP) arrangieren und koexistieren, sondern eine enge Zusammenarbeit sei gerade der Weg auf LANGE SICHT zur Schaffung sozialistischer Produktionsverhältnisse und zur Auflösung der Bourgeoisie auf friedlichem Weg, da die Parteien der Bourgeoisie sich angeblich für die Sache des Sozialismus einsetzen.

Daher sei auch von vornherein für den Aufbau diese so verstandenen Sozialismus keine Diktatur des Proletariats über die Bourgeoise nötig, sondern die Bourgeoisie könne vielmehr als Bündnispartner an der sozialistischen Staatsmacht beteiligt werden!

Mao hat für den Übergang von der demokratischen zur sozialistischen Revolution n i c h t in erster Linie die Errichtung der Diktatur des Proletariats als unbedingte, unverzichtbare Voraussetzung gesehen.

Vielmehr hat er unter Berufung auf die „chinesischen Besonderheiten“ (was immer das auch sein mag) den allgemeinen Antagonismus zwischen Arbeiterklasse und Kapitalistenklasse in China geleugnet, seine nichtantagonistische Behandlung gefordert, und somit der seit dem XX. PT der KPdSU international verbreiteten revisionistischen Propaganda von „friedlich-demokratischen“ Übergang zum Sozialismus ohne Diktatur gegenüber der Bourgeoisie massiv Vorschub geleistet.

Und noch mal betone ich: Diese Kritik richtet sich NICHT dagegen, dass zunächst noch drei bis vier Jahre lang die demokratische Diktatur des Volkes (mit Teilen der nationalen Bourgeoisie an der Staatsmacht) aufrechterhalten wurde zur Durchführung der demokratischen Revolution, die in einem großen Land wie China außergewöhnlich große, komplizierte und daher langwierige Aufgaben hatte. Diese Kritik verlangt schon gar nicht, dass gleich zu Beginn der sozialistischen Revolution alle Kapitalisten enteignet werden müssen. Es ist völlig korrekt, eine gewisse Zeit lang eine Politik der NÖP (nicht zu verwechseln mit einer Politik des politischen Bündnisses mit der Bourgeoisie) durchzuführen.

Der grundlegende Unterschied zwischen Lenin zu Zeit der NÖP und der KP Chinas besteht im folgenden:

Während Lenin klar auf der proletarischen Staatsmacht bestand, die sich lediglich auf ökonomischen Gebiet zeitweilig mit Staatskapitalismus verband, sprachen die KP Chinas und Mao von einem politischen Bündnis mit der nationalen Bourgeoisie und ihren Parteien!! Gerade ein solches Bündnis hatte es zur Zeit der NÖP niemals gegeben! Im Gegenteil lehrte Lenin, bei der Übernahme des Staatskapitalismus „keine diktatorischen Methoden zu scheuen“ und lehnte jedes politische Bündnis mit den konterrevolutionär gewordenen sozialrevolutionären Kräften ab, ganz zu schweigen von den NÖP-Leuten, die zwar ökonomisch geduldet, aber keinesfalls an der Regierung beteiligt wurden oder gar legal ihre Partei gründen durften. (eine kleine Anmerkung: Die Phase der NÖP ist nicht mit der neudemokratischen Etappe der Revolution in China gleichzusetzen, da die NÖP eine Phase der sozialistischen Revolution ist.)

Der entscheidende Fehler der KP Chinas war also, den Beginn der sozialistischen Revolution nicht mit der Errichtung der Diktatur des Proletariats über die Klasse der Kapitalisten verbunden zu haben. (ähnliches geschah auch in vielen osteuropäischen Staaten, was die Machtübernahme der Revisionisten dort noch erleichterte.)

Dies ist also meine Kritik an der Haltung Maos zur Bourgeoisie und ich hoffe ich konnte es dir etwas verständlicher machen. Es muss aber auch dabei erwähnt werden, dass es auch bei Mao eine Entwicklung in dieser Position gegeben hat: Zuerst- insbesondere unter dem Einfluss des XX. PT der KPdSU- ein Einschwenken auf eindeutig revisionistische Positionen, später aber eine allmähliche, wenn auch sicher widerspruchsvolle und unzugängliche Lösung von der Vorstellung, ohne Diktatur über die gesamte Bourgeoisie, also ohne Diktatur des Proletariats im vollen Sinne des Wortes, den Sozialismus aufzubauen.

Es ist so, dass Mao, der 1957 diese revisionistische Position propagiert hatte, sich später, zur Zeit der Kulturrevolution, belehrt durch die praktischen Erfahrungen, wieder den Ansichten des M-L, wie sie Stalin formuliert hat, anschloss vom „Kampf auf Leben und Tod“, von der „Diktatur über die Bourgeoisie“ sprach, „friedliche Koexistenz“ und „Gleichheit“ mit der Bourgeoisie sowie die Beschränkung auf „demokratische“ Methoden ihr gegenüber ablehnte!

Diese aufgeführten Punkte zeigen, dass deine Behauptung, dass von einer Teilung der Staatsmacht nie die Rede gewesen sei, falsch ist. Andere Schlussfolgerungen, wie die obigen sehe ich nicht! zurück

 

3. Zur Frage über die Existenz der Ausbeuterklassen im Sozialismus:

 

Das Leninzitat entspricht der Wahrheit, nur war bei mir niemals die Existenz von Klassen oder Ausbeuterklassen im Sozialismus in Frage gestellt worden. Das was ich betonte war, dass die Ausbeuterklasse als Klasse nicht mehr existiert, wenn diese enteignet wurde!

Und das widerspricht ja nicht Lenins Auffassung (und er schrieb diesen Text in einer Zeit, wo ja gerade noch die Ausbeuterklassen bestanden!), da er ja behauptete, der Sozialismus sei ein Prozess, wo die Ausbeuterklassen verschwinden, aber es steht nichts davon, dass sie ewig existieren. Und wenn sie enteignet sind, haben sie ihren Klassenstatus verloren (was aber natürlich nicht heißt, dass ihr Widerstand gebrochen ist).

Das ist einfach nur logisch und ich muss es nicht noch x-mal erläutern warum, das habe ich schon zu Genüge getan.

Und selber gibst du ja weiter unten folgendes an: „ … und die Bourgeoisie wird ja nur als Klasse, nicht physisch liquidiert…“

Auch der schwedische Marxist-Leninist Nils Holmberg (auch ein Anhänger Mao Tse-Tungs) gibt in seinem Werk „Friedliche Konterrevolution – Teil 2“ an, „dass Stalins Analyse in der Hauptsache zur Zeit ihrer Entstehung richtig war“ (S. 73). Er kritisiert Stalin in der Hinsicht, dass er 1936 den noch bestehenden Unterschied zwischen Arbeitern und Kollektivbauern nicht deutlich genug hervorhob, dies aber in seinen „Ökonomischen Problemen“ korrigierte (Ebenda). zurück

 

4. Großer Sprung nach Vorn:

 

Du stellst zu diesem Thema folgende Frage:

„ PS: Wie kommst du darauf, der Große Sprung nach vorn sei ein Sprung zurück gewesen? Sitzt du da nicht den antikommunistischen Lügen der Bourgeoisie auf?“

Ich will mal versuchen, auf dieses Thema einzugehen:

Du hattest mir die Artikelreihe der Roten Fahne der MLPD über die Agrarrevolution zu Herzen gelegt und diese habe ich mir durchgelesen. Im Großen und Ganzen ist die Artikelreihe gut recherchiert und räumt mit so einige „Spiegel-Weißheiten“ auf. Bemängeln tue ich aber folgendes:

Im Zweiten Artikel ist zu lesen: Zunächst folgte eine Mehrheit in der KPCh dem Vorbild der Sowjetunion und gab der Schwerindustrie absoluten Vorrang: Nur 6,2 Prozent der gesamten Investitionen im 1. Fünfjahresplan wurden der Landwirtschaft zugeteilt … Mao Tsetung erkannte aber bald, dass nur die gleichzeitige Entwicklung von Schwer- und Leichtindustrie sowie Landwirtschaft den chinesischen Verhältnissen entsprach. Er vertraute, wie im Krieg und Bürgerkrieg, auf die revolutionäre Begeisterung der Bauern.“ (http://www.mlpd.de/rf0542/rfart10.htm).

Erklärt wird dies dadurch, dass es sich in vielen Agrarländern bestätigt [hat], dass eine Wirtschaftsentwicklung mit dem einseitigen Schwergewicht auf der kapitalintensiven Großindustrie die Gefahr der Ruinierung der Landbevölkerung birgt.“(Ebenda)

Mal ganz unabhängig davon, dass die kapitalistische Großindustrie nicht im Geringsten mit der sozialistischen Ökonomie zur Zeit Stalins verglichen werden kann, wird hier auch eine versteckte und belanglose Kritik der KP Chinas deutlich. Zum einen, dass Stalin die Landwirtschaft zu wenig beachtet habe und den Bauern zu viel weggenommen hat (das sind nicht zwingend explizit Kritiken Maos an Stalin, waren aber in der KP Chinas vertreten).

So heißt es zum Beispiel in dem Buch „Das machen wir anders als Moskau“:

„In der Frage des Verhältnisses von Schwerindustrie, Leichtindustrie und Landwirtschaft, schenkte die Sowjetunion der Leichtindustrie und Landwirtschaft nicht viel Beachtung.“ (Das machen wir anders als Moskau, Hamburg 1975, S. 96)

Es ist ein alter Vorwurf der Antikommunisten, in der Sowjetunion haben die Menschen hungern müssen, weil einseitig nur die Schwerindustrie aufgebaut wurde. Die obige „Kritik“ sagt im Grunde genommen dasselbe aus. Tatsächlich zeigten die konkreten Erfahrungen der sozialistischen Volkswirtschaft in der Sowjetunion, dass in der ganzen Wiederherstellungsperiode mit Beginn der NÖP vorwiegend die Leichtindustrie entwickelt und auf die Beine gebracht wurde. (Siehe Geschichte der KPdSU (B), S. 349)

Stalin legte nach Beendigung der Wiederherstellung der Volkswirtschaft nicht ohne Grund „… das Hauptgewicht nunmehr auf die Schwerindustrie …“ (ebenda, S. 350), da sich nun die Aufgabe der sozialistischen Industrialisierung stellte.

„Das Problem der Leichtindustrie bietet keine besonderen Schwierigkeiten. Wir haben es schon vor einigen Jahren gelöst. Schwieriger und wichtiger ist das Problem der Schwerindustrie.

Schwieriger, weil die Schwerindustrie kolossale Investierungen erfordert, wobei sie, wie die Geschichte der in industrieller Hinsicht rückständigen Länder zeigt, ohne kolossale langfristige Anleihen nicht auskommen kann.

Wichtiger, weil wir ohne Entwicklung der Schwerindustrie keine Industrie aufbauen, keine Industrialisierung durchführen können.“ ( SW 12, S. 107/108)

Der erste Fünfjahrplan stellte sich daher auch zur Aufgabe, eine moderne Großindustrie als Fundament der Sowjetmacht zu errichten. Um wirklich eine moderne großindustrielle technische Grundlage der Volkswirtschaft zu schaffen, musste man vor allem das Hauptkettenglied eines solchen Planes finden. Dieses Hauptkettenglied war die Schwerindustrie.

In bezug auf die Haltung zu den Bauern wird in „Über die zehn großen Beziehungen“ behauptet:

„Die Sowjetunion hat mit ihren Maßnahmen die Bauern zu sehr geschröpft. Mit ihrer sogenannten Getreideablieferungspflicht und anderen Maßnahmen wird den Bauern zu viel weggenommen und zu wenig dafür gezahlt.“ (Über die zehn großen Beziehungen, 1956, Band V, Seite 328)

„In der Sowjetunion … brachte die Kollektivierung der Landwirtschaft … einen viele Jahre andauernden Rückgang der Getreideproduktion mit sich.“ (Reden auf einer Konferenz der Sekretäre der Parteikomitees, 1957, Band V, S. 430)

Diese Passagen gehen nicht mit der Methode der Klassenanalyse an die Landbevölkerung und die Bauern heran. Die Großbauern und die Kulaken wurden zwar tatsächlich in gewissem Sinne „geschröpft“, genauer, ihre auf Ausbeutung beruhenden Reichtümer wurden ihnen weggenommen und sie wurden als letzte Ausbeuterklassen in der UdSSR mit der Kollektivierung der Landwirtschaft als Klasse liquidiert. Den anderen Schichten der Bauern gegenüber bestand die Politik der Diktatur des Proletariats in der Sowjetunion jedoch in der systematischen Hebung des materiellen und ideologischen Niveaus dieser Schichten der Bauern. Der Rückgang der Getreideproduktion war Folge der Sabotage, Brandstiftung, Vergrabung und Vernichtung von Getreide durch die Kulaken gewesen. Das war ebenso eine Begleiterscheinung des Klassenkampfes wie etwa Zerstörungen im Bürgerkrieg. In den Jahren der Beendigung der Kollektivierung erreichte die Getreideproduktion jedoch den höchsten Stand in der bisherigen Geschichte des Landes.

Ob nun eine gleichmäßige Entwicklung der Landwirtschaft und Schwerindustrie in China, den „chinesischen Verhältnissen“ entspreche kann ich aber nicht 100%ig sagen. Es ist doch aber so, dass die Schwerindustrie für eine funktionierende sozialistische Landwirtschaft die notwendigen Maschinen herstellt … war das in China anders?

Kommen wir nun zum so genannten ‚Großen Sprung nach Vorn’ (im folgenden GSNV genannt).

Der GSNV sollte vom sowjetischen Modell abweichen. Auf der Die Chengtu-Konferenz, März 1958, die den Beginn des GSNV beschloss, rief Mao zunächst zu einer Kampagne "gegen die sklavische Befolgung des sowjetischen Modells auf." ('Die Ursprünge der Kulturrevolution. Der Große Sprung, 1958-1960', Oxford 1983).

Er sagte: "Wir sollten ... von den guten Seiten der Sowjetunion lernen. ... Dies ist ein Prinzip. Aber es gibt zwei Lernmethoden: Die eine besteht darin, nur nachzumachen und die andere, den kreativen Geist zur Anwendung zu bringen. ... Wenn man sowjetische Normen und Gepflogenheiten unflexibel einführt, dann fehlt der kreative Geist. ... Die Chinesische Revolution hat den Sieg errungen, indem sie gegen Stalins Willen handelte. ... Als unsere Revolution Erfolg hatte, meinte Stalin, sie sei keine echte." (Mao Tse-tung, Gespräch auf der Chengtu-Konferenz im März 1958, in: Stuart Schram, Hrsg., 'Mao Tse-tung im Original. Gespräche und Briefe, 1956-1971', Harmondsworth 1975. ebenda, S. 96, 102 f.).

Zweitens widersprach Mao Tse-tung Stalins Ansicht, dass

"die Ausbildung neuer Kader für die sozialistische Industrie - Kader, die in der Lage sind, eine führende Rolle auf sozialem, politischem, technischem Gebiet sowie auf dem Gebiet der Produktion zu spielen, im Interesse unserer Betriebe - eine grundlegende Aufgabe darstellt. ... Nur wenn diese Aufgabe ausgeführt wird, wird es möglich sein, die UdSSR von einem rückständigen in ein fortschrittliches Land zu verwandeln." (Joseph W. Stalin, 'An die Absolventen der Industrieakademie', April 1930, in: 'Werke', Band 12, Moskau 1955, S. 235).

Mao dagegen verlangte eine Kampagne

"gegen den übermäßigen Respekt vor Experten." (Roderick MacFarquahar 1983, ebenda, S. 36).

Seine Kernaussage war:

"Wahrheit sei wichtiger als Wissen, rote Gesinnung sei der Sachkenntnis überlegen." (Ebenda, S. 41).

Dieser Angriff auf die Sachkenntnis war

"für die Entwicklung der Strategie des Großen Sprungs ausschlaggebend, denn durch die Minderung der Achtung vor der Sachkenntnis legte er die Grundlage für die ausschließliche Betonung der Mobilisierung der Arbeit." (Ebenda, S. 40).

Drittens verlangte Mao Tse-tung nach einer neuen

"Generallinie für den sozialistischen Aufbau." (Edwin P-w.Leung,'Historisches Wörterbuch des revolutionären China, 1839-1976', New York 1992, S. 414).

Dies kam zum Ausdruck in der Parole

"Schafft größere, schnellere, bessere und wirtschaftlichere Ergebnisse beim Aufbau des Sozialismus." (Ebenda).

Meine Meinung dazu: natürlich ist es richtig, dass nicht alles 100%ig von der Sowjetunion übernommen werden muss, aber gleich alles 100% anders zu machen, das kommt aufs selbe raus. Da war man wohl etwas zu ‚kreativ’. Zum anderen kann ich nicht nachvollziehen, weshalb man auf Kader verzichten soll? Ist es etwa dumm und falsch solche zu erziehen? Soll man wieder blindlinks auf die Massen vertrauen, die werden es auch ohne uns schaffen? Das Ergebnis war wohl das umgekehrte. Aber natürlich sind Kader falsch, schließlich sind das ja bürokratische Betonköpfe, die jegliche Arbeit behindern. Oder sind Kader doch keine bürokratischen Betonköpfe, sondern Leute aus der Arbeiterklasse, die ihre Fähigkeiten erlernt haben und benutzen um den sozialistischen Aufbau zu betreiben. Nicht, dass du mir wieder (wie wir weiter unten in Fragen der Kulturrevolution) etwas vorwirfst, was ich nie behauptet habe: natürlich besteht die Tendenz zur Abhebung der Kader gegenüber Nicht-Kadern. Aber durch eine konsequente marxistisch-leninistische Theorie und Praxis können solche Negativerscheinungen richtig behandelt werden. Im übrigen: Wahrheit entsteht durch Wissen/Lernen, rote Gesinnung durch Sachkenntnis!

Daher sind für mich die Probleme, die während des GSNV entstanden sind kein Wunder. Wie der 4. RF-Artikel (http://www.mlpd.de/rf0545/rfart13.htm) es auch schon richtig erwähnt hatte: „Schwierigkeiten traten auf Grund eines Subjektivismus auf, einer Loslösung der Politik von der Realität. An vielen Stellen sollte zu schnell zu viel erreicht werden. So wurden zum Beispiel Arbeitskräfte falsch konzentriert und fehlten in der Landwirtschaft.“

Weiterhin behauptete Mao – im Gegensatz zu Liu – :"Unsere Methode besteht darin, den Deckel abzuheben ... und die Initiative und Kreativität der arbeitenden Massen explodieren zu lassen." (Mao Tse-tung, Rede vor der Zweiten Sitzung des Achten Parteitags der KPCh, Mai 1958, in: Roderick MacFarquahar 1983, ebenda, S. 54).

Und Mao Tse-tung behauptete, dass es nicht die Partei sei, die das Volk lenken, sondern, dass es das Volk sei, das die Partei dirigieren solle:

"In erster Linie voll man vom Volk lernen und ihm folgen. Wir folgen zuerst dem Volk und danach folgt das Volk uns." (Ebenda).

Es ist nichts dagegen einzuwenden, dass die Massen ihre Kreativität entfalten sollen. Im Gegenteil, das ist sogar ein wesentlicher Bestandteil des Marxismus-Leninismus und der Diktatur des Proletariats! Jedoch ist die darauf folgende Aussage Maos dem Marxismus-Leninismus widersprüchlich. Zum einen werden hier die Klassengegensätze verwischt. Es ist die Rede davon, dass die Partei vom Volke lernen soll. Die Kommunistische Partei ist aber die Partei des Proletariats und seiner Verbündeten, nicht die des Volkes (d.h. auch der Ausbeuterklassen). Zum anderen wird hier die Bedeutung und Aufgabe der Kommunistischen Partei durch den Kakao gezogen. Es ist wichtig, dass die KP vom werktätigen (!) Volke lernen solle, nicht zuletzt weil die KP Teil der Werktätigen ist. Sie ist aber auch Avantgarde, Lehrmeisterin der Werktätigen. Es ist also falsch zu sagen, man müsse ihr nur folgen, auch nicht in allererster Linie, beides – die Massen zu führen und mit den Massen gehen – ist von gleicher Bedeutung. Und zuerst dem Volk folgen, im Vertrauen es würde uns dann auch folgen ist opportunistisch und subjektivistisch, denn das ist reinste Nachtrabpolitik und zum anderen entwickelt sich das sozialistische Bewusstsein der Menschen nicht von alleine.

Die Einführung der 'Volkskommunen' ging eindeutig auf die Initiative Maos zurück:

"Mao Tse-tung handelte voreilig und drängte auf die Bildung von Kommunen, ohne auch nur die formale Zustimmung des Politbüros einzuholen." (Roderick MacFarquahar 1983, ebenda, S. 77).

"Es ist wahrscheinlich, dass Mao erst über die Politik diskutieren lassen wollte, wenn die Kommunen bereits existierten." (Geoffrey Hudson, 'Die chinesischen Kommunen. Eine dokumentarische Rückschau und Analyse des 'Großen Sprungs nach vorn', London 1960, S. 13).

Es war Mao Tse-tung, der vorzuschlagen begann,

"eine Reihe von Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPGs) zu größeren Produktionseinheiten zusammenzufassen. Während die zentralen Entscheidungsträger der Partei noch zögerten, seinen Plänen zu folgen, gelang es ihm (Mao - Verf.), Funktionäre auf örtlicher und Provinzebene davon zu überzeugen, mit Experimenten auf der Grundlage seiner Ideen zu beginnen." (Jürgen Domes, 'Peng Teh-huai. Der Mensch und sein Image', London 1985.).

Mal ganz davon abgesehen, wie man Volkskommunen beurteilen möchte, ist diese Handlung Maos nicht etwas zu voreilig? Ist es wirklich gescheit, sich über die Interessen und Meinungen der anderen Parteimitglieder hinwegzusetzen und die Volkskommunen einzuführen, auch wenn die meisten Parteimitglieder falsch lagen? Ist es wirklich richtig, erst die Kommunen einzuführen und dann über diese, sowohl in Partei und Volk, zu reden? Für mich ne rhetorische Frage!

Die 'Volkskommunen' unterschieden sich von den LPGs in vier wichtigen Punkten:

"1. Die Kommune besaß einen wesentlich größeren Umfang. Sie befasste sich mit der Organisation verschiedener Arten von Aktivitäten: auf dem Gebiet der Landwirtschaft, der Industrie, der Erziehung und dem der Verteidigung. Ihre Vorgängerin, die Kollektivwirtschaft, war nur eine landwirtschaftliche Einheit gewesen;

2. Die Kreisverwaltung wurde mit der Kommuneverwaltung zusammengelegt;

3. Der Lebensmittelkonsum hing nicht mehr vollständig von der geleisteten Arbeit ab. Ein Teil wurde kostenlos an jede Person in der Kommune abgegeben, unabhängig davon, ob er oder sie arbeitete oder nicht. Speisehallen wurden errichtet, um die Verteilung und den Verbrauch von Lebensmitteln zu erleichtern. Der kostenlose Lebensmittelanteil stellte damit die Verwirklichung eines der obersten Prinzipien des Kommunismus dar: die Verteilung entsprechend dem Bedarf. Der übrige Lebensmittelanteil hing nach wie vor von der geleisteten Arbeit ab;

4. Das private Landstück, das Grundstück am Haus sowie sämtliche Bäume wurden der Kommune einverleibt." (Kenneth R. Walker, 'Die Planung in der chinesischen Landwirtschaft. Sozialisierung und Privatsektor, 1956-1962', London 1965, S. 13).

Prinzipiell hören sich diese Vorschläge nicht schlecht an, es stellt sich nur die Frage, ob China tatsächlich Reif für diesen Weg, grade mal 9 Jahre nach der Revolution, zu einer Zeit wo noch unterschiedliche Wirtschaftssektoren parallel existierten, Ausbeuterklassen noch bestanden?

Gleichzeitig wurde sein Arbeitspensum stark erhöht:

"Nach dem Kommunesystem können die Bauern für nicht-landwirtschaftliche Arbeiten in den wenig arbeitsintensiven Phasen des Jahres herangezogen werden oder man setzt sie im Bergbau, im Bauwesen oder in der Industrie in der Nähe ihres Wohnortes ein und dies mehr oder weniger ständig. ...Seit der Errichtung von Kommunen ist das Gesamtarbeitspensum, das von den Bauern verlangt wird, enorm erhöht worden, ohne dass ihre Einkommen entsprechend erhöht wurden. Tatsächlich ist ihr Lebensstandard in vielen Fällen gesunken." (Ebenda, S. 10).

Hinzu kam, dass sie unter eine militärische Disziplin gestellt wurden:

"Die arbeitenden Menschen haben diese Parolen, die voll von revolutionärem Geist sind, entwickelt: Organisiert Euch nach militärischen Gesichtspunkten; führt die Dinge so aus wie Schlachtbefehle ausgeführt werden." ('Begrüßt den Aufschwung bei der Gründung von Volkskommunen', in: 'Peking- Rundschau', Band 1, Nr. 27, 2. September 1958, S. 6).

"Die Milizbewegung erleichterte die 'Militarisierung der Arbeit' in den Kommunen." (Roderick MacFarquahar 1983, S. 101).

"Jede Kommune ist gleichzeitig eine Einheit der nationalen Miliz und ihre Mitlieder unterstehen einer ständigen militärischen Disziplin." (Geoffrey Hudson, ebenda, S.12).

Die Mitglieder der Kommune wurden gedrängt, einen kollektivistischen Lebensstil zu pflegen:

"Das herausragendste Wesensmerkmal der chinesischen Kommunen ... bestand in dem Drängen nach einer 'Kollektivierung des Lebens' ...Der Angriff auf die Familie ging weit über das hinaus, was aus ökonomischen Erwägungen heraus für notwendig erachtet werden konnte. ...Der Kleinbauer ... hatte sein Haus zu übergeben und es war Bestandteil des Kommunegedankens, ihn in einer Art von Kommunegebäude, das aus dem Material abgerissener privater Familienhäuser zu erbauen war, neu unterzubringen. In einigen Fällen erfolgte die Neuunterbringung ... in großen Schlafräumen, wodurch Familien zerbrochen wurden. Überall wurden kommunale Speisehallen oder Kantinen eingerichtet und der allergrößte Druck wurde auf die Mitglieder einer Kommune ausgeübt, um sie zu veranlassen, nur noch dort zu essen und das Essen in den Familien aufzugeben. Dort, wo private Küchen aufgelöst wurden und sogar Kochutensilien der Kommune zu übergeben waren, gab es auch keine Alternative mehr dazu." (Ebenda, S. 11).

"Innerhalb der Kommunen sollte ein kollektivistischer Lebensstil durch die Errichtung von kommunalen Speisehallen, Kindergärten, Kindertagesstätten, Schneidereikollektiven, Frisörläden, öffentlichen Bädern oder 'glücklichen Heimstätten' für die alten Leute gefördert werden." (Roderick MacFarquahar 1983, S. 87).

Darüberhinaus begannen einzelne 'Volkskommunen', ein System kostenloser Bereitstellung von "Mahlzeiten, Kleidung, Unterkünften, Schulunterricht, medizinischer Fürsorge, Bestattungen, Haarschnitten, Theateraufführungen ... zu unterhalten sowie Geld für Winterheizung und Hochzeiten zur Verfügung zu stellen." (A.V.Sherman, 'Die Volkskommune', London 1960, S. 36, die 'Volkszeitung' vom 1. Oktober zitierend).

Dies entwickelte sich sehr schnell zu "einer Basis für den versuchten Sprung hinein in den Kommunismus." (Ebenda, S. 103).

Es ist nix gegen einzuwenden, dass es kostenlose Kulturreinrichtungen und kostenlose Mahlzeiten gibt. Jedoch sind der militärische Arbeitsdrill und der aufgezwungene ‚Kommunismus’ nicht zu unterstützen. China war zu dieser zeit noch längst nicht reif für diesen Kleinkommunismus … anscheinend wollte man die Phase des Sozialismus schnell überwinden um zum Kommunismus zu kommen. Ein absurder Gedanke! Die oben erwähnten Zitate zeigen dies!

In Peitaho "wurde die Errichtung von 'Volkskommunen' zur offiziellen Parteipolitik erklärt und war daher für das gesamte Land verbindlich." (Jürgen Domes, ebenda).

Dennoch blieb die 'Resolution zur Errichtung von Volkskommunen', die von der Konferenz angenommen wurde, in mancher Hinsicht "hinter dem zurück, was tatsächlich in den Dörfern geschah." (Geoffrey Hudson, ebenda).

Die Resolution billigte das Verfahren, privates Land den Kommunen zu übertragen: "Allgemein gesagt darf zurückbehaltenes Privatland im Zuge der Zusammenlegung von Genossenschaften dem kollektiven Management eventuell übergeben werden." (ZK der KPCh, 'Resolution zur Errichtung von Volkskommunen in den ländlichen Gebieten', August 1958, in: 'Peking-Rundschau', Band 1, Nr. 29, 16.September 1958, S. 22).

Die Verfahrensvorschriften ersetzten jedoch das 'darf eventuell' durch das rigidere 'soll':

"Die Ausführungsbestimmungen schreiben vor, dass die Mitglieder 'sämtliche kleineren Landstücke in privater Hand, privates Hauseigentum und andere Produktionsmittel wie Vieh- und Baumbestände usw.' dem gemeinschaftlichen Besitz der Kommune zu übergeben haben." ('Peking Rundschau', 23. September 1958, 'Was ist eine Kommune?', S. 13, Bd. 1, Nr. 30).

Sie schrieben außerdem die militärische Art der Organisation und des kollektiven Lebens innerhalb der Kommune vor: "Die Menschen verpflichten sich, sich nach militärischen Grundsätzen zu organisieren und ein kollektives Leben zu führen." (ZK der KPCh, ebenda, S. 21).

Neben den Beschlüssen zu den Kommunen waren andere wichtige Beschlüsse, die in Peitaho gefasst wurden, folgende:

"Die Vorgabe für Stahl wurde auf 10.7 Mio. t, doppelt so hoch wie im Jahre 1957, angehoben. ... Die wichtige Vorgabe ... für Getreide belief sich jetzt auf zwischen 300 und 350 Mio. t." (Roderick MacFarquahar 1983, ebenda, S. 85).

Theoretisch gesehen war die Resolution insoweit bahnbrechend, als die Bildung von Kommunen den bevorstehenden Übergang zu einer kommunistischen Gesellschaft symbolisieren sollte, in der die Verteilung nach dem Prinzip 'Jeder nach seinen Bedürfnissen' erfolge:

"Die Kommunen ... werden sich zu den grundlegenden sozialen Einheiten in der kommunistischen Gesellschaft entwickeln. ...Die Erreichung des Kommunismus in China ist nicht mehr ein in ferner Zukunft liegendes Ereignis. Wir sollten die Form der Volkskommune aktiv nutzen, um den praktischen Weg des Übergangs zum Kommunismus zu erkunden." (ZK der KPCh: Resolution zur Errichtung von Kommunen, August 1958, in: 'Peking-Rundschau', Band 1, Nr. 29 vom 16. September 1958, S. 23).

Bis zu jenem Punkt

"sei der Sprung ... immer noch im Grunde eine ... Produktionsanstrengung." (Roderick MacFarquahar 1983, ebenda, S. 82).

Nach Peitaho wurde er "zu einem Sprungbrett für einen ideologischen Sprung in Richtung Kommunismus." (Ebenda).

Nach der Peitaho-Konferenz wurde China somit "in einer umfassenden Kampagne zur Erhöhung der Stahlproduktion mobilisiert, um die neue nationale Vorgabe von 10.7 Mio. t zu erfüllen. ...Mitte September waren über 20 Millionen Menschen damit beschäftigt, Eisen und Stahl zu erzeugen. Auf dem Höhepunkt der Stahlkampagne stieg ihre Zahl auf 90 Millionen. ... Die 10.7 Millionen-t-Vorgabe wurde Mitte Dezember (1958 - Verf.) erreicht." (Ebenda, S. 113 f., S. 116).

"Heutzutage können eigenproduzierte Stahlschmelzöfen - die meisten stellen kleinere widerhallende Hochöfen aus Ziegelsteinen dar - in den Hinderhöfen von Regierungsbüros, am Wegesrand und auf der ebenen Erde gesehen werden." (Chu Chi-lin, 'Neue Rekorde der Stahlerzeugung', Peking-Rundschau, S. 15, Band 1, Nr. 37 vom 11. November 1958).

"Die Stahlpolitik nach dem Motto, 'Stahl - das entscheidende Kettenglied', erzeugte landesweit eine fanatische Massenbewegung mit der Parole, 'Die ganze Nation produziert Stahl'. Hinterhof-Hochöfen schossen wie Pilze aus dem Boden und Millionen von Menschen im ganzen Land beteiligten sich an ihrer Herstellung und an der Produktion von Eisen und Stahl." (Ronald Hsia, 'Konzeption wirtschaftlichen Wachstums', in: Werner Klatt, Hrsg., 'Das chinesische Modell. Eine politische, ökonomische und soziale Studie', Hongkong 1965, S. 87 f.).

Besonders infolge des Abzugs landwirtschaftlicher Arbeitskräfte und ihren Einsatz in der Hinterhof-Stahlproduktion "blieben auf den Feldern die Rekordernten an Getreide, Baumwolle und anderen Feldfrüchten liegen. Eine ungeheure Tragödie warf ihre Schatten voraus. ...Trotz massiver Arbeitseinsätze gelang es in vielen Gegenden nicht, die gesamte Ernte einzubringen." (Roderick MacFarquahar 1983, ebenda, S. 116, S. 120).

"Die Getreideanbaufläche nahm im Jahre 1958 um 6 Mio. ha ab und verringerte sich 1959 noch einmal um 11.6 Mio. ha - eine Abnahme von insgesamt 13% über den Zeitraum von zwei Jahren." (Ebenda, S. 126).

Im Jahre 1959, "als die Witterungsbedingungen schlecht waren, ... war das landwirtschaftliche Arbeitskräftepotenzial, das um einiges reduziert war, nicht in der Lage, die Situation zu bereinigen." (Ebenda, S. 328).

Die Folge davon war, dass die Getreiderationen in den folgenden Jahren des 'Großen Sprungs nach vorn' wie folgt verringert werden mussten:

Kilogramm pro Kopf :

1957: 203.0

1958: 198.0

1959: 186.5

1960: 163.5 (Yang Jianbai & Li Xuezeng, 'Das Verhältnis von Landwirtschaft, Leicht- und Schwerindustrie in China', in: Roderick MacFarquahar 1983, ebenda, S. 329).

Hinzu kam, dass

"die Voraussetzungen für eine Hungersnot im Winter 1959 andauerten." (Ebenda, S. 328).

Landesweit "verdoppelte sich die Sterblichkeitsrate von 1.08% 1957 auf 2.54% 1960. In diesem Jahr verringerte sich die Bevölkerung faktisch um 4.5%. Irgendwo zwischen 16.4 und 29.5 Millionen Menschen starben zusätzlich während des Sprungs, wegen des Sprungs." (Ebenda, S. 330).

Im Herbst 1960 "kämpfte das Land mit der schlimmsten Agrarkrise des Jahrhunderts. ...Gegen Ende des Jahres ... war mehr als die Hälfte der Anbaufläche verwüstet, in einigen Fällen zum wiederholten Male." (Ebenda, S. 322).

Der 'Große Sprung nach vorn' im Bereich Stahl schnitt nicht besser ab als der in der Landwirtschaft:

"Von den 10.7 Mio. t (Stahl - Verf.) waren nur 9 von guter Qualität. Im folgenden Herbst fiel diese Zahl weiter auf 8 Mio. t." (Roderick MacFarquahar 1983, ebenda, S. 128).

"Die drei Millionen Tonnen Stahl, die in ländlichen Hochöfen hergestellt worden waren, waren größtenteils nicht verwendbar und stellten eine Vergeudung von Arbeitskraft und Bodenschätzen dar." (A. V. Sherman, ebenda, S. 55).

"Hohe Materialkosten und niedrige Produktqualität bewirkten ein negatives Ergebnis vonseiten des einheimischen Verhüttungssektors für das BIP (Bruttoinlandsprodukt - Verf.) während des 'Großen Sprungs nach vorn'." (Wu Yuan-li, 'Die Stahlindustrie im kommunistischen China', New York 1975, S. 236).

Deshalb "wurden viele der 'einheimischen' Eisen- und Stahlhochöfen entweder ausrangiert oder durch Hochöfen besserer Bauart in den Jahren 1959 und 1960 ersetzt." (Wu Yuan-li, ebenda).

Ich will hier Mao und der KP China nicht vorwerfen, sie habe die Agrarkrise und die Stahlkrise bewusst hervorgerufen, und ob die tatsächlichen Zahlen der Opfer wie oben stimmen, kann ich nicht abschätzen, dennoch hat diese fehlerhafte Politik Konsequenzen!

Ich sage, es war die Politik der "Drei Roten Banner". Das heißt: 1. die übersteigerte und rücksichtslose Industrialisierung; 2. die Vermischung von traditionellen und fortschrittlichen Produktionsmitteln als Grundlage der Industrialisierung; 3. die Gründung der Volkskommunen.
Allein schon der Versuch, das gigantische Entwicklungstempo, das die UdSSR mit ihren drei Fünfjahrplänen vorgelegt hatte, zu überbieten, ist verbrecherisch, weil jedem halbwegs verständigen Menschen klar sein mußte, daß dieses Tempo nicht mehr zu steigern war. Maos Ehrgeiz war grenzenlos, aber der stärkste Wille kann die ökonomischen Tatsachen nicht in Luft auflösen. Die Realität hat ihre Weise, sich zu Wort zu melden. Hinzu trat nun denn der törichte Gedanke, die Produktion dadurch zu maximieren, daß man Großproduktion mit Kleinproduktion kombinierte und das nicht als anfängliches notwendiges Übel, sondern als grundlegendes Prinzip. Die Kleinproduktion wurde nicht als Anfangserscheinung übernommen und mittels Konzentration in Großproduktion verwandelt, sie wurde extra gefördert. Riesige Subventionsmittel wurden dafür verschwendet, um eine sehr große Zahl an Bauernhöfen mit stahlproduzierenden Hochöfen auszustatten, die dann freilich alle sehr klein waren. Auf diesen Gedanken würde niemand kommen, der Marx studiert und sich mit der Wirklichkeit des sozialistischen Aufbaus unter Lenin und Stalin beschäftigt hat. Diese Maßnahme hat nicht eine Verbesserung in der Produktionsweise gebracht, dafür aber zahlreiche katastrophale Auswirkungen gehabt. Die deutlichste Auswirkung zeigt sich darin, daß am Anfang der Herbsternte von 1958 nur etwa jeder zweite Bauer auf dem Felde war. Es mußten zahlreiche Kleinöfen geschlossen werden, damit genügend Kräfte für die Ernte frei wurden. Die Öfen hatten viel Geld gekostet und nun standen sie da und machten nichts. Das dritte der Roten Banner bedeutet nicht etwa die Kollektivierung der Kleinproduzenten. Letztere bestand ja schon. Die Volkskommune bedeutet die umfassende Militarisierung des gesamten Lebens. Aber selbst wenn man diesen Vorgang begrüßt, was ich nicht tue, wird niemand umhinkommen einzugestehen, daß dies wieder ein Musterbeispiel für maoistische Politik ist: Das Lösen von Problemen, die die Basis betreffen, durch hektisches Herumexperimentieren im Überbau. Schauen wir in die Sowjetunion: Die anarchische Kleinproduktion (NEP) wurde ersetzt durch die organisierte Kleinproduktion (Kollektivierung) und sollte in Zukunft – wozu es nicht mehr kam – gänzlich sozialisiert werden. Man sieht, daß das nichts zu tun hat mit der Frage, ob man sein Abendmahl zu Hause oder an einem öffentlichen Platz einnimmt. Jede gesellschaftliche Unternehmung dieser Art und Größe erfordert akribische und lange Planung. Das Tempo der Bildung von Volkskommunen war aber so hoch, daß nicht mal ansatzweise genügend Mittel bereit standen, um die Umstellung durchzuführen.

Die drei grundlegenden Richtlinien, die die Politik der "Drei Roten Banner" ausmachen, haben China in große Hungersnöte und eine gewaltige Wirtschaftskrise verursacht und so das Land fast an den Rand der Existenz gebracht. Ich rede hier nicht von den Schwierigkeiten, die bei einer Industrialisierung immer auftreten. Es geht hier um Probleme, die entstanden sind, weil Mao die Erkenntnisse des Marxismus mißachtet hat und offenbar überhaupt jeden Realitätssinn verloren hatte. An die Stelle einer klugen und kühnen Planung würde eine undurchdachte und tollkühne Planung gestellt. Der maoistische Voluntarismus läßt sich zusammenfassen in den Worten: Wenn man nur will, dann geht es. Dieser Umstand hat viele Menschen, die Mao sehr gerne unterstützt hätten, in der Folge der Ereignisse zwischen 1958 und 1961 in die Arme der Revisionisten getrieben, welchletztere durch Maos zur Regel erhobenen Subjektivismus leichtes Spiel hatten, als die "Realisten" zu erscheinen, obwohl sie doch in Wahrheit nur Pragmatiker waren.

Die fortschreitende Krise in der Landwirtschaft in Verbindung mit dem Verlust des eigenen Grundstücks, mit dem erhöhten Arbeitspensum und dem militarisierten Leben, das den Kommunen aufgezwungen worden war, bewirkte, dass sich im Oktober 1958 unter den Bauern intensiver Widerstand gegen die 'Drei Roten Banner' bemerkte machte:

"Der Widerstand in der Bauernschaft gegen die neuen Kollektive ... war zu Beginn der Kampagne nicht sehr stark ausgeprägt, verstärkte sich aber schnell und verwandelte sich bald in offene Opposition.

Ab Mitte 1958 nahm dieser offene Widerstand in vielen Regionen den Charakter einer allgemeinen, wenn auch völlig unkoordinierten Bewegung an. Die Bauern weigerten sich, in militärischer Formation zu ihren Arbeitsstellen auf die Felder zu marschieren und kochten sich heimlich zuhause weiter ihr Essen und ignorierten dabei die anders lautenden Befehle der Funktionäre.

Eltern holten ihre Kinder aus den Kindertagesstätten und Kindergärten in großer Zahl wieder nach Hause und ältere Leute verließen ihre 'Häuser der Glückseligkeit' und kehrten wieder in ihre Familien zurück - oft, erst nachdem sie große Entfernungen zurückgelegt hatten.

Getreide wurde nicht an die staatlichen Speicher abgegeben; vielmehr teilten die Arbeitskollektive in den Dörfern dieses unter ihren Mitgliedern auf. ... Während der Monate November und Dezember 1958 ... eskalierten diese Aktivitäten zu örtlichen Revolten, die anfingen, für die Strukturen der politischen und ökonomischen Kontrolle zu einer ernsten Bedrohung zu werden." (Jürgen Domes, ebenda, S. 81).

Diese Entwicklungen "veranlassten die meisten Führer des zivilen Parteiapparates mit Liu Shao-chi und Teng Hsiao-ping an der Spitze, ihren Widerstand gegen Maos Rezepte zu intensivieren." (Jürgen Domes, ebenda, S. 107).

Auf dem Sechsten Plenum des Achten ZK der KPCh, das im November/Dezember in Wuhan tagte, "machten die Schwierigkeiten wegen des Großen Sprungs und der Bildung von Volkskommunen das Hauptproblem aus." (Jaap van Ginneken, 'Aufstieg und Fall von Lin Piao', Harmondsworth 1976, S. 33).

Als Ergebnis der "Verdrossenheit mit der Partei selbst" (Bill Brugger, 'Die historische Perspektive', in: Bill Brugger, Hrsg., 'China - die Auswirkungen der Kulturrevolution', London 1978, S. 19 f.). ...gelang es den Vertretern der Nationalen Bourgeoisie Ende November/Anfang Dezember 1958, eine Mehrheit der Parteiführung für einen "strategischen Rückzug von Maos Entwicklungskonzept der Drei Roten Banner" (Jürgen Domes, 'Peng Teh-huai. Der Mensch und sein Image', London 1985, S. 81) ...zu gewinnen. Das Plenum setzte sich ein für eine Rückkehr zur Wirtschaftsplanung und für eine 'aufeinander abgestimmte Entwicklung' der Wirtschaft:

"Es ist notwendig, den Versuch zu unternehmen, die wirtschaftliche Planung auf eine vollständig zuverlässige Basis zu stellen und angemessene Proportionen zwischen den verschiedenen Zielvorgaben in Übereinstimmung mit dem objektiven Gesetz der proportionalen Entwicklung der verschiedenen Zweige der nationalen Wirtschaft herzustellen." (Sechstes Plenum des Achten ZK der KPCh: Verlautbarung, Dezember 1958, in: Peking-Rundschau, Band 1, Nr. 43, 23. Dezember 1958, S. 7).

Es legte fürs Erste "eine Politik der gleichzeitigen Entwicklung von Industrie und Landwirtschaft fest." (Sechstes Plenum des Achten ZK, Verlautbarung, Dezember 1958, in: Peking-Rundschau, Band 2, Nr. 3, vom 20. Januar 1959, S. 3).

Es war zweitens der Auffassung, dass Chinas Industrialisierung '20 oder mehr Jahre' dauern würde:

"Es wird noch eine recht lange Zeit dauern, bis die Industrialisierung unseres Landes auf breiter Basis verwirklicht ist. ... Dieser ganze Prozess wird 15, 20 oder mehr Jahre, von heute an gerechnet, in Anspruch nehmen. (Sechstes Plenum des Achten ZK, 'Resolution zu einigen Fragen, die Volkskommunen betreffend', Dezember 1958, in: Peking-Rundschau, Band 1, Nr. 43, 23. Dezember 1958, S. 11).

Drittens sprach sich das Plenum gegen das System der kostenlosen Versorgung aus:

"Jeder verfrühte Versuch, den Grundsatz 'Jeder nach seiner Leistung' aufzuheben, ... ist zweifelsohne ein utopisches Unterfangen, das unmöglich gelingen kann." (Resolution zu einigen Fragen, die Volkskommunen betreffend, Dezember 1958, in: Peking-Rundschau, Band 1, Nr. 43, 23, Dezember 1958, S. 13).

Mit anderen Worten:

"Es wies scharf den Glauben an den bevorstehenden Kommunismus zurück." (A. V. Sherman, 'Die Volkskommunen', London 1960, S. 49).

Viertens forderte das Plenum aufgrund der Tatsache, dass das Leben in den Kommunen

"bei den Bauern so sehr auf Widerstand gestoßen war", (Geoffrey Hudson, ebenda, S. 11).

Kurz:

"Das Plenum markierte den Beginn des Rückzugs von der Kommune. ...Die Unterbringung von Bauern nach dem Geschlecht, jedes Geschlecht in getrennten Kasernen beherbergt, war jetzt verboten und die Resolution garantierte, dass die Bauern das Privateigentum an ihren Häusern, ihren Gemüsegärten und ihrem Kleinvieh 'für alle Zeiten' behalten sollten, dass sie jetzt acht Stunden Schlaf und vier Stunden Freizeit pro Tag erhielten.

Die Arbeitszeit wurde auf täglich acht Stunden verringert. Der Lohn sollte wieder in bar ausgezahlt werden. Die Benutzung von Kinderkrippen, Kindergärten und Speisehallen war jetzt für Mitglieder der Kommune völlig freiwillig und es war streng untersagt, Haushaltsgegenstände zu beschlagnahmen oder sie zu zerstören." (Jürgen Domes, ebenda, S. 83 f.).

Auf dem Plenum übte sich Mao Tse-tung in Selbstkritik:

"Auf der Peitaho-Konferenz habe ich einen Fehler gemacht. ...Die Peitaho-Resolution muss jetzt geändert werden. Zu jener Zeit war ich enthusiastisch und es gelang mir nicht, revolutionären Schwung mit dem Sinn fürs Praktische zu verbinden." (Mao Tse-tung, Stellungnahme vor dem Plenum von Wuhan, Dezember 1958, in: Roderick MacFarquahar 1983, ebenda, S. 129).

Schließlich billigte das Plenum die Entfernung Mao Tse-tungs aus dem Amt des Staatsvorsitzenden (sprich 'Präsidenten'), jedoch gemäß der das Gesicht wahrenden Formel, dass dies auf Wunsch Maos erfolgt sei. Es "beschloss, diesen Vorschlag des Genossen Mao Tse-tungs anzunehmen und ihn nicht wieder als Kandidaten für das Amt des Vorsitzenden der Volksrepublik China zu nominieren." ('Beschluss der Billigung des Vorschlags des Genossen Mao Tse-tungs, nicht erneut für das Amt des Vorsitzenden der Volksrepublik China für die nächste Amtsperiode zu kandidieren', Dezember 1958, in: 'Kommunistisches China', ebenda, S. 487).

Im Juli 1959, kurz vor dem Achten Plenum der Achten ZK-Sitzung, schrieb Peng Teh-huai Mao Tse-tung einen kritischen 'Meinungsbrief'. Darin "beschrieb er eingehend all jene Konsequenzen, die auf den Großen Sprung sowie die Kommunebewegung zurückzuführen waren, und anschließend gab er ohne Umschweife und unmissverständlich demjenigen die Schuld daran, der das zu verantworten hatte, nämlich dem Vorsitzenden. ...Sein Brief lief auf eine Anklage gegen den Vorsitzenden hinaus." (Roderick MacFarquahar 1983, ebenda, S. 216).

In diesem Brief führte er Folgendes aus:

"Es wurden kleinere und primitive Hochöfen gebaut, was nicht nötig war, mit der Folge, dass Ressourcen materieller und finanzieller Art sowie Arbeitskraft vergeudet wurden. Dies ist selbstverständlich ein recht schwerer Verlust.

Die Angewohnheit zu übertreiben, verbreitete sich auf verschiedene Bereiche und Abteilungen und einige unglaubliche 'Wunder' wurden in der Presse verbreitet. Dies hat dem Prestige der Partei sicherlich ungeheueren Schaden zugefügt.

Zu der Zeit schien es, wenn man den Berichten aus verschiedenen Gegenden Glauben schenken wollte, so als ob der Kommunismus schon kurz bevor stünde. Das veranlasste nicht wenige Genossen schwindlig zu werden. ...Übermaß und Verschwendung machten sich breit." (Peng Teh-huai, 'Meinungsbrief', Juli 1959, in: 'Der Fall Peng Teh-huai', ebenda, S. 9, S. 11).

Er führte darüber hinaus "die 'linken' Fehler der vergangenen 12 Monate auf 'kleinbürgerlichen Fanatismus' zurück." (Roderick MacFarquahar 1983, ebenda, S. 216).

Er begründete dies damit, dass "kleinbürgerlicher Fanatismus uns anfällig macht, 'linke' Fehler zu begehen." (Peng Teh-huai, 'Meinungsbrief', Juli 1959, in: 'Der Fall Peng Teh-huai', ebenda, S. 11).

Pengs Brief

"wurde sofort gedruckt und an die Teilnehmer der Konferenz verteilt, bevor Mao ihn zu lesen bekam." (Roderick MacFarquahar 1983, ebenda, S. 217).

Das Achte Plenum der Achten ZK-Sitzung, das im August 1959 in Lushan abgehalten wurde, "war gekennzeichnet durch eine ernste innerparteiliche Auseinandersetzung." (Donald S. Zagoria, ebenda, S. 315).

Peng "griff offen alle Seiten der Politik des Großen Sprungs an." (Stuart Schram, 'Mao Tse-tung. Eine einheitliche Neubewertung', Hongkong 1983, S. 51).

Das Plenum "erlebte die erbittersten politischen und persönlichen Angriffe gegen Mao Tse-tung in der Geschichte der Chinesischen Kommunistischen Partei." (David & Nancy D. Hilton, 'Der Wind wird sich nicht legen. Jahre des revolutionären China, 1964-69', New York 1976, S. 37).

Auf diesem Plenum behauptete Mao Tse-tung, dass "Peng Teh-huais Meinungsbrief ein parteifeindliches Konzept rechten Opportunismus sei." (Mao Tse-tung, Rede vor dem Achten Plenum der Achten ZK-Sitzung, August 1959, in: 'Chinesisches Recht und Regierung', Band 1, Nr. 4, Winter 1968-69,S. 25.)

Jedoch bestand in der Parteiführung ein so großes Einvernehmen über die Fehler des 'Großen Sprungs nach vorn', dass Mao Tse-tung sich gezwungen sah, 'Selbstkritik' zu üben:

"Ich habe zwei Verbrechen begangen. Eins davon besteht darin, dass ich 10.7 Mio. t Stahl wollte. ...Was die Volkskommunen angeht, ...da ist auch die Generallinie, für die ... ihr auch eine gewisse Verantwortung mittragt. ... Das Schmelzen von 10.7 Mio. t Stahl und die Beteiligung von 90 Millionen Menschen daran ... war eine große Katastrophe, für die ich persönlich verantwortlich bin." (Mao Tse-tung, ebenda, S. 41 f., S. 43).

Mao Tse-tung wies entschuldigend darauf hin, dass sich Marx auch des 'bürgerlichen Fanatismus' schuldig gemacht habe: "Marx beging auch viele Fehler. Er hoffte jeden Tag auf den Ausbruch der europäischen Revolution, aber sie kam nicht. ...War das nicht auch bürgerlicher Fanatismus? ...Wir haben ... ein bisschen kommunistischen Wind verbreitet und den Menschen im ganzen Land die Möglichkeit gegeben, daraus eine Lektion zu lernen." (Mao Tse-tung, ebenda, S. 42).

Peng schaltete sich mehrere Male im Verlauf des Plenums ein. Er "stellte den Wert der Hinterhof-Stahlkampagne in Frage. ...Er kritisierte den Aufbau von Kommunen sowie die Einführung des kostenlosen Versorgungssystems ohne vorherige Erprobung." (Roderick MacFarquahar 1983, ebenda, S. 202 f).

Mao Tse-tungs Antwort darauf "war ein Beispiel brillianter Debattierkunst, geeignet, seine Anhänger wieder um sich zu scharen und die Anhänger Peng Teh-huais einzuschüchtern." (Ebenda, S. 218).

Sie enthielt die "Drohung, sich in die Berge zurückzuziehen und eine neue revolutionäre Bauernarmee zur Bekämpfung der Parteiführung aufzubauen." (David & Nancy D. Milton, ebenda, S. 36).

Mao Tse-tung gab zu verstehen, dass, für den Fall, dass das ZK seine Position nicht unterstützen würde, er dies tatsächlich tun würde:

"Ich würde aufs Land gehen und die Bauern anführen, um die Regierung zu stürzen. Falls die Befreiungsarmee mir nicht folgt, werde ich eine Rote Armee finden." (Mao Tse-tung, ebenda, S. 35).

Und: "Mao war als Vorsitzender der Konferenz in der Position zu verhindern, dass Peng kein Rederecht für eine wirksame Erwiderung mehr erhielt." (Roderick MacFarquahar 1983, ebenda, S. 222).

Die Gruppe um Peng hatte vor, "die Kommunen aufzulösen und sich vollständig aus dem Großen Sprung zurückzuziehen." (Donald S. Zagoria, 'Der chinesisch-sowjetische Konflikt, 1956-1961', Princeton (USA) 1962, S. 135).

Die Gruppe um Mao Tse-tung "wollte mit den Kommunen und dem Großen Sprung mehr oder weniger nach dem ursprünglichen Konzept fortfahren." (Ebenda).

Die Hauptgruppe, die die Interessen der Nationalen Bourgeoisie vertrat, die von Liu Shao-chi angeführt wurde, zögerte, die Thematik bis zum Ende auszufechten, besonders angesichts Maos offener Drohung, die Bauern in einem Bürgerkrieg gegen die Regierung anzuführen. Deshalb überredete diese Gruppe Peng, im Interesse der 'Einheit der Partei', einem Kompromiss zuzustimmen, der zufolge die Politik des 'Großen Sprungs nach vorn' und die der 'Volkskommunen' stillschweigend beendet, jedoch aus Rücksicht auf Mao, nicht öffentlich verworfen wird.

Deshalb "ermahnten Liu Shao-chi, Ministerpräsident Zhou (En-lai - Verf.) sowie Chu-teh ihn (Peng - Verf.), die Autorität des Vorsitzenden Mao und die Einheit der Partei zu respektieren." (Jürgen Domes, ebenda, S. 98).

So geschah es, dass auf dem Plenum "Peng dazu angehalten wurde, ...gründlich, jedoch in überzogener Form, Selbstkritik zu üben." (Roderick MacFarquahar 1983, ebenda, S. 233).

Das Ergebnis war, dass die Auseinandersetzung auf dem Achten Plenum zu einem Waffenstillstand wurde. Dem geschlossenen Kompromiss zufolge wurden folgende Vereinbarungen getroffen:

Erstens, dass Peng seine Selbstkritik bestätigt und seine Entlassung aus staatlichen Ämtern akzeptiert. Er würde jedoch nicht aus der Partei ausgeschlossen werden und die Resolution, in der seine 'Clique' wegen 'parteifeindlicher Aktivitäten' verurteilt wurde, würde geheim bleiben;

Zweitens, dass Mao Tse-tung seine Selbstkritik, den 'Großen Sprung nach vorn' sowie die 'Volkskommunen' betreffend, bestätigt, wobei beide Projekte in der Praxis gestoppt, jedoch mit Rücksicht auf das Ansehen ihres Urhebers, nicht öffentlich kritisiert werden.

So nahm auf dem Lushan-Plenum "die Phase unrealistischer Zielsetzungen und Forderungen ihr Ende." (Kenneth R. Walker, ebenda, S. 81).

Das ZK nahm dort "nicht nur drastische Kürzungen bei den Zielvorgaben vor, sondern gestand auch ein, dass die Angaben über die Produktion im Jahre 1958 extrem übertrieben waren." (Geoffrey Hudson, ebenda, S. 14).

Die wichtigsten Produktionsziffern wurden wie folgt nach unten korrigiert:

"Die Ziffer für die Getreideproduktion im Jahre 1958 wurde von 375 Mio. t auf 250, die für Baumwolle von 3.35 Mio. t auf 2.1 und die für Stahl von 11.08 auf 8 Mio. t verringert, wobei etwa 3.08 Mio. t aus der Produktion von Hinterhof-Hochöfen stammten, die als minderwertig angesehen wurde." (Roderick MacFarquahar 1983, ebenda, S. 247).

Das Plenum verabschiedete eine 'Resolution, die parteifeindliche Gruppe mit Peng Teh-huai an der Spitze' betreffend (welche erst während der 'Kulturrevolution' veröffentlicht wurde), in der es hieß, dass in der Zeit vor dem Plenum "ein heftiger Angriff auf die Generallinie der Partei, den Großen Sprung und die Volkskommunen in unserer Partei von der rechtsopportunistischen parteifeindlichen Gruppe mit Peng Teh-huai an der Spitze geführt wurde." (Achtes Plenum der Achten ZK-Sitzung der KPCh, 'Resolution, die parteifeindliche Gruppe mit Peng Teh-huai an der Spitze betreffend', August 1959, in: Peking-Rundschau, Band 10, Nr. 34, 16. August 1967, S. 10).

Im September 1959

"wurde Peng als Minister für Nationale Verteidigung entlassen und durch Maos rechte Hand, Marschall Lin Piao, ersetzt. Zusammen mit Peng wurde Huang Ke-cheng als Oberfehlshaber entlassen." (Jürgen Domes, ebenda, S. 99).

Nach dem Scheitern des 'Großen Sprungs' und seiner Entfernung aus dem Amt des Staatspräsidenten "zog sich Mao in die zweite Reihe zurück, um seine Wunden zu lecken." (Roderick MacFarquahar 1983, ebenda, S. 336). zurück

 

5. Mao Tse-tungs Kritik an Stalins 'Ökonomischen Probleme ..' und seine eigenen politökonomischen Ideen ; entnommen aus:

http://red-channel.de/mlliteratur/soz_staaten/mao_oekonomie.htm

(Anmerkung von mir: diesen Text habe ich nicht selber geschrieben und die Meinungen des Autors müssen sich nicht 100%ig mit meinen decken, der Text ist aber ziemlich schlüssig, daher sende ich ihn hier ein)

 

Vorbemerkungen: Mao Tse-tungs Äußerungen zu Stalins Werk sind in einer Rede (Mitte November in Chengchou gehalten), in seinen Bemerkungen zur 'Antwort an die Genossen A. W. Sanina und W. G. Wensher, etwa 1959, sowie in seinen 'kritischen Bemerkungen zu Stalins Ökonomische Probleme des Sozialismus in der UdSSR' aus dem Jahre 1961 enthalten.Textgrundlage ist: Helmut Martin, Hrsg., 'Mao Tse-tung - Das machen wir anders als Moskau! Kritik an der sowjetischen Politökonomie', Hamburg 1975, SS. 96-111), sowie der englische Text 'Mao Zedong, 'Critique of Stalin's Economic Problems', aus: Selected Works of Mao Zedong, Volume VIII, Quelle:

http://www.marxists.org/reference/archive/mao/works/1961/stalcrit.htm ).

Zur Vereinfachung der Zitierweise heißt es bei der Rede 'Rede 1958', bei den Bemerkungen zu Sanina und Wensher 'Bemerkungen 1959' und bei den kritischen Bemerkungen 'Bemerkungen 1961'. Die Seitenzahlen beziehen sich auf das Buch von Helmut Martin.  

 

a.: Die Frage des Charakters der ökonomischen Gesetze im Sozialismus

 

Mao Tse-tung:

1 ."Diese grundlegende Auffassung von Gesetzen ist richtig; sie hat aber zwei Mängel. Erstens: Die Erklärungen zur subjektiven Aktivität der Partei und der Massen reichen nicht aus. Zweitens: Sie sind nicht vollständig, denn es kommt nicht zur Sprache, dass die Gesetze der Regierung korrekt sind, weil sie nicht nur dem Willen der Arbeiterklasse entsprungen sind, sondern auch, weil sie getreulich die Erfordernisse der objektiven ökonomischen Gesetze reflektieren." (Bemerkungen 1961, S. 102).

2 ."Die Fähigkeit des Menschen, zu erkennen und die Natur umzugestalten, ist unbegrenzt. Das Problem wird nicht aus der Entwicklung gesehen: Was jetzt nicht getan werden kann, wird in Zukunft erreicht werden." (Bemerkungen 1961, S. 103).

3 ."Zum Beispiel werden im ersten Kapitel (die Frage des Charakters .. - Verf.) nur einige Sätze über die objektiven Gesetze und die Durchführung der Planwirtschaft gesagt, ohne es weiter auszuführen." (Rede 1958, S. 96).

4. "Wie soll man die Planwirtschaft gestalten? Der Leichtindustrie und der Landwirtschaft wird nicht genügend Aufmerksamkeit geschenkt." (Bemerkungen 1961, S. 103).

Kommentar:

zu 1. Mao Tse-tung möchte anscheinend die subjektive Rolle der Aktivität der Massen stärker betont haben. Aber Stalin verschweigt sie keinesfalls, wenn er schreibt:

"Hier haben wir es mit einer anderen Besonderheit der ökonomischen Gesetze zu tun. Zum Unterschied von den Gesetzen der Naturwissenschaft, in der die Entdeckung und Anwendung eines neuen Gesetzes mehr oder weniger reibungslos vor sich geht, stößt auf ökonomischen Gebiet die Entdeckung und Anwendung eines neuen Gesetzes, das die Interessen der überlebten Kräfte der Gesellschaft beeinträchtigt, auf den stärksten Widerstand dieser Kräfte. Folglich ist eine Kraft, eine gesellschaftliche Kraft notwendig, die fähig ist, diesen Widerstand zu überwinden. Eine solche Kraft fand sich in unserem Lande im Bündnis der Arbeiterklasse mit der Bauernschaft, die die überwältigende Mehrheit der Gesellschaft darstellten." (J. W. Stalin, 'Ökonomische Probleme des Sozialismus in der UdSSR', ebenda, S. 369).

Auch an anderer Stelle seines Buches äußert sich Stalin zur Aktivität der Massen:

"Bis zum Beginn der Entfaltung des sozialistischen Massenwettbewerbs ging das Wachstum der Industrie bei uns nur mit großen Reibungen vor sich und viele Genossen stellten sogar die Frage der Verlangsamung des Tempos der Entwicklung der Industrie. ... Die Sache änderte sich jedoch grundlegend, nachdem der sozialistische Wettbewerb bei uns Massencharakter angenommen hatte. Gerade danach ging es mit der Industrie in beschleunigtem Tempo voran." (Stalin, ebenda, S. 394, zu Punkt 4, 'Die Frage der Aufhebung des Gegensatzes zwischen Stadt und Land, zwischen geistiger und körperlicher Arbeit, sowie die Frage der Beseitigung der Unterschiede zwischen ihnen').

Mao Tse-tung verschweigt hier absichtlich, dass Stalin sich nicht nur hier unter Punkt 1 (objektiver Charakter der ökonomischen Gesetze), sondern auch an anderer Stelle (unter Punkt 4 des Werkes von Stalin), über die Rolle der Aktivität der Massen ausließ.

Es kommt durchaus bei Stalin zur Sprache, dass die Gesetze der Regierung dann korrekt sind, wenn sie 'getreulich die Erfordernisse der objektiven ökonomischen Gesetze reflektieren'. Dazu Stalin:

"Man kann nicht sagen, dass unsere Jahres- und Fünfjahrespläne die Erfordernisse dieses ökonomischen Gesetzes voll und ganz widerspiegeln." (Stalin, ebenda, S. 371).

Stalin spricht von der Möglichkeit, die durch das Gesetz von der planmäßigen, proportionalen Entwicklung der Volkswirtschaft gegeben wird, die Wirtschaft richtig zu planen, dass diese Möglichkeit, aber nicht unbedingt mit der Wirklichkeit übereinstimmen muss. Dass aber eine möglichst genaue Übereinstimmung mit den objektiven Gesetzen der ökonomischen Entwicklung vorhanden sein muss, damit eine Planung korrekt genannt werden kann, ist genau Stalins Reden.

Mao Tse-tung unterschiebt Stalin in einem Nebensatz, gesagt zu haben, dass die Gesetze dann korrekt sind, wenn sie auch dem 'Willen der Arbeiterklasse entsprungen' sind. Das hat Stalin jedoch nie gesagt. Nicht der 'Wille der Arbeiterklasse' ist entscheidend, sondern die Übereinstimmung der Planung mit dem objektiv vorhandenen Gesetz der planmäßig-proportionalen Entwicklung der Volkswirtschaft. Wäre die Übereinstimmung des Regierungsgesetzes mit einem ' Willen' entscheidend, den einzelne 'Arbeiterpolitiker' formulieren würden, die in der Regierung sitzen, dann wären ja gerade die Gesetze wieder subjektive Produkte des Menschen. Gerade gegen diesen Subjektivismus, der ihm hier von Mao Tse-tung in einem Satzteil untergeschoben wird, der mit einem anderen geschickt verbunden wird, den Stalin tatsächlich so gesagt und gemeint hat, zog Stalin in seinem Werk 'Ökonomische Probleme ...' zu Felde. Es war eines der Hauptanliegen seines Buches!

zu 2. Wenn Mao Tse-tung der Meinung ist, dass der Mensch den Lauf der Planeten bestimmen kann usw., es also keine Dinge gibt, die er nicht beherrschen kann, dann muss er sich entgegenhalten lassen, dass er einen subjektiven Idealismus vertritt, dass man also nur etwas zu wollen braucht und schon geschieht es und dass er sich um objektive Gesetze wenig kümmert.

zu 3. Stalin handelt das Kapitel auf neun Seiten überaus ausführlich ab. Auch auf die Planwirtschaft in der UdSSR und ihre Mängel geht er ansatzweise ein, wenn er schreibt

"Man kann nicht sagen, dass unsere Jahres- und Fünfjahrespläne die Erfordernisse dieses ökonomischen Gesetzes (das der planmäßigen, proportionalen Entwicklung der Volkswirtschaft - Verf.) voll und ganz widerspiegeln." (Stalin, ebenda, S. 371).

Stalin hat sich jedoch absichtlich nicht mit Einzelheiten der Planwirtschaft beschäftigen wollen, weil es ihm um grundsätzliche Probleme der politischen Ökonomie ankam.

zu 4. Mao Tse-tung erhebt diesen Vorwurf Stalin schon in seinen 'Zehn Großen Beziehungen', die er schon im April 1956 schrieb (Vgl. Mao Tse-tung, 'Ausgewählte Werke', Band V, Peking 1978, S. 321ff). Schon zu dieser Zeit stellt er das Primat der Schwerindustrie in Frage und setzte sich damit über ein objektives ökonomisches Gesetz für den Aufbau des Sozialismus hinweg, dass, wenn man es missachtet, dazu führt, so Stalin, es "unmöglich ist, das ununterbrochene Wachstum der Volkswirtschaft zu gewährleisten." (Stalin, ebenda, S. 389).

Kurzes Fazit zu a.:

Mao Tse-tung, der hier teilweise Stalins Vorstellungen nur sehr ungenau, wenn nicht falsch wiedergibt, steht nicht auf dem Boden des marxistisch-leninistischen Prinzips der politischen Ökonomie, wonach beim Aufbau des Sozialismus die objektiven Gesetzmäßigkeiten der ökonomischen Entwicklung strikt einzuhalten sind. Dies gibt Mao Tse-tung auch selbst zu, wenn er in seinen 'Bemerkungen 1961' schreibt: "Ob die chinesische Methode den ökonomischen Gesetzen Chinas angemessen ist, müssen wir noch erforschen. Ich meine, wenn sie im Großen und Ganzen angemessen ist, dann reicht das schon." ('Bemerkungen 1961', S. 103).

Zu b. : Die Frage der Warenproduktion im Sozialismus

Mao Tse-tung:

1. "Selbst wenn deshalb das System des sozialistischen Volkseigentums vollständig erreicht ist (also wenn das 2. Stadium des Kommunismus erreicht ist, in dem der Grundsatz 'Jeder nach seinen Bedürfnissen' gilt - Verf.) muss in einigen Gebieten nach wie vor mit Waren Austausch getrieben werden." ('Bemerkungen 1961', S. 105).

2. "Die Kommunen müssen die Warenproduktion vorantreiben, um den Lebensstandard zu verbessern." ('Bemerkungen 1959', S. 101).

3. "Die Kommune muss einerseits eine Produktion autarken Charakters entwickeln, andererseits die Warenproduktion." ('Bemerkungen 1959', S. 101)

4. "Unsere Warenproduktion muss vollständig entwickelt werden; wir brauchen fünfzehn Jahre oder mehr; wir müssen Geduld aufbringen." ('Bemerkungen 1961', S. 109).

Kommentar:

Zu 1. Mao Tse-tung kann sich keinen Kommunismus, auch nicht das zweite Stadium des Kommunismus, ohne Warenproduktion oder -zirkulation vorstellen. Es gibt jedoch, worauf Stalin hinwies, kein zweites Stadium des Kommunismus bei gleichzeitiger Beibehaltung der Warenproduktion und -zirkulation, weil bei allgemeinem Volkseigentum (auf dem Land und in der Stadt) keine Notwendigkeit des Verkaufs von Waren gegen Geld mehr besteht, vorausgesetzt, es sind reichlich genug Waren vorhanden, um die materiellen und kulturellen Bedürfnisse der Menschen zu befriedigen:

"Der Hauptfehler, der Genossen Sanina und Wensher besteht darin, dass sie die Rolle und die Bedeutung der Warenzirkulation im Sozialismus nicht begreifen, nicht begreifen, dass die Warenzirkulation mit der Perspektive des Übergangs vom Sozialismus zum Kommunismus unvereinbar ist. Sie glauben anscheinend, dass man auch bei der Warenzirkulation vom Sozialismus zum Kommunismus übergehen könne, dass die Warenzirkulation das nicht verhindern kann. Das ist ein großer Irrtum, der dadurch entstanden ist, dass man den Marxismus nicht verstanden hat." (Ebenda, S. 470).

Zu 2., 3.: Es ist schwer verständlich, wie die wirtschaftliche Autarkie der Kommunen mit einer forcierten Warenproduktion zu vereinbaren sein soll, ganz davon zu schweigen, wie eine zentrale Planwirtschaft, für die Mao Tse-tung verbal eintritt, bei einer solchen Autarkie, die an das 'jugoslawische Modell' erinnert, in der Praxis funktionieren soll. Dazu Stalin:

"In der Kritik an der 'Wirtschaftskommune' Dührings, die unter den Bedingungen der Warenzirkulation wirkt, wies Engels in seinem 'Anti-Dühring' überzeugend nach, dass das Vorhandensein der Warenzirkulation die so genannten 'Wirtschaftskommunen' Dührings (die den chinesischen Volkskommune sehr ähnlich sind - Verf.) unweigerlich zum Kapitalismus zurückbringen müssten." (Stalin, ebenda, S. 471).

Zu 4.: Mao Tse-tungs Angaben zur Dauer der Beibehaltung der Warenproduktion sind sehr vage und widersprüchlich, ähnlich wie seine Angaben über die Beibehaltung des Kapitalismus in China. Diese Angaben scheinen politischen Zweckmäßigkeitserwägungen gehorcht zu haben. Von einer wissenschaftlichen Betrachtungsweise kann hier keine Rede sein.

Kurzes Fazit zu b.:

Nach marxistisch-leninistischem Verständnis bleibt die Warenproduktion im Sozialismus dann erhalten, wenn nicht alle Produktionsmittel verstaatlicht wurden, also teilweise ein Sektor des Volkseigentums, teilweise einer des Privateigentums oder des Gruppeneigentums (wie bei Kollektivwirtschaften) nebeneinander bestehen. Dies war in der Sowjetunion z. B. der Fall, weshalb dort die Warenproduktion und -zirkulation noch bestehen blieb. Perspektivisch muss jedoch eine marxistisch-leninistische Regierung darauf hinarbeiten, dass die Warenproduktion nach und nach durch ein System des Produktenaustausches abgelöst wird, um zum zweiten Stadium des Kommunismus zu gelangen. Mao Tse-tung tritt jedoch für die Beibehaltung der Warenproduktion und damit der Geldwirtschaft auch im Kommunismus ein, womit er zeigt, dass er nicht auf dem Boden der marxistisch-leninistischen politischen Ökonomie steht.

Stalin hat sich auch mit dieser Frage in seinen 'Ökonomischen Problemen ..' befasst:

"Wir Marxisten aber gehen von dem bekannten marxistischen Leitsatz aus, dass der Übergang vom Sozialismus zum Kommunismus und das kommunistische Prinzip der Verteilung der Produkte nach den Bedürfnissen jeden Warenaustausch ausschließen, folglich auch die Verwandlung der Produkte in Ware und damit ihre Verwandlung in Wert." (Stalin, ebenda, S. 471).

Zu c.: Die Frage des Wertgesetzes im Sozialismus

"Das Wertgesetz hat keine regulierende Funktion; erst durch die Planung und den Grundsatz 'Politik übernimmt das Kommando' entsteht eine regulierende Wirkung. ... In unserer Gesellschaft spielt das Wertgesetz nicht die Rolle des Regulators, d.h. keine entscheidende Rolle. Für die Produktion spielt die entscheidende Rolle die Planung. Bei der Schweinezucht oder bei Stahl und Eisen wirkt nicht das Wertgesetz als Regulator; da verlassen wir uns auf die Planung." ('Bemerkungen 1961, S. 110f).

Kommentar:

Hier zeigt sich erneut die Widersprüchlichkeit Mao Tse-tungs: Einerseits tritt er für eine Entfaltung der Warenproduktion, übrigens auch auf dem Gebiet der Produktionsmittel (dazu unten mehr), ein, andererseits streitet er ab, dass das Wertgesetz, also praktisch das Rentabilitätsprinzip in der chinesischen Wirtschaft eine Rolle spielt. Dazu Stalin:

"Mitunter wird die Frage gestellt: Besteht und wirkt bei uns, in unserer sozialistischen Ordnung, das Wertgesetz? - Ja, es besteht und wirkt. Dort, wo es Waren und Warenproduktion gibt, muss es auch das Wertgesetz geben." (Stalin, ebenda, S. 383).

Er geht sogar noch weiter und sagt:

"Aber die Wirkungen des Wertgesetzes sind nicht auf die Sphäre der Warenzirkulation beschränkt. Sie erstrecken sich auch auf die Produktion. Allerdings hat das Wertgesetz in unserer sozialistischen Produktion keine regulierende Bedeutung, aber es wirkt dennoch auf die Produktion ein." (Stalin, ebenda, S. 383).

Wie sehr muss dann aber erst in China das Wertgesetz gewirkt haben, zumal, es zu keiner echten Vergesellschaftung der Produktionsmittel, sondern nur zur Bildung von privat-staatlichen Unternehmen, unter Einbeziehung der alten Bourgeoisie, die das Recht behielt durch eine Verzinsung ihres eingebrachten Kapitals von im Durchschnitt 5%, die Arbeiter auszubeuten, womit selbst die Arbeitskraft eine Ware bliebt und damit die Produktion von Mehrwert für die chinesische kapitalistische Klasse erhalten blieb. Auf dem Land kam es zwar zur Kollektivierung, jedoch blieben die Volkskommunen, die ab August 1958 gebildet wurden, Eigentümer der Produktionsmittel und des Bodens, wodurch auch der Warencharakter der Produktionsmittel erhalten blieb und wodurch die Sphäre der Warenzirkulation und -produktion praktisch wie in einem kapitalistischen Land erhalten blieb. Das zog nach sich, dass natürlich auch das Wertgesetz erhalten blieb. Von einer 'Planung' konnte in China nach dem 8. Parteitag kaum noch die Rede sein. Nach 1958 gab es nur noch Jahrespläne und die Planung war weitgehend dezentralisiert, d.h. sie war praktisch nicht mehr existent: "Ähnlich wie auf dem Gebiet der Industrie wurden beträchtliche Machtbefugnisse von Peking an die Provinzen und die örtlichen Behörden abgegeben." (Parris H. Chang, 'Macht und Politik in China', University Park/USA, 1978, S. 57, zitiert nach: W. B.Bland, 'Klassenkämpfe in China', ebd., S. 77 der dt. Übers.).

"Tatsächlich bedeutete die 'Dezentralisierung' der Wirtschaftsplanung ihre Abschaffung ." (W. B. Bland, ebd.).

Als Mao Tse-tung 1961 diese Bemerkungen zum Wertgesetz schrieb, musste ihm das bekannt gewesen sein. Das Wertgesetz war somit in China nicht nur vorhanden, es muss auch bei einer nichtvorhandenen effektiven Wirtschaftsplanung zwangsläufig die Rolle des Regulators der Produktion gespielt haben. Die verstärkten Investitionen in die profitablere Leichtindustrie, statt in die weniger rentable Schwerindustrie seitens der chinesischen Regierung seit 1956 (vgl. 'Die Zehn Großen Beziehungen') deutet darauf hin, dass hier wirtschaftlichen Zwängen, nämlich der Wirkung des Wertgesetzes, Tribut gezollt werden musste. Die politischen Kräfte, die nach sowjetischem Vorbild das Primat der Schwerindustrie und eine gesamtwirtschaftliche zentrale Planwirtschaft durchsetzen wollten und damit für die Zurückdrängung des Wertgesetzes eintraten (Kao Kang u.a.), spielten nach 1954 in der KP Chinas keine Rolle mehr. Sie waren als 'parteifeindliches Bündnis' bereits 1954 ausgeschaltet worden.

Kurzes Fazit zu c. :

Die Behauptung Mao Tse-tungs, dass das Wertgesetz in China nicht die Rolle eines Regulators der Produktion gespielt hat, widerspricht nüchternen ökonomischen Überlegungen und diente allem Anschein nach dem Zweck, eine pseudosozialistische Fassade nach außen hin beizubehalten sowie eine machtpolitisch motivierte Kampagnenpolitik ('Politik übernimmt das Kommando' ...) auf Seiten Mao Tse-tungs zu rechtfertigen.

Zu d.: Antwort Stalins an die Genossen A. W. Sanina und W. G. Wensher

Mao Tse-tung:

1 ."Das ist grundlegend falsch. Der grundlegende Gesichtspunkt (des Briefes Stalins an Sanina und Wensher - Verf.) ist, den Bauern nicht zu trauen und ihnen nicht zu glauben. Die landwirtschaftlichen Maschinen wollte er nicht herausrücken (Stalin wendete sich dagegen, die Maschinen-Traktoren-Stationen den Kolchosen durch Verkauf zu übereignen - Verf.) und das führte schließlich dazu, dass der Staat die Bauern unter strenger Kontrolle hielt, dass auch die Bauern den Staat rigoros kontrollierten." ('Bemerkungen 1959', S. 100).

2 . "Die Warenproduktion muss nicht unbedingt auf Gebrauchsgüter beschränkt bleiben. Der grundlegende Gesichtspunktspunkt in Stalins drittem Brief ist das Misstrauen gegen den Bauern." ('Bemerkungen 1961', S. 101)

3. "Stalin verkaufte Produktionsmittel nicht an die Bauern, Chruschtschow änderte das." ('Bemerkungen 1961', S. 109).

Kommentar:

Bei der Frage des Verkaufs der Maschinen-Traktoren-Stationen ging es um die Frage, ob Produktionsmittel im Sozialismus Waren sein sollen oder nicht. Es ging um die Frage, ob eine Erweiterung des Bereichs der Warenproduktion und -zirkulation auf Produktionsmittel ein Beitrag sein kann, die sozialistische Gesellschaft auf dem Weg zum Kommunismus voranzubringen oder im Gegenteil: eine restaurative, nach rückwärts gewandte Politik ist, um günstige Bedingungen für eine Wiederherstellung des Kapitalismus, wie sie mit der sowjetischen 'Wirtschaftsreform' 1965 unter Breschnew/Kossygin tatsächlich stattfand, zu schaffen.

Stalin legt in seinem Brief an die beiden Betriebsdirektoren dar, welche Folgen der Verkauf der MTS an die Kollektivwirtschaften haben würde, wenn er stattfände.

1. Die Gefährdung einer umfassenden Mechanisierung der Landwirtschaft und die Herabsetzung der kollektivwirtschaftlichen Produktion, weil die Kolchosen von ihren finanziellen Mitteln her nicht in der Lage seien, sich die modernste landwirtschaftliche Technologie anzuschaffen. Arbeitserleichternde und arbeitsersparende Maschinen würden ihnen fehlen.

2. Der Abstand zwischen dem kollektivwirtschaftlichen Eigentum und dem Volkseigentum würde vergrößert werden, was nicht zur Annäherung an den Kommunismus, sondern zu seinem Gegenteil führen müsse: zur Entfernung von diesem Ziel.

3. Der Verkauf von Produktionsmittel würde zur Erweiterung des Wirkungsbereichs der Warenzirkulation führen, was die gesamtstaatliche Planung durch das verstärkte Wirken des Wertgesetzes erschweren müsse.

Man könnte noch hinzufügen, dass gerade das Bündnis zwischen der Bauernschaft und der Arbeiterklasse über die MTS und andere Hilfen an die Kollektivwirtschaften für die Bauernschaft über Jahrzehnte hinweg ständig konkret erfahrbar wurde. Die MTS waren in der Zeit des Kampfes gegen das Kulakentum und für die Kollektivierung der Landwirtschaft Ende der zwanziger Jahre entstanden und hatten sich im Laufe der Jahre bewährt.

Es ist auch bezeichnend, dass es die Chruschtschowianer waren, die 1958 die MTS an die Kollektivwirtschaften verkauften, um günstige Bedingungen für die später vollzogene umfassende Restauration des Kapitalismus herzustellen.

Zu Mao Tse-tungs 'Argumenten' im Einzelnen:

Zu 1. Mao Tse-tung macht aus dem prinzipienhaften Festhalten an Errungenschaften der sozialistischen Umgestaltung in der Sowjetunion seitens Stalins 'ein Misstrauen gegen die Bauern' und zeigt damit, dass er die ökonomischen Fragen und Folgen eines Verkaufs von Produktionsmitteln, die im Volkseigentum waren, nicht diskutieren will, um sich nicht als Revisionist entlarven zu müssen. Besonders seine Übereinstimmung mit der Position Chruschtschows scheint ihm später peinlich gewesen zu sein.

Zu 2. Wer den Kapitalismus restaurieren will, muss darauf hinarbeiten, den Bereich der Warenproduktion nach und nach auszudehnen, um die Gesetze des Kapitalismus immer stärker zum Zuge kommen zu lassen. Das Gesetz der planmäßigen, proportionalen Entwicklung der Volkswirtschaft zwecks 'maximaler Befriedigung der ständig wachsenden materiellen und kulturellen Bedürfnisse der gesamten Gesellschaft durch stetige Vervollkommnung der sozialistischen Produktion auf der Basis der höchstentwickelten Technik' (Stalin, ebenda, S. 408f), also zur Sicherung des ökonomischen Grundgesetzes im Sozialismus, kann nur voll zum Zuge kommen, wenn das Wertgesetz sich nicht voll auswirken kann. Dehnt man die Warenproduktion im Sozialismus auf den Bereich der Produktionsmittel aus, dann erschwert dies die zentrale Planwirtschaft. Dezentralisiert man dann noch diese Planwirtschaft, wie dies von den Chruschtschowianern mit der Abschaffung zentraler Planorgane und der Verlagerung auf untergeordnete Organe und mit der Einführung von 'Perspektivpläne' oder 'Siebenjahrpläne' passierte, dann wird eine gesamtwirtschaftliche Planung unmöglich.

Es ist bezeichnend, dass Mao Tse-tung und die KP Chinas genau diesen Weg in China gegangen sind. Mao Tse-tung gehörte in China zu denjenigen, die sich für eine Dezentralisierung der Planung und die Verlagerung der Planung auf die Provinzebene einsetzten. 1958 war die Entwicklung bereits so weit gediehen, dass es nur noch Jahrespläne und faktisch keinen Fünfjahrplan mehr gab.

Es muss auch die Frage erlaubt sein, wer den Bauern mehr geschadet hat: Mao Tse-tung mit seiner Einführung der Volkskommunen im August 1958, die einem militärischen Regime unterworfen wurden und in denen mit den primitivsten Gerätschaften gearbeitet werden musste oder Stalin, der sich dafür einsetzt, dass durch die Mechanisierung der Landwirtschaft die Menschen in den Genuss leichterer Arbeiten kommen.

Selbst 1959, als Mao durch massive Proteste der Landbevölkerung gegen das Kommuneregime gezwungen war, als Staatspräsident zurückzutreten, hält er hartnäckig an seinen Volkskommunen fest, wenn er in seinen 'Bemerkungen von 1959' schreibt:

"Dem System der Kommune sollten wir Beachtung schenken. Wir brauchen noch weiter eine verantwortliche, organisierte militärische Truppe, die Mobilisierung der Arbeitskräfte ist von Nutzen. ... Einige Nächte harter Einsatz ist möglich, doch es muss auf körperliche Ruhe geachtet werden. Übernehmt auf dem Lande das System der zehn Arbeitsstunden ... In Nord-Shensi muss man noch die Kang-Ofenbetten heizen." ('Bemerkungen 1959', S, 101).

Kurzes Fazit zu d.:

Mao Tse-tung vertritt auf diesem Gebiet (der Frage des Verkaufs von Produktionsmitteln an die Kollektivwirtschaften) die gleichen Positionen wie die Chruschtschowianer in der Sowjetunion, die systematisch nach Stalins Tod 1953 auf die Restauration des Kapitalismus in der UdSSR hinarbeiten. Sie widersprechen marxistisch-leninistischen Prinzipien der politischen Ökonomie und stellen eine rückwärtsgewandte, das Rad der Geschichte zurückdrehende Strategie dar, die Stalin schon 1952 in seinem Brief an Sanina und Wensher als antimarxistisch entlarvte: "Das (der Verkauf von Produktionsmitteln im Sozialismus und die Herstellung eines Warencharakters für sie und damit die Ausweitung der Warenzirkulation) ist ein großer Irrtum, der dadurch entstanden ist, dass man den Marxismus nicht verstanden hat." (Stalin, S. 470). zurück

 

6. Zur Haltung der KP Chinas zum Tito-Revisionismus

 

Du hattest dich u. a., jedoch nicht in diesem Brief, darüber beschwert, weshalb ich diesen „antikommunistischen Schmarn“ über Maos Haltung zu Tito auf meiner Seite veröffentliche [gemeint war Protokoll des Gesprächs, das Mao Tse-tung mit einer Delegation des Kommunistischen Bundes Jugoslawiens in Beijing (Peking) im September 1956 führte; http://red-channel.de/mlliteratur/andere_dok/archiv_mao.htm].

Du hattest mir als „Widerlegung“ eine Stellungnahme der „Gruppe Neue Einheit“ (GNE) zu diesem Protokoll gegeben ( http://www.neue-einheit.com/deutsch/is/is2004/is2004-42.htm), da auch Kommunisten-online dieses Protokoll veröffentlichte.

Mal ganz abgesehen, dass nun eine „Stellungnahme“ der GNE an sich nicht ernst genommen werden kann, da diese Sekte ohnehin äußerst suspekte, zum Teil abstoßende, „Theorien“ vertritt - sei es ihre faschistoide Ablehnung der Homosexualität als angebliche Dekadenz parasitärer Klassen, ihre Ablehnung zur Anti-Atombewegung oder anderer Umweltbewegungen, ihre Verleumdungen über die Sowjetunion zur Zeit Stalins oder ihre wahnwitzige ‚Idee’, dass eine kommunistische Partei nicht von Nöten sei, was auch ihre eigene Existenz in Frage stellen müsste (auch wenn sie sich nicht als Partei, sondern als Gruppe bezeichnen) – habe ich mir, weil ich auch gerne solche „Ansichten“ durcharbeite, nicht zuletzt, weil man sich da wunderbar amüsieren kann, ihr sogenanntes Internetstatement angesehen.

Sie schreibt unter anderem folgendes: Unter dem Titel „Die Mao Tsetung-Legende – Mao lobt Tito und entschuldigt sich sogar“ wird ein Generalangriff unter Benutzung von Dokumenten betrieben, die zumindest noch zu überprüfen sind oder sogar einer augenfällig zweifelhaften Quelle entstammen. Es fällt auf, daß der abgedruckte Kommentar Zitate von Henry A. Kissinger benutzt, um angebliche Beweise zu führen. Was aber Henry A. Kissinger, der sich mit Intrigen gegen die kommunistische Bewegung befaßt hat, in seinen Memoiren geschrieben hat, muß noch lange nicht den Tatsachen entsprechen und muß keine authentische Wiedergabe von bestimmten Äußerungen darstellen.“

Nun es mag zwar stimmen, dass nicht alles was Kissinger sagt der Wahrheit entspricht und eventuell stimmt es, dass diese Dokumente überprüft werden müssen und/oder einer zweifelhaften Quelle entstammen. Mehr wird aber auch nicht deutlich! Dass in China Revisionisten an der Macht sind, sagt auch nichts über richtig oder falsch aus, bedenkt man doch vor allem, dass erst nach dem Sturz der Sowjetunion die Archive z. T. offen sind und die antikommunistischen Lügen über Stalin widerlegen. Zum anderen häufen sich solche Dokumente, wie dieses, seitdem die Archive sowohl in China als auch in Russland geöffnet werden. Natürlich stehe ich nicht vollkommen unkritisch diesen Quellen gegenüber und es hat auch oft Fälschungen, Fehlinterpretationen gegeben oder man hat nur Teile der Archive geöffnet, deren Interpretationen durch Öffnung weiterer Archive widerlegt werden können. Aber Lügen und Fälschungen kann man nur durch Wahrheiten widerlegen, nicht alleine von Zurückweisungen oder Verschwörungstheorien!

Wenn die GNE der Ansicht ist, dass es sich bei diesem Dokument um eine Lüge handelt, so muss sie dieses nicht als Lüge zurückweisen, sondern auch handfest widerlegen! Aber eine schlampige Beweisführung dieser Gruppe verwundert mich nicht, schaut man sich ihren Mist an, was sie bezüglich ihrer Stellungnahme zur Homosexualität schreibt.

Andererseits wimmelt es vor allem zum Ende des Internetstatements von – für mich – unbewiesenen Behauptungen. Da wird geschrieben, „dass die Auseinandersetzung, die die Sowjetunion und das Kominform im Jahre 1948 gegenüber dem Bund der Kommunisten Jugoslawiens unter Tito führten, selbst nicht frei von Sozialchauvinismus in der Sowjetunion war und in dieser Auseinandersetzung erhebliche Fehler von seiten des Kominform gemacht worden sind.“ … „Die Verletzung des proletarischen Internationalismus durch die Politik J.W. Stalins, die von ihm praktizierten Fehler, die sich verheerend ausgewirkt haben auf bestimmte Parteien, sind nun einmal Fakt. Ob J.W. Stalin zur Gänze verantwortlich ist für die Fehler gegenüber der chinesischen Revolution, oder welchen Anteil Wang Ming gehabt hat, kann man diskutieren, auf jeden Fall trägt Stalin eine erhebliche Verantwortung und hat die Politik der Komintern wesentlich beeinflußt“ … „Die Eingriffe der Komintern unter maßgeblichem Miteinfluß von J.W. Stalin und W. Molotow, die sich faktisch zugunsten des Nazifaschismus auswirkten, sind ein trübes Kapitel, das auch bei uns der Behandlung bedarf.“

Ich frage mich da eines: zum einen beschwert sich die GNE darüber, dass Kommunisten-online (und nun auch ich) dieses rätselhafte Dokument veröffentlicht, weil es keine Beweise für die Richtigkeit des Dokuments gibt (und keine Widerlegung für seine Falschheit), zum anderen wirft die GNE Stalin und der KPdSU/Komintern/Kominform solch einen Mist vor, ohne einen Beweis oder Verweis auf eine Quelle zu machen! Es wäre doch wenigstens angebracht mal nur kurz zu erklären, wo die Komintern Fehler bei der Titofrage gemacht hat? Wo ist denn dieser Fakt? Unbestreitbar gab es auch in der Komintern - Führung Fehler, diese sollte man dann aber auch erwähnen und dementsprechende Gründe für diese Fehler nennen. Bloßes Herumgeschmiere ist nicht ausreichend und schon gar nicht wenn man sich über ein Dokument beschwert (es ist ja wenigstens ein Dokument, dass einen Vorwurf bestätigt, auch wenn es falsch sein könnte, was aber nicht widerlegt ist; GNE wirft nur irgendwelche Sachen vor ohne ein Dokument zu nennen – typisch GNE!)

Kommen wir nun aber zum eigentlichen Aspekt zurück, und zwar wie die KP Chinas zur Titofrage stand. Und diesmal aus längst bekannten Dokumenten:

Der Tito-Revisionismus war vor dem Aufkommen des Chruschtschow-Revisionismus der Hauptvertreter des Rechtsopportunismus, des modernen Revisionismus in der kommunistischen Weltbewegung nach dem Zweiten Weltkrieg. Seine Gefährlichkeit wurde dadurch erhöht, daß zum ersten Mal in der Geschichte des Kommunismus der Revisionismus in einem Land die Staatsmacht innehatte. Der Kampf gegen die ideologische Strömung des Tito-Revisionismus war ein Kampf der kommunistischen Weltbewegung gegen den modernen Revisionismus. Sehr richtig ist der Hinweis der KP Chinas, daß es zur Zeit des Zweiten Weltkriegs und danach an der Kritik am sogenannten Browderismus mangelte. Browder war seinerzeit Leiter der KP USA, der unter dem Vorwand des antifaschistischen Kampfes und der Anti-Hitler-Koalition den kommunistischen Standpunkt und danach auch gleich die KP USA liquidierte. Damals gründeten die gegen den Browderismus kämpfenden Kommunistinnen und Kommunisten zwar die KP USA neu, doch es wurde unterschätzt, daß der Browderismus kein isoliertes Phänomen war, sondern Teil einer revisionistischen Strömung war, die damals international in Erscheinung trat. Die KP Chinas stellte dazu richtig fest: „ ...was die ganze kommunistische Weltbewegung betrifft, so fehlte es an einer vernichtenden Kritik an der durch den Browderismus repräsentierten ideologischen Strömung des Revisionismus, an einer gründlichen Abrechnung mit ihr. " („Polemik", S. 453)

Bereits 1948 wurde durch den Kampf der Kominform unter Führung J. W. Stalins die revisionistische Linie Titos und der KP Jugoslawiens grundsätzlich und unwiderlegbar entlarvt. In den Briefen des ZK der KPdSU(B)und den Resolutionen des Kominformbüros von 1948 und 1949 wird das Wesen der antimarxistischen Theorie und Praxis der Tito-Revisionisten aufgedeckt:

Leugnung der Hegemonie des Proletariats und Propagierung, daß die Bauern „die festeste Grundlage" des sozialistischen Staates darstellten.

Ablehnung der kommunistischen These, daß sich der Klassenkampf beim Aufbau des Sozialismus verschärft, und Weigerung, die Großbauern als Klasse zu liquidieren - statt dessen eine sich festigende Zusammenarbeit mit den kapitalistischen Elementen in Stadt und Land.

Verneinung der Notwendigkeit der Führung der Arbeiterklasse und ihres Staates durch die Kommunistische Partei, statt dessen Aufgehen in der Volksfront als der angeblich „führenden Kraft der Revolution".

Errichtung eines militärisch-bürokratischen Regimes in der Partei, die Erstickung der innerparteilichen Demokratie, die Abschaffung des Prinzips von Kritik und Selbstkritik, Kontrolle der Parteikader durch die Geheimpolizei.

• Abtötung der gegenseitigen Hilfe und Kritik zwischen den kommunistischen Parteien sowie Verrat am proletarischen Internationalismus, Großmachtchauvinismus gegenüber dem damals noch sozialistischen Albanien, das die Tito-Revisionisten annektieren und kolonialisieren wollen.

Übergang in das Lager des Imperialismus als Folge des nationalistischen und auf Festigung des Kapitalismus orientierten Weges unter der demagogischen Berufung auf die „Sicherung der jugoslawischen Unabhängigkeit". Als Ergebnis des Verrats am wissenschaftlichen Kommunismus degenerierte Jugoslawien zu einem revisionistischen Land, welches völlig vom Imperialismus abhängig war und in dem der Kapitalismus allseitig gefördert wurde, das in seinem Innern gegen Marxisten-Leninisten, gegen alle Revolutionäre mit faschistischem Terror vorging und zu einem Völkergefängnis wurde.

Die frühzeitige Aufdeckung der revisionistischen Linie der KP Jugoslawiens durch die KPdSU(B) mit Stalin an der Spitze, die sich in ihrem Kampf auf die grundlegenden ideologischen und politischen Meinungsverschiedenheiten konzentrierte, führte 1948 zur einhelligen Verurteilung der KP Jugoslawiens, des späteren „Bundes der Kommunisten Jugoslawiens", durch das Kominformbüro. Die Richtigkeit seiner Resolutionen von 1948 und 1949 wurde durch die weitere Entwicklung in der KP Jugoslawiens und dem ganzen Land vollauf bestätigt.

Die Versuche der modernen Revisionisten verschiedener Schattierungen, den Tito-Revisionismus zu rehabilitieren, machten und machen es für alle Kommunistischen Parteien zu einer dringlichen und ernsten Aufgabe, diese Resolutionen des Kominformbüros zu propagieren und zu verteidigen.

Den Chruschtschow-Revisionisten, die ihre bankrotten revisionistischen Thesen unter anderem auch bei Tito entlehnten, war dieser Kampf selbstverständlich ein Dorn im Auge. Konnten die Marxisten-Leninisten doch die Erfahrungen dieses Kampfes auch im Kampf gegen den Chruschtschow-Revisionismus fruchtbar machen. So verbanden die Chruschtschow-Revisionisten ihren globalen Angriff auf den wissenschaftlichen Kommunismus mit einer gleichzeitigen Verbrüderung und Aussöhnung mit dem Tito-Revisionismus.

Bereits 1955 begab sich Chruschtschow demonstrativ nach Belgrad, um sich mit Tito zu umarmen und um Verzeihung zu bitten für all das „Unrecht", das ihm die Kommunisten der Welt angetan hätten.

Im „Vorschlag zur Generallinie der internationalen kommunistischen Bewegung" entlarvte die KP Chinas, mit wem sich Chruschtschow verbrüderte und stellte fest:

„Mit dem Mantel des ‚Marxismus-Leninismus' angetan und unter dem Banner eines ‚sozialistischen Staates', unterminiert die Tito-Clique als Sondertrupp des US-Imperialismus die internationale kommunistische Bewegung und die revolutionäre Sache der Völker der ganzen Welt." („25-Punkte-Vorschlag", S. 52. Siehe S. 592.)

Diese Haltung der KP Chinas, die auch im Kommentar „Ist Jugoslawien ein sozialistischer Staat?" zum Ausdruck kommt, war eindeutig ein Schlag gegen den Revisionismus Chruschtschows. Die KP Chinas entlarvte, daß Jugoslawien ein revisionistisches, vom US-Imperialismus abhängiges Land mit einer bürgerlich umgewandelten, revisionistischen Partei an der Spitze ist und daß die Tito-Revisionisten typische Vertreter des Rechtsopportunismus sind, Vertreter der ideologischen und politischen Strömung, die die Hauptgefahr in der kommunistischen Weltbewegung darstellt.

In diesem Kommentar wird ausführlich die kapitalistische Entwicklung Jugoslawiens in Stadt und Land entlarvt und die Ablehnung der Planwirtschaft und ihre Ersetzung durch die „Arbeiterselbstverwaltung" angeprangert.

Zudem enthält der Kommentar eine Fülle von Fakten über die konterrevolutionären Machenschaften des „Bundes der Kommunisten Jugoslawiens" auf der ganzen Welt und über die Macht, die der US-Imperialismus in diesem Land besitzt.

Zudem wird der prinzipielle Charakter der Jugoslawienfrage betont, bei der es um die Verteidigung der Prinzipien des wissenschaftlichen Kommunismus geht, und es werden die Gemeinsamkeiten zwischen den Revisionisten chruschtschowscher und titoistischer Prägung hervorgehoben.

Und dennoch gibt es an der gesamten Haltung der KP Chinas zum Tito-Revisionismus eine Reihe von Kritiken.

Die Frage des Tito-Revisionismus wurde von der KP Chinas vor allen Dingen ausgehend von der Erklärung der Moskauer Beratung von 1960 aufgerollt. So entsteht der Eindruck, daß erst zu diesem Zeitpunkt die internationale kommunistische Bewegung von der Tito-Frage bewegt wurde.

Die Versuche der modernen Revisionisten verschiedener Schattierungen, den Tito-Revisionismus zu rehabilitieren, hätten es für alle kommunistischen Parteien jedoch zu einer dringlichen und ernsten Aufgabe gemacht, die Resolutionen des Kominformbüros zu propagieren und zu verteidigen.

In ihrer Polemik gegen die Chruschtschow-Revisionisten unterstützt die KP Chinas die Kominform-Resolutionen mit keinem Wort und verteidigt deren wesentlichen Inhalte nicht. Es fehlt die Verteidigung der kommunistischen These, daß sich der Klassenkampf beim Aufbau des Sozialismus verschärft, wie auch der Kampf gegen die Mißachtung der Lehre von der Hegemonie des Proletariats. Es wird nicht das bürokratische militärische System in der Partei entlarvt, die fehlende Selbstkritik usw.

Statt von der durch die Dokumente der Kominform klar festgelegten Einschätzung des Tito-Revisionismus auszugehen, bringt die KP Chinas folgende abweichende Auffassungen über die Entwicklung des Tito-Revisionismus vor, wenn sie den Weg des Verrats der Tito-Revisionisten so schildert:

„Der Degenerationsprozess Jugoslawiens dauert bereits 15 Jahre an." („Polemik", S. 197.)

Im Gegensatz zu den Auffassungen des Kominformbüros beginnt nach Meinung der KP Chinas der Restaurationsprozess in Jugoslawien erst 1948, das heißt zu einem Zeitpunkt, als der Tito-Revisionismus und die Entwicklung des Kapitalismus in Jugoslawien bereits international entlarvt war und die Tito-Clique bereits zu einem Anhängsel des US-Imperialismus geworden war.

Auf der Grundlage dieser Einschätzung ist auch folgende Rechtfertigung der Position der KP Chinas von 1954 nicht verwunderlich: „1954, als Chruschtschow vorschlug, die Beziehungen mit Jugoslawien zu verbessern, waren wir damit einverstanden , Jugoslawien als sozialistisches Bruderland zu behandeln, um es für den sozialistischen Weg zurückzugewinnen und die Tito-Clique weiter zu beobachten" (Ebenda, S. 198.)

Hier liegt eine katastrophale Fehleinschätzung der Lage in Jugoslawien vor. Diese Haltung und Einschätzung des Tito-Revisionismus befindet sich vor allen Dingen in eklatantem Widerspruch zum Kampf der internationalen kommunistischen Bewegung nach 1945 und zu den Schlußfolgerungen und praktischen Konsequenzen, die aus diesem Kampf gezogen wurden.

Die KP Chinas geht nicht nur mit keinem Wort auf die prinzipielle Resolution der Kominform von 1948 ein und schweigt sie tot, sondern ist vielmehr offensichtlich mit dieser Einschätzung nicht einverstanden und setzt ihr die eigene falsche Einschätzung entgegen.

Was sind die Ursachen für solch eine Herangehensweise?

Meiner Meinung nach muß man hierbei zwei Aspekte berücksichtigen.

Offenbar hat die KP Chinas, wie aus dem Zitat bezüglich 1954 hervorgeht, in der Frage des Tito-Revisionismus geschwankt. Wir können uns des Eindrucks nicht erwehren, daß die KP Chinas tatsächlich 1954 die Einschätzung Chruschtschows über Jugoslawien geteilt hat - und sich damit ganz klar gegen die kommunistische Einschätzung der Kominform stellte.

Die angeführten Passagen lassen erkennen, daß die KP Chinas nicht damit einverstanden war, den Kampf des Kominformbüros unter Führung Stalins gegen den Tito-Revisionismus und gegen die reaktionäre Umwandlung der jugoslawischen Partei und des ganzen Landes fortzusetzen. Der 1956 erschienene „Renmin Ribao"-Artikel „Über die historischen Erfahrungen der Diktatur des Proletariats", der zur Grundlage eine Diskussion des erweiterten Politbüros der KP Chinas hatte, greift den richtigen Kurs Stalins sogar ganz offen an:

„Eine Reihe von Fehlern beging er (Stalin) in der internationalen kommunistischen Bewegung, insbesondere fällte er die Fehlentscheidung in der Jugoslawienfrage." („Die historischen Erfahrungen der Diktatur des Proletariats", Peking 1963, S. 9f.)

„Es ist verständlich, daß die jugoslawischen Genossen den Fehlern Stalins gegenüber, einen besonderen Groll hegen." (Ebenda, S. 47.)

Als das konterrevolutionäre Bündnis der Chruschtschow-Revisionisten mit Tito nicht mehr zu übersehen war, versuchte die KP Chinas nun, sich mit einem opportunistischen Trick aus der Affäre zu ziehen. Anstatt ihre massiven, mit antimarxistischen Ausfällen gegen Stalin verbundenen Zugeständnisse an die modernen Revisionisten selbstkritisch einzugestehen und zu verurteilen, werden sie dadurch gerechtfertigt, daß man versucht habe, die Tito-Clique „für den sozialistischen Weg zurückzugewinnen“ ( „Polemik", S. 198.)

Das bedeutet eine Diskreditierung aller kommunistischen Parteien, die den Tito-Revisionismus entlarvt haben.

Fazit:

Die KP Chinas entlarvte die Tito-Revisionisten in verschiedenen Bereichen sowie das Bündnis der Chruschtschow-Revisionisten mit den Tito-Revisionisten durchaus treffend mit einer Fülle von Material. Der Position der KP Chinas zu den Tito-Revisionisten liegt jedoch durchgängig der schwerwiegende und durch nichts zu entschuldigende ideologische Fehler zugrunde, die unwiderlegbaren kommunistischen Positionen der Resolutionen des Kominformbüros, den gesamten ideologischen und politischen Kampf des Kominformbüros und der KPdSU(B) unter Leitung Stalins zu missachten und mit den eigenen falschen Positionen selbst anzugreifen. Die Partei der Arbeit Albaniens hat in der Tito-Frage eine grundsätzlich andere, prinzipienfeste Haltung eingenommen. Die Partei der Arbeit Albaniens hat unablässig das konterrevolutionäre Gesicht des Tito-Revisionismus entlarvt und dabei keinerlei Ausflüchte über „mögliche positive Änderungen" etc. eingebaut. Sie hat die korrekte Linie Stalins und des Kominformbüros zu Jugoslawien propagiert und verteidigt; wie z. B. in der Broschüre „15 Jahre nach der Veröffentlichung der Resolution des Informationsbüros „Über die Lage in der Kommunistischen Partei Jugoslawiens", in: „Der Marxismus-Leninismus wird über den Revisionismus siegen", Band 2, Frankfurt 1971. S. 197f; auch enthalten in „Der Kampf J. W. Stalins und der Kominform gegen den Tito-Revisionismus", Wien 1979, S. 73f), oder in der Rede Enver Hoxhas 1960 auf der Beratung in Moskau, wo er den gesamten historischen Kampf der Partei der Arbeit Albaniens gegen den Tito-Revisionismus dokumentierte. Die Partei der Arbeit Albaniens hat in einem internen Brief gegenüber den Chruschtschow-Revisionisten schärfsten Protest gegen jeden Schritt, den diese zur Rehabilitierung der Tito-Clique unternahmen, eingelegt. zurück

 

7. Kulturrevolution

 

Bevor ich auf ideologische und historische Aspekte über den Verlauf der Kulturrevolution eingehe, setze ich mich erst mal mit deinem Brief auseinander:

Du schreibst: „Dass du diesen antikommunistischen Schmarn über die Kulturrevolution hinzuziehst, um die Frage aufzuwerfen, ob Klassenkampf von oben nicht doch besser ist (wobei du immer Klassenkampf von oben und von unten gegeneinander stellst, anstatt die dialektische Einheit der Kontrolle von oben und unten und der Selbstkontrolle zu begreifen),…“

Ob dies antikommunistischer Schmarn ist oder nicht, wird sich noch zeigen. Unverständlich ist eher dein Vorwurf an mich, ich würde mich fragen ob der Klassenkampf von oben doch nicht besser wäre, als von unten? Oder dein Vorwurf, ich hätte das Prinzip des Klassenkampfes nicht verstanden? Ich dachte, ich hätte mich schon bei unserer Stalin-Diskussion deutlich genug ausgedrückt?! Du wirfst mir vor, ich stelle Klassenkampf von oben und unten entgegen, beweisen tust du es nicht! Ich hatte lediglich erwähnt, dass Massenmobilisierung … ja richtig und wichtig [ist], aber ob das während der Kulturrevolution [in der Form] wirklich so war? Tut mir Leid da bin ich eher skeptisch“. Wie du dann auf diesen Vorwurf kommst, vor allem nach unserer Stalin-Diskussion, verstehe ich wirklich nicht.

Ist es denn nicht etwa die MLPD, die gerade Stalin vorwirft, er habe auf eine Massenmobilisierung verzichtet und dagegen nur von oben gesäubert (siehe MLPD-Programm, Seite 44)? Mal ganz abgesehen davon, dass es absoluter Humbug ist, den ich zu Genüge widerlegt habe und somit gezeigt habe, dass ich eine Kontrolle sowohl von „oben“ als auch von „unten“ für richtig halte (wie es bei Stalin auch so war) und die MLPD anscheinend andeutet, es gebe nur die Kontrolle von unten als richtigen Weg (logische Schlussfolgerung ihrer falschen, undeutlichen Polemiken), ist dein Vorwurf an mich widerlegt. Und wenn ich Skepsis habe an den Wegen und Mitteln der Kulturrevolution und du meine „antikommunistischen Behauptungen“ leugnest, aber ohne einen Beleg dafür zu bringen, wirkst du nicht besonders überzeugend! Es ist natürlich sehr einfach, alles als Lüge oder kleinbürgerlich abzustempeln, wenn einem eine Aussage nicht in das Argumentationsschema passt! Und schaut man sich das Ergebnis der Säuberungen in der Sowjetunion und in China an so kann man folgenden Schluss ziehen: In der SU sind viele Konterrevolutionäre beseitigt worden und die kapitalistische Restauration nahm einen Zeitraum von 1953/56 bis 1991, also fast 40 Jahre ein; während in China, nach Maos Tod 1976 der Kapitalismus schon Mitte/Ende der 80er fast vollständig entwickelt war, also nach einem Jahrzehnt …. Zum anderen, sind ja in China gerade die Leute an die Macht gekommen, ja sogar noch zu Lebzeiten Maos wieder in die Partei wieder aufgenommen wurden, gegen die man in der Kulturrevolution gekämpft hatte und schon weit vorher für ihre konterrevolutionären Ansichten bekannt waren. Was im Endeffekt erfolgreicher war, vor allem wenn man bedenkt, dass China günstigere Ausgangspositionen hatte, ist wohl eindeutig!

Weiter schreibst du, ich hätte kein Vertrauen in die Massen. Mein lieber D., ich weiß nicht woher du das schon wieder her hast, aber stimmen tut dies nicht, sonst wäre ich keine Kommunist. Nur habe ich kein blindes vertrauen in die Massen und sehe halt nicht jeden Volksaufstand als positiv an, zum einen wäre das Nachtrabpolitik, zum anderen dürfte ich dann auch solche Tage wie den 30. Januar 1933 oder andere schwarze Kapitel der Geschichte preisen, wo eben die Massen – aus welchen Gründen auch immer – den falschen Weg gelaufen sind. Zum anderen, wenn du solch ein starkes Vertrauen in die Massen (auch so ein schwammiges Wort) hast, warum ließen diese dann den Untergang des Sozialismus zu, oder weshalb musste es soweit kommen, dass es zur Kulturrevolution kommen musste, dass wir uns (also die Massen) irgendwelche Führer geschaffen haben???

Weiter …

„Du führst nicht den Kampf um die Denkweise, sondern lediglich eine Abwehrschlacht gegen den Revisionismus als Form der kleinbürgerlichen Denkweise und merkst nicht, dass diese deine Haltung auch kleinbürgerlich ist – intellektualistisch, sektiererisch und dem Bürokratismus Vorschub leistend!“

  1. bring mir die Denkweise dann bei
  2. wenn ich dass unter der Denkweise richtig verstehe, weiß ich nicht, wo ich gegen diese arbeite?

Du schreibst:

„Kein staatliches Organ, kein Parteigremium, kein Geheimdienst kann den Revisionismus vernichten!“

Das mag vielleicht sein, aber was für Aufgaben haben diese Organe des Staates und woraus setzen sie sich zusammen? Das ist ja eindeutig: die Partei, die Justiz, das Militär usw. bestehen im Sozialismus nicht aus Lust und Laune, sondern sind Schwerter der Revolution, Kämpfer für den Kommunismus. Sie sind Teil des Sozialismus, die Organisierung der Arbeiterklasse, sprich sie sind ein Teil von ihnen. Bürokratische Tendenzen sind alles andere als ausgeschlossen, aber gegen diese muss ein Kampf geführt werden, sollen für eine erweiterte Selbstorganisation der Werktätigen, also auf dem Weg zum Kommunismus dienen. Das lässt sich aber nicht von heute auf morgen entwickeln, sondern ist ein langwieriger Prozess. Und ein richtiger Kampf gegen diese kann nur geführt werden, wenn eine korrekte marxistisch-leninistische Linie besteht!

Du schreibst:

„ Der dialektische Materialismus lehrt die Einheit von Theorie und Praxis und verleugnet, dass man weder nur durch Theorie (so wie du es behauptest), noch ausschließlich durch Praxis etwas wirklich verstehen kann.“

Auch hier frage ich mich, wo ich das Gegenteil behauptet habe? In diesem von mir genannten Satz „Denn der Marxismus ist Erziehung zum selbstständigen Denken, eine Anleitung zum Handeln, n a c h d e m man etwas verstanden hat.“, steht nix von einer Trennung von Theorie und Praxis, sondern eine Erziehung zum Selbstständigen Denken …. Und Erziehung ist eben nicht nur Theorie. Und das Beispiel von Niu Niu hat ja wohl gezeigt, dass die Vorgänge (die zwar nicht allgemeingültig sein müssen, für ihren Fall aber schon stimmen könnten) deiner Aussage widersprechen!

Du schreibst:

„Dass du theoretisch versierte Politprofis wie die vom NKWD dem ‚wütenden Mob’ der Kulturrevolution vorziehst, …“

Auch hier muss ich mich fragen, woher du das wieder hast. Letztendlich ist es mir vollkommen egal, ob eine „theoretisch versierter Politprofi vom NKWD“ oder ein „wütender Mob“ foltert …. Folter bleibt Folter, egal wer sie ausführt! Ach ja, stimmt, so was gab es in der Kulturrevolution nicht!

Ich hatte lediglich auf historische Tatsachen verwiesen: es gab Foltermethoden die von NKWD ausgeführt wurden, diese sind aber zutiefst verurteilt worden und als das NKWD wieder unter marxistisch-leninistischer Führung stand und auch vorher, konnte man sich gegen ‚Justizirrtümer’ wehren, Folterer bekamen ihre gerechte Strafe und es trat eine Welle von Rehabilitierungen auf. Was die Fehler in der Kulturrevolution betrifft (nicht die ideologischen, sondern die Verbrechen) sind mir solche Maßnahmen nicht bekannt, lasse mich aber gerne überzeugen (und zwar mit Argumenten und nicht mit Zurückweisungen a la kleinbürgerliche Denkweise, die ich hierbei angeblich vertrete).

Wollen wir uns die Kulturrevolution etwas näher betrachten.

Zuerst sollte man sich anschauen wie zum Beispiel von der MLPD die Kulturrevolution „verteidigt“ wird:

Über die Bedeutung der Großen Proletarischen Kulturrevolution schrieb Will Dickhut in „Die Restauration des Kapitalismus in der Sowjetunion“:

„Die Große Proletarische Kulturrevolution bedeutet:

1. die höchste Form des Klassenkampfs in der sozialistischen Gesellschaft,
2. die Weckung und sprunghafte Entwicklung des sozialistischen Bewußtseins der Volksmassen mit Hilfe von Kritik und Selbstkritik und durch Studium der Maotsetungideen bei gleichzeitiger konkreter Anwendung in der Praxis,

3. die konkrete Form der Anwendung der Diktatur des Proletariats gegen die Bürokratisierung des Partei-, Staats- und Wirtschaftsapparates (gegen die Machthaber, die den kapitalistischen Weg gehen)

4. die Errichtung eines ideologisch, politischen Dammes gegen die Gefahr der Restaurierung des Kapitalismus." (W. Dickhut: „Die Restauration des Kapitalismus in der Sowjetunion, Seite 475).

Nun sollte sich mal die Frage stellen, ob die Kulturrevolution wirklich die höchste Form des Klassenkampfes ist und somit als Weiterentwicklung des Marxismus-Leninismus angesehen werden kann.

Meiner Ansicht nach trifft das aus mehreren Gründen nicht zu:

Die Kulturrevolution erfolgte nicht aus der Erkenntnis der Anwendung des Marxismus-Leninismus, sondern war folge der falschen Politik Maos in den 50er Jahren. Der Große Sprung nach Vorn war, wie oben erwähnt, ein ökonomisches Desaster. Dies führte fast zu seiner politischen Verdrängung Maos und rechtsopportunistische Kräfte übernahmen in der Ökonomie das Ruder. Der Rote Oktober schreibt diesbezüglich folgendes:

Mit der Einleitung der Kulturrevolution sollten Mao’s falsche Auffassung vom Absterben des Klassenkampfes im Sozialismus korrigiert werden. Wie war aber diese Auffassung? 1957 schrieb Mao Tsetung, ”Heute ist die Lage so: Die für die Periode der Revolution charakteristischen, umfassenden und stürmischen Klassenkämpfe der Massen sind im wesentlichen abgeschlossen, doch der Klassenkampf ist noch NICHT GANZ beendet” [“Über die richtige Behandlung der Widersprüche im Volke”, Seite 1069; Hervorhebung von RO]. Diese falsche Einschätzung Mao’s war mit dafür verantwortlich, dass Feinde des Sozialismus, offen reaktionäre Elemente und offene Revisionisten, derart in Partei und Staat an Einfluss gewonnen hatten, dass sie dabei waren, die ganze Macht an sich zu reißen.

Die “Kulturrevolution” versetzt diesen offen reaktionären und revisionistischen Kräften, die allerdings später wieder die volle Macht bekamen, einen gewissen Schlag. Dennoch ist es nötig, diesen ganzen Prozess der sog. Kulturevolution genau zu betrachten zu analysieren. So müssen wir sehen, und dies sagte auch Mao, dass die Kulturevolution stattfand, weil es zuvor offen Reaktionären und Revisionisten gelingen konnte, den Partei- und Staatsapparat zu durchsetzen. Wer die Vorgeschichte der sog. Kulturevolution in seiner Betrachtung ausklammert, muss sich den Vorwurf gefallen lassen, nicht wissenschaftlich zu analysieren. Diese Abweichungen konnten eben nur deshalb am Boden gewinnen, weil Mao (wobei wir hier dies nicht auf die Person Mao abwälzen, natürlich war dies ein Fehler des ZK’s bzw. der Partei als solches) zuvor schwerwiegende Fehleinschätzungen vorgenommen hatte und es ‘liberalistische’ Abweichungen gab. Diese Abweichungen sind aber in der Kulturevolution keineswegs gründlich kritisiert und grundlegend korrigiert worden. An der Kulturevolution hatten zunächst vor allem die Rote Garde, revolutionäre Jugendliche, vor allem SchülerInnen und StudentInnen, und später die Armee den entschiedenen Anteil. So verlief die Kulturrevolution auch keinesfalls unter der Führung der Partei (die dazu hätte gesäubert werden müssen) und der Arbeiterklasse. Ebenso wurde nicht die Einheit der Partei auf marxistisch-leninistischer Grundlage hergestellt: die rechtsopportunistischen Abweichungen, die das Land in eine Lage brachte, in der die Errungenschaften der Revolution nur noch an einem seidenen Faden hingen, wurden nicht grundlegend aufgegeben oder gar grundlegend ausgemerzt. Obwohl man die praktischen Konsequenzen mit der Bourgeoisie ”auf lange Sicht” NICHT korrigiert.

Die Korrektur dieser Abweichung jedoch wäre die Voraussetzung dafür gewesen, um einen schonungslosen und allseitigen Kampf für den Aufbau und die Festigung der Diktatur des Proletariats siegreich führen zu können. Das geschah NICHT. Die falschen Ansichten Mao’s wurden nicht verworfen, sondern nur zeitweilig etwas in den Hintergrund geschoben, um später wieder aufzutauchen. So wurde z.B. niemals die Schrift ”Über die richtige Behandlung der Widersprüche im Volk” zurückgenommen, sondern wurde auch weiterhin als grundlegende Schrift propagiert. Auch die BÜRGERLICHEN Parteien wurden NICHT aufgelöst, sondern traten nur etwas in den Hintergrund. So wurden auch durch die sog. Kulturrevolution in China nur die Auswirkungen, nicht aber die Ursachen der revisionistischen Entwicklung bekämpft, und es blieben damit revisionistischen Ansichten und Elementen weiterhin Tür und Tor geöffnet, ihre Arbeit gegen die Errungenschaften der chinesischen Revolution fortzuführen.

Statt die Ursachen für die revisionistische Entwicklung vor der Kulturrevolution aufzudecken, stellte Mao seine schematische These auf, dass solche Kulturrevolutionen alle sieben bis acht Jahre durchgeführt werden sollten. Was aber heißt das? Das heißt, dass Mao nach wie vor von der Koexistenz mit der Bourgeoisie ausging und die Eroberung der Partei und des Staatsapparats durch offen reaktionäre und revisionistische Elemente zu einer ZYKLISCHEN GESETZMÄSSIGKEIT erklärte. Der Putsch der Ultrarechten (Oktober ’76), der vorläufig den Sieg der Konterrevolution in China besiegelte, aber auch bereits die Formierung dieser offen konterrevolutionären Kräfte zu Lebzeiten Mao’s, zeigt die Gefährlichkeit der Politik der ‚Koexistenz mit der Bourgeoisie auf lange Sicht’.“ (Roter Oktober Nr. 7: „ Die “Kulturrevolution” in China hat weder etwas mit Kultur noch mit Revolution zu tun!“)

So ist es nun mal auch Fakt, dass Mao in den 50er Jahren von der Notwendigkeit der Diktatur des Proletariats nicht gesprochen hat. Im Gegenteil, er redet z.B. in seiner Schrift "Über die richtige Behandlung der Widersprüche im Volk" (1957) davon, daß der Widerspruch zwischen nationaler Bourgeoisie und der Arbeiterklasse ein Widerspruch innerhalb des Volkes sei, der bei richtiger Behandlung nicht antagonistisch sei.

"In unserem Land gehört der Widerspruch zwischen der Arbeiterklasse und der nationalen Bourgeoisie zu den Widersprüchen im Volk… da der Charakter der nationalen Bourgeoisie in unserem Land zwiespältig ist. In der Periode der bürgerlich-demokratischen Revolution war die nationale Bourgeoisie einerseits revolutionär und andererseits zu Kompromissen geneigt. In der Periode der sozialistischen Revolution beutet sie einerseits die Arbeiterklasse des Profits wegen aus, aber gleichzeitig unterstützt sie die Verfassung und ist bereit die sozialistische Umgestaltung zu akzeptieren. Die nationale Bourgeoisie unterscheidet sich von den Imperialisten, der Grundherrenklasse und der bürokratischen Bourgeoisie. Der Widerspruch zwischen der nationalen Bourgeoisie und der Arbeiterklasse, ein Widerspruch zwischen Ausbeutern und Ausgebeuteten, ist an und für sich antagonistisch. Aber unter den konkreten Bedingungen unseres Landes kann dieser antagonistische Klassenwiderspruch, wenn er richtig behandelt wird, in einen nichtantagonistischen umgewandelt und auf friedlichem Wege gelöst werden." (Mao Tse- tung, Ausgewählte Werke, Bd. V. S. 436)

Als das Mittel zur Lösung der Widersprüche stellt Mao Tse-tung in dieser Schrift "Kritik und Erziehung" der Bourgeoisie hin.

Das zeigt, daß Mao Tse-tung zu dieser Zeit nicht vom Sozialismus, in dem die Diktatur des Proletariats über die Bourgeoisie ausgeübt wird, ausgeht. Er vertritt dieselbe These wie die, die auf dem VIII. Parteitag der KP China vertreten wurde, nämlich:

"daß die chinesische Bourgeoisie buchstäblich mit großer Begeisterung der sozialistischen Umgestaltung" entgegenkommt.

Die in der gleichen Schrift "Über die richtige Behandlung der Widersprüche im Volk" aufgestellte Forderung "Laßt hundert Blumen blühen, laßt hundert Schulen miteinander wetteifern", führte unter der Bedingung, daß über die Bourgeoisie keine Diktatur ausgeübt wurde, zu einer unkontrollierten Ausbreitung und Wucherung von "Giftpflanzen". D.h. der Revisionismus konnte sich in der Gesellschaft und in der Partei so gut wie ungehindert ausbreiten.

Unter dieser Bedingung, d.h. als Ergebnis der falschen, liberalen Politik gegenüber der Bourgeoisie konnten in den 60er Jahren die nationale Bourgeoisie und die sich herausbildende neu e bürokratische Bourgeoisie wichtige Machtpositionen in Staat und Partei erobern. Unter dieser Bedingung wurde die Kulturrevolution in der besonderen Form, wie sie in China stattfand, d.h. einer Revolution der KommunistInnen zusammen mit den Massen gegen die Partei- und Staatsführung notwendig.

Während der Kulturrevolution hat Mao Tse-tung zwar (in Worten) von der Notwendigkeit der Diktatur des Proletariats gesprochen, aber dabei hat er diese an die Existenz der Bourgeoisie als Klasse während der gesamten Phase des Sozialismus bis hin zum Kommunismus gebunden, was wiederum falsch ist. Und diese These wurde auch noch als Weiterentwicklung des Leninismus durch die Mao Tse-tung-Ideen hingestellt. In der Praxis wurde somit zwar die falsche Haltung zur Bourgeoisie überwunden, aber Mao Tse-tung hat keinerlei Selbstkritik über die vorher vertretenen falschen Ansichten gemacht. Im Gegenteil, diese wurden auch noch während der Kulturrevolution weiterhin propagiert.

Mao Tse-tung hat während der Kulturrevolution wertvolle Ansichten über die Rolle der "neuen Bourgeoisie" bei der Restauration des Kapitalismus entwickelt, hat aber seine falschen früheren Positionen nicht selbstkritisch überwunden.

In keinem Fall kann man aber die Große Proletarische Kulturrevolution in der besonderen Form, wie sie in China ablief, so wie es die MLPD macht, als "höchste Form des Klassenkampfes" bezeichnen, da das außer Acht läßt, daß sie das Ergebnis einer zuvor gemachten "Fehlentwicklung" war. Wenn die KommunistInnen nicht diese Fehler gemacht hätten, hätte sie auch nicht diese Form von "Bombardiert das Hauptquartier" in Partei und Staat anzunehmen brauchen. Auch die weiteren Einschätzungen wie "sprunghafte Entwicklung des sozialistischen Bewußtseins der Volksmassen mit Hilfe von Kritik und Selbstkritik" teile ich so nicht. Denn gerade eine Selbstkritik zu ihren Fehlern, die erst die Kulturrevolution notwendig machten, hatten die Kommunistische Partei Chinas und Mao Tse-tung nicht geübt. Insofern wurde das "sozialistische Bewußtsein" der Volksmassen nicht ausreichend entwickelt. Daneben führte das "Studium der Mao Tsetungideen" mit ihren fehlerhaften Thesen wie Fortexistenz der Bourgeoisie als Klasse auch unter sozialistischen Produktionsverhältnissen, nicht zur sprunghaften Entwicklung des sozialistischen Bewußtseins.

Im zweiten Punkt wird behauptet, daß die "Weckung und sprunghafte Entwicklung des sozialistischen Bewußtseins der Volksmassen mit Hilfe von Kritik und Selbstkritik und durch Studium der Maotsetungideen bei gleichzeitiger konkreter Anwendung in der Praxis" möglich sei. Wie wird Bewußtsein im gesellschaftlichen Zusammenhang gebildet? Vor allem doch wohl durch das "ensemble der gesellschaftlichen Verhältnisse", wie Marx in seinen Feuerbachthesen geschrieben hat. Die menschliche Seele ist eine vorgegebene Größe, in deren Rahmen es eine Vielzahl von Möglichkeiten gibt. Welche dieser Möglichkeiten dann wirklich ausgebildet werden, daran haben die gesellschaftlichen Verhältnisse einen großen Anteil. Die politische Erziehung kann – förderlich oder hemmend – zu diesem Vorgang hinzutreten, aber sie kann nichts machen, wofür es keine materielle Basis gibt. Auch dieser Punkt zeigt die Sinnlosigkeit und garantiert die Erfolglosigkeit jedweder versuchten Kulturrevolution. Es bliebe hier noch zu fragen, wie denn ausgerechnet die Mao-Tse-Tung-Ideen – die so primitiv, voller Irrtümer, voller Verfälschungen des Marxismus und im wesentlichen nichts anderes als der Katechismus einer etwas zu groß geratenen Sekte sind – den Menschen ein neues kommunistisches Bewußtsein bringen sollen.

Die Kulturrevolution begann im April 1966, als Ministerpräsident Zhou En-lai "zu einer heftigen und langandauernden Auseinandersetzung auf der akademischen, erzieherischen und journalistischen Ebene, in Kunst, Literatur und allen anderen Bereichen der Kultur aufrief, um die 'bürgerliche Ideologie' auszulöschen." (Keesings Archive der Zeitgeschichte, Band 15, S. 21, 577).

Im gleichen Jahr veröffentlichte die Tageszeitung „Befreiungsarmee“ einen Leitungsartikel, indem erklärt wurde, dass "innerhalb unserer Kunst- und Kulturkreise ein parteifeindlicher, antisozialistischer Trend existiert, der den Mao-Tse-tung-Ideen widerspricht. Wir müssen ... eine aktive Rolle auf dem kulturellen Gebiet der Großen Sozialistischen Revolution spielen, um diese zweifelhafte Strömung gründlich auszuradieren. ...Wir dürfen nicht davor zurückschrecken, die 'Keule zu schwingen'." ('Haltet hoch das Große Rote Banner der Mao-Tse-tung-Ideen! Werdet aktiv und beteiligt euch an der Großen Sozialistischen Kulturrevolution!', Peking -Rundschau, S. 6, 9; Band 9, Nr. 18, 29. April 1966).

Im Mai 1966 veröffentlichte Yao Wen-yuan in der Tageszeitung " 'Befreiungsarmee' eine heftige Attacke ... gegen drei von der Pekinger Parteiorganisation herausgegebene Zeitschriften, gegen die 'Pekinger Tageszeitung', die 'Pekinger Abendnachrichten' und gegen die vierzehntägig erscheinende 'Frontlinie'." (Keesings Archive der Zeitgeschichte, Band 15, S. 21, 577).

Er prangerte sie an als " ... gegen Partei und Sozialismus gerichtete Instrumente." (Yao Wen-yuan, 'Über das Dreifamiliendorf', Mai 1966, in: Peking-Rundschau, Band 9, Nr. 22, 27. Mai 1966, S. 5).

Im Juni 1966 veröffentlichte die 'Volkszeitung', die jetzt von der Gruppierung der Komprador-Bourgeoisie in der Partei kontrolliert wurde, einen heftigen Angriff gegen die Parteiführung an der Pekinger Universität:

"Die Pekinger Universität ... ist das Zentrum der finsteren 'Drei-Familien-Dorf-Bande', eine eiserne Bastion, die von ihr gegen Partei und Sozialismus benutzt wird. Die Menschen im ganzen Land werden aufstehen und all jenen aufs Haupt schlagen, die sich gegen den Vorsitzenden Mao stellen. ...Die ganze Nation wird ihre finstere Bande, ihre finstere Organisation und Disziplin in Stücke schlagen." ('Begrüßt die Große Wandzeitung an der Pekinger Universität', Juni 1966, in: 'Band 9, Nr. 37 vom 9. September 1966, S. 21 f.).

Am darauf folgenden Tag wurde verkündet, dass "das Zentralkomitee der KPCh beschlossen habe, das Pekinger Parteikomitee zu reorganisieren." (Keesings Archive der Zeitgeschichte, Band 15, S. 21, S. 577).

Außerdem beschloss es, "das Parteikomitee der Universität Peking umzubilden und einen neuen Parteisekretär für Peking anstelle von Peng Chen zu ernennen." (Ebenda).

Dieser Erklärung "folgten sofort Demonstrationen außerhalb der Pekinger Parteizentrale sowie an der Universität, die einige Tage andauerten. Tausende marschierten mit Mao-Postern durch die Stadt, schlugen Trommeln und Zimbeln, brachten Feuerwerkskörper zur Explosion und bejubelten die Säuberung als Sieg für die Mao-Tse-tung-Ideen." (Ebenda, S. 578).

Ab Mai 1966 wurden die „Roten Garden“ rekrutiert, die als Stoßtrupp der Kulturrevolution dienten.

"Die Volksbefreiungsarmee sowie die Volksmilizen bildeten an Schulen und Universitäten Gruppen von Teenagern für die Bildung von Einheiten der Roten Garden aus, die dazu bestimmt waren, ... die Lehren des Vorsitzenden zu verbreiten." (Clare Hollingworth, 'Mao und die Männer gegen ihn', London 1985, S. 136).

Bezeichnender Weise galt ihre Loyalität nicht der Kommunistischen Partei, sondern Mao Tse-tung persönlich:

"Die Roten Garden sagen es immer wieder und sie sagen es gut: 'Vorsitzender Mao ist unser roter Kommandeur und wir sind die jungen, roten Soldaten des Vorsitzenden Mao. ...' Sie führen Exemplare der 'Worte des Vorsitzenden Mao' mit sich." ('Lob den Roten Garden', September 1966, in: Peking Rundschau, S. 15, 23. September 1966, Band 9, Nr. 39).
Dabei hielten sie den Satz hoch: "Ein echter Revolutionär ist jemand, der die Mao-Tse-tung-Ideen ungefragt akzeptiert."

"Die Einstellung zu den Mao-Tse-tung-Ideen, ob man sie richtig findet oder nicht, ob man sie unterstützt oder gegen sie ist, ob man sie heiß liebt oder ihnen feindselig gegenüber eingestellt ist - das ist der Prüfstein und die Trennlinie zwischen echter Revolution und Scheinrevolution, zwischen Revolution und Konterrevolution." ('Die Mao-Tse-tung-Ideen sind das Teleskop und das Mikroskop für unsere Revolutionäre Sache', Juni 1966, in: Peking-Rundschau, S. 7, 10. Juni, Band 9, Nr. 24).

Wenn man sich das betrachtet, so stellt sich bei mir die Frage, weshalb hierzu Studenten mobilisiert wurden und nicht die Hauptkraft der Revolution: die Arbeiterklasse. Natürlich ist es wichtig alle Kräfte zu mobilisieren, auch kleinbürgerliche Schichten, aber dennoch: warum wurden nicht Arbeiter und Bauern diesbezüglich mobilisiert? Und ist es doch nicht so, dass maoistische Kräfte sich eigentlich – wegen des kleinbürgerlichen Charakters – bei den Intellektuellen die Hauptkraft zur Restauration des Kapitalismus sehen? Kritisieren sie doch Stalin, dass er die sowjetischen Intellektuellen als Verbündete der Arbeiterklasse sieht! Zum anderen: warum bildete das Militär die Roten Garden aus? Das ist doch die Aufgabe der Kommunistischen Partei, oder übte diese andere Funktionen aus? Auch das Bekenntnis zu Mao ist unmarxistisch. Natürlich ist es richtig, wenn die Roten Garden sich auf Mao beruft(was man davon halten soll ist eine andere Frage), sie soll sich ihm (also als Person) nicht unterwerfen!

Da die Kulturrevolution vor allem unter der Fürhung der Roten Garden und der Armee verlief und nicht unter der Fürhung der Partei und der Arbeiterklasse, ist das proletarische an der Großen Proletarischen Kulturrevolution durchaus anzuzweifeln. Zum anderen gingen die Roten Garden gegen die Partei und den Staatsapparat und halt nicht gegen bürokratisch entartete Elemente dieser. So wurde die führende Rolle der Partei abgestritten: “Es ist die Linie des Vorsitzenden Mao, die Massen sich selbst erziehen und befreien zu lassen. Bei dieser Linie geht ‚Kühnheit’ allem anderen voran, kühn sein, den Massen zu vertrauen, sich auf sie verlassen und kühn sein, sie vorbehaltlos zu mobilisieren. Sie ist die Anwendung und Weiterentwicklung der Massenlinie der Partei in der großen Kulturrevolution”
“Die bürgerliche Linie ist gegen die Massenlinie, ist dagegen, die Massen sich selbst erziehen und befreien zu lassen […]”
(Lin Biao, Wichtige Dokumente der Großen Proletarischen Kulturrevolution; S. 313f).

“Diese Große Demokratie ist die neue Form, in der die Mao-Tse-tung-Ideen den breiten Massen in Fleisch und Blut übergehen, die neue Form der Selbsterziehung der Massen. Sie ist ein neuer Beitrag des Vorsitzenden Mao zur marxistisch-leninistischen Theorie über die proletarische Revolution und die proletarische Diktatur.” [ebenda; S. 316].
Was die Leugnung der führenden Rolle der kommunistische Partei und ihre Ersetzung durch die spontane Bewegung der Massen, insbesondere der Intellektuellen, mit dem Marxismus-Leninismus und der Diktatur des Proletariats zu tun hat, bleibt das Geheimnis der “Kulturrevolutionäre”.

Mit den “revolutionären Massen”, die sich selbst “erziehen und befreien”, war niemand anderes gemeint, als die Schüler und Studenten der Roten Garde. Die “Große Demokratie” war eine Demokratie für diese Roten Garden. Sie bedeutete, dass sie nicht nur nach Herzenslust auf den Straßen randalieren konnten, sondern dass sie auch in die Fabriken eindringen konnten, um die Arbeiter zu “revolutionieren”.

Als sich die Arbeiter energisch gegen die “Erziehung” durch die Studenten zur Wehr setzten [vgl. Fahrle/Schöttler, Chinas weg… aaO; S. 144/ bzw. Die VR China; S. 137], sah sich die maoistische Führung veranlasst, doch in die “Selbsterziehung” einzugreifen. Nun hieß es plötzlich: “Es ist nicht notwendig, dass die rote Garde und die revolutionären Lehrer, Schüler und Studenten der Hoch- und Mittelschulen in die Fabriken und aufs Land gehen, um revolutionäre Erfahrungen auszutauschen und sich in die dortigen Vorkehrungen einzumischen. Die Arbeiter, die armen Bauern und die unteren Schichten der Mittelbauern sind völlig imstande, die revolutionäre Bewegung in ihren Institutionen erfolgreich durchzuführen.” (Peking Rundschau 39/1966; S.26).

Jedoch im gleichen Atemzug propagierte Mao selbst die führende Rolle der Intellektuellen: “Einige Probleme müssen bald geregelt werden. Zum Beispiel sollen die Arbeiter, Bauern und Soldaten, sich nicht in die große Kulturrevolution einmischen. Lasst die Studenten auf die Straße gehen” (Mao Papers, deutsch: München 1072; S.57).

Was für eine “Revolution” sollte das also werden, bei der die Arbeiterklasse zu Hause bleibt?

Enver Hoxha schrieb dazu in Betrachtungen über China:

“Man ging ohne die Partei in die Revolution.

Was wurde aus der Partei? Wo ist die Partei? Wer leitete die Partei? Den Angaben nach war die Partei nicht in Maos Händen, es waren andere, die sie steuerten. Also trat die Partei als marxistisch-leninistische Partei nicht in der Revolution auf und führte die Revolution nicht. Diese Revolution führen einige Kader und Kommunisten mit Mao n der Spitze, doch nicht die Partei.

Zur Revolution erhob sich die “Rote Garde”, doch sie war weder die Partei, noch die Organisation der Kommunistischen Jugend, noch der Gewerkschaftsverband, noch die Arbeiterklasse. Das ist ein großes Minus von der prinzipiellen und organisatorischen Seite her. Die “Rote Garde” erhob sich zur Revolution, doch was sollte sie tun, welchen Weg sollte sie verfolgen? Ich habe den Eindruck, dass dies schon zu Beginn, aber auch danach nicht klar gewesen ist. Die “Garde” wurde angewiesen, die Stärke, die Treue gegenüber Maos Ideen zu demonstrieren sowie die Revisionisten zu entlarven und ihnen die Macht zu nehmen.

Die Hauptfrage war also die Frage der Macht. Wenn man kämpft, um die Macht zu ergreifen, dann heißt das, dass jemand diese Macht in der Hand hat und sie nicht hergibt, deshalb muss man sich zur Revolution erheben. Also haben sie sich, wie sich zeigte zur Revolution erhoben, um die Macht zu ergreifen, ohne die Partei an der Spitze zu haben, oder vielmehr, die Partei hatte die Macht, doch die Partei war nicht auf dem richtigen Weg.

War die Partei auf dem richtigen Weg oder nicht? Wenn nicht, dann muss klar gesagt werden, warum nicht, worin die Fehler bestanden, wer diese Fehler gemacht hatte und wie sie berichtigt werden mussten. Wenn die Partei auf dem richtigen Weg war, warum führte sie dann in Wirklichkeit die Revolution nicht? Wenn die Revisionisten in der Minderheit sind, warum rechnet die Partei dann nicht unverzüglich mit ihnen ab, besonders jetzt, da auch die Revolution stattfindet?

Das ist nicht klar, wird im Dunkeln belassen; vielleicht wird die Revolution es klären und lösen.

Ich meine, dass die Revolution die ernsteste Sache ist, die es geben kann, und weder Spontaneität, noch Mangel noch Anarchie und Konfusion erlaubt. All das, was nicht sein darf, finden wir in der chinesischen Kulturrevolution. Dies hat nicht nur kein Ende genommen, sondern wird so wie es läuft, zum Schaden der Revolution und des Sozialismus in China noch lange weitergehen.

Ohne die Häupter des Verrats zu schlagen oder sie zumindest beim Namen zu nennen, ist die Revolution keine Revolution. Ohne ein paar Verräter, die es verdienen, den Kopf abzuschlagen, ist sie keine Revolution. Wenn man so vorgeht wie die chinesischen Genossen, dann rede man nicht mehr von Diktatur des Proletariats, dann rede man nicht vom Klassenkampf, denn das sind dann nur Worte und nichts als Worte. Wir sagen nicht, dass die Köpfe für nichts und wieder nichts ohne Schuld rollen sollen, doch wenn die Feinde eines Verbrechens wie Verrat angeklagt werden, dann haben sie die Kugel völlig verdient. Auf was wartet man dann? Auch wenn man von dem Prinzip ausgeht, dass “man die Feinde erst entlarven muss”, so werden sie nun doch schon seit beinahe einem Jahre entlarvt.

Nehmen wir einmal die Frage der Entlarvung. Erfolgt sie richtig, und wer führt sie? Es ist eine Tatsache, dass dies nicht die Partei als organisierte Kraft und innerhalb der zulässigen Grenzen tut; sie ist untätig, sie ist gelähmt, um nicht zu sagen: zerschlagen. Diese Entlarvung durch Dazibaos leistete die “Rote Garde”. Diese und alle “jene, die die Revolution machen”, sagen, was ihnen passt, schmähen und diskreditieren, wen sie wollen. Mit einem Wort, nicht die Partei als Partei ist es, die all diese Handlungen leitet, sondern Mao leitet sie und eine Reihe von Genossen, die in diesem ganzen großen China, wo es effektiv keine Partei gibt und wo der Feind zig Jahre lang intensiv gearbeitet hat, schwer zu kontrollieren sind. Die Anarchie, die entstanden ist, kann nicht mit Anarchie bekämpft werden.

Maos und der anderen Genossen großer Fehler, so glaube ich, besteht darin, dass sied die “Frage der Partei”, die Frage ihrer Linie und ihrer Kader nicht richtig behandelt. […]
Wer hat Fehler gemacht? “Fehler gemacht haben Liu Schao-tschi Deng Hsiao-ping”, und Mao hat keine Fehler gemacht? Sicherlich, dort hat jemand Fehler gemacht, und das ist die Bande von Liu Schao-tschi. Allerdings hat zusammen mit Liu und Deng Hsiao-ping die ganze Partei Fehler gemacht, also auch Mao selbst, der zuließ, dass die Partei Fehler machte.”
(Enver Hoxha, “Betrachtungen über China”, Bd.1, Auszüge aus dem Text vom 28.April 1967; S. 369-371).

Vielleicht sollte zu dieser Quelle noch folgendes gesagt werden: Bitte komme mir nicht mit der (angeblichen) Falschheit dieser Tagebücher Enver Hoxhas. Damit machst du es dir zu leicht. Wie schon zu dem Text der Gruppe Neue Einheit erwähnt, die mit ihrem schleimigen Getue und der Leugnung wissenschaftlicher Arbeit bei gleichzeitigem Aufbringen haltloser Vorwürfe gegen Stalin und sich somit als verdeckte Verteidigerin des Tito-Revisionismus macht, reicht eine Leugnung gewisser Quellen, die einem nicht passen überhaupt nicht aus um diese als „Lüge“ zu entlarven. Gewiss, Hoxhas 180 Grad-Wendung ist zwar fragwürdig, andererseits widerspricht das oben aufgeführte nicht den anderen Quellen, die ich genannt habe.

Immer noch wurde die ganze Bewegung als Kulturrevolution ausgegeben. Im Kulturbereich zeigte sich der enge nationalistische und chauvinistische Charakter dieser Bewegung. So wurde die gesamte fortschrittliche Weltkultur verdammt, die aus der polit-ökonomischen Strukturen heraus z.T. in Ausbeutergesellschaften geschaffen wurde. Die Werke von Shakespeare, Beethoven, Dante etc. wurden als bürgerliches Gift bezeichnet, ohne zu berücksichtigen, in welchen Gesellschaftsstrukturen und warum sie entstanden. Außerdem kam es zur Verbannung dieser Werke aus der chinesischen Kultur.

Für Mao war aber die “Kulturkritik” an sich nur eine Nebenfront. Die wesentliche Aufgabe war die Zerschlagung des alten Partei- und Staatsapparats. Und hierzu wurde seines Erachtens die Unterstützung der Armee benötigt. Deshalb erklärte er 1967: “In der gegenwärtigen Lage des äußerst zugespitzten Kampfes der zwei Linien kann die Armee nicht abseits stehen. Dabei ist es klar, dass ihre Parteinahme und Unterstützung der Linken gelten muss.” [ebenda; S. 71 vgl. auch Domes, a.a.O.; S.46; Mao Chronik, a.a.O.; S.204].

„Als die sog. Rote Garde ihre Aufgabe, die Zerschlagung des alten Apparats, erreicht hatte, wurde sie von der Fraktion um Mao nicht mehr gebraucht. Und da zunehmend in dieser Bewegung anarchische Parolen auftauchten, die jegliche Autorität ablehnten und stürzen wollten, stellten sie für die Macht Maos nun gar eine zunehmende Gefahr dar. Zudem war das ganze Land durch die wirren Aktionen dieser spontanistischen Bewegung in ein Chaos gestürzt worden. Die Wirtschaft war dadurch ebenfalls schwer geschädigt. Also war in der Propaganda aus Peking nun immer öfter zu hören, dass die “jungen Revolutionäre” nicht nur “Verdienste” aufzuweisen hätten, sondern auch “Fehler” begehen würden. Im Februar 1967 erließ Mao daraufhin eine neue Anweisung: “Die Armee rückt vor, die Produktion nimmt zu. Schafft die Disziplin, damit die Revolution siegreich bleibt.” Kurze Zeit später übernahmen Armeekontrollkommissionen alle wichtigen Betriebe, Verkehrseinrichtungen und Behörden, wo sie Disziplinierungsmaßnahmen gegen die sog. Rote Garde einleitete [vgl. Mao Chronik; S. 205]. Gleichzeitig begann eine massive Kampagne zur Propagierung der Armee und ihrer Führers, Lin Biao, der nunmehr zu einem “Halbgott” aufgebaut wurde.
Die sog. Rote Garde reagierte empört auf die Unterdrückungsmaßnahmen durch die Armee, betrachteten sie sich doch als “Rebellen des Vorsitzenden Mao” und Mao selbst als “obersten Rebellen”. Mao – der sie ja mit Sprüchen wie “Rebellion ist gerechtfertigt” dazu gab ihnen nun unmissverständlich zu verstehen, dass mit dem Rebellieren auch einmal Schluss sein müsse. … Im Juni 1968 ließ Mao angesichts blutiger Schlachten verfeindeter Rotgardisten-Gruppen Armeeeinheiten an die Pekinger Universität schicken. Als die Rote Garde diesen Schritt als Unterdrückungsmaßnahme einer “konterrevolutionären schwarzen Hand” angriff, ließ Mao die Anführer der Pekinger Rotgardisten zu sich kommen. Er gab sich ihnen als die “Schwarze Hand” zu erkennen und drohte mit weiteren Armee-Interventionen gegen die sog. Roten Garden [vgl. Mao-Intern; S.165-192 + Mao Chronik; S. 214f]. An den einzelnen Orten ging die Macht an “Revolutionskomitees” über, in denen das Militär eine große Rolle spielte. Die Schüler und Studenten hingegen wurden massenhaft “zur Umerziehung” aufs Land geschickt. Auf diese Weise wollte die maoistische Führung einerseits diesen Störfaktor loswerden und andererseits das Problem der Arbeitslosigkeit in den Städten lösen.“
(Roter Oktober, ebenda)

Die Maßnahmen zur Unterdrückung der sog. Roten Garde wurden mit der “führenden Rolle der Arbeiterklasse” begründet, und das nachdem Mao dafür gesorgt hatte, dass die Arbeiterklasse aus der sog. Kulturrevolution rausgehalten wurde.

Der Angriff der “Linken” gegen “Ökonomismus und Eigensucht” war in Wirklichkeit ein Angriff auf den Kampf der Arbeiterklasse zur Verteidigung und zur Hebung ihres Lebensstandards. 1967 kam es zu einigen Streiks, an denen Millionen von Arbeitern teilnahmen. Im Nordosten, in Shanghai, Nanking, Wuhan und anderen Industriestädten kam es zu diesen Aufständen [vgl. Die VR China, Ostberlin 1972; S.138, Vgl. Roter Oktober, ebenda].

Die Kulturrevolution hatte wohl auch zur Aufgabe, eine „Umgestaltung der Seele“ durchzuführen. So heißt es in einem “Appell an die Einwohner Schanghais”: “Indem ihr es zulasst, dass euch die Leute aufhetzen, und eure Arbeitsplätze verlasst, welchen Interesse dient ihr da?” “Gegenwärtig ist das Umsichgreifen der ökonomistischen Mentalität ein Problem, dem man erste Aufmerksamkeit schenken muss. Das ist ein Gegenangriff der bürgerlichen reaktionären Linie […] Um ein Abweichen von der Hauptorientierung des Kampfes zu vermeiden, sollen die Angelegenheiten zur Regulierung und Nachzahlung von Löhnen und materiellen Wohlfahrt prinzipiell in einer späteren Phase der Bewegung behandelt werden.” (Peking Rundschau 4/1967, abgedruckt in: Die Januar-Revolution von Schanghai, Westberlin; S.70ff).

Überhaupt ist die Kritik der chinesischen “Linken” am “Ökonomismus” schon eine recht merkwürdige Sache: “Tao Dschu sagte, dass das “Ideal des Kommunismus” gleichbedeutend mit komfortablen Wohnungen sei. Dass bedeutet, dass “jede Wohnung mit elektrischem Licht versehen und jedem ermöglicht wird, sich nett anzuziehen und einen Wagen zu fahren…” Kurzum, das bedeutet, gutes Essen, gute Kleider und gute Wohnungsverhältnisse, und überhaupt ein genussreiches Leben. Er ist bereit, seine Seele dem zu verkaufen, der ihm “gutes Essen und gute Wohnverhältnisse” beschert, und schiebt ihm dabei einfach noch den Titel eines “Kommunisten” zu. Das ist wirklich die Philosophie eines Verräters der schlimmsten Sorte! “Kommunismus” als Anstrich, aber Ultraindividualismus, d.h. Kapitalismus, als Wesen – das ist die Definition für das “Ideal des Kommunismus” Tao Dschus. Kann man daraus nicht geradezu folgern, dass das Leben der Bourgeoisie in den USA genau dem “Ideal des Kommunismus” entspricht?” [Yao Wen-jüan, Kommentar zu den zwei Büchern von Tao Dschu, Peking 1968; S.18f].

Gewiss ist es revisionistisch, Kommunismus einfach mit materiellem Wohlstand gleichzusetzen, wie Chruschtschow es getan hat. Wenn aber, wie hier, das Streben nach materiellem Wohlstand überhaupt abgelehnt und als “Individualismus” oder gar “Kapitalismus” verdammt wird, dann wird dazu jeder normale Mensch sagen, dass die Leute ihren “Kommunismus” für sich behalten sollen.

Hinzukam, dass das Urteil des Großen Sprung nach Vorn vollständig revidiert wurde: dieses fehlgeschlagene Experiment (auch wenn die Folgen mit Sicherheit nicht so gravierend waren, wie es die antikommunistische Propaganda darstellt, es geht hier nicht um einen gewissen Bodycount, sondern um prinzipielle Fragen von richtig und falsch) wurde als großer Erfolg dargestellt. Dementsprechend ging man wieder dazu über, das sozialökonomische Konzept der Mao-Gruppe zu praktizieren. Die Bildung von den Ministerien direkt unterstellter Betriebsvereinigungen jeweils einer Branche wurde kritisiert, stattdessen sollten kleinbürgerlich organisierte Mehrzweckbetriebe errichtet werden [vgl. Kosta/Meyer, Volksrepublik China; S.215].

Im Zusammenhang damit wurden die Modelle Dadschai (eine landwirtschaftliche Volkskomune) und Datjing (ein Erdölfeld als Muterbetrieb für die Industrie) im ganzen Land propagiert. Dadschai wurde dafür gelobt, dass es landwirtschaftliche Geräte nicht vom Staat kaufte, sondern selber herstellte und reparierte. Man setzte die Schlagworte “dreierlei nicht fordern” und “dreierlei viel” in Umlauf, das bedeutete, vom Staat kein Geld, Material und Getreide zu fordern, und dem Staat möglichst viel Getreide zu geben, womit weniger für Nahrung und Verteilung in den Brigaden zurückblieb [vgl. Die VR China; S.135].

Selbst aus den chinesischen Propagandabroschüren geht hervor, mit welchen Entbehrungen das chinesische Volk die hier empfohlene Politik der “Mechanisierung auf eigene Faust bezahlen musste. Laut diesen Angaben mussten die Bauern von Dadschai, das 430 Einwohner hatte, innerhalb von 10 Jahren insgesamt 250 tausend Arbeitstage aufwenden, um praktisch mit bloßen Händen die Felder zu terrassieren und Dämme zu bauen. Pro Jahr und Arbeitskraft wären das ungefähr 80 bis 100 Arbeitstage über die normale landwirtschaftliche Tätigkeit in China hinaus [nach Dadschai, Vorbild für die Landwirtschaft in China, Peking 1972; S. 2 + 14, nach Roter Oktober, ebenda].

Das Erdölfeld Datjing sollte ein Beispiel dafür geben, auch Industriebetriebe in halbnaturalwirtschaftliche Volkskommunen zu verwandeln. In der Broschüre “Datjing - ein roter Banner an Chinas industrieller Front” wird über die Arbeiter von Datjing gesagt: “[…] zerschmetterten sie den Trugschluss des Renegaten, versteckten Kollaborateurs und Arbeiterverräter Liu Schao-tschi, dass die Beschäftigung der Arbeiter von Datjing mit Ackerbau und Nebengewerbe der ‚gesellschaftlichen Arbeitsteilung zuwiderläuft’” [Datjing; S.18].

Es wird dann auch geschildert, wie die Aufnahme der landwirtschaftlichen Produktion von sich ging. Demnach zogen ein Mann und vier junge Frauen mit Spaten bewaffnet aus, um Ödland urbar zu machen, Später liehen sie sich einen Holzpflug. Man darf annehmen, dass sie mehr die Not dazu trieb, sich wegen der schlechten Versorgungslage selber mit Lebensmitteln zu versorgen, als der Aufruf Maos, “auf die eigene Kraft zu vertrauen”.
Wenn so die Arbeiter gezwungen wurden, sich nebenher mit landwirtschaftlicher Produktion zu befassen, hat man das auch noch als “Aufhebung der Unterschiede zwischen Stadt und Land” ausgegeben. Es muss nicht besonders bewohnt werden, dass diese Art der Aufhebung des Unterschieds zwischen Stadt und Land nichts mit dem Marxismus-Leninismus gemein hat. Im Sozialismus kann dieser Unterschied abgebaut werden, indem die Mechanisierung der Landwirtschaft ein immer höher technisches Niveau annimmt und auf dieser Grundlage das Kollektiveigentum allmählich in das einheitliche kommunistische Eigentum des Volkes übergeht (und nicht indem die Industriearbeiter mit einem Holzpflug aufs Feld ziehen müssen).

Diese oben erwähnten Punkte lassen einen stark in Zweifel geraten, ob die Kulturrevolution wirklich eine Weiterentwicklung des Marxismus-Leninismus darstellt.zurück

 

8. Die Philosophie Mao Tse-tungs

 

8.1. Identität der Gegensätze

 

Nachdem ich mich in den vorigen Kapiteln mich hauptsächlich mit dem geschichtlichen Verlauf befasst habe, soll dieses Kapitel sich mit der Philosophie Maos befassen.

Stalin hat in seiner Schrift „Über dialektischen und historischen Materialismus“ die vier wesentlichen Merkmale der marxistischen dialektischen Methode dargelegt:

„a) Im Gegensatz zur Metaphysik betrachtet die Dialektik die Natur nicht als zufällige Anhäufung von Dingen, von Erscheinungen, die voneinander losgelöst, voneinander isoliert und voneinander nicht abhängig wären, sondern als zusammenhängendes einheitliches Ganzes, wobei die Dinge, die Erscheinungen miteinander organisch verbunden sind, voneinander abhängen und einander bedingen.

Darum geht die dialektische Methode davon aus, daß keine einzige Erscheinung in der Natur begriffen werden kann, wenn sie isoliert, außerhalb des Zusammenhangs mit den sie umgebenden Erscheinungen genommen wird, denn jede beliebige Erscheinung auf jedem Naturgebiet kann in Widersinn verwandelt werden, wenn sie außerhalb des Zusammenhangs mit den sie umgebenden Erscheinungen, losgelöst von ihnen, betrachtet wird, und, umgekehrt, jede beliebige Erscheinung kann verstanden und begründet werden, wenn sie in ihrem unlösbaren Zusammenhang mit den sie umgebenden Erscheinungen, in ihrer Bedingtheit durch die sie umgebenden Erscheinungen, betrachtet wird.

b) Im Gegensatz zur Metaphysik betrachtet die Dialektik die Natur nicht als einen Zustand der Ruhe und Unbeweglichkeit, des Stillstands und der Unveränderlichkeit, sondern als Zustand unaufhörlicher Bewegung und Veränderung, unaufhörlicher Erneuerung und Entwicklung, in welchem immer irgend etwas entsteht und sich entwickelt, irgend etwas zugrunde geht und sich überlebt. Darum verlangt die dialektische Methode, daß die Erscheinungen nicht nur vom Standpunkt ihres gegenseitigen Zusammenhangs und Bedingtseins, sondern auch vom Standpunkt ihrer Bewegung, ihrer Veränderung, ihrer Entwicklung, vom Standpunkt ihres Entstehens und Vergehens betrachtet werden.

Für die dialektische Methode ist vor allem nicht das wichtig, was im gegebenen Augenblick als fest erscheint, jedoch bereits abzusterben beginnt, sondern das, was entsteht und sich entwickelt, selbst wenn es im gegebenen Augenblick nicht fest aussieht, denn für die dialektische Methode ist nur das unüberwindlich, was entsteht und sich entwickelt. …

c) Im Gegensatz zur Metaphysik betrachtet die Dialektik den Entwicklungsprozeß nicht als einfachen Wachstumsprozeß, in welchem quantitative Veränderungen nicht zu qualitativen Veränderungen führen, sondern als eine Entwicklung, die von unbedeutenden und verborgenen quantitativen Veränderungen zu sichtbaren Veränderungen, zu grundlegenden Veränderungen, zu qualitativen Veränderungen übergeht, in welcher die qualitativen Veränderungen nicht allmählich, sondern rasch, plötzlich, in Gestalt eines sprunghaften Übergangs von dem einen Zustand zu dem anderen Zustand eintreten, nicht zufällig, sondern gesetzmäßig, als Ergebnis der Ansammlung unmerklicher und allmählicher quantitativer Veränderungen.

Darum ergibt sich aus der dialektischen Methode, daß der Entwicklungsprozeß nicht als Kreisbewegung, nicht als einfache Wiederholung des Früheren, sondern als fortschreitende Bewegung, als Bewegung in aufsteigender Linie, als Übergang von einem alten qualitativen Zustand zu einem neuen qualitativen Zustand, als Entwicklung von Einfachem zu Kompliziertem, von Niederem zu Höherem aufgefaßt werden muß. …

d) Im Gegensatz zur Metaphysik geht die Dialektik davon aus, daß den Naturdingen, den Naturerscheinungen innere Widersprüche eigen sind, denn sie alle haben ihre negative und positive Seite, ihre Vergangenheit und Zukunft, ihr Ablebendes und sich Entwickelndes, daß der Kampf dieser Gegensätze, der Kampf zwischen Altem und Neuem, zwischen Absterbendem und neu Entstehendem, zwischen Ablebendem und sich Entwickelndem, den inneren Gehalt des Entwicklungsprozesses, den inneren Gehalt des Umschlagens quantitativer Veränderungen in qualitative bildet.

Darum ergibt sich aus der dialektischen Methode, daß der Prozeß der Entwicklung von Niederem zu Höherem nicht in Form einer harmonischen Entfaltung der Erscheinungen verläuft, sondern in Form eines Hervorbrechens der Widersprüche, die den Dingen und Erscheinungen eigen sind, in Form eines »Kampfes« gegensätzlicher Tendenzen, die auf der Grundlage dieser Widersprüche wirksam sind. .

»Im eigentlichen Sinne ist die Dialektik«, sagt Lenin, »die Erforschung der Widersprüche im Wesen der Dinge selbst.« (Lenin, Aus dem philosophischen Nachlaß, Wien-Berlin 1932, S. 188.)

Und ferner: »Entwicklung ist ''Kampf'' der Gegensätze.« (Lenin, Ausgew. Werke, Bd. n, S. 8l.)“ (Stalin: „Über dialektischen und historischen Materialismus“ in Geschichte der KPdSU – Kurzer Lehrgang, Verlag Neuer Weg, Seite 127 f.)

Liest man Maos Schrift „Über den Widerspruch“, dann könnte es auf den ersten Blick scheinen, dass Mao zumindest den dialektischen Satz vom „Widerspruch im Wesen der Dinge selbst“, von der „Entwicklung als Kampf der Gegensätze“ große Bedeutung zumisst. Bei näherer Betrachtung stellt sich allerdings heraus, dass es sich bei Maos Philosophie nicht um Dialektik, sondern um die rein mechanische Verbindung zwischen den entgegengesetzten Seiten von Gegensatzpaaren handelt.

So schreibt Mao:

„ Oben haben wir gesagt, dass zwischen zwei gegensätzlichen Dingen eine Identität besteht und sie deshalb in einer Einheit miteinander koexistieren und sich auch ineinander verwandeln können; damit war die Bedingtheit gemeint, das heißt, unter bestimmten Bedingungen können die einen Widerspruch bildenden Dinge zu einer Einheut gelangen und sich ineinander verwandeln …“ (Mao, „Über den Widerspruch“, Ausgewählte Werke Bd. 1, S. 402)

„Damit, dass die beiden Seiten des Widerspruchs wechselseitig bedingt sind, hat es nicht sein Bewenden; noch wichtiger ist die Verwandlung der Gegensätze ineinander. Das bedeutet, dass sich jede der beiden einem Ding innewohnenden gegensätzlichen Seiten unter bestimmten Bedingungen in ihr Gegenteil verwandelt, dass sie die Position der entgegengesetzten Seite einnimmt“ (ebenda, S. 397)

Als Beispiel für solch einen Platztausch führt Mao an:

„ Durch die Revolution wird das Proletariat von einer unterjochten Klasse zur herrschenden Klasse, während sich die Bourgeoisie, die bis dahin geherrscht hat, in eine Klasse verwandelt, die beherrscht wird und den Platz einnimmt, den ursprünglich ihr Widerpart innehatte.“ (ebenda).

Bei Mao ist also die proletarische Revolution eine Bedingung, unter der Bourgeoisie und Proletariat zu einer Einheut gelangen und sich ineinander verwandeln, die Plätze tauschen. Die marxistische Dialektik aber begnügt sich nicht mit der Feststellung, dass innerhalb der kapitalistischen Gesellschaft der Widerspruch zwischen Bourgeoisie und Proletariat besteht, sondern sie untersucht die inneren Gesetzesmäßigkeiten dieses Widerspruchs, der die Entwicklung der kapitalistischen Gesellschaft, den inneren Gehalt ihres Entwicklungsprozesses bestimmt.

Das Proletariat ist vom Besitz der Produktionsmittel ausgeschlossen und ist somit gezwungen seine Arbeitskraft als Ware zu verkaufen. Die Kapitalisten besitzen die Produktionsmittel und können sich daher das Ergebnis der unbezahlten Mehrarbeit der Arbeiter aneignen. Diese Produktionsverhältnisse geraten in einen sich verschärfenden Widerspruch zu den Produktivkräften, welches zur sozialistischen Revolution führt.

Mit der kapitalistischen Gesellschaft zerfällt auch das Klassengefüge dieser Gesellschaft. Die Bourgeoisie verliert also ihre Produktionsmittel und wird als Klasse liquidiert. Aber auch das Proletariat wird als Klasse aufgehoben, denn diese ist ja im Sozialismus der Produktionsmittel nicht beraubt, sondern ist im Besitz dieser:

„Wenn das Proletariat siegt, so ist es dadurch keineswegs zur absoluten Seite der Gesellschaft geworden, denn es siegt nur, indem es sich selbst und sein Gegenteil aufhebt. Alsdann ist ebenso wohl das Proletariat wie sein bedingter Gegensatz, das Privateigentum, verschwunden.“ (Engels/Marx, die Heilige Familie, MWE Bd. 2, S. 37f)

Mao Tse-Tung aber untersucht nicht die inneren Gesetzesmäßigkeiten dieses Widerspruchs, die zur Aufhebung beider Seiten führen, sondern er betrachtet die Einheit der Gegensätze als einfaches Nebeneinanderbestehen in einem Prozess. Er erkennt zwar eine Wechselwirkung zwischen den beiden Seiten an, sieht diese aber rein mechanisch. Somit sieht er auch kein Ende des dialektischen Prozesses vor, sondern nur einen mechanischen Austausch der Plätze zwischen den beiden Seiten des Widerspruchs.

Seiner Ansicht nach, und das ist ja all zu gut bekannt, muss es im Sozialismus immer wieder zur Entstehung einer neuen Bourgeoisie kommen, die die Macht ergreift und dann nach dem Prinzip „Rebellion ist gerechtfertigt“ in einer neuen Kulturrevolution gestürzt wird, was sich alle 8 bis 10 Jahre wiederholen soll. Das ist also Maos „Theorie“ vom Platztausch, das wohl immer weiter so gehen wird (und der Kommunismus wird wohl so ad absurdum geführt, da es ja immer wieder zur Entstehung der Bourgeoisie kommen wird – nicht kann, sondern WIRD!:

Diese Vorstellung widerspricht der Dialektik, die den Entwicklungsprozess nicht als einfachen Wachstumsprozess begreift, in welchem quantitative Veränderungen nicht zu qualitativen Veränderungen führen, sondern als eine Entwicklung, die zu grundlegenden Veränderungen führen, sondern als eine Entwicklung, die zu grundlegenden Veränderungen, zu qualitativen Veränderungen übergeht.

Mao folgt der metaphysischen Anschauung, die die Entwicklung als einfache Wiederholung des früheren begreift:

„Wird in 100 Jahren Revolution nötig sein? Wird auch noch in 1000 Jahren Revolution nötig sein? Revolution ist immer notwendig. Ein Teil der Menschen wird sich immer unterdrückt fühlen [nicht werden – M. K.]; kleine Beamte, Studenten, Bauern und Soldaten wollen nicht von großen Tieren unterdrückt werden [Frage: Was ist mit den Arbeitern, die hier aufgeführten sind nur Schichten und dazu noch uneinheitliche? – M. K.]. Darum wollen sie die Revolution. Sollten in 10 000 Jahren keine Widersprüche mehr zu sehen sein? Wieso nicht? Immer noch werden solche zu sehen sein.“ (zitiert in: Nieder mit der Deng – Hsiao – Ping – Bande, Dortmund 1976, S. 24f).

Man könnte gegen die Kritik an Maos „Platztausch“ einwenden, dass Mao sich auf ein Zitat aus Lenins Konspektt zu Hegels „Wissenschaft der Logik“ stützt:

„ Dialektik ist die Lehre, wie die Gegensätze identisch sein können und es sind (wie sie es werden) – unter welchen Bedingungen sie identisch sind, indem sie sich ineinander verwandeln - , warum der menschliche Verstand diese Gegensätze nicht als tote, erstarrte, sondern als lebendige, bedingte, bewegliche, sich ineinander verwandelnde auffassen soll.“ (Lenin: Konspekt zu Hegels „Wissenschaft der Logik“, Werke Bd. 38, S. 99)

Nun handelt es sich bei Lenins Aufzeichnung um teilweise unzusammenhängende Bemerkungen, die Lenin für den eigenen Gebrauch beim Studium von Hegels „Wissenschaft der Logik“ notiert hat. Es ist also eine reichlich zweifelhafte Methode, wenn Mao eine einzelne derartige Bemerkung Lenins zur Begründung seiner Philosophie heranziehen will, ohne zu untersuchen, auf welche Teile von Hegels Werk sie sich bezieht.

Die proletarische Revolution ist aber nicht ein einfach ein mechanischer Platztausch, eine quantitative Veränderung; vielmehr vergeht die alte Sache und eine neue entsteht. Die alte Sache – die kapitalistische Gesellschaft – trägt mit dem Widerspruch zwischen Bourgeoisie und Proletariat von Anfang an den „Keim des Vergehens in sich“; dieser Widerspruch wird gerade dadurch gelöst, dass sie vergeht und einer neuen lebensfähigen Wirklichkeit Platz macht.

Damit wird deutlich, wie Lenins Bemerkung zu verstehen ist, dass die Gegensätze sich ineinander verwandeln: Sie verwandeln sich ineinander, sie werden identisch, indem der jeweilige Widerspruch gelöst wird; dieser wird aber gelöst, indem beide Seiten aufgehoben werden, die ganze Sache vergeht und eine neue entsteht.

Damit ist auch deine Behauptung, dass man „die Entstehung von Widersprüchen … nicht verhindern [kann], denn Widersprüche sind die Triebfeder der Geschichte, sie existieren in allem und jedem“ ebenfalls widerlegt.

Weiter wird in Lenins Konspekt zu Hegels „Wissenschaft der Logik“ deutlich, was Lenin unter Identität der Gegensätze versteht [a. a. O. S. 100]. Er betont, dass die Begriffe elastisch sind, dass sie also – wie die Dinge selbst – nicht isoliert, sondern in Beziehung zueinander gesehen werden müssen. Er warnt aber auch davor, diese Elastizität subjektiv anzuwenden, wie Mao es tut, der völlig willkürlich Bourgeoisie und Proletariat „sich ineinander verwandeln und die Plätze tauschen lässt. Auch der ungarische Kommunist Bela Fogarasi warnte in seinem Werk „Dialektische Logik“ vor einer falschen Identifizierung:

„ Worin besteht nun die … Auffassung der Identität in der modernen Wissenschaft? – In der methodischen Betrachtungsweise, dass es niemals eine absolute, abgeschlossene, unabänderliche Identität in der Wirklichkeit gibt, hingegen in gewissem Zusammenhange beständig das Identischwerden des Verschiedenen und als dessen Zuspitzung das Identischwerden der Gegensätze vor sich geht … . Die richtige Widerspiegelung dieses in Natur und Gesellschaft vor sich gehenden Prozesses im Denken ist die richtige Identifizierung … . Das richtige Denken weist der Wirklichkeit entsprechend nach, dass unter gewissen Bedingungen gewisse Unterschiede aufhören, verschwinden, das heißt identisch werden. So verwischen sich in einem entwickelten Abschnitt des Sozialismus die Klassenunterschiede zwischen Arbeiter – und Bauernklasse; sie sind dann im begriff, ganz zu verschwinden. (Stalins Rede über die Sowjetverfassung) Die Produzenten werden hinsichtlich ihrer Klassenlage allmählich miteinander identisch. Die richtige Identifizierung ist ein unentbehrliches Verfahren des menschlichen Denkens, während die falsche Identifizierung eine Verfälschung und Entstellung der Wirklichkeit zur Folge hat.“ (Bèla Fogarasi „Dialektische Logik“, 1953 in Ungarn erschienen, hier nach Verlag Benario Baum, Offenbach 1997, S. 43f.)

Hier noch mal ein kleiner Einschub von mir: Hier wurde ja unermüdlich darüber geredet, dass die Bourgeoisie im Sozialismus noch existiere, auch wenn sie enteignet wurde. Dieses Zitat von Fogarasi beweißt, dass diese maoistische Phrase mal wieder Schwachsinn ist. Und was das von dir gebrachte Lenin-Zitat angeht: entsprechendes ist zwar schon unter Punkt 2 und 3 genannt worden (und auch wenn die ehemaligen Ausbeuterklassen Kontakte zum ausländischen Kapital haben, auch wenn ein ehemaliger Kulake danach strebt wieder Kulake zu werden, das macht ihn noch lange nicht zum Angehörigen einer Ausbeuterklasse!

Entsprechende Definitionen einer Klasse füge ich mal hier ein (entnommen aus: Gerd v. Schnehen: Kapitalismus hinter Roten Fahnen http://www.red-channel.de/mlliteratur/soz_staaten/ddr.htm :

"Klassen sind große Gruppen von Menschen, die sich durch den Platz, den sie in einem bestimmten System von gesellschaftlicher Produktion einnehmen, durch ihr Verhältnis zu den Produktionsmitteln (in den meisten Fällen durch Gesetze bestimmt umschrieben), durch ihre Rolle in der gesellschaftlichen Organisation der Arbeit, durch das Ausmaß und die Methoden der Erlangung des Anteils am gesellschaftlichen Reichtum, den sie erhalten, voneinander unterscheiden." (W. I. Lenin, 'Ein großartiger Anfang', in: 'Ausgewählte Werke', Band 9, London 1946, S. 43f, zit. n. W. B. Bland, 'Die Klassen im heutigen Großbritannien', in: 'Compass', theoretische Zeitschrift der Communist League of Britain, Nr. 1, Februar/März 1975, dt. Übers., S. 2).

Klassen sind demnach

" ..große Gruppen von Menschen, die sich voneinander unterscheiden durch 1) ihr Verhältnis (des Eigentums oder Nichteigentums) zu den Produktionsmitteln; 2) durch die Art, wie sie ihr Einkommen verdienen (d.h. ob durch eigene Arbeit oder durch die Ausbeutung fremder) und 3) durch ihre Rolle in der sozialen Organisation der Arbeit."

(W. B. Bland, ebd., S. 2).

Kurz:

Eine kapitalistische Klasse oder Bourgeoisie ist dann eine Klasse, wenn deren

" ..Mitglieder Produktionsmittel besitzen oder anmieten und ihr Einkommen aus der Ausbeutung der beschäftigten Arbeiter bezieht."

(W. B. Bland, ebd., S. 3).

Oder nach Friedrich Engels, der den Begriff der 'Bourgeoisie' so definiert:

"Unter Bourgeoisie versteht man die Klasse der modernen Kapitalisten, der Besitzer von Mitteln der gesellschaftlichen Produktion und Einsteller von Lohnarbeitern."

(F. Engels, Anmerkung zur englischen Ausgabe des 'Manifests der Kommunistischen Partei', 1888, in: K. Marx & F. Engels, 'Ausgewählte Werke', Band 1, Moskau 1951, S. 33, zit. n. W. B. Bland, ebd., S. 3).

Soviel erst mal zum Klassenbegriff (wohl auch ein Wischi-waschi-Begriff bei Mao).

Weiter zum Thema:

Die falsche Identifizierung leugnet letztendlich, dass Entwicklung Kampf der Gegensätze ist. Es ist bekannt, dass Mao auch in der Praxis den Widerspruch zwischen Bourgeoisie und Proletariat nicht zuspitzen wollte, um ihn schließlich durch Aufhebung beider Seiten zu lösen, sondern dass er ihn abschwächen und im Rahmen der kapitalistischen Verhältnisse durch „Umerziehung der Bourgeoisie“ lösen wollte. Dieser Politik der Einstellung des Klassenkampfes gegen die Bourgeoisie dient auch Maos Behauptung, antagonistische Widersprüche könnten sich in nichtantagonistische verwandeln [Vgl. Mao Bd. 1, S. 404ff].

 

8.2. Maos Gegensatzpaare und die Dialektik

 

Mao macht in vielen Fällen Gegensatzpaare für die Entwicklung der Dinge verantwortlich, die es in Wirklichkeit nicht sind, und verdeckt damit die wirklichen Widersprüche, die die Dinge vorantreiben. Ein Beispiel:

„ Bekanntlich verwandeln sich Krieg und Frieden ineinander. Der Krieg verwandelt sich in den frieden; so ging zum Beispiel der erste Weltkrieg in den Nachkriegsfrieden über; der Bürgerkrieg in China hat jetzt aufgehört, und an seine Stelle tritt der innere Frieden. Der Frieden verwandelt sich in den Krieg; 1927 verwandelte sich beispielsweise die Zusammenarbeit zwischen Kuomintang und der Kommunistischen Partei in den Krieg; möglicherweise wird sich der heutige Friedenszustand in der Welt in einen zweiten Weltkrieg verwandeln. Warum geschieht das? Weil in der Klassengesellschaft zwischen solchen gegensätzlichen Dingen wie Krieg und Frieden unter bestimmten Bedingungen eine Identität besteht.“ (Mao, Über den Widerspruch, a. a. O., S. 398f. – Hervorhebung von mir).

Mao behauptet also allen Ernstes: Die Ursache für einen konkreten Krieg ist der vorzeitige Friedenszustand, die Ursache für einen Friedenszustand der vorherige Krieg. Die „Identität von Krieg und Frieden“ bewirkt einen konkreten Wechsel zwischen krieg und Frieden. Das ist doch absurd! Hat denn das logische gegensatzpaar Krieg/Frieden den zweiten Weltkrieg hervorgebracht? Nein, es handelt sich hierbei nämlich nicht um ein Verhältnis zwischen Wirkung und Ursache, sondern es ist bloß eine rein zeitliche Abfolge von Ereignissen. Ebenso geht der Sommer dem Winter voraus, ist aber nicht Ursache für den Winter, es ist nämlich die Erddrehung, die den Wechsel der Jahreszeiten bewirkt. Dieser Unsinn scheint wohl der eines abergläubischen Menschen zu sein, der, wenn er vor einem Kriegsausbruch eine Sonnenfinsternis beobachtet, diese als Ursache für den Krieg sieht!

Die marxistische Dialektik untersucht die wirklichen Ursachen eines Krieges, etwas das Weltherrschaftsstreben der imperialistischen Mächte und deckt auf, dass Krieg und Frieden nur unterschiedliche Mittel der gleichen imperialistischen Politik sind. Macht man aber das gegensatzpaar Krieg/Frieden für einen konkreten Kriegsausbruch verantwortlich, dann erklärt man gar nichts! Mao macht auch in vielen anderen Fällen für gesellschaftliche Entwicklungen Gegensatzpaare verantwortlich, die überhaupt keinen gesellschaftlichen Inhalt haben. So erscheint bei Mao das rein logische gegensatzpaar Haben/Nichthaben, Erwerb/Verlust als Triebkraft der chinesischen Agrarrevolution.

Aber das wichtigste ist: Maos „Erklärungen“ erklären in Wirklichkeit nichts. Dass einmal Krieg herrscht und einmal Frieden, einmal Sommer und einmal Winter usw., versteht jedes Kind. Die Frage ist jedoch, warum so was geschieht, und diese Frage kann nur beantwortet werden, indem man sich mit dem jeweiligen Gegenstand eingehend befasst und die Gesetzesmäßigkeiten studiert, nach denen sich die jeweiligen Dinge entwickeln. Wenn man aber stattdessen daherredet, es sei die Identität von Sommer und Winter usw., die die Dinge in Bewegung versetzt, kommt man keinen Schritt weiter.

Sehen wir einmal davon ab, dass bei Maos gegensatzpaaren häufig noch nicht mal ein Verhältnis von Ursache und Wirkung vorliegt, und nehmen wir solche Gegensatzpaare an, zwischen denen ein solches Verhältnis besteht: wir haben also eine Wechselwirkung zwischen zwei Dingen vorliegen; jede Sache ist gleichzeitig Ursache und Wirkung. Die eine Seite wirkt auf die andere und die zweite wieder auf die erste. Maos Platztausch bedeutet dann nur: zuerst gehen die meisten Impulse von der ersten Seite aus, sie ist vor allem Ursache und nur in zweiter Linie Wirkung. Es handelt sich also um eine rein quantitative Veränderung in einem rein kausalen (Kausalität: Verhältnis von Wirkung und Ursache) Verhältnis. Die Kausalität allein kann aber die komplizierten Beziehungen zwischen den Dingen ebenso wenig erklären wie die rein quantitativen Veränderungen die Bewegung der Dinge:

Nehmen wir einen Stein, der ins Wasser fällt und Wellen verursacht. Der Stein ist die Ursache des Wellen­ schlages. Aber abgesehen davon hat der Stein eine ganze Reihe von Eigenschaften - etwa das Material, aus dem er beschaffen ist, seine Farbe, seine Form - die nicht unmittelbar den Wellenschlag verursachen; er hat also Eigenschaften, die nicht in seine Eigenschaft, Ursache des Wellenschlags zu sein, eingehen. Anderer­ seits gibt es neben der Bewegung des Steins noch ande­ re Ursachen für den Wellenschlag; bewirkende Ursache dafür, daß der Stein ins Wasser eindringt, ist die Anzie hungskraft der Erde, ferner auch die flüssige Eigenschaft des Wassers. Gewiß ist das Kausalverhältnis eine allge­ meine Form des Verhältnisses zwischen den Dingen, denn jede Erscheinung der Natur und der Gesellschaft hat ihre Ursachen; schon das einfache Beispiel mit dem Stein zeigt aber, daß man allein mit dem Kausalverhält­ nis die komplexen Beziehungen zwischen den Dingen nicht erfassen kann.

Betrachten wir ein Beispiel aus dem gesellschaftli­ chen Leben, die sozialistische Kollektivierung der Land­ wirtschaft: Ursache der Kollektivierung ist die Ergreifung der politischen Macht durch das Proletariat, denn ohne diese Machtergreifung ist die sozialistische Kollektivie­ rung nicht denkbar. Ursachen sind aber auch die Mecha­ nisierung der Landwirtschaft, da dadurch erst die mate­ rielle Basis für die Kollektivierung geschaffen wird; der Kampf gegen die Kulaken; die breite Aufklärungsarbeit unter den Bauern - und es ließen sich sicher noch wei­ tere Ursachen nennen. Wie steht es mit der Wirkung? Die sozialistische Kollektivierung verursacht eine Erhö­ hung der Produktivität in der landwirtschaftlichen Pro­ duktion; sie verursacht eine Umgestaltung des Bewußt­ seins der Bauern; sie bewirkt die Möglichkeit, daß der proletarische Staat den Warenaustausch zwischen Stadt und Land nach einem einheitlichen Plan regelt. Wir wol­len schon gar nicht davon reden, daß alle diese Wirkun­ gen wieder zu Ursachen werden, die - selbstverständ­ lich neben einer ganzen Reihe von anderen Ursachen - die Ablösung des Sozialismus durch den Kommunismus bewirken. Aus alledem ist ersichtlich, daß das kausale Verhältnis nur einen Ausschnitt aus der allgemeinen und allseitigen Wechselwirkung der Dinge darstellt. So sagt Engels: „Um die einzelnen Erscheinungen zu verstehen, müssen wir sie aus dem allgemeinen Zusammenhang reißen, sie isoliert betrachten, und da erscheinen die wechselnden Bewegungen, die eine als Ursache, die andre als Wirkung." ( Engels, Dialektik der Natur, MEW Bd. 20, S. 499)

Auch Lenin hat darauf hingewiesen, daß die „Kausa­ lität, wie sie gewöhnlich von uns verstanden wird ..., nur ein kleines Teilchen des universellen Zusammen­ hangs " ist (Lenin, Konspekt zu Hegels „Wissenschaft und Logik, a. a. O., S. 151).

Daher betont der die äußerst begrenz­ te Bedeutung, die die Feststellung der bloßen Wechsel­ wirkung zwischen Gegensatzpaaren für die Erkenntnis der Wirklichkeit hat. Er bemerkt am Rande „bloß ,Wech­ selwirkung' = Hohlheit" und zitiert Hegel:

„Bleibt man dabei stehen, einen gegebenen Inhalt bloß unter dem Gesichtspunkt der Wechselwirkung zu betrachten, so ist dies in der Tat ein durchaus begriff loses Verhalten; man hat es dann bloß mit einer trocknen Tatsache zu tun, und die Forderung der Vermittlung, um die es sich zu­ nächst bei der Anwendung des Kausalitätsverhältnisses handelt, bleibt wieder unbefriedigt. Das Ungenügende bei der Anwendung des Verhältnisses der Wechselwir­ kung besteht, näher betrachtet, darin, daß dies Verhält­ nis, anstatt als ein Äquivalent für den Begriff gelten zu können , vielmehr selbst erst begriffen sein will …“ (Lenin, ebenda, S. 154).

Und in der Tat: Haben wir etwas begriffen, wenn man uns sagt, daß die „Dialektik von Krieg und Frieden" für den Übergang vom Frieden in den Krieg verantwortlich ist? Können wir daraus irgendwelche Schlußfolgerungen ziehen, wie wir für die Erhaltung des Friedens kämpfen können? Oder: Was haben wir begrif­ fen, wenn Mao uns sagt:

„Der Kampf der beiden Seiten (Offensive und Defensive, Vormarsch und Rückzug, Sieg und Niederlage) und ihre Verbundenheit bilden zu­ sammen das einheitliche Ganze des Krieges, treiben die Entwicklung des Krieges an und lösen die Probleme des Krieges." (Mao, a. a. O., S. 372).

Kann man mit dieser „Erkenntnis" viel­ leicht einen Krieg gewinnen? Man wird sich für einen General bedanken, der auf der Grundlage solcher „Er­ kenntnisse" Krieg führt!

 

8.3. Maos voluntaristischer Idealismus

 

Bezeichnend für Maos Begriff der Philosophie ist folgende Äußerung:

„Jegliche Philosophie dient immer der augenblicklichen Politik … Doch die Kommunisten eines jeden Landes … müssen alle neue Theorien schaffen, neue Werke schreiben, ihre eigenen Theoretiker hervorbringen, um so der augenblicklichen Politik zu dienen ... Wir haben in der Endphase des Zweiten Bürgerkrieges und im Anfangsstadium des Anti-japanischen Krieges Über die Praxis' und Über den Widerspruch' verfaßt; diese Werke mußten einfach aus den Erfordernissen der da­ maligen Zeit heraus geschrieben werden. Jetzt sind wir bereits in das Zeitalter des Sozialismus eingetreten, neue Fragen komplexe haben sich herausgebildet. Den neuen Erfordernissen nicht nachzukommen und keine neuen Werke zu schreiben, noch neue Theorien zu bilden, gin­ ge ebensowenig an “ (Helmut Martin (Hg.), Das machen wir anders als Moskau, Hamburg 1975, S. 85f).

Die Philosophie muss also vor den Karren der jeweiligen Tagespolitik gespannt werden – das ist der eigentliche Inhalt der maoistischen Philosophie. Es handelt sich also in Wirklichkeit gar nicht um ei­ ne Philosophie, Mao ist gar nicht bestrebt, die allgemei­ nen Gesetzmäßigkeiten aufzudecken, nach denen die Dinge sich bewegen; es handelt sich nur um eine Recht­ fertigungsideologie der chinesischen Führung. Mao ver­ langt von dieser „Philosophie" lediglich, sie möge „ela­ stisch" genug sein, um jede beliebige Politik zu rechtfer­ tigen. Und in China wechselte die Politik häufig!

Man könnte einwenden, Maos Bemerkung, daß die Phi­ losophie immer der gegenwärtigen Politik dient, solle nur den parteilichen Charakter der Philosophie betonen. Und in der Tat dient ja die bürgerliche Philosophie der bürgerlichen Politik, die proletarische Philosophie der proletarischen Politik. Allerdings besteht hier ein Unter­ schied: Das Proletariat ist die historisch fortschrittliche Klasse, seine subjektiven Interessen stimmen mit der objektiven gesellschaftlichen Entwicklung überein. Des­ halb besteht die marxistisch-leninistische Philosophie letztlich nur in der Forderung, die Gesetze der objektiven Entwicklung aufzudecken und für die praktische Verän­ derung der Gesellschaft im Interesse des Proletariats auszunutzen. In diesem Sinne dient die proletarische Philosophie der proletarischen Politik. Genau davon will Mao aber nichts wissen. Der„ Große Sprung nach vorn" etwa ist ein drastisches Beispiel dafür, daß Mao sich um die objektiven Gesetze überhaupt nicht geschert hat. Er behauptete, wenn man nur wolle, könne man ohne Rücksicht auf objektive Gesetze alles erreichen. Man kann beispielsweise Genossenschaften errichten, ohne die materiellen Voraussetzungen dafür geschaffen zu haben:

„Zunächst muß man die Produktionsverhältnisse ändern, danach ergibt sich die Möglichkeit, die gesell­ schaftlichen Produktivkräfte in großem Ausmaß zu än­ dern." (ebenda, S.66) (aber naja, zum Großen Sprung habe ich ja schon mehr als genug geschrieben)

Das klägliche Scheitern des „Großen Sprungs" war das Scheitern von Maos voluntaristischem Idealis­ mus. Dennoch wurde dieser Idealismus von den Mao­ isten unablässig weiter propagiert. Yao Wen-yüan bei­ spielsweise verstieg sich während der Kulturrevolution zu der folgenden Tirade:

„Tao Dschu entstellt in seinem Buch Ideale' den dialektischen Materialismus, indem er behauptet, das Dasein ist primär, das Denken sekun­ där; das Objektive ist primär, das Subjektive sekundär.' Dadurch hat er die dynamische Rolle des Menschen völ­ lig abgeleugnet ... Das ist ganz gewiß nicht dialek­ tischer Materialismus, sondern reaktionäre Metaphysik" (Yao Wen yüan, Kommentar zu den zwei Büchern von Tao Dschu, Peking 1968, S. 45f).

Es ist unglaublich, daß jemand, der sich selbst als Materialisten bezeichnet, so etwas schreiben konnte, ohne Hohngelächter hervorzurufen; bezeichnete er doch mit bierernster Miene den fundamentalen Grundsatz von jeglichem Materialismus als „reaktionäre Metaphysik".

Charakteristisch ist auch hier wieder die Berufung auf die „dynamische Rolle des Menschen", die die un­ verhohlene Propagierung des Idealismus rechtfertigen soll. Die Praxis des „Großen Sprungs" hat indessen sehr anschaulich gezeigt, was eine so verstandene „dynami­ sche Rolle des Menschen" bedeutet: Die Menschen wurden dem spontanen Wirken der kapitalistischen Ge­setze unterworfen.

Die marxistische Dialektik erkennt die dynamische Rolle des Menschen durchaus an, ohne allerdings vom Materialismus abzugehen. So schreibt Engels:

„Nicht in der geträumten Unabhängigkeit von den Naturgesetzen liegt die Freiheit, sondern in der Erkenntnis dieser Geset­ ze und in der damit gegebenen Möglichkeit, sie planmä­ ßig zu bestimmten Zwecken wirken zu lassen" (Engels, Anti-Dühring, MEW Bd 20., S. 106). Demgegenüber besteht Maos „dynamische Rolle des Menschen" in der erträumten Freiheit von den objekti­ ven Gesetzen. Deshalb erging es Maos Politik ebenso wie dem Schneider von Ulm, der sich mit der Behaup­ tung, fliegen zu können, vom Kirchturm stürzte und auf dem Kirchhof zerschellte. Der Unterschied besteht aber leider darin, daß im Falle von Maos Politik andere Men­schen darunter zu leiden hatten. Bleibt noch anzumer­ ken, daß sich selbstverständlich auch die heutige chine­ sische Führung auf die Philosophie Mao Tse-tungs stüt­ zen kann. Sie begründet die rasend schnelle Entwick­ lung des Kapitalismus mit der Notwendigkeit, die Pro­ duktivkräfte zu entwickeln; gegenwärtig sind eben die Produktivkräfte „an der Reihe", „die Hauptrolle zu spie­ len".

 

8.4. Hauptwiderspruch und Hauptkettenglied

 

Maos Lehre über den Hauptwiderspruch ist ein weiteres Beispiel dafür, daß seine „Philosophie" nur die Aufgabe hat, die jeweilige Politik zu rechtfertigen. Er behauptet nämlich, daß sich während eines Entwicklungsprozesses der Hauptwiderspruch verändern kann. Die verschiede­ nen Widersprüche innerhalb eines Dinges vollziehen also mal wieder einen „Platztausch", so daß jeder einmal Hauptwiderspruch sein darf. Als Beispiel führt Mao ver­ schiedene Etappen der chinesischen Revolution an, in denen unterschiedliche Taktiken gegenüber der Kuo­ mintang angewandt wurden . Maos Ansicht über die Veränderung des Hauptwiderspruchs während ein und desselben Entwicklungsprozesses ist mit der Dialektik nicht vereinbar. Wenn nämlich der Hauptwiderspruch sich ändert, dann müßte sich ja der Charakter des gan­ zen Dings geändert haben. Wenn im Kapitalismus der Widerspruch zwischen Bourgeoisie und Proletariat nicht mehr der Hauptwiderspruch wäre, dann wäre es eben kein Kapitalismus mehr. Das gleiche gilt für jede sozial­ ökonomische Ordnung und überhaupt für jedes Ding. Natürlich kann es während einer Revolution verschiede­ ne Taktiken geben; die KP Chinas konnte gegenüber Tschiang Kai-schek verschiedene Taktiken anwenden, aber das änderte nichts an der sozialökonomischen Ord­ nung und infolgedessen auch nichts am gesellschaftli­ chen Hauptwiderspruch.

Man könnte einwenden, daß auch der Marxismus-­ Leninismus den Begriff eines Hauptkettenglieds kennt, das man in einer bestimmten Situation ergreifen muß, um die ganze Kette nachzuziehen. So gab Stalin in einer bestimmten Situation des sozialistischen Aufbaus die Losung aus „Die Kader entscheiden alles", in einer an­ deren Situation „Die Technik entscheidet alles". Diese Losungen kennzeichneten das jeweilige Hauptketten glied. Es ist offensichtlich, daß Maos „Wechsel des Hauptwiderspruchs" mit dem Wechsel des Hauptket­ tenglieds nichts zu tun hat. Das Hauptkettenglied ist überhaupt keine philosophische Kategorie, sondern eine rein taktische. Es wäre Stalin niemals eingefallen zu be­ haupten, vom philosophischen Standpunkt aus würden die Kader oder die Technik alles entscheiden. Mao aber behauptet in einer Schrift, die als philosophisches Werk ausgegeben wird, der Hauptwiderspruch, der den Cha­ rakter eines ganzen Dinges bestimmt, könne sich än­dern.

Was demgegenüber die Frage des Hauptkettenglieds betrifft, so macht es Maos stereotype Formel „Die Rich­ tigkeit der politischen Linie entscheidet alles" geradezu unmöglich, in einer bestimmten Situation ein takti­ sches Hauptkettenglied zu bestimmen. Diese Formel ist aber vom philosophischen Standpunkt aus ebenfalls nicht haltbar, denn die „politische Linie" - letztlich et­ was Ideelles also - kann nicht „alles entscheiden". Die Behauptung Maos, daß die „politische Linie alles ent­ scheidet", hat mit dem leninistischen Prinzip des Primats der Politik gegenüber der Ökonomie nichts gemein. Denn Lenin als Dialektiker hat inhaltlich bestimmt, worin das Verhältnis von Politik und Wirtschaft besteht: „Poli­ tik ist der konzentrierte Ausdruck der Ökonomik" (Lenin, nocheinmal über die Gewerkschaften, die gegenwärtige Lage und die Fehler Trotzkis und Bucharins, Werke Bd. 32, S. 73). Eine leninistische Politik wird also den objektiven ökono­ mischen Gesetzen stets Rechnung tragen und wird da­ her siegreich sein. Maos „politische Linie" trägt ihnen nicht Rechnung und ist daher zum Scheitern verurteilt.

Erwähnenswert ist hier vielleicht noch, dass die „Philosophie“ Mao Tse-Tungs in eine „scharfe Waffe in den Händen der Massen verwandelt“ wurde. Konkret heißt das, dass die Philosophie Maos in allen Lebensbereichen anzuwenden ist und es dementsprechend Literatur dafür gab. Folglich konnte man durch das Studieren der Mao-Tse-Tung-Ideen sämtliche Alltagsprobleme lösen. Einige Beispiele seien hier mal genannt:

Die Zeitschrift „Zhexue Yanjiu" („Philosophische Forschungen") veröffentlichte im Jahre 1966 „100 Beispiele zur Illustration des Gesetzes von der Einheit der Widersprüche"; sie wurden 1970 vom Verlag „Arbeiterbuch" in deutscher Sprache veröf­ fentlicht. Ein Beispiel sei mal hieraus zitiert:

„Jeden Tag bedient ein Angestellter viele Käufer. Im allgemeinen zerfallen sie in zwei Gruppen: in eine Gruppe, die kauft, und in eine andere Gruppe, die nichts kauft (...). Früher hatte ich eine absolute und statische Ansicht über diese verschiedenen Typen von Käufern. Ich dachte, daß diejenigen, die bereit seien zu kaufen, auch kaufen würden, wenn ich ihnen die Waren anbieten könnte, die sie wünschten; diejenigen, die nicht bereit seien zu kaufen, würden sowieso nicht kaufen, ganz gleich, wie ich sie bediente. Da ich es unterließ, sie im Lichte des Prinzips, Eins teilt sich in zwei' zu analysieren, pflegte ich diejenigen, die wahrscheinlich beabsichtigten zu kaufen, herzlich zu empfangen, nahm aber denjeni­ gen gegenüber, die aussahen, als ob sie sich nur die Ver­ kaufsstände ansehen wollten, eine andere Haltung ein (...). Ich glaube, wir müssen das Prinzip, Eins teilt sich in zwei' auf alle Dinge anwenden und unsere Probleme dialektisch betrachten. Leute, die keine Einkäufe ma­ chen, teilen sich auch in zwei Gruppen; daß sie nicht einkaufen, ist nicht absolut. Denn ein Konsument, der sich heute nur umschaut, tut das mit der Absicht, mor­ gen zu kaufen. Vom Standpunkt eines Verkäufers aus hat dieser besondere Konsument heute nichts gekauft, aber da jeder, kollektiv gesehen, seine täglichen Bedürf­ nisse hat - Nahrung, Kleidung und andere Dinge -, kann man sagen, daß es keine Konsumenten gibt, die nicht kaufen. Von unserem Verkaufspult aus betrachtet, wird derjenige, der diesmal nicht kauft, das nächstemal kaufen; derjenige, der diesmal kauft, ist vielleicht einer, der sich das letztemal nur umgeschaut hat; derjenige, der jetzt nicht kauft, wird vielleicht später wiederkom­ men, um etwas zu kaufen! Vom Standpunkt des Ge­ schäfts als ganzem aus betrachtet, bedeutet es nicht, daß jemand bei einem andern Stand nichts kauft, weil er gerade bei diesem Stand nichts kaufte; wenn jemand in unserem Geschäft nichts kauft, bedeutet das nicht, daß er in einem anderen Geschäft auch nichts kauft. Nach­ dem ich diese Fragen gelöst hatte, fragte ich mich selbst, wie es kommen konnte, daß ich Konsumenten gegenüber eine verschiedene Haltung eingenommen hatte, je nachdem, ob sie kauften oder nicht. Ich fand heraus, daß das einfach daher kam, weil ich meine Ar­ beit nur als Aufgabe betrachtet hatte, die erfüllt werden mußte, und daß sich die Idee, dem Volk von ganzem Herzen zu dienen, in meinem Gehirn noch nicht festge­setzt hatte. Deshalb habe ich meinen Arbeitsstil geän­ dert und nehme allen Konsumenten gegenüber eine freundliche Haltung ein, ob sie nun kauften oder nicht." (Eins teilt sich in Zwei, Hamburg 1971, Seite 31f).

Es ist natürlich nicht zu bestreiten, daß sich mitunter „Nicht-Käufer in Käufer verwandeln". Es wäre auch nichts dagegen einzuwenden, wenn man an einem populären Beispiel erklären wollte, daß die Gesetze der Dialektik überall gelten. Aber derartige Artikel – über die „Dialektik beim Kochen", „beim Autofahren" usw. wurden in den philosophischen Massenkampag­ nen haufenweise produziert und studiert, mit derart hoh­ len Phrasen wurde tonnenweise Papier bedruckt, und es wurde allen Ernstes behauptet, man könne mit einem solchen Getue praktische Fragen lösen. Es ging immer nach dem gleichen Schema: Man hat ein schwieriges Problem, das man nicht lösen kann; man erinnert sich an ein „philosophisches Gesetz" (meist nach dem intensi­ ven Studium der Mao-Werke) - und schon geht alles wie von selbst, wie beim HB-Männchen. Mao selbst hat ja gesagt, man müsse nur den Hauptwiderspruch her­ ausfinden: „Sobald dieser festgestellt ist, kann man alle Probleme leicht lösen" (Mao, Über den Widerspruch, a. a. O., S.390). So mußten beispielsweise Ärzte vor Operationen die „Mao-Tse-tung-Ideen studie­ ren, um den Hauptwiderspruch herauszufinden" , die Ar­ beiter in Dadjing mußten „das Rote Buch zur Hand neh­ men, um den Hauptwiderspruch zu lösen" und so fort. Ein Verkaufsgruppenleiter veröffentlichte einen Artikel „Philosophie auf dem Ladentisch", in welchem er dar­ legte, daß „bei dem Widerspruch zwischen dem Kunden und dem Verkäufer die Arbeit des Verkäufers die Haupt­ seite des Widerspruchs ist". (Eins teilt sich in Zwei, a. a. O., S. 76)

Die Philosophie Mao Tse-tungs wird als Wunderwaf­ fe, als Zaubermittel ausgegeben; wenn man sie studiert hat, kann man sofort alle Probleme leicht lösen. In Wirk­lichkeit verhält es sich aber selbst mit der wissenschaftli­ chen Philosophie des Marxismus-Leninismus nicht so, daß man sie nur studieren muß, um „alle Probleme leicht lösen zu können". Im Gegenteil, der dialektische Materialismus lehrt ja gerade, daß man in allen Fragen die Wahrheit nur in den Tatsachen selbst finden kann; niemals aber kann man konkrete Ergebnisse erhalten, indem man auf rein logischem Wege Schluß­ folgerungen aus einer allgemeinen Theorie ableitet, so richtig diese Theorie auch sein mag. Engels schrieb:

„Diese Auffassung (die Marxsche Geschichtsauffas­ sung) macht aber der Philosophie auf dem Gebiet der Geschichte ebenso ein Ende, wie die dialektische Auf­ fassung der Natur alle Naturphilosophie ebenso unnötig wie unmöglich macht. Es kommt überall nicht mehr dar­ auf an, Zusammenhänge im Kopf auszudenken, sondern sie in den Tatsachen zu entdecken. Für die aus Natur und Geschichte vertriebne Philosophie bleibt dann nur noch das Reich des reinen Gedankens, soweit es noch übrig: die Lehre von den Gesetzen des Denkprozesses selbst, die Logik und Dialektik." (Engels, Ludwig Feuerbach und der Ausgang der klassischen deutschen Philosophie, MEW Bd. 21, S 306)

Mao Tse-tung aber begründet seine Behauptung, man könne alle Probleme „leicht lösen", wenn man nur den Hauptwiderspruch gefunden hat, folgendermaßen:

„Das ist die Methode, die uns Marx in seiner Untersu­ chung der kapitalistischen Gesellschaft vordemonstriert hat" (Mao, Über den Widerspruch, a. a. O., S. 390).

Das ist einfach lächerlich, wenn man bedenkt, welch gigantische Forschungsarbeit Marx im „Kapital" geleistet hat. Niemals ist Marx von theoretischen Grund­ sätzen ausgegangen und hat die Wirklichkeit in sie hineingezwängt; gegen die Behauptung Dührings, Marx sei so vorgegangen, schreibt Engels:

„Und nun frage ich den Leser: Wo sind die dialektisch-krausen Verschlingungen und Vorstellungsarabesken, wo die Misch- und Missvorstellung, derzufolge schließlich alles eins ist, wo die dialektischen Wunder für die Gläubigen, wo der dialektische Geheimniskram und die Verschlin­ gungen nach Maßgabe der Hegelschen Logoslehre, ohne die Marx, nach Herrn Dühring, seine Entwicklung nicht zustande bringen kann? Marx weist einfach historisch nach ..., daß grade, wie einst der Kleinbetrieb durch seine eigne Entwicklung die Bedingungen seiner Vernichtung, das heißt die Enteignung der kleinen Ei­ gentümer, mit Notwendigkeit erzeugte, so jetzt die kapi­ talistische Produktionsweise ebenfalls die materiellen Bedingungen selbst erzeugt hat, an denen sie zugrunde gehen muß. Der Prozeß ist ein geschichtlicher, und wenn er zugleich ein dialektischer ist, so ist das nicht die Schuld von Marx, (Hervorhebung von uns) so fatal es Herrn Dühring sein mag ... . Indem Marx also den Vorgang als Negation der Negation bezeichnet, denkt er nicht daran, ihn dadurch beweisen zu wollen als einen geschichtlich notwendigen. Im Gegenteil: Nach­ dem er geschichtlich bewiesen hat, daß der Vorgang in der Tat teils sich ereignet hat, teils noch sich ereignen muß, bezeichnet er ihn zudem als einen Vorgang, der sich nach einem bestimmten dialektischen Gesetz voll­ zieht. Das ist alles" (Engels, Anti-Dühring, MEW Bd. 20 S. 124ff).

Das ist wirklich alles, denn auch der dialektische Materialismus ist keine Wunderwaffe, die die Analyse der Realität ersetzt; er hilft uns lediglich, bei der Analyse der Realität richtig vorzugehen, er kann uns vor Fehlern, vor Einseitigkeiten bewahren. Was aber die chinesischen Ärzte betrifft, die vor den Operationen Maos „Rotes Buch" studieren mußten, so kann man oh­ ne weiteres davon ausgehen, daß auch sie bestrebt wa­ren, die Wahrheit in den Tatsachen zu suchen; erst nach der Operation werden sie - mehr oder minder gezwun­ genermaßen - überlegt haben, wie man die gelungene Operation als„ Sieg der philosophischen Ideen Mao Tse­ tungs" ausgeben könnte. Wären sie umgekehrt vorge­ gangen, dann wären in China bestimmt alle Patienten gestorben. zurück

 

9. Literatur:

 

Hauptsächlich stütze ich mich bei diesem Briefwechsel auf folgende Literaturquellen:

 

Bland, W. B. Klassenkämpfe in China – eine marxistisch-leninistische Analyse zu Mao Tse-Tung, London 1997, herausgegeben von Roter Oktober http://kpaufbau.de/html/to-wzp/to-wzp14-18-1.htm

 

'Die Maotsetungideen auf dem Gebiet der Politischen Ökonomie' http://www.red-channel.de/mlliteratur/soz_staaten/mao_oekonomie.htm

 

Dickhut, Willi: Die Restauration des Kapitalismus in der Sowjetunion, Verlag Neuer Weg, 1988

 

Fogarasi, Bela: „Dialektische Logik“, Verlag Benario-Baum

 

Gegen die Strömung: Nr. 24, „Allgemeine Einschätzung der Lehren und des Werkes Mao Tse-tungs - Untersuchungen zur Einschätzung der Lehren und des Werkes Mao Tes-tungs, Teil I", August 1981

 

Gegen die Strömung: Nr. 37, „Untersuchungen zur Einschätzung der Lehren und des Werkes Mao Tse-tungs, Teil II", Dezember 1985

 

Geschichte der KPdSU (B) – Kurzer Lehrgang, Unter Redaktion einer Kommission des Zentralkomitees der KPdSU(B) Gebilligt vom Zentralkomitee der KPdSU(B) 1938 http://stalinwerke.de/geschichte/geschichte.html

 

Holmberg, Nils: „Friedliche Konterrevolution, Die Entwicklung der Sowjetunion vom Sozialismus zum Staatskapitalismus und Sozialimperialismus", Teil 2, Berlin 1976.

 

Internetstatement der Gruppe Neue Einheit „ Über einen verleumderischen Angriff auf Mao Zedong und die gesamte chinesische Revolution auf Kommunisten-online.de“ http://www.neue-einheit.com/deutsch/is/is2004/is2004-42.htm

 

KPD-Roter Morgen: Die Philosophie Mao Tse-Tungs (ohne Jahresangabe)

 

Lenin, Werke (u.a. http://www.marxistische-bibliothek.de/ )

 

Marx/Engels, Werke (u.a. http://www.marxistische-bibliothek.de/ )

 

Marxistisch-Leninistische Partei Österreichs (MLPÖ): Theorie und Praxis des Marxismus-Leninismus Nr. 1/79: Über den Klassenkampf in der marxistisch-leninistischen Partei

 

Mao Tse-Tung, ausgewählte Werke http://www.infopartisan.net/archive/maowerke/

 

Roter Oktober Nr. 7 (Artikel zu Mao Tse-Tung) http://kpaufbau.de/html/zeitungen/7nr2004/nr7abgrenzung.htm

 

Rote Fahne/MLPD: Agrarrevolution in China (vierteilige Artikelreihe, Nr. 41, 42, 43, 45/2005)

 

Stalin, Werke http://www.stalinwerke.de/

 

Zur „Polemik“ - Die revisionistische Linie des 20. Parteitags der KPdSU (1956) und die grundlegenden Fehler der berechtigten Kritik der KP Chinas (1963), Verlag Olga Benario und Herbert Baum http://www.red-channel.de/mlliteratur/benariobaum/polemik/polemik.htm

zurück