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Kritik an der Stalin"kritik" der MLPD

Briefwechsel zwischen Michael Kubi und D. B.

INHALT:

I. Kritik an der Stalin"kritik" der MLPD (Michael K.)

II. Anwort von D. B. an Michael K. (Der Brief wurde auf Wunsch des Verfassers gelöscht!)

III. Briefwechsel zwischen Genossen E. und Genossen D. B. (Der Brief wurde auf Wunsch des Verfassers gelöscht!)

IV. 2. Antwort des Genossen Michael K.

V. 2. Antwort des Genossen D.B. (Der Brief wurde auf Wunsch des Verfassers gelöscht!)

VI. 3. Antwort des Genossen Michael K.

VII: 3. Antwort des Genossen D. (Der Brief wurde auf Wunsch des Verfassers gelöscht!)

 

 

Kritik an der Stalin-„Kritik“ der MLPD

Jeder, der sich mit den Positionen der MLPD auseinandersetzt, kennt auch ihre Einstellung zu Stalin. Sie bewertet ihn im allgemeinen positiv, so könnte man annehmen. Doch der schein trügt. Sie wirft ihm 2 Hauptfehler vor. Der erste Hauptfehler ist, dass Stalin die Bürokratie mit der Bürokratie (d.h. mit dem Geheimdienst- GPU/NKWD) bekämpfte. Der zweite hauptfehler die, die MLPD Stalin vorwirft ist, dass er auf die Mobilisierung der Massen gegen die Bürokratie verzichtete. Nebenbei werden auch die Kritiken Mao-Tse-Tungs an Stalin erwähnt. Doch ist etwas an diesen Kritiken dran? Ich versuche mein bestes hier zu beweisen, dass diese Kritiken keine Kritiken sind, sondern bloße Verleumdungen. Beziehen werde ich mich dabei hauptsächlich auf das MLPD- Buch „Der Kampf um die Denkweise in der Arbeiterbewegung“.

Die Haltung zu Stalin ist eine äußerst wichtige Sache. Dies erklärt sich daraus, dass die Angriffe auf Stalin fast immer - wie auch bei der MLPD- dazu benutzt werden, um das ganze System, die Politik der Bolschewiki der KPdSU in der Sowjetunion vor 1956 anzugreifen. Diese ‘Kritiken’ legen mehr oder minder offen nahe, dass die Sowjetunion gar nicht sozialistisch war; dass die ‘Fehler’ so krass gewesen sind, dass automatisch die Frage entsteht, ob nicht die ganze marxistisch-leninistische Theorie und Praxis in sich fehlerhaft und letztlich unbrauchbar, also falsch ist. Die Angriffe auf die Person Stalin sind in der Regel - auch wieder mehr oder minder offen- ein Angriff auf den Kommunismus. Bei der Frage nach der Person Stalins geht es sowohl darum, ihn selbst als großen Vorkämpfer des Kommunismus und Klassiker des Marxismus-Leninismus, als auch den Marxismus-Leninismus, zu verteidigen.

Vorweg möchte ich noch klarstellen: Wenn ich im Folgenden die Angriffe der MLPD zurückweise, die sie gegen die sozialistische Sowjetunion und die KPdSU vorbringt, so heißt das nicht, dass ich bereits im Besitz einer umfassenden vollständigen und tiefgehenden Analyse des Entartungsprozesses der sozialistischen Sowjetunion in einen verbürokratisierten pseudosozialistischen Staat verfüge. Ich bin natürlich auch keineswegs der Meinung, dass die Marxisten-Leninisten, die KPdSU, bis zur revisionistischen Entartung 1956 keine Fehler gemacht haben. Im Gegenteil, diese detailliert zu untersuchen ist auch wesentlich für ein tiefgehendes Verständnis der Entartung.

Der Machtantritt des modernen Revisionismus in der Sowjetunion 1956 fand durch die Chruschtschowclique auf dem XX. Parteitag statt. Mit einem Generalangriff auf das politische Programm der KPdSU unter der Flagge der "neuen Bedingungen" wurde ein neues, durch und durch revisionistisches Programm verabschiedet. Sofort nach dem Tode Stalins 1953 wurden die Vorbereitungen seitens der Revisionisten getroffen, die auf diesen Kurswechsel hinsteuerten. Die Linie des Verrates von 1956 wurde in Partei und Staat durchgesetzt und der Widerstand der Marxisten-Leninisten systematisch gebrochen. Gekoppelt war das alles mit einer gigantischen Verleumdungskampagne gegen Stalin, der angeblich eine persönliche Diktatur und Terrorherrschaft in der Partei ausgeübt hätte. Die Sowjetunion entartete in einen pseudosozialistischen Staat. Was nun die Frage der Verantwortung der Kommunisten an dieser Entwicklung angeht, hierbei konzentriert sich die MLPD nun ihre ganze Aufmerksamkeit auf eine Verteufelung von Stalin, auf ein Auflisten seiner angeblichen Fehler, die unweigerlich zur Entartung geführt haben. Wie ich im weiteren nachweise, schrecken sie in keinster Weise davor zurück, selbst die abenteuerlichsten bürgerlichen Theorien von der "Terrorherrschaft" Stalins nachzuplappern. Das alles hat aber mit einer ernsthaften Analyse nichts zu tun. In dieser Frage ist für uns als Ausgangspunkt klar: selbstverständlich gab es für die Entartung subjektive wie auch objektive Bedingungen. Unter objektiven Bedingungen verstehe ich z.B. die Situation nach dem 2.Weltkrieg, wo die Sowjetunion zwar als Siegerin aus dem Entscheidungskampf mit dem deutschen Faschismus hervorging, aber doch auch sehr geschwächt worden war. Millionen von KommunistInnen der Sowjetunion, sind an vorderster Front im Kampf gegen den Faschismus gefallen. Zigtausende erprobte, hingebungsvolle kommunistische Kader gaben ihr Leben und ihr Tod riss empfindliche Lücken in die Reihen der KPdSU. Der Weltimperialismus richtete in dieser Situation sein ideologisches Feuerwerk in kaum vorstellbarem Ausmaß auf die Werktätigen der Sowjetunion. Denn durch den Sieg der Volksdemokratien in China und Osteuropa war der Imperialismus bedroht wie nie zuvor. Dementsprechend richtete er alle Kräfte darauf aus, das sozialistischen Lager, mit der Sowjetunion als Herzstück von außen und von innen heraus auszuhöhlen und zu Fall zu bringen. Das ist ihm letztlich ja auch gelungen. Es ist ihm aber nicht gelungen, durch eine Intervention oder einen Krieg von außen die SU zu Fall zu bringen, sondern in Verbindung mit der neuen „Bourgeoisie“, mit der Revisionistenclique, die in der Sowjetunion die sozialistische Staatsmacht usurpierte. Dass es dazu kam, lag aber natürlich nicht nur an den objektiven Bedingungen, sondern selbstverständlich gibt es auch hier eine Mitverantwortung der KommunistInnen. Diese festzustellen, abzuwägen und einzuordnen ist selbstverständlich Aufgabe einer kritischen Analyse der Entartung heute. Allerdings kann auch hier eine richtige Analyse nur in Abgrenzung zu so pseudowissenschaftlichen Anschuldigungen wie denen der MLPD gemacht werden.

Meiner Meinung nach kann man nach dem Studium der Schriften Stalins und insbesondere den letzten Parteitagen der KPdSU, sowie der uns vorliegenden Dokumente über die Theorie und Praxis der KPdSU, ganz klar feststellen, dass von Stalin und auf den Parteitagen sehr wohl die Gefahren von Bürokratismus, von Vetternwirtschaft, von der Notwendigkeit des ideologischen Klassenkampfes gesehen wurden. Stalin betonte immer wieder, dass der Sozialismus nicht ein für alle mal gesichert ist. Das was die KPdSU, die KommunistInnen und auch Stalin unterschätzten, war die Möglichkeit der Machtübernahme durch eine neu entstehende Bourgeoisie in den Reihen der Kommunistischen Partei. Welches Ausmaß deren Verbindungen und Verkettungen in der Partei und im Staatsapparat angenommen hatte, wurde nicht in ausreichendem Maße gesehen und konnte daher zwar bekämpft, aber doch nicht ausreichend bekämpft werden. Eine weitere Ursache liegt sicherlich darin, dass der Glaube an die Unfehlbarkeit der Partei, dem Stalin und führende KommunistInnen immer wieder rigoros entgegengetreten waren, doch von den Revisionisten unterstützt, sich stark in den Hirnen und Herzen der Massen festgesetzt hatte. Das wussten sich die Chruschtschowrevisionisten bestens zu Nutze zu machen. Die Massen, das darf einfach nicht außer Acht gelassen werden, waren immer noch nicht auf der Höhe des Bewusstseins der Kommunistischen Partei, obwohl diese unendliche Anstrengungen unternahm und Möglichkeiten bot, diesen Abstand immer geringer zu machen. Dass die Revisionisten diese Situation geschickt zu nutzen wussten, dass Marxisten-Leninisten die Seite wechselten, war nicht das Ergebnis eines unzureichenden Kampfes Stalin, sondern trotz dieses Kampfes. Das bedeutet nichts anderes, als dass der Umfang der revisionistischen Gefahr und die Wappnung der Massen und kommunistischen Parteimitglieder letztlich unterschätzt wurden. Welche konkreten Gegenmaßnahmen noch hätten getroffen werden müssen, welche Massenmobilisierungskampagnen hätten angeleitet werden müssen, all das muss in detaillierter Untersuchung genauer analysiert werden. meine Ausgangspunkte der Analyse dabei sind die genannten.

Nun konkret zu der Pseudoanalyse der MLPD:

Das Argument Stalin habe "geheimdienstlich und ohne wirkliche Kontrolle" regiert:

Die demagogischste Art der Angriffe ist die, wo Stalin als eine Person gezeichnet wird, die willkürliche, ja brutale Unterdrückung von unschuldigen Menschen nicht nur zugelassen, sondern sogar befürwortet bzw. veranlasst hat. Demagogisch deshalb, weil diese Anschuldigung meistens völlig ohne Beweise oder Quellenangaben, also in Form von Verleumdungen, vorgebracht werden. Dies ist auch ganz logisch, denn dafür gibt es keine ernstzunehmenden Quellen. Eine der wichtigsten ‘Quellen’ solcher Anschuldigungen ist z.B. der ‘Geheimbericht’ des Revisionisten Chruschtschows. Demagogisch deshalb, weil Anschuldigungen gerade dieser Art -werden sie geglaubt- GenossInnen, RevolutionärInnen, die wirklich eine neue, bessere Welt wollen und dafür kämpfen, dazu bringen sollen Stalin zu verabscheuen.

Leider begibt sich die MLPD bei ihrer Polemik gegen Stalin gerade auf dieses Niveau. So schreibt die MLPD auf Seite 99 der "Denkweise":

"Der von Stalin...eingesetzte Staatssicherheitsdienst arbeitete im Auftrag des ZK von oben nach unten, er arbeitete geheimdienstlich und somit ohne wirkliche Kontrolle, er überzeugte nicht, sondern hatte zu "säubern". Mit der Verbürokratisierung des Staatssicherheitsdienstes nahm auch … die Willkürlichkeit der Methoden und Urteile des Staatssicherheitsdienstes zu. ‘Dieser Apparat’, schreibt Willi Dickhut, ‘war selber verbürokratisiert...

• Administrative Maßnahmen und schematische Anwendung - statt ideologisch-politische Erziehungsarbeit, • Gleichmacherei, alle über einen Kamm scheren - statt Differenzierung zwischen aufrichtigen Menschen und Heuchlern, zwischen ehrlichen Revolutionären und verbrecherischen Konterrevolutionären, • keine Unterscheidung zwischen Widersprüchen im Volk und Widersprüchen zwischen uns und dem Feind, • Geständnisse durch Einschüchterung am laufenden Band - statt offene, ehrliche Selbstkritik durch Überzeugung.’(Willi Dickhut, ‘Die dialektische Einheit …’)

All das förderte geradezu, dass die kleinbürgerlich denkenden Bürokraten ihren Kopf einzogen und sich angepasst verhielten. Die Diktatur des Proletariats wurde ausgehöhlt und der Sozialismus langsam, aber sicher untergraben."(S. 99-100)

Wie schon oben erwähnt, ist es auch hier so, dass diese schwerwiegenden Vorwürfe nicht mal mit einer einzigen ernstzunehmenden Quelle und mit Tatsachen belegt und bewiesen werden. Aber neben dieser völlig falschen Methode, nämlich mit Behauptungen zu arbeiten und nicht mit Beweisen, muss man sich doch folgende Fragen vor Augen führen: Was soll ein fortschrittlicher Mensch zu einem ‘Sozialismus’ sagen, in dem der ‘Regierungschef’, "Geständnisse durch Einschüchterung am laufendem Band" nicht nur zulässt, sondern sogar selbst den dafür notwendigen Apparat einsetzt? Was soll ein Kommunist heute zum Kommunist-Sein Stalins sagen, wenn er angeblich selbst Bürokraten züchtete, also selber der oberste aller Bürokraten ist? Zu welchem Urteil muss ein ehrlicher Revolutionär kommen, wenn in einem ‘sozialistischen Land’ "offene, ehrliche Selbstkritik", "ideologisch-politische Erziehungsarbeit", also das Mittel der Überzeugung, mit Füßen getreten werden, wenn aber "administrative Maßnahmen", "Willkürlichkeit", also blindes Bestrafen und brutales "alle über einen Kamm scheren" an der Tagesordnung waren, wenn die Bürokraten, Karrieristen oben saßen und ehrliche, kritische Menschen einfach "weggesäubert" werden? Was soll man dazu sagen? Dass das wohl kaum Sozialismus gewesen sein kann, wohl kaum ein politisches System, für das man/frau kämpfen würde. Das Entscheidende aber ist, dass Stalin angelastet wird, bewusst als Methode des Aufbaus des Sozialismus bürokratische Strukturen, den Staatssicherheitsdienst, die Unterdrückung von jeglicher Kritik, ja die Diktatur gegen das Proletariat und die werktätigen Massen geschaffen habe. Stalin hat laut MLPD, einen Apparat eingesetzt, der den Sozialismus untergraben hat. Und dann stellt sich die MLPD an anderer Stelle hin und beteuert, die Sowjetunion unter Stalin wäre sozialistisch gewesen und sie stellt Stalin als großen Marxisten-Leninisten hin. Ein fortschrittlicher, revolutionärer oder kommunistischer Mensch, -nimmt er die Vorwürfe gegen Stalin ernst- muss doch zu dem Schluss kommen, Stalin für einen Verbrecher und die Sowjetunion für eine Gesellschaft, die die ArbeiterInnen und Werktätigen unterdrückte zu halten. Damit gießt die MLPD Wasser auf die Mühlen der bürgerlichen Antikommunisten. Nun zu den konkret vorgebrachten "Argumenten".

Stalin war ein Feind des Bürokratismus!

Noch etwas anderes wird an dem obigen Zitat sichtbar: Folgt man der MLPD, so befürwortete Stalin angeblich einen Staatssicherheitsdienst, der "selber verbürokratisiert" war. Stalin ließ tatenlos- zu, dass "kleinbürgerlich denkende Bürokraten" eine riesige Machtfülle innehatten, so dass sie z. B. ‘am laufenden Band’ ehrliche Revolutionäre terrorisieren konnten, so dass dadurch sogar "der Sozialismus langsam, aber sicher untergraben" wurde. Und genau diese Gefahr, dass ein Anwachsen des Bürokratismus auch zum Untergang des Sozialismus führen kann, habe laut MLPD Stalin auch sowieso nie gesehen.

Man muss der ganzen Flut von unbewiesenen Anschuldigungen der MLPD entgegentreten, indem wir uns auf ihre zentralsten konzentrieren. Dass Stalin angeblich die Gefahr, die von Bürokraten ausging, nicht als Gefahr für die Existenz des Sozialismus sah und nicht gegen sie ankämpfte, ist ein zentrales Argument der MLPD gegenüber Stalin, das sie an ganz vielen Stellen immer wieder einbringen. Weiter unten werden wir aufzeigen, dass dieses Argument eine entscheidende Begründung dafür ist, dass nach der MLPD sogar "der Sozialismus zugrunde gehen (musste)." ( S. 105)

Hier einige Beispiele für Stalins Kampf gegen den Bürokratismus:

"Daß die Elemente des Bürokratismus bekämpft werden müssen und daß wir so lange vor dieser Aufgabe stehen werden, als wir eine Staatsmacht haben, als ein Staat existiert - das ist ebenfalls eine Tatsache."(Stalin, Werke Bd. 10, S. 277)

"Es handelt sich darum, daß innerhalb unserer Partei-, Staats-, Gewerkschafts-, Genossenschafts- und aller Art anderer Organisationen bürokratische Elemente vorhanden sind. Es handelt sich um die bürokratischen Elemente, die von unseren Schwächen und Fehlern leben, die die Kritik der Massen, die Kontrolle der Massen wie das Feuer fürchten und die uns hindern, die Selbstkritik zu entfalten, uns hindern, uns von unseren Schwächen, von unseren Fehlern zu befreien. Der Bürokratismus in unseren Organisationen ist nicht einfach als Amtsschimmel und Kanzleiwirtschaft zu betrachten. Der Bürokratismus ist eine Äußerung des bürgerlichen Einflusses auf unsere Organisationen (...)

Mit umso größerer Beharrlichkeit muß der Kampf gegen den Bürokratismus unserer Organisationen geführt werden, wenn wir die Selbstkritik wirklich entfalten und uns von den Gebrechen unseres Aufbaus befreien wollen.

Mit umso größerer Beharrlichkeit müssen wir die Millionenmassen der Arbeiter und Bauern zur Kritik von unten, zur Kontrolle von unten mobilisieren, die das wichtigste Gegengift gegen den Bürokratismus sind."(Stalin, Werke Bd. 11 S. 116-117, Hervorhebung von Stalin)

* Über das Problem des Kampfes gegen den Bürokratismus:

"Der Bürokratismus ist vor allem dadurch gefährlich, daß er die kolossalen Reserven, die im Schoß unserer Gesellschaftsordnung enthalten sind, ungenutzt läßt, ihre Verwertung verhindert, die schöpferische Initiative der Massen lahmzulegen sucht, sie in einem Papierwust erstickt und darauf aus ist, jedes neue Beginnen der Partei in eine flache und unnütze Kleinigkeitskrämerei zu verwandeln. Zweitens ist der Bürokratismus dadurch gefährlich, daß er keine Kontrolle der Durchführung duldet und versucht, die grundlegenden Weisungen der leitenden Organisationen zu einem leeren Wisch zu machen, der mit dem pulsierenden Leben nichts gemein hat. Gefährlich sind nicht nur und nicht so sehr die alten Bürokraten, die in unseren Institutionen steckengeblieben sind, sondern auch -und besonders- die neuen Bürokraten, sowjetische Bürokraten, unter denen die ‘kommunistischen’ Bürokraten bei weitem nicht die letzte Rolle spielen. Ich denke dabei an diejenigen ‘Kommunisten’, die versuchen, durch Kanzleibefehle und ‘Dekrete’, an die sie wie an einen Fetisch glauben, die schöpferische Initiative und Selbsttätigkeit der Millionenmassen der Arbeiterklasse und der Bauernschaft zu ersetzen."(Stalin, Werke Bd. 12 S. 287, Hervorhebung von Stalin)

* Über die Vorgehensweise dieser Bürokraten sagte Stalin:

"Meistens sucht man sich sogenannte Bekannte, Freunde, Landsleute, persönlich ergebene Leute, Meister in der Lobpreisung ihrer Vorgesetzten aus... Es ist klar, daß auf diese Weise statt einer führenden Gruppe verantwortlicher Funktionäre eine Sippschaft einander nahestehender Leute, eine Innung herauskommt, deren Mitglieder darauf bedacht sind, in Frieden zu leben, einander nicht weh zu tun, nicht aus der Schule zu plaudern, einander lobzupreisen und der Zentrale von Zeit zu Zeit völlig nichtssagende und Übelkeit erregende Berichte über Erfolge einzusenden.

Es ist nicht schwer, zu begreifen, daß es bei einer solchen Sippenwirtschaft weder für Kritik an den Mängeln der Arbeit noch für Selbstkritik der Leiter der Arbeit Platz geben kann.

Es ist klar, daß eine solche Sippenwirtschaft einen günstigen Boden abgibt für die Züchtung von Speichelleckern, von Leuten, die jeglichen Gefühls eigener Würde bar sind und deshalb mit dem Bolschewismus nichts gemein haben."(Stalin, Werke, Bd. 14 S. 147-148)

* Stalin zur Kontrolle von oben und von unten:

"Manche Genossen meinen, die Kontrolle der Funktionäre könne nur von oben erfolgen, wenn die Führer die von ihnen Geführten aufgrund der Ergebnisse ihrer Arbeit überprüfen. Das ist falsch. Kontrolle von oben ist natürlich nötig als eine der wirksamen Maßnahmen zur Überprüfung der Menschen und zur Überprüfung der Durchführung der Aufträge. Aber mit der Kontrolle von oben ist bei weitem nicht die ganze Kontrolle erschöpft. Es gibt noch eine andere Art der Kontrolle, die Kontrolle von unten, wenn die Massen, wenn die Geführten die Führer überprüfen, ihre Fehler aufdecken und ihnen die Wege zu ihrer Behebung zeigen. Eine solche Kontrolle ist eins der wirksamsten Mittel zur Überprüfung der Menschen." (Stalin, Werke Bd. 14, S. 149)

* Stalin zur Entartungsgefahr der Partei:

"Es besteht zum Beispiel die Gefahr, daß diese Erfolge manchen unserer Genossen zu Kopfe steigen. Solche Fälle hat es bekanntlich bei uns gegeben. … Es gibt nichts Gefährlicheres als solche Stimmungen, denn sie entwaffnen die Partei und demobilisieren ihre Reihen. Wenn solche Stimmungen in unserer Partei überhandnehmen, so können wir der Gefahr gegenüberstehen, daß alle unsere Erfolge zunichte gemacht werden."(Stalin, Werke, Bd. 13, S. 333)

Das sind einige Dokumente des Kampfes der KPdSU und Stalins gegen bürokratische Entwicklungen und Fehler. Der Kampf gegen den Bürokratismus war viel mehr, als gegen "Amtsschimmel und Kanzleiwirtschaft" anzugehen. Stalin hat den Bürokratismus ganz klar als Gefahr für den Sozialismus erkannt und die Ursachen, die Auswüchse, den ganzen Charakter des Bürokratismus sehr tiefgründig und treffend analysiert und den Kampf dagegen aufgenommen.

Man sollte in diesem Zusammenhang folgendes herausstreichen: Wenn Stalin sagt, dass "der Bürokratismus… nicht einfach als Amtsschimmel und Kanzleiwirtschaft zu betrachten" ist, sondern "eine Äußerung des bürgerlichen Einflusses auf unsere Organisationen" darstellt, wenn es sagt, dass der "Kampf gegen den Bürokratismus notwendig ist solange es den Staatsapparat gibt", dann heißt das kurz gesagt, dass der Kampf gegen den Bürokratismus eine fundamentale Aufgabe beim Aufbau des Sozialismus ist. Wenn das Proletariat nach der Revolution die Macht ergreift, so tut es das vor allem auch dadurch, dass es die Staatsmacht innehält. Die Existenz des Staates ist neben anderen Ursachen (wie z. B. die massenhafte Existenz der kleinbürgerlichen Elemente am Anfang des Sozialismus) auch eine Quelle des Bürokratismus, die während des gesamten Sozialismus - sowohl am Anfang als auch in seinem ganzen Verlauf- nicht versiegen kann. Daraus leitet sich ab, dass der Aufbau des Sozialismus nur erfolgreich sein kann, wenn der Kampf gegen den Bürokratismus geführt wird. Diese beiden Aufgaben sind untrennbar miteinander verwoben.

Sozialismus in der Sowjetunion bedeutete, dass das grundlegende Prinzip der Kritik und Selbstkritik angewandt wurde. In diesem Zusammenhang ist insbesondere der Aspekt ‘Kritik von unten, Kritik der Massen an den Führern’ hervorzuheben. Sozialismus hieß, die Selbsttätigkeit, die Initiative der Massen, der Millionenmassen - wie Stalin betont- zu fördern, zu mobilisieren. Der Kampf gegen die Gefahr der Verbürokratisierung der führenden Kräfte des proletarischen Staates auf der einen Seite und auf der anderen Seite die Kritik von unten sowie die Initiative der werktätigen Massen sind zwei Seiten einer Medaille! Diese Medaille ist aber nichts anderes als der Faustpfand dafür, das Fundament dafür, den Sozialismus überhaupt aufbauen zu können. Der Vorwurf der MLPD an Stalin, dass er den Bürokratismus nicht gesehen bzw. dass er den Bürokratismus aktiv mitgefördert und durchgeführt hat, zeigt, dass sie damit den Weg zu einer Analyse der wirklichen Ursachen der Entartung verbaut.

Gibt es Klassenkampf im Sozialismus?

Es gibt noch eine weitere Kritik der MLPD an Stalin in ihrem "Der Kampf um die Denkweise …", die die Theorie des Marxismus-Leninismus betrifft.

"Stalin erkannte nicht, dass der ideologische Kampf gegen die Tendenz zur kleinbürgerlichen Entartung der Bürokratie eine fundamentale Aufgabe des Klassenkampfes im Sozialismus ist." (S. 102)

"Mao Tse-tung lernte aus den Erfahrungen der Sowjetunion. Gegen die Verleumdungen der Revisionisten verteidigte er Stalin, indem er zugleich aus seinen Fehlern lernte. Während sich in der alten kommunistischen Bewegung vor 1956 eine Tendenz zur Vernachlässigung des ideologischen Kampfes um die Denkweise breitgemacht hatte, verhalf Mao Tse-tung der proletarischen Weltanschauung wieder zu ihrem festen Platz in der Theorie und Praxis des revolutionären Proletariats. Er knüpfte an Lenins Auffassung von der Fortsetzung des proletarischen Klassenkampfes im Sozialismus an ... Die Fortsetzung des Klassenkampfes im Sozialismus ist das entscheidende Hauptkettenglied." (S. 105)

Die MLPD wirft Stalin vor, er hätte die Aufgabe der Fortführung des Klassenkampfes im Sozialismus nicht begriffen, er hätte die Notwendigkeit des Klassenkampfes im Sozialismus nicht beachtet.

Gegen diese Vorwürfe lassen wir als erstes Stalin selbst sprechen, der im Schlusswort auf dem Plenum des Zentralkomitees der KPdSU 1937 betonte:

"Es ist notwendig, die faule Theorie zu zerschlagen und beiseite zu werfen, daß der Klassenkampf bei uns mit jedem Schritt unseres Vormarsches mehr und mehr erlöschen müsse, daß der Klassenfeind in dem Maße, wie wir Erfolge erzielen, immer zahmer werde.

Das ist nicht nur eine faule Theorie, sondern auch eine gefährliche Theorie, denn sie schläfert unsere Leute ein, lockt sie in die Falle, während sie dem Klassenfeind die Möglichkeit gibt, für den Kampf gegen die Sowjetmacht Kräfte zu sammeln.

Im Gegenteil, je weiter wir vorwärtsschreiten, je mehr Erfolge wir erzielen werden, um so größer wird die Wut der Überreste der zerschlagenen Ausbeuterklassen werden, um so eher werden sie zu schärferen Kampfformen übergehen, um so mehr Niederträchtigkeiten werden sie gegen den Sowjetstaat begehen, um so mehr werden sie zu den verzweifeltsten Kampfmitteln greifen, als den letzten Mitteln zum Untergang Verurteilter.

Man muß im Auge behalten, daß die Reste der zerschlagenen Klassen in der UdSSR nicht allein dastehen. Sie genießen die direkte Unterstützung unserer Feinde jenseits der Grenzen der UdSSR. Es wäre ein Irrtum anzunehmen, daß die Sphäre des Klassenkampfes sich auf das Gebiet der UdSSR beschränke. Spielt sich der Klassenkampf mit einem Ende innerhalb der UdSSR ab, so reicht das andere Ende in das Gebiet der uns umgebenden bürgerlichen Staaten. Das kann den Resten der zerschlagenen Klassen nicht unbekannt sein. Und eben weil sie es wissen, werden sie auch künftighin ihre verzweifelten Vorstöße fortsetzen. Das lehrt uns die Geschichte. Das lehrt uns der Leninismus. Man muß das alles im Auge haben und auf der Hut sein."

(Stalin, Werke, Bd. 14, S. 136—137)

Weitere Zitate Stalins, in denen er von der Notwendigkeit des Kampfes gegen den Bürokratismus spricht, wurden ja schon im vorherigen Punkt abgedruckt, deswegen beschränken wir uns auf dieses, wo Stalin eindeutig darlegt, dass der Klassenkampf sich im Sozialismus auf eine Art sogar noch mehr zuspitzt.

Was bei dem Zitat der MLPD zum Ausdruck kommt, ist, dass sie ein ganz falsches, verengtes Verständnis vom Klassenkampf im Sozialismus besitzt. Sie reduzieren in ihrem Buch den Klassenkampf im Sozialismus ausschließlich auf den ideologischen Kampf um die Denkweise und lassen die anderen Aufgaben des Klassenkampfes im Sozialismus einfach wegfallen.

Was aber heißt Klassenkampf im Sozialismus eigentlich? Der Klassenkampf im Sozialismus ist nicht irgendeine Aufgabe bei der Errichtung der Diktatur des Proletariats, sondern ist von der ersten Stunde des Sozialismus an entscheidend. Denn Klassenkampf heißt doch als erstes einmal, dass die Kommunisten im Gegensatz zu den Anarchisten z.B. propagieren, dass die Kräfte der alten Gesellschaft nach der Revolution unterdrückt werden müssen. Das bedeutet, wie Lenin und Stalin darlegten, dass das Proletariat die alte Staatsmacht zerschlagen, die Macht ergreifen muss und nach der Revolution nicht die Waffen niederlegen kann sondern sich gegen die Konterrevolution verteidigen muss. Das heißt, dass wir schon die ersten Tage des Sozialismus nicht überstehen können, wenn wir nicht den Klassenkampf nach der Revolution anerkennen.

Aber Klassenkampf im Sozialismus geht darüber weit hinaus. Er schließt nicht nur den Kampf gegen die Überreste der alten liquidierten Ausbeuterklassen ein, dessen ehemalige Vertreter die bürgerliche Ideologie zu einem großen Teil bewahren und weitertragen. Er beinhaltet auch den Kampf gegen die gerade am Anfang des Sozialismus immer wieder entstehende bürgerliche Ideologie. Denn direkt nach der Revolution kann nicht die ganze Wirtschaft, sondern nur ein Teil der Wirtschaft in Gesellschaftseigentum umgewandelt werden. In anderen Teilen der Wirtschaft wird also noch Privateigentum an Produktionsmitteln zugelassen, was eine ständige Quelle bürgerlicher Ideologie im Sozialismus ist.

Auch die kapitalistische Umkreisung ist eine ständige und mächtige Quelle der bürgerlichen Ideologie. Denn es ist praktisch unmöglich, dass in allen Ländern gleichzeitig die Revolution gelingt und so die Umkreisung wegfallen würde.

"Auch -und besonders- die neuen Bürokraten, sowjetische Bürokraten, unter denen die ‘kommunistischen’ Bürokraten bei weitem nicht die letzte Rolle spielen", tragen schädliche bürgerliche Ideologie in die ArbeiterInnenklasse. Das heißt es heißt zu erkennen, dass im Staatsapparat, ja in der Kommunistischen Partei selbst eine neue Bourgeoisie entstehen kann.

Und nicht zuletzt muss ein Kampf geführt werden um die Köpfe der Massen, um das Bewusstsein von Millionen. Denn der Sozialismus ist eine Übergangsform, die noch die Muttermale der alten Gesellschaft trägt. Die Werktätigen, die ArbeiterInnen und auch die KommunistInnen selbst haben nach der Revolution Einflüsse der bürgerlichen Ideologie wie z. B. fehlende Initiative oder Männerchauvinismus nicht einfach abgelegt wie einen alten Hut. Stalin hebt dies in seinem Werk "Über die Grundlagen des Leninismus" anhand eines Zitates Lenins hervor:

"‘Unter der Diktatur des Proletariats wird man Millionen Bauern und Kleinproduzenten, Hundertausende Angestellte, Beamte, bürgerliche Intellektuelle umerziehen und sie alle dem proletarischen Staat und der proletarischen Führung unterstellen, in ihnen die bürgerlichen Gewohnheiten und Traditionen besiegen müssen’, ebenso wie es notwendig sein wird, ‘in langwierigen Kämpfen auf dem Boden der Diktatur des Proletariats, auch die Proletarier selbst umzuerziehen, die sich von ihren eigenen kleinbürgerlichen Vorurteilen nicht auf einmal, nicht durch ein Wunder, nicht auf Geheiß der Mutter Gottes, nicht auf Geheiß einer Losung, einer Resolution, eines Dekrets befreien, sondern nur in langwierigen und schweren Massenkämpfen gegen den Masseneinfluß des Kleinbürgertums.’" (Lenin, zitiert nach Stalin, Bd.6, S. 99-100)

Wie kann die MLPD auf der einen Seite sagen, dass die Sowjetunion sozialistisch war, aber auf der anderen Seite, dass der Klassenkampf in der Zeit Stalins nicht fortgesetzt wurde? Die Sowjetunion konnte während mehreren Jahrzehnten sozialistisch sein, nur weil ein Klassenkampf geführt und richtig geführt wurde. Dies ist eine Tatsache. Stalin hat in vielen Schriften und in vielen Taten bewiesen, dass er selbstverständlich den Klassenkampf geführt hat. Die maßgebliche Rolle Stalins bei der ideologischen Zertrümmerung von anti-bolschewistischen Strömungen wie z.B. der des Trotzkismus, wird einfach überhaupt nicht in die Diskussion einbezogen.

Gibt es im Sozialismus antagonistische Klassen?

Daneben, dass Stalin angeblich den Klassenkampf nicht richtig geführt hat, behauptet die MLPD, dass Mao Tse-tung es war, der aus den Fehlern Stalins lernte, und an Lenins Auffassung von der Fortsetzung des proletarischen Klassenkampfes im Sozialismus anknüpfte. Diese Position kann man eigentlich nur verstehen, wenn man die richtige Haltung Stalins in der Frage von Klassen und Klassenkampf im Sozialismus und die fehlerhafte Haltung Mao Tse-tungs in dieser Frage sowie die Diskussionen, die sich aus diesen unterschiedlichen Haltungen ergeben, kennt. Daher eine kurze Darstellung davon.

Die Haltung Lenins und Stalins in der Frage der Ausbeuterklassen im Sozialismus ist, dass diese im Sozialismus in ökonomischer Hinsicht liquidiert werden können und müssen. Da der Klassenbegriff aber in aller erster Linie ein ökonomischer ist, heißt das, dass es dann bei Vollendung des Aufbaus des Sozialismus keine Ausbeuterklassen mehr gibt. Das war nach Einschätzung der KPdSU und Stalins 1936 in der UdSSR der Fall. Aber in den Köpfen der übergroßen Mehrheit der Menschen, die diese Ausbeuterklassen gebildet haben, lebt die alte bürgerliche Ideologie noch fort und sie sind in ihrer Mehrheit erbitterte Feinde des neuen Sowjetstaates. Daher betonten Lenin und Stalin, dass in dieser Hinsicht ein Klassenkampf geführt werden muss und - wie oben ausgeführt (auch unter den werktätigen Massen lebt die alte bürgerliche Ideologie noch fort), ist dies längst nicht die einzige Aufgabe im Klassenkampf beim Aufbau des Sozialismus.

Mao Tse-tung hingegen behauptete fälschlicherweise, dass es im Sozialismus - sogar noch sehr lange- Ausbeuterklassen gäbe. Er betonte wie Lenin und Stalin, dass es im Sozialismus Klassenkampf gibt. Aber, er behauptete, dass dies so sei, weil es im Sozialismus noch Ausbeuterklassen gäbe. Er band also in unzulässiger Weise die Existenz des Klassenkampfes an die Existenz von Ausbeuterklassen. Daher warf er Stalin vor, dass dieser den Klassenkampf vernachlässigt hätte, weil ja Stalin richtig sagte, dass es in der Sowjetunion nach 1936 keine Ausbeuterklassen mehr gibt. Also das heißt zusammengefasst, dass Mao Tse-tung in der Frage im wesentlichen zwei Fehler machte: Erstens die Existenz von Ausbeuterklassen im Sozialismus zu propagieren und zweitens den Klassenkampf an die Existenz von Ausbeuterklassen zu binden.

Lenin und Stalin betonten dahingegen richtig, dass beim Aufbau des Sozialismus die Ausbeuterklassen liquidiert werden, dass aber auch bei Erfüllung dieser Aufgabe, d.h. nach Liquidierung der Ausbeuterklassen, der Klassenkampf auf jeden Fall weiter geführt werden muss.

Viele der Vertreter der sogenannten Mao-Tse-tung-Ideen systematisieren die falschen Ansichten Mao Tse-tungs und werfen Stalin vor, er hätte gar keinen Klassenkampf im Sozialismus geführt, mit der Begründung, ‘dass er die Existenz von Klassen im Sozialismus leugne’. Sie unterscheiden gar nicht zwischen Ausbeuterklassen und unterdrückten Klassen und reden einfach nur ganz allgemein von Klassen im Sozialismus. Dazu ist zu sagen, dass Lenin und Stalin richtig feststellten, dass es im Sozialismus nach Liquidierung der Ausbeuterklassen noch Klassen gibt, nämlich die ehemals unterdrückten Klassen. Sie stellten heraus, dass diese Klassen sich im Verlauf des Sozialismus sehr stark verändern und im Laufe des Sozialismus zu befreundeten Klassen werden und sich die Unterschiede zwischen ihnen immer mehr verwischen. Die erste große Veränderung ist allein die, dass die unterdrückte Klasse des Proletariats gar nicht mehr ausgebeutet wird, sondern sie selbst die Macht innehat. Zwei weitere Beispiele für die großen Veränderungen sind: Das Proletariat und die Bauern, die im Kapitalismus in ihrer Mehrzahl geistig geknechtet und niedergedrückt sind, die ein regelrechtes Sklavenbewusstsein haben, erlangen im Sozialismus ein völlig neues Bewusstsein, ein ganz anderes kulturelles und technisches Niveau. Auch die Intelligenz wird völlig verändert. Sie wandelt sich von der vorrevolutionären bürgerlichen Intelligenz, die als Schicht den herrschenden Klassen dient, zur werktätigen Intelligenz, die im Sozialismus dem Volk dient, da sie nicht mehr die alte Intelligenz ist, sondern zum übergroßen Teil aus der ArbeiterInnen- und Bauernschaft und anderen Schichten der Werktätigen entstammt. Lenin und Stalin betonten, dass es zwischen den ArbeiterInnen, den Bauern und der werktätigen Intelligenz Widersprüche gibt, weil sie eben noch verschiedene Klassen und Schichten darstellen. Sie betonten auch, dass es bei einer richtigen Politik keine antagonistischen (also nur durch Gewalt lösbare) Widersprüche im Sozialismus geben muss, weil es keine Ausbeuterklassen mehr gibt.

Wenn man den marxistisch-leninistischen Standpunkt sich zum Ausgangspunkt nimmt, ist es klar, dass in der Frage Klassen und Klassenkampf im Sozialismus Mao Tse-tung eine fehlerhafte Haltung eingenommen hat. Die MLPD dokumentiert mit ihrer Kritik an Stalin deutlich ihre unmarxistische Position in der Frage Klassen und Klassenkampf.

Welche Stellung nimmt die MLPD nun in diesen Fragen ein?

"‘Es ist klar, dass mit der Beseitigung des Kapitalismusund des Systems derAusbeutung auch der Interessengegensatz zwischen körperlicher und geistiger Arbeit verschwinden musste. Und er ist in unserer heutigen sozialistischen Ordnung tatsächlich verschwunden. Jetzt sind die körperlich Arbeitendenund das leitende Personal nicht Feinde, sondern Genossen, Freunde, Mitglieder des einheitlichen Produktionskollektivs, die am Gedeihen und an der Verbesserung der Produktion zutiefst interessiert sind. Von der früheren Feindschaft zwischen ihnen ist auch nicht eine Spur übriggeblieben.’ (Stalin, Werke, Bd. 15, S. 317/318) … Bei einer so unkritischen Beurteilung konnten sich die kleinbürgerlichen Bürokraten in Sicherheit wiegen. Der Sozialismus hebt wohl dieAusbeutung der körperlich Arbeitenden durch Vertreter der geistig Arbeitendenaufund damit die ökonomische Grundlage des Antagonismus zwischen ihnen. Aber damit verschwinden keineswegs automatisch die bürgerliche Ideologie und die kleinbürgerliche Denkweise, durch die nicht nur die ‘frühere Feindschaft’ in veränderter Form fortlebt, sondern auch neue Konflikte entstehen." (S. 103)

Die MLPD schiebt Stalin einfach unter, dass er aus der Tatsache der Beseitigung des Kapitalismus und des Systems der Ausbeutung abgeleitet hätte, dass "damit ... automatisch die bürgerliche Ideologie" verschwunden wäre. Aber, wie ich oben ausgeführt und belegt habe, ist dies eine Verleumdung, denn Stalin hat das gerade nicht behauptet. Er hat die unterschiedlichen Quellen der bürgerlichen Ideologie ganz klar benannt und hat das Vorhandensein der bürgerlichen Ideologie und damit die Notwendigkeit des Klassenkampfes gerade nicht an die Existenz von Ausbeuterklassen geknüpft.

Es ist richtig, dass die ehemaligen Vertreter der herrschenden Klasse (und darunter fällt auch die bürgerliche Intelligenz) ihre Ideologie auch nach der Revolution bewahren. Es ist aber ganz falsch, wenn die MLPD die Intelligenz als Schicht als einfach ‘feststehend’ hinstellt. Sie greifen Stalin an, weil dieser über die werktätige Intelligenz in der damaligen Sowjetunion eine positive Einschätzung trifft.

Die MLPD haut jedoch völlig daneben, wenn sie für diesen Zeitraum von den "geistig Arbeitenden" als der alten bürgerlichen Intelligenz redet .

Man muss sich aber einmal vor Augen führen, wann Stalin diese Aussage trifft: Das Zitat ist aus dem Jahre 1952, d.h. nach über drei Jahrzehnten Sozialismus.

Im Zusammenhang ist es ganz klar, worum es Stalin geht:

"Eine analoge Lage haben wir in bezug auf das Problem der Aufhebung des Gegensatzes zwischen geistiger und körperlicher Arbeit. Dieses Problem ist ebenfalls ein bekanntes Problem, das bereits vor langem von Marx und Engels behandelt wurde. Die ökonomische Grundlage des Gegensatzes zwischen geistiger und körperlicher Arbeit ist die Ausbeutung der körperlich Arbeitenden durch Vertreter geistiger Arbeit. Allen bekannt ist die Kluft, die während des Kapitalismus in den Betrieben zwischen den körperlich Arbeitenden und dem leitenden Personal bestand. Bekanntlich hat sich auf Grund dieser Kluft das feindliche Verhalten der Arbeiter zum Direktor, zum Meister, zum Ingenieur und zu den anderen Vertretern des technischen Personals, also zu ihren Feinden, entwickelt.

Es ist klar, daß mit der Beseitigung des Kapitalismus und des Systems der Ausbeutung auch der Interessensgegensatz zwischen körperlicher und geistiger Arbeit verschwinden mußte. Und er ist in unserer heutigen sozialistischen Ordnung tatsächlich verschwunden. Jetzt sind die körperlich Arbeitenden und das leitende Personal nicht Feinde, sondern Genossen, Freunde, Mitglieder des einheitlichen Produktionskollektivs, die am Gedeihen und an der Verbesserung der Produktion zutiefst interessiert sind. Von der früheren Feindschaft zwischen ihnen ist auch nicht eine Spur übriggeblieben." (Stalin, Werke, Bd. 15, S. 317/318)

Er beschreibt, wie sich die Schicht der Intelligenz in über drei Jahrzehnten Sozialismus gewandelt hat. Man muss sich dabei die Tatsache vor Augen führen, dass Stalin nicht erst 1952, sondern bereits 1936 in dem Entwurf der Verfassung der UdSSR anführte:

"80 bis 90 Prozent der Sowjetintelligenz entstammen der Arbeiterklasse, der Bauernschaft und den anderen Schichten der Werktätigen." (Stalin, Werke, Bd. 14, S. 63)

Wenn die MLPD argumentiert, dass die "frühere Feindschaft" zwischen geistig und körperlich Arbeitenden fortlebt, "neue Konflikte" entstehen, so ist das eine ganz und gar idealistische Herangehensweise. Wenn die Intelligenz nach über zwanzig Jahren aus ganz anderen Menschen besteht, wie kann man sie da mit der alten bürgerlichen Intelligenz gleichsetzen?

Die MLPD muss sich aber vor allem auch fragen lassen, warum man überhaupt für einen Sozialismus kämpfen soll, wenn ‘alles’ beim alten bleibt? Wieso soll man für einen Sozialismus kämpfen, in dem nach über zwanzig Jahren noch unverändert das leitende Personal die ArbeiterInnen, die Bauern ausbeutet, in dem also weiterhin die geistige Arbeit im wesentlichen der bürgerlichen Intelligenz vorbehalten ist, während wohl offensichtlich in den gut zwanzig Jahren (fast) nichts für die Hebung des geistigen, kulturellen, technischen Niveaus der Werktätigen getan wurde? Ein Sozialismus aber, der das nicht zuwege bringt, verdient nicht den Namen ‘Sozialismus’. Gerade im Sozialismus werden doch die physischen Bedürfnisse der Massen wie die nach Essen, Wohnung, Kleidung etc. und die geistigen Bedürfnisse der Massen befriedigt?

Also anstatt zu analysieren und konkret zu untersuchen, wie die neue Bourgeoisie aus der Arbeiterklasse, aus der neuen Intelligenz und vor allem in der kommunistischen Partei entstehen konnte, bietet die MLPD nur platteste Angriffe und Verdrehungen.

Der Untergang des Sozialismus in der ehemaligen Sowjetunion

Die Ansichten der MLPD über den Untergang des Sozialismus in der Sowjetunion lassen sich in den folgenden Zitaten zusammenfassen:

"Die Restauration des Kapitalismus nahm aber nicht in der sozialistischen Ökonomie ihren Ausgang, sondern im Überbau der sozialistischen Gesellschaft...." (S. 96)

Und: "Die MLPD anerkennt die großen Leistungen des sozialistischen Aufbaus in der Sowjetunion. Gegen den erbitterten Widerstand der inneren und äußeren Feinde hat Stalin, nach dem frühen Tod des genialen Lenin 1924, die Sowjetunion entschlossen auf den sozialistischen Weg geführt. Ihre Verdienste bei der Zerschlagung des Hitlerfaschismus sind unvergänglich. Die Tragik der sowjetischen Kommunisten und Stalins liegt woanders.

Stalin erkannte nicht die ausschlaggebende Rolle der Denkweise für die Entwicklungsrichtung der sozialistischen Gesellschaft. Dadurch fehlte der KPdSU und den revolutionären Massen eine entscheidende theoretische Waffe im Kampf gegen die entarteten Vertreter der Bürokratie und ihrer kleinbürgerlichen Linie. So konnten sich diese nach Stalins Tod auf den modernen Revisionismus vereinheitlichen und auf dem XX. Parteitag der KPdSU unter Führung Chruschtschows die Macht ergreifen. Willi Dickhut hat in dem Buch ‘Sozialismus am Ende?’ die Kritik der MLPD an Stalin folgendermaßen zusammengefaßt:

‘Der notwendige ideologisch-politische Kampf gegen die Träger der kleinbürgerlichen Denkweise wurde vernachlässigt. Das war der erste Hauptfehler der KPdSU unter Führung Stalins ... Der Verzicht auf die Mobilisierung der breiten Volksmassen gegen die entarteten Vertreter der Bürokratie war der zweite Hauptfehler Stalins.’ (‘Sozialismus am Ende?’, Essen 1992, S. 22)

Der Sozialismus mußte zugrunde gehen, weil das Problem der Denkweise nicht beachtet und gelöst wurde." (S. 104, Hervorhebungen durch die MLPD)

Der erste ‘Hauptfehler’ Stalins…

Die Behauptung, dass Stalin den "ideologisch - politischen Kampf gegen die Träger der kleinbürgerlichen Denkweise" vernachlässigte und damit der Partei und den Massen eine wesentliche Waffe im Kampf gegen die Restaurierung des Kapitalismus fehlte, ist eine plumpe Unterstellung. Wie bereits in den vorhergehenden Kapiteln aufgezeigt, sah Stalin sehr wohl die Gefahr der kapitalistischen Entartung, die Gefahren der Bürokratisierung und betrachtete es als eine Frage des Überlebens der Diktatur des Proletariats auf allen Ebenen dagegen anzukämpfen.

In seinen Schriften, seinen Reden auf den Parteitagen oder auch in den Schlussfolgerungen der Geschichte der KPdSU(B), wo die "grundlegenden Ergebnisse des von der bolschewistischen Partei zurückgelegten historischen Weges" gezogen werden. (Kurzer Lehrgang, S.439) legt Stalin die Grundaufgaben im Kampf gegen die "Träger der kleinbürgerlichen Denkweise". Die ganze Schwäche und Hohlheit der Kritik der MLPD tritt zu tage, wenn man konkret anhand der vorliegenden Dokumente der KPdSU den innerparteilichen Kampfes von Stalin und der KPdSU, darlegt.

Was sagt ihr zu dieser oder jener massenmobilisierenden ideologisch-politischen Kampagne, die gegen "die Träger der kleinbürgerlichen Denkweise" geführt wurden, wie z.B. der Stachanowbewegung?

Es ist klar, dass die MLPD einer konkreten an den Tatsachen und Fakten orientierten Debatte ausweicht, weil sie da natürlich in Beweisnöte geraten würde. Sie müsste ihre allgemeinen unbewiesenen Vorwürfe zurückziehen.

Der zweite ‘Hauptfehler’ Stalins...

"Der Verzicht auf die Mobilisierung der breiten Volksmassen gegen die entarteten Vertreter der Bürokratie" war angeblich der "zweite Hauptfehler" Stalins. Dies ist die nächste Verleumdung Stalins. Stalin hat zu Lebzeiten immer die Notwendigkeit des Kampfes der breiten Massen gegen Bürokratie, und andere opportunistische und revisionistische Abweichungen eingefordert, die Massen dazu ermutigt und mobilisiert. In der Schrift "Gegen die Vulgarisierung der Losung der Selbstkritik" von 1928 führt er aus:

"Lenin hatte recht als er sagte:

‘…es ist notwendig, daß wir begreifen, daß der Kampf gegen den Bürokratismus ein absolut notwendiger Kampf ist, und daß er ebenso kompliziert ist wie der Kampf gegen das kleinbürgerliche Element. Der Bürokratismus ist in unserer Staatsordnung so sehr zum wunden Punkt geworden, daß in unserem Parteiprogramm von ihm die Rede ist, und zwar deshalb, weil er mit diesem kleinbürgerlichen Element und seiner Zersplitterung im Zusammenhang steht.’

…Mit um so größerer Beharrlichkeit müssen wir die Millionenmassen der Arbeiter und Bauern zur Kritik von unten, zur Kontrolle von unten mobilisieren, die das wichtigste Gegengift gegen den Bürokratismus sind.

Lenin hatte recht, als er sagte:

‘Wenn wir den Kampf gegen den Bürokratismus führen wollen, so müssen wir die breiten Massen heranziehen’, …denn ‘kann man den Bürokratismus etwa auf andere Weise beseitigen als durch Heranziehung der Arbeiter und Bauern?’

Um jedoch die Millionenmassen ‘heranzuziehen’, gilt es in allen Massenorganisationen der Arbeiterklasse und vor allem in der Partei selbst die proletarische Demokratie zu entfalten. Ohne diese Bedingung ist die Selbstkritik eine Null, ein Nichts, eine Phrase." (Hervorhebung von Stalin.) (Stalin, Werke, Bd. 11, S. 117)

Im Jahr 1927 geht er im Rechenschaftsbericht an den XV. Parteitag konkret an Hand von Beispielen auf Schwächen im Staatsapparat ein. Er betont gegen den Bürokratismus die Notwendigkeit der Kontrolle von unten. Dabei verfällt er aber nicht wie die MLPD in Nachtrabpolitik, sondern zeigt auf, dass dazu auch die Volksmassen befähigt werden müssen:

"Das sicherste Mittel gegen den Bürokratismus ist die Hebung des Kulturniveaus der Arbeiter und Bauern. Man kann den Bürokratismus im Staatsapparat schelten und heruntermachen, so viel man will, man kann den Bürokratismus in unserer Praxis brandmarken und an den Schandpfahl nageln, aber wenn es den breiten Arbeitermassen an einem bestimmten Kulturniveau fehlt, das die Möglichkeit, den Wunsch, die Fähigkeit schafft, den Staatsapparat von unten her, durch die Arbeitermassen selbst zu kontrollieren, dann wird der Bürokratismus trotz allem bestehen bleiben. Deshalb ist die kulturelle Entwicklung der Arbeiterklasse und der werktätigen Massen der Bauernschaft, nicht nur im Sinne weiterer Entwicklung der Schulbildung, wenn auch die Schulbildung die Grundlage einer jeden Kultiviertheit ist, sondern vor allem im Sinne der Erlangung von Fertigkeiten und der Fähigkeit, sich in die Verwaltung des Landes einzuarbeiten, den Haupthebel zur Verbesserung des staatlichen und jeden anderen Apparats. Darin besteht der Sinn und die Bedeutung der Leninschen Losung von der Kulturrevolution." (Hervorhebung von mir.) (Stalin, Werke, Bd. 10, S. 280)

In der Schrift "Über die Mängel der Parteiarbeit" (1937) führt Stalin aus, wie die Kontrolle von unten erfolgt:

"Die Parteimassen überprüfen die führenden Funktionäre in Aktivtagungen, in Konferenzen, auf Parteitagen durch Entgegennahme ihrer Rechenschaftsberichte, durch Kritik an den Mängeln, schließlich durch Wahl beziehungsweise Nichtwahl dieser oder jener führenden Genossen in die leitenden Organe. Strikte Durchführung des demokratischen Zentralismus in der Partei, wie dies vom Statut unserer Partei gefordert wird, unbedingte Wählbarkeit der Parteiorgane, das Recht, Kandidaten aufzustellen und abzulehnen, geheime Wahl, Freiheit der Kritik und Selbstkritik -- all diese und ähnliche Maßnahmen müssen unter anderem auch deshalb durchgeführt werden, um die Überprüfung und Kontrolle der Führer der Partei durch die Parteimassen zu erleichtern.

Die parteilosen Massen überprüfen die führenden Wirtschafts-, Gewerkschafts- und übrigen Funktionäre in Aktivversammlungen der Parteilosen, in Massenberatungen jeder Art, wo sie die Rechenschaftsberichte der führenden Funktionäre entgegennehmen, Mängel kritisieren und Wege zu ihrer Behebung aufzeigen.

Schließlich überprüft das Volk die Führer des Landes bei den Wahlen zu den Machtorganen der Sowjetunion durch die allgemeine, gleiche, direkte und geheime Abstimmung." (Stalin, Werke, Bd. 14, S. 149-150).

In der gleichen Schrift betont er des weiteren, die Notwendigkeit der

"gewissenhaften Aufdeckung der Fehler der Partei, die Untersuchung der Ursachen, die diese Fehler hervorgerufen haben, und die Festlegung der Wege zur Behebung dieser Fehler."(ebenda , S. 150)

Er hebt hervor, dass Führer sich davor hüten müssen überheblich zu werden, dass ihre Erfahrungen alleine nicht ausreichen, um richtig führen zu können, sondern dafür ihre Erfahrung durch die

"Erfahrungen der Mitgliedermassen der Partei, durch die Erfahrungen der Arbeiterklasse durch die Erfahrungen des Volkes ergänzt werden müssen." (ebenda S. 153)

Er schlussfolgert:

"Das bedeutet, dass wir unsere Verbindungen mit den Massen keine Minute lang lockern, geschweige denn abbrechen dürfen.

Das bedeutet schließlich, dass wir auf die Stimme der Massen, auf die Stimme der einfachen Parteimitglieder, auf die Stimme der sogenannten ‘kleinen Leute’, auf die Stimme des Volkes lauschen müssen. (S. 153-154) … Die Verbindung mit den Massen, die Festigung dieser Verbindung, die Bereitwilligkeit, auf die Stimme der Massen zu lauschen -- darin liegt die Stärke und die Unbesiegbarkeit der bolschewistischen Führung."(ebenda S. 156)

Diese Zitate sprechen eine klare Sprache, die Verbindung mit den Massen, die Bereitschaft sie nicht nur zu lehren, sondern vielmehr auch von ihnen zu lernen, die Kontrolle aller leitenden Funktionäre nicht nur von oben, sondern auch von unten, von den breiten Massen, offenes gewissenhaftes Aufdecken der eigenen Fehler, als Grundlage für ihre Überwindung, das war die Politik für die Stalin stets eingetreten, und für die er gekämpft hat. Seine Linie war eine richtige marxistisch-leninistische Massenlinie. Er vertraute den Massen, verfiel aber nie in Nachtrabpolitik.

Die MLPD in der Pose des großen Mannes

Wenn die MLPD sich also hinstellt und sagt, dass sie "die großen Leistungen des sozialistischen Aufbaus in der Sowjetunion" anerkennt, aber dann im nächsten Atemzug ihre unqualifizierten ‘Kritiken’ gegenüber der Sowjetunion vorbringt, so macht sie die erste Aussage faktisch wieder zunichte. Wenn die MLPD behauptet, dass fundamentale Aufgaben des Sozialismus in der ehemaligen Sowjetunion "vernachlässigt", ja sogar überhaupt nicht "beachtet" und gar nicht "gelöst" wurden, so stellt sie die Existenz des Sozialismus selbst in der ehemaligen Sowjetunion in Frage. Denn Sozialismus ist kein Abzeichen, das man sich an die Jacke heftet, sondern Inhalt. Das heißt z. B., dass Sozialismus gleichzusetzten ist mit dem Vorhandensein breitester Demokratie für die werktätigen Massen. Dies ist aber unvereinbar damit, dass es in der ehemaligen Sowjetunion einen Apparat gegeben haben soll, der am "säubern" war oder dass damals "Geständnisse durch Einschüchterung am laufenden Band" an der Tagesordnung waren (S. 100). Genauso kann sich die MLPD auch nicht hinstellen und sagen, der Klassenkampf in der ehemaligen Sowjetunion wurde nicht geführt und gleichzeitig sagen, das war Sozialismus. Wie soll das gehen? Sie kann sich nicht hinstellen und sagen, der Sozialismus wurde aufgebaut, aber leider ohne die Initiative der Massen.

Wenn die MLPD regelrecht gönnerhaft sagt, dass die Verdienste der Sowjetunion "bei der Zerschlagung des Hitlerfaschismus unvergänglich" sind und danach von der "Tragik" der sowjetischen Kommunisten und Stalins redet (wobei auch dieses den großartigen Kampf der Werktätigen in der Sowjetunion um den Aufbau des Sozialismus reduziert auf ‘Das war Schicksal, das konnte ja nicht gut gehen...’), so leugnet die MLPD die umfassende Bedeutung der ehemaligen Sowjetunion, sie leugnet das Wesentliche der damaligen Sowjetunion: Dass es möglich ist, den Sozialismus aufzubauen. Sie leugnet die ungeheuren Erfolge, die in dieser kurzen Zeitspanne von 30-35 Jahren erreicht wurden. Sie leugnet, dass die damalige Sowjetunion als erster Staat der werktätigen Massen weltweit wegweisend war und ist, sie leugnet, was möglich sein kann, wenn wir den Weg des Sozialismus einschlagen und uns nicht mit der Barbarei des Imperialismus zufrieden geben.

Sie leugnet das, in dem sie die Erfolge herunterspielt und sogar so weit geht, zu sagen, dass der "Sozialismus zugrunde gehen musste." Können das die Lehren aus der ehemaligen Sowjetunion sein? Dass wir den sowjetischen Werktätigen, den ArbeiterInnen und Lenin und Stalin zurufen, hört mal, wir wissen das jetzt, ihr habt das und das von Anfang an falsch gemacht, das konnte nicht gut gehen, ihr habt zwar gekämpft, aber das war erfolglos, weil, wir haben das jetzt festgestellt, es zum Scheitern verurteilt war, es musste ja schief gehen.

Ja, die sozialistische Sowjetunion ist untergegangen, es wurden Fehler gemacht, es wurden sicher auch schwerwiegende Fehler gemacht. Aber die Machtübernahme in der Sowjetunion 1956 war das Werk und in der Verantwortung der Chruschtschow-Revisionisten und nur möglich durch das Entstehen einer neuen revisionistischen Bourgeoisie. Die Marxisten-Leninisten tragen natürlich eine Mitverantwortung dafür, dass die Chruschtschow-Revisionisten erstarken und die Macht an sich reißen konnten. Denn es war ja so, dass die damalige Sowjetunion tatsächlich der Staat der ArbeiterInnen und Bauern war, dass also die Werktätigen, die ArbeiterInnen, die KommunistInnen selbst die Macht innehatten, dass sie die Staatsmacht besaßen. Diese Ausgangspunkte müssen durch eine umfassende konkrete Untersuchung der damaligen Gegebenheiten, Entwicklungen vertieft werden, die eine umfassende Analyse der Klassenverhältnisse der damaligen Sowjetunion und den Kampf gegen die Entartung, der damals in der Tat geführt wurde, beinhaltet. Besondere Bedeutung haben in dem Zusammenhang auch die letzten sowjetischen Parteitage vor 1956. Denn gerade aus den Parteitagsdokumenten geht hervor, dass die Gefahr des Bürokratismus gesehen und dagegen gekämpft wurde. Diese zeigen auch, dass z. B. Stalin neben anderen Parteiführern dem Revisionismus den Kampf angesagt haben und nicht nur diesem. So geht Stalin in der Broschüre "Ökonomische Probleme des Sozialismus" auf verschiedene Abweichungen und Entstellungen des Marxismus-Leninismus ein. Es kann also insoweit der Rahmen gesteckt werden, dass Stalin und andere Parteiführer die Gefahr des Revisionismus sahen, dass sie ihn als etwas dem Kommunismus zutiefst Feindliches ablehnten, dass sie aber trotzdem seine Macht unterschätzten, dass sie unterschätzten, dass die neue Bourgeoisie aus der Partei den Sozialismus zerstören kann. Sonst hätte der Sozialismus nicht aufgebaut werden können. Dies geht aus vielen Dokumenten und Taten hervor. Dass sie aber trotzdem seine Macht in alle Bereiche einzudringen und vorzudringen unterschätzten, dass sie unterschätzten, das der Revisonismus und die neue Bourgeoisie aus der Kommunistischen Partei heraus entstehen und die Macht übernehmen werden, das muss am konkreten Verlauf der Entwicklung in der Sowjetunion tiefgehender untersucht werden.

Die Entartung wird aber nicht durch die ‘Untersuchung’ der MLPD geklärt, weil sie, wie so viele, letztlich den Sozialismus/Kommunismus selbst in Frage stellt und ihn angreift.

Diese Aufgabe, den konkreten Weg der Entartung der sozialistischen Länder zu klären, ist nicht irgendeine Aufgabe, sondern mit die wichtigste Aufgabe, die sich die marxistisch-leninistischen Bewegung weltweit stellen muss und die unbedingt gelöst werden muss. Zum einen deshalb, weil die Entartung die Hauptursache des Niedergangs der kommunistischen Bewegung darstellt, sie ist die Ursache dafür, dass die allergrößten Teile der werktätigen Massen sich insbesondere heute vom Kommunismus abgewandt haben und ihm zutiefst misstrauisch gegenüberstehen. Zum anderen deswegen, weil wir überhaupt nur dann in der Lage sind, solche Fehler zu vermeiden, wenn wir deren Ursachen aufdecken.

Die Bedeutung der sozialistischen Sowjetunion

Die Entartung der Sowjetunion kann aber nicht so verstanden werden, wie die MLPD und so viele andere es tun: "Der Sozialismus musste zugrunde gehen." Dies heißt den Kommunismus zu Grabe zu tragen, heißt, die einzige Alternative zur imperialistischen Barbarei aufzugeben. Die ehemalige sozialistische Sowjetunion kann nur richtig eingeordnet werden, wenn ihre ungeheuren Erfolge und ihre Niederlage begriffen werden als Kampf, als Kampf für eine neue Welt. Im Kampf kann man aber auch eine Niederlage erleiden und das hat sich leider bewahrheitet. Die damaligen KommunistInnen haben nicht gesagt, dass sie ihren Kampf fehlerlos gestalten, sie haben nicht gesagt, dass sie die Weisheit gepachtet hätten. Stalin hat gerade den Abweichungen, die nach dem 2. Weltkrieg innerhalb der kommunistischen Weltbewegung einen gewissen Aufwind bekamen, entgegengehalten, dass der Klassenkampf nicht aufhören wird, solange die sozialistische Übergangsgesellschaft besteht, dass der Rückfall in den Kapitalismus möglich ist, dass unsere Wachsamkeit nicht nachlassen darf, solange es noch das kapitalistische Lager gibt.

"Der endgültige Sieg des Sozialismus ist die volle Garantie gegen die Interventionsversuche und folglich auch gegen die Restaurierung; denn ein einigermaßen ernst zu nehmender Versuch der Restaurierung kann nur mit einer Unterstützung von außen, nur mit Unterstützung des internationalen Kapitals stattfinden. Infolgedessen ist die Unterstützung unserer Revolution seitens der Arbeiter aller Länder, und noch mehr der Sieg dieser Arbeiter zumindest in einigen Ländern die unerlässliche Vorbedingung für die volle Sicherung des ersten siegreichen Landes gegen die Interventionsversuche und die Restaurierung, die unerlässliche Vorbedingung für den endgültigen Sieg des Sozialismus." (Stalin, Werke, Bd. 14, S. 171-172)

Es war gerade Chruschtschow, der seine verräterischen Ansichten verbreitete, dass es unmöglich sei, dass die Sowjetunion auf den kapitalistischen Weg zurückgezerrt würde. Sozialismus schließt aber die Möglichkeit der Restauration des Kapitalismus mit ein und dies hat sich leider als wahr erwiesen.

Die Erfolge aber, die in der kurzen Zeit des Sozialismus in der Sowjetunion errungen wurden, gerade in einem solch rückständigen Land, wie die Sowjetunion es war, sind eine geschichtliche Tatsache. Auch wenn die Kapitalisten noch so laut schreien, die Sowjetunion hat mit der alten Legende der Herrschenden aufgeräumt, die sie uns jetzt schon seit Jahrtausenden einhämmert: Dass die Unterdrückten ohne ihre Unterdrücker nicht leben könnten. Dies ist mit die wichtigste Erfahrung des ersten Sowjetstaates weltweit. Nicht nur, dass wir ohne unsere Unterdrücker auskommen, nicht nur, dass die unterdrückten, angeblich so ‘dummen’ Volksmassen das Land nicht ins ‘finsterste Chaos und in Barbarei’ stürzen, wie die Herren Professoren, bürgerlichen Wissenschaftler und Apologeten des Imperialismus tagtäglich wiederholen. Nein, die ungeheuren Erfolge der Sowjetunion, nicht nur wirtschaftlich, nicht nur politisch sondern auch im Bereich der Bildung, der Gleichberechtigung der Nationen, der Gleichberechtigung der Frauen, die Umwälzung der zwischenmenschlichen Beziehungen, die Praktizierung des proletarischen Internationalismus, dies sind Tatsachen, die beweisen, dass wir ohne Ausbeuter leben können.

"Wir haben dieses Werk begonnen. Wann, in welcher Frist, die Proletarier welcher Nation dieses Werk zu Ende führen werden, das ist unwesentlich. Wesentlich ist, daß das Eis gebrochen, daß die Bahn frei gemacht, daß der Weg gewiesen ist." (Lenin, "Zum vierten Jahrestag der Oktoberrevolution", Bd. 33, S. 37)

Das heißt natürlich nicht, dass wir nun fatalistisch die Hände in den Schoß legen sollen, nach dem Motto ‘Irgendwann schaffen wir es schon’. Das heißt zu begreifen, dass die sozialistische Sowjetunion ein Anfang war, dass durch die Existenz der Sowjetunion das Eis gebrochen wurde. Man muss sich vor Augen halten, dass diese Spanne von 30-35 Jahren in der Entwicklung der Menschheit gleichzusetzen ist, mit einem Wimpernschlag im Leben eines Menschen. Die sozialistische Sowjetunion ist auf eine Art eine große Bresche, die in die jahrtausendelange Geschichte der Menschen von Ausbeutung, Unterdrückung und Knechtung der Menschen durch den Menschen, geschlagen wurde. Dies ist zunächst einmal die Lehre der sozialistischen Sowjetunion.

Damit sollen keinesfalls die Fehler, die mit zur Entartung führten, klein geredet werden. Damit soll gesagt werden, dass man die damalige Sowjetunion nur in ihren Erfolgen und ihrer Niederlage richtig begreift, sie nur versteht, wenn wir sie als Teil unseres Kampfes auffassen und nicht in der Pose des großen Mannes wie die MLPD - denn heute weiß man alles natürlich besser- über sie den Stab zu brechen. Es ist eine falsche Schlussfolgerung, dass der Sozialismus/Kommunismus selbst der Fehler ist

 

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Der Brief wurde auf Wunsch des Verfassers gelöscht!

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2. Antwort des Genossen Michael K.

 

Also,

Ich werfe der MLPD nicht vor, dass sie Stalin bewusst verteufle. Betrachtet man aber die Stalin“kritik“ der MLPD genauer, kann man leicht zu dem Entschluss kommen.

Dass Stalin Fehler machte und dass man ihn kritisieren muss, ist natürlich vollkommen richtig- aber bitte richtig! Und das Aufbringen von zwei Sätzen ohne irgendeinem Beleg als eine fundierte Kritik zu verkaufen, ist , so leid es mir tut, einfach nur lächerlich.

Ich hatte es ja in meinem Beitrag schon angedeutet, aber ich wiederhole mich noch mal:

Wenn die MLPD in ihrem Werk „Der Kampf um die Denkweise in der Arbeiterbewegung“ auf Seite 99 folgendes schreibt,:

"Der von Stalin...eingesetzte Staatssicherheitsdienst arbeitete im Auftrag des ZK von oben nach unten, er arbeitete geheimdienstlich und somit ohne wirkliche Kontrolle, er überzeugte nicht, sondern hatte zu "säubern". Mit der Verbürokratisierung des Staatssicherheitsdienstes nahm auch … die Willkürlichkeit der Methoden und Urteile des Staatssicherheitsdienstes zu. ‘Dieser Apparat’, schreibt Willi Dickhut, ‘war selber verbürokratisiert...

• Administrative Maßnahmen und schematische Anwendung - statt ideologisch-politische Erziehungsarbeit, • Gleichmacherei, alle über einen Kamm scheren - statt Differenzierung zwischen aufrichtigen Menschen und Heuchlern, zwischen ehrlichen Revolutionären und verbrecherischen Konterrevolutionären, • keine Unterscheidung zwischen Widersprüchen im Volk und Widersprüchen zwischen uns und dem Feind, • Geständnisse durch Einschüchterung am laufenden Band - statt offene, ehrliche Selbstkritik durch Überzeugung.’(Willi Dickhut, ‘Die dialektische Einheit …’)

All das förderte geradezu, daß die kleinbürgerlich denkenden Bürokraten ihren Kopf einzogen und sich angepaßt verhielten. Die Diktatur des Proletariats wurde ausgehöhlt und der Sozialismus langsam, aber sicher untergraben."(S. 99-100)“

Dann frag ich mich was denn dies anderes sei, als Verteufelung?

Hier bleibt uns Willi Dickhut einen beweis schuldig, den er aber nicht hat, weil es keinen gibt! Und wenn man dem hier glauben schenken will, dann muss doch jeder, der halbwegs vernünftig denken kann; ja dann kommt doch jeder zu dem Entschluß, dass es doch keinen Unterschied gibt zwischen Hitler und Stalin, zwischen der Gestapo und dem NKWD, zwischen KZ und GULag, zwischen der NSDAP und der KPDSU, denn dass was Willi Dickhut hier versucht zu beweisen, wie der Kampf gegen den Bürokratismus in der Sowjetunion geführt wurde, gleicht hitleristischen Methoden. Da ist ne Verteufelung Stalins sogar noch milde ausgedrückt. Und was wäre dann bitte an der Sowjetunion zur Zeit Stalins dann bitte noch sozialistisch. Was kennzeichnet denn den Sozialismus? Die Macht der Arbeiterklasse, also die Diktatur des Proletariats- die wäre ja, würde stimmen was in der „Denkweise“ steht, eine Lüge mit 3 Worten. Schon allein die Behauptung Stalin bekämpfte die Bürokratie mit bürokratischen Methoden, also mit der selben Bürokratie, ist lächerlich, denn dann würde jeder, der fähig ist zu denken, Stalin offiziell für dumm verkaufen.

Du versuchst, diesen „falschen“ Kampf gegen die Bürokratie damit aufzuzeigen, indem du ein Beispiel aus Anna Louise-Strongs „The Stalin Era“ aufzeigst. Mit Sicherheit hat es solche Fälle gegeben, ja es konnten sich Konterrevolutionäre Giftmischer wie Genrich G. Jagoda bis an die Spitze des Staatsapparates stellen (Jagoda war Chef des GPU bzw. NKWD 1934-1936 oder 1937 und träumte von einem nationalsozialistischen Russland, war an der Ermordung seines Vorgängers Wjatscheslaw R. Menschinskies, Sergej Kirows und Maxim Gorkis beteiligt und hatte Kontakte zur 5. Kolonne- siehe dazu auch Sayers/Kahn „die große Verschwörung“, Kapitel 18, Mord im Kreml oder den dritten Prozessbericht von 1937).Letztendlich wurde dieser nun doch gefasst und verurteilt. Und da stellt sich mir die Frage, wenn so einer es tatsächlich geschafft hat an die Spitze des Staates zu stellen und doch noch überführt und verurteilt wurde, konnte dann die Sowjetunion so verbürokratisiert sein? Außerdem sollte man solche Vorfälle, bei denen Unschuldige verurteilt wurden, nicht an die Tagesordnung setzen, denn es war ja nicht so!

Man sollte sich grundsätzlich einige Fragen bezüglich der Bürokratie durch den Kopf gehen lassen und diese beantworten: (dabei beziehe ich mich, va. Bei den Fragen 1-4 auf folgendes Buch: Max Seydewitz: „Stalin oder Trotzki“)

1.Was ist Bürokratie und gibt es unterschiedliche Bürokratien, oder sind sie alle gleich gut/schlecht?

2.Gibt es eine Diktatur der Bürokratie?

3.Warum ist Bürokratie auch im Sozialismus notwendig?

4.War denn die Sowjetunion Stalins so bürokratisch wie man es immer zu hören bekommt?

5.Wann und wie wird Bürokratie auch im Sozialismus gefährlich

6.Wurde die Bürokratie tatsächlich nur „von oben“ bekämpft und warum kam es zu keiner Kulturrevolution a la China? Und ist Kontrolle NUR von unten tatsächlich immer sinnvoll?

Zur ersten Frage:

Bürokratie, so kann man kurz und knapp sagen, ist Staatlichkeit. Bürokratie ist also ein Instrument der herrschenden Klasse. Ist die Bürokratie — wie Marx lehrt — ein Organ der herrschenden Klassen, ist sie keine selbständige Kraft, so ergeben sich daraus auch besondere Konsequenzen. Die Bürokratie ist nicht um ihrer selbst willen da, sondern sie hat Aufgaben zu erfüllen, die ihr von ihrem Auftraggeber, der jeweils herrschenden Klasse, vorgeschrieben werden. Sie dient der herrschenden Klasse, sie muss für die Erreichung der von der herrschenden Klasse erstrebten Ziele wirken. Das Ziel, dem sie zustreben soll, wird je nach der herrschenden Klasse, in deren Auftrag sie handelt, verschieden sein. Das Ziel, das die Bürokratie im kapitalistischen oder faschistischen Staat erreichen soll, ist die Aufrechterhaltung der Klassenherrschaft, die fortdauernde Unterdrückung und störungslose Ausbeutung der arbeitenden Massen; das Ziel, das die Bürokratie in der Sowjetunion unter der Herrschaftsform der Diktatur des Proletariats erreichen soll, ist die Aufhebung der Klassengesellschaft, die Errichtung der klassenlosen Gesellschaft, die den Staat, die Gendarmen und die Bürokratie überflüssig macht. Mit den Augen des Marxisten besehen ist also in jedem Falle die Bürokratie in der Sowjetunion etwas grundlegend anderes als die Bürokratie im kapitalistischen Staate. Die Existenz der beiden kann nicht als etwas Gleiches gewertet werden, ihr Handeln muss mit verschiedenen Maßen gemessen werden. Die Wandlung der Bürokratie der Sowjetunion und die Überwindung ihrer Schwächen liegt in der Hand der über weitgehende politische und wirtschaftliche Rechte verfügenden Arbeiter- und Bauernmassen, deren Beauftragte die Herrschaft In der Sowjetunion ausüben. Somit hängt der Charakter der Bürokratie von den Produktionsverhältnissen ab. Die Vollendung einer vollkommenen sozialistischen Produktionsordnung wird der Bürokratie, wird jedem Apparate die Grundlage für seine Mängel und Fehler entziehen und dann — nach der Errichtung der klassenlosen Gesellschaft — die ganze Bürokratie überflüssig machen.

Zur zweiten Frage:

Viele, ja gar alle Gegner der sozialistischen Sowjetunion zur Zeit Stalins behaupten, in der Sowjetunion herrsche nicht die Diktatur des Proletariats, sondern die Diktatur über das Proletariat, die Diktatur der Bürokraten. Bei der Beantwortung der ersten Frage wurde deutlich, dass die Bürokratie ein Instrument der herrschenden Klasse ist. Konnte sich damit die Bürokratie zu einer neuen ausbeutenden Klasse erheben? Nein, denn der Verwaltungsapparat des Staates wird in keinem Falle eine selbständig herrschende Klasse, sondern er wird immer nur das Instrument der herrschenden Klasse sein. Er ist — wie Karl Marx lehrte — im kapitalistischen Klassen-Staat das Organ der herrschenden kapitalistischen Klasse. Unter der Herrschaftsform der Diktatur des Proletariats wird er der Beauftragte der herrschenden Arbeiterklasse sein. Die Behauptung, dass die Bürokratie eine selbständige Klasse sei, die zwischen oder über den anderen Klassen stehe, die als selbständige Kraft im kapitalistischen Staat über die kapitalistischen Klassen, im proletarischen Staat über die Arbeiter- und Bauernklasse herrsche, ist vollkommen unmarxistisch. Eine Klasse wird bestimmt nicht durch den Anteil am Nationaleinkommen allein, sondern durch eine selbständige Rolle in der allgemeinen Wirtschaftsstruktur, selbständige Wurzeln im ökonomischen Fundament der Gesellschaft. Jede Klasse arbeitet ihre Grundformen des Eigentums heraus. Die Bürokratie nimmt keinen selbständigen Platz im Produktions- und Verteilungsprozess ein. Sie hat keine selbständigen Eigentumswurzeln. Ihre Funktionen betreffen im Grunde die politische Technik der Klassenherrschaft. Ihre Kraft trägt widergespiegelten Charakter. Die Bürokratie ist unlöslich verknüpft mit der wirtschaftlich herrschenden Klasse, nährt sich aus deren sozialen Wurzeln, steht und fällt mit ihr. Die Bürokratie und somit die Bürokraten sind nur die Gehilfen der herrschenden Klasse. Nichtsdestoweniger ändern die Privilegien der Bürokratie für sich allein noch nichts an den Grundlagen der Sowjetgesellschaft, denn die Bürokratie schöpft ihre Privilegien nicht aus irgendwelchen besonderen, ihr als „Klasse“ eigentümlichen Besitzverhältnissen, sondern aus den Eigentumsformen, die von der Oktoberrevolution geschaffen wurden und im Grunde der Diktatur des Proletariats adäquat sind.

Zur dritten Frage:

Diese wird schon in der Verfassung von 1936 beantwortet: Die neue Verfassung der UdSSR spricht eindeutig aus, dass die klassenlose Gesellschaft noch nicht erreicht ist, dass der Sowjetstaat sich darum auch noch nicht in eine selbstverwaltende Gesellschaft auflösen konnte, und dass bis zur Erreichung dieses Zieles die Diktatur der Arbeiterklasse als Herrschaftsform aufrechterhalten werden müsse. Solange aber die klassenlose Gesellschaft noch nicht geschaffen ist, solange noch ein Staat existiert, noch Klassen vorhanden sind, braucht er eine Verwaltung, eine Bürokratie. Solange die klassenlose Gesellschaft noch nicht existiert, solange werden einzelne Klassen die Herrschaft im Staate ausüben. Der Verwaltungsapparat des Staates wird aber in keinem Falle eine selbständig herrschende Klasse, sondern er wird immer nur das Instrument der herrschenden Klasse sein.

Zur vierten Frage:

Wie schon vorher erwähnt, geht man davon aus die Sowjetunion Stalins ein vollkommen bürokratisierter Staat sei. Zwar ist schon geklärt, dass die Bürokratie keine selbstständige Klasse ist, sondern nur Mittel zum Zweck. Aber Ziel des Sozialismus ist die Abschaffung der Bürokratie und der Klassen. Will man dieses Ziel erreichen, so ist es nicht förderlich die Bürokratie zu erweitern. Wie sieht es also aus mit der Stalinschen Bürokratie? Zu der unmarxistischen These von der „Diktatur der Bürokratie" ist zusammenfassend zu sagen: In der UdSSR herrscht nicht die Diktatur der Bürokratie, sondern die Diktatur des Proletariats. In der Revolution wurde der Staatsapparat des zaristischen Staates zerbrochen und aus dem Proletariat ist ein neuer Machtapparat herausgewachsen, der von der Masse des Volkes kontrolliert und aus ihr immer wieder ergänzt und erneuert wird. Die Sowjetunion ist in ihrem Wesen ein sozialistischer Staat mit einem sozialistischen Fundament, in dem jedoch die höchste Phase des Kommunismus noch nicht erreicht ist, in dem es zwar keine ausgebeuteten Klassen mehr, aber doch noch verschiedene Klassen und keine klassenlose Gesellschaft gibt. Ist aber der endgültige Sieg des Sozialismus noch nicht da, bestehen noch verschiedene Klassen, so ist der von Marx und Lenin vorausgesagte Zustand, in dem der Staat abstirbt, keinen Verwaltungsapparat, keine Gendarmen und keinen Machtapparat mehr braucht, noch nicht erreicht. In dieser Periode ist trotz dem unbestreitbaren Vormarsch zum Sozialismus die Diktatur des Proletariats noch immer unerlässlich und diese Herrschaftsform braucht wie jede andere ihren Verwaltungs- und Machtapparat. Aber die Bürokratie in der Sowjetunion ist nicht ein Fremdkörper im Volke, sie ist aus diesem hervorgegangen und mit ihm verwachsen, sie wird nach der Annahme der demokratischen Verfassung stärker noch als vorher vom Volke bestimmt und kontrolliert. Die sozialistischen Kritiker der sowjetischen Bürokratie, die den angeblichen Mangel an demokratischem Mitbestimmungsrecht des Volkes beklagen, wissen aus ihrer Praxis in den demokratisch-kapitalistischen Staaten, dass dort die Mitbestimmung des Volkes nur alle vier Jahre einmal bei der Neuwahl des Parlaments zum Ausdruck kommt, dass in der Zwischenzeit der direkte Einfluss des Volkes auf den Verwaltungs- und Machtapparat des Staates gleich Null ist. Die scharfe Trennung zwischen Legislative und Exekutive in den demokratisch-kapitalistischen Staaten macht den Einfluss des Volkes auf die Bürokratie so gut wie unmöglich, während unter der Herrschaftsform der Diktatur des Proletariats, unter der Legislative und Exekutive eine Einheit sind. die Einflussnahme des Volkes auf die Bürokratie eine viel größere ist. Natürlich hatte aber auch die sowjetische Bürokratie ihre Fehler, Mängel und Gefahren. Aber anders als es in kapitalistischen Staaten häufig der Fall ist, gab die Sowjetregierung diese Fehler offen zu und tat auch was dagegen (der Kampf gegen bürokratische Auswüchse wir aber in Frage 6 behandelt). Es gibt aber wesentliche Unterschiede zwischen kapitalistischer und sozialistischer Bürokratie, der sich aus der völligen Gegensätzlichkeit der die Bürokratie dirigierenden herrschenden Klassen z.B. in Hitlerdeutschland und in der Sowjetunion ergibt. Ebenso ist auch ein großer prinzipieller Unterschied zwischen dem, was Trotzki Bürokratie und Bürokratismus in der Sowjetunion nennt und dem, was die Bolschewistische Partei unter Mängeln der Bürokratie versteht. Im schroffsten Gegensatz zu der Auffassung Trotzkis vertritt die Bolschewistische Partei die Meinung, dass der Staats- und Verwaltungsapparat der Diktatur des Proletariats keinerlei Diktatur ausüben kann, sondern nur ein brauchbares Hilfsmittel im Kampf um den sozialistischen Aufbau ist, und dessen auftretende Mängel die Diktatur des Proletariats und die Partei jederzeit zu korrigieren vermag. Der Unterschied, der zwischen dem Kampf der Bolschewistischen Partei zur Überwindung der Mängel der Bürokratie und der trotzkistischen Hetze gegen die „Diktatur der Bürokratie" besteht, geht klar aus einer Rede Molotows auf dem VII. Sowjetkongress (Februar 1935) hervor:
„Unser Staatsapparat, der bei allen Mangeln uns die Möglichkeit der Verwirklichung des großen Planes des sozialistischen Aufbaus gibt, wird von unseren Feinden als ein bürokratischer Überbau hingestellt, der mit den Interessen der Entwicklung des einzelnen Menschen und seiner Fähigkeiten unvereinbar sei. Doch verdeckt diese ,Kritik' am Bürokratismus nur die tatsächlichen Absichten des Feindes, den Apparat der Sowjetmacht zu unterwühlen, diesen Apparat, der die gigantische Wirtschaft des Landes im Interesse der Werktätigen verwaltet, der an die Stelle der großen und kleinen Unternehmer getreten ist, die es sich früher wirklich gut sein ließen, aber auf Kosten der Arbeiter und Bauern, durch die Ausbeutung der Werktätigen. Wir begreifen sehr wohl, dass der wirkliche Kampf gegen den Bürokratismus vom Kampf um den Sieg des Sozialismus nicht zu trennen ist und dass mit den Erfolgen in der Entfaltung der Großproduktion in Stadt und Land und dem Wachstum der Kultur der Massen unsere Möglichkeiten zur Überwindung des Bürokratismus ungeheuer steigen. Die werktätigen Massen müssen noch enger an die Arbeit unserer Organe herangezogen werden und unter der Führung unserer Partei zu noch aktiverer Teilnahme am Kampf gegen bürokratische Abweichungen in unserem Apparat veranlasst werden. Darin erblicken wir eine der wichtigsten Aufgaben, im Bewusstsein, dass dies der richtige Weg zum Siege des Sozialismus ist."

Zur fünften Frage:

Auch wenn die Bürokratie ein Hilfsinstrument der herrschenden Klasse ist, also positive Seiten hat (so wäre es va. beim ersten 5 Jahresplan kaum möglich gewesen diesen zu erfüllen, gäbe es keinen gescheiten Verwaltungsapparat), kann auch diese Bürokratie gegen einen arbeiten, wenn sie zu stark wird, wenn die bürokratischen Auswüchse nicht beseitigt sondern beibehalten ja sogar verstärkt werden. Wobei dies immer von der gegebenen Situation abhängt. Wie gesagt ohne gescheite Bürokratie, wäre der erste 5 Jahresplan nicht machbar gewesen, schon alleine deswegen, weil die Sowjetunion in vielerlei Hinsicht, va. in ökonomischer und kultureller Hinsicht, sehr Rückständig war. Doch das Endziel des Sozialismus ist der Kommunismus und dafür müssen die bürokratischen Auswüchse bekämpft werden. Zumal müssen wir dabei bedenken, dass es sich beim Sozialismus um eine Übergangsgesellschaft handelt, indem auch Praktiken und Gewohnheiten der alten Gesellschaftsform vorhanden sind und diese sich auch auf die Bürokratie beziehen (z.B. typische Angewohnheit von irgendwelchen Bürokraten- kleinbürgerliche Denkweise). Dies erschwert die Sache natürlich zunehmend. Des weiteren können bei den Bürokraten in Partei, Militär und Verwaltung in dieser oder jener Hinsicht Privilegien entstehen (höheres einkommen, leichter und kürzere Arbeit, etc.) auch diesen Erscheinungen muss man entgegentreten, will man den Kommunismus erreichen. Das sind –natürlich ganz knapp zusammengefasst und wohl noch nicht vollständig- die Hauptgefahren der Bürokratie.

Zur sechsten Frage:

Die MLPD wirft Stalin vor, er habe nur die Bürokratie mit der Bürokratie bekämpft, ohne dies natürlich zu beweisen. Stattdessen behauptet die MLPD es muss - wie bei der Kulturrevolution in China – eine Kontrolle nur von unten geben. Beide Behauptungen sind zwar Gegensätzlich aber nicht richtig. Dazu will ich aber später kommen. Erst mal muss die Frage geklärt werden, wie denn gegen die Bürokratie vorgegangen wurde. Wenn die MLPD dies behauptet, dann denkt sie- vie sicherlich viele andere auch – an die Moskauer Prozesse. Bei diesen Prozessen ging es aber nicht hauptsächlich um den Kampf gegen bürokratische Auswüchse, sondern um die Verurteilung von Mördern, Terroristen, Saboteuren und Kolaboranten des Faschismus! Dies war aber doch nicht der einzige Kampf gegen die Bürokratie. Hier gebe ich dir mal einige Beispiele, dass gerade der Kampf gegen die Bürokratischen Auswüchse gerade auch von unten stattfand: so gehe ich mal wieder auf das Buch „Stalin oder Trotzki“ ein. Hier zitiert Seydewitz den Brief eines ihm bekannten Arbeiters aus Deutschland, der in der um 1936 in einem betrieb in Moskau arbeitete:

„Unsere Belegschaft zählt 3000 Köpfe, die Hälfte ungefähr sind Frauen. Wir stellen Meßinstrumente her. Das politische und gesellschaftliche Leben in unserem Betrieb ist nach meiner Ansicht sehr gut, dabei ist er keineswegs einer der besten Betriebe. Durchschnittlich zweimal im Monat finden Betriebsversammlungen statt, Anfang Oktober berichtete unser Direktor über das Ergebnis der Septemberarbeit. 105% des Planes wurden erfüllt. In der Diskussion, die hier immer lang und ausführlich ist, wurden die Lehren aus dem Septemberplan gezogen. Der Oktoberplan war so aufgestellt, daß zur Novemberfeier der gesamte Jahresplan fertiggestellt war. Er wurde schon in den letzten Tagen des Oktober erfüllt. Wir hatten damit einen Wettbewerb mit einem anderen Betrieb unseres Rayons gewonnen. Wettbewerbe, Planerfüllung usw. haben natürlich hier eine ernste Bedeutung, der gesamte Betrieb wird darauf eingestellt. Kommt man durch den Betriebseingang, dann hängt neben den sonstigen Ausschmückungen, die dauernd wechseln, eine Tafel, wo die einzelnen Abteilungen (Zechen) namentlich aufgeführt sind und ihre erfüllten Prozente des Monatsplanes täglich mit Kreide angeschrieben werden. In allen Versammlungen bis zur Beratung der einzelnen Brigade, in den Wandzeitungen der Abteilungen und in unserer gedruckten Betriebszeitung, die alle drei bis fünf Tage erscheint, wird oft genug kritisch dazu Stellung genommen .... Ende November erstattete der Vorsitzende unseres Rayonsowjets einen Bericht über die geleistete Arbeit. Zum Schluß, nach der Diskussion, wie in allen Versammlungen Beantwortung der schriftlich gestellten Fragen, die natürlich hier besonders zahlreich, ungefähr 40 Stück, waren. Über die Verkehrsverhältnisse, Straßenzustände, Beleuchtung, Bauten, Kindergärten, Anlagen usw. Und die Fragesteller waren nicht so einfach zufriedenzustellen. Es kam öfter vor, daß der Referent unterbrochen wurde und sich dann Zwiegespräche entspannen. Zum Schluß wurden die Vorschläge für den zukünftigen Rayonsowjet aus den Reihen der Belegschaft gemacht .... Eine interessante Versammlung hatten wir im Dezember. Sie war vom Komsomol organisiert. Referent ein ZK-Mitglied der Partei. Thema: Spanien. Drei Tage vorher stellte jede einzelne Brigade des Betriebes Fragen zum Referat auf, die vom Komsomol eingesammelt und dem Referenten übermittelt wurden. Er stellte danach sein Referat zusammen ... Nach dem Referat noch weiter Fragebeantwortung und am Schluß rollte der euch ja sicher auch bekannte Spanienfilm. Anfang Januar: Lenin-Feier, Ende Januar sprach unser Direktor über das verflossene Jahr und über den Plan 1937. Diese Versammlung war deshalb interessant, weil hier die Probleme, die für alle Sowjetbetriebe bezeichnend sind, behandelt wurden. Die Kaderabteilung stritt gegen die Direktion und umgekehrt. Die Kaderabteilung, das ist die Personalabteilung, die verantwortlich für die Heranbringung neuer Arbeiter ist und für die politische und technische Qualifikation der Gesamtbelegschaft. Die Stachanowleute ritten eine Attacke gegen die Natschalniks (Leiter der Zechen) und die Natschalniks übten Kritik untereinander ... Betriebsversammlungen sind hier natürlich ganz anders als bei uns. Ich denke oft an unsere rauchgeschwängerten Versammlungsräume, wenn ich mich in unserem Klub befinde, der ein ganzes Haus für sich ist und neben dem Betrieb liegt. In der unteren Etage sind die Betriebsküche, die Speiseräume, Friseurraum und Garderobe. In der ersten Etage ist unser großer Saal mit 800 bis 1000 Sitzplätzen und moderner Kinoeinrichtung. Und zwei kleinere Tanzsäle. Im obersten Stock Bibliothek, Lese-, Spielzimmer und verschiedene Sitzungsräume. Alle Räume modern ausgestattet und mit vielen Blumen und Pflanzen geschmückt. Außer den Betriebsversammlungen haben wir noch jede Woche ein paar Zechenversammlungen. Entweder in der zweiten Hälfte der Mittagspause oder nach Arbeitsschluß, 30 bis 60 Minuten dauernd. Zum Besuch der Versammlungen wird nicht der geringste Druck ausgeübt. Auch die Geldsammlungen für Spanien zum Beispiel sind zwanglos. Bei Beteiligung an Demonstrationen, Aufnahme in die Gewerkschaft ist es ähnlich .... Ich könnte euch noch viel erzählen von den 15 bis 20 verschiedenen Zirkeln unseres Betriebes, von den Sport- und Wehrsportkursen und von der politischen Schulungsarbeit der Partei und des Komsomol. Außerdem ist an jedem Tag vor und an unserem freien Tag selbst bei uns im Klub gratis Kino- oder Theatervorstellung und Tanz. Jetzt im Winter werden jede Woche ein paar Schlittschuh- und Skiexkursionen organisiert. Hinzu kommen Theater-, Konzert- und Museenbesuche, die von den Zechen organisiert werden. Jedenfalls pulsiert hier das Leben in einem Tempo, daß man nicht weiß, wo die Monate bleiben. Ich will Euch noch von dem Beschluß der Komsomol - Gruppe unserer Zeche berichten, der seit Anfang Dezember durchgeführt wird, täglich eine Wandzeitung herauszugeben. Die Sache ist sehr interessant. Für jeden Tag unserer fünftägigen Arbeitswoche ist ein Redakteur bestimmt. Die Zeitungen haben täglich 3 bis 5 Artikel, klein, aber sehr lebendig. Wenn Ihr mich aber fragen solltet, was gefällt Dir am besten im Betrieb, dann werde ich antworten, am besten gefallen mir die Menschen. Ich will euch keine Reklameleute aus dem Betrieb schildern, sondern versuchen, euch ein Bild vom Durchschnitt meiner Zeche zu geben. Zum Beispiel meine Brigade. Wir sind jetzt mit Brigadier fünf Mann. Ich bin der einzige, der politisch organisiert ist. Mein Brigadier Alexander ist 40 Jahre alt. Als Student eingezogen, von 1917 bis 1919 in deutscher Kriegsgefangenschaft. (Er spricht gut deutsch.) Nach Rußland zurückgekehrt kämpfte er in der Roten Armee. Dann war er an vielen Orten der SU am Aufbau tätig, er ist ein theoretisch äußerst geschulter Elektrofachmann. Seit zwei Jahren arbeitet er in unserem Betrieb, weil hier eine Brigade von Elektrofachleuten nötig wurde. Alexander ist wirklich der Idealtyp eines parteilosen Bolschewiki. In seinem Rayon ist er Inspektor von „Ossoaviachim", außerdem macht er noch im Betrieb viel gesellschaftliche Arbeit. Er ist verheiratet, hat zwei Kinder. Persönlich ist er ein äußerst bescheidener Mensch und sehr gefühlsmäßig eingestellt. Er liest uns Öfters Gedichte vor. Er gehört zum ingenieurtechnischen Personal und verdient 800 Rubel monatlich. Slav, 26 Jahre alt. Er hat Mittelschulbildung und hat zwei Jahre eine elektrotechnische Schule besucht. Seit zwei Jahren ist er in unserem Betrieb und verdient 400 Rubel. Vom Betrieb ist er in den Rayonsowjet delegiert. Er tanzt gern und liest viel Belletristik. Roman, 24 Jahre. Ebenfalls Mittelschule und dann zwei Jahre Elektrotechnik. Seit eineinhalb Jahren im Betrieb und 400 Rubel. Er ist leidenschaftlicher Fußballer und außerdem großer Kunstliebhaber, spielt gut Klavier und besucht viele Konzerte und Kunstausstellungen. Mischa, 24 Jahre. Seine Eltern waren früher Armbauern in einem Dorf, eine Stunde von Moskau entfernt. Er wohnt noch in dem Dorf, ist verheiratet und hat zwei Kinder. Er braucht jeden Tag zweimal ein und eine halbe Stunde Fahrzeit, er macht keinerlei gesellschaftliche Arbeit und besucht nur die wichtigsten Betriebsversammlungen. Geistig und kulturell unterscheidet er sich natürlich von den Genossen meiner Brigade. Beruflich ist er sehr interessiert und für jeden Tip dankbar. Er hat keinerlei theoretische Ausbildung und verdient 300 Rubel. Er macht die einfachsten Arbeiten in unserer Brigade. Ich habe monatlich 450 Rubel fest, hinzu kommen bei mir, ebenso wie bei den anderen noch Prämien, im Oktober habe ich 522, im November 566, im Dezember 538 Rubel verdient. Abzüge betragen monatlich 15 bis 20 Rubel, jetzt gehen noch 45 Rubel Anleihe ab, die ich zeichnete. Ich habe immer noch mein altes Magenleiden: einen unheimlichen Appetit, der noch weiter angeregt wird, wenn ich mit meiner gefüllten Brieftasche durch unsere prachtvollen Magazine gehe. Die kollektive Zusammenarbeit in unserer Brigade ist glänzend. Unsere Arbeit ist auf freiwillige Disziplin aufgebaut und ich muß sagen, unser Brigadier kann sich auf jeden einzelnen von uns verlassen. Ich könnte Euch noch viel von den einzelnen Menschen erzählen .... in meiner Zeche arbeiten 50 bis 60 Menschen, drei Viertel davon sind Mädchen, von denen über die Hälfte im Komsomol ist. Nicht im ganzen Betrieb ist der Komsomol prozentual so stark vertreten, trotzdem ich schätze, daß zwei Drittel unserer Belegschaft unter dreißig Jahre alt sind. Mitglieder der Partei sind in meiner Zeche drei oder vier Genossen. Das politische Leben und viele andere Dinge hatte ich mir ja immerhin so ähnlich vorgestellt. Völlig überrascht bin ich aber von dem geselligen Leben im Betriebe. In unserer Zeche zum Beispiel wird jeden Tag etwas organisiert, in der zweiten Hälfte der Mittagspause. Wenn keine offizielle Versammlung ist, dann beginnt unser Partorg mit einem 10-Minutenreferat über ein aktuelles Thema und es wird diskutiert. Oder es wird aus der Zeitung vorgelesen. Manchmal hat jemand einen Grammophon für mehrere Tage da, dann wird getanzt. Am lustigsten aber geht es zu, wenn unser Kulturarbeiter zu uns kommt, das ist ein Ziehharmonikaspieler, der vom Betrieb für unseren Klub angestellt ist. Mittags kommt er abwechselnd in die Zechen. Jedenfalls sitzen wir jeden Mittag, nachdem wir im Speisesaal gegessen haben, zusammen. Es ist selten, daß sich jemand absondert und allein an seinem Platz sitzt. Denn es ist immer interessant und abwechselnd. Die Sowjetmenschen sind einfacher, unkomplizierter, natürlicher als wir Westeuropäer."
In welchem Betriebe eines kapitalistischen Landes gibt es so ein aktives gesellschaftliches und politisches Leben und eine solche unmittelbare allgemeine Teilnahme der Arbeiter an der Produktion? Berichte aus vielen anderen Sowjetbetrieben lauten ähnlich. Würde in der Sowjetunion, wie der Trotzkismus behauptet, eine starre Diktatur der Bürokratie herrschen, so würde es in keinem der Betriebe solche politische Aktivität und Stimmung geben und nirgendwo würden die Arbeiter wagen, Kritik an den von der Verwaltung getroffenen Maßnahmen zu üben und selbst Vorschläge über die Gestaltung der Produktion und des Lebens in den Betrieben zu machen.

Weitere Beispiele:

Otto Bauer, der Trotzki in der Frage der bürokratischen Herrschaft Zugeständnisse macht, schreibt in einem in Nr. 3 (März 1937) des „Kampf" veröffentlichten Artikel zu dem Thema „Der Trotzkismus und die Trotzkistenprozesse" (auf Seite 92):
„Die Betriebsversammlungen sehen in den Riesenbetrieben der neuen Sowjetindustrie heute schon ganz anders aus als vor wenigen Jahren. Damals noch Arbeitermassen, die eben erst aus den Dörfern zugeströmt waren, noch ohne Selbstbewußtsein, noch ohne jede Routine der Betriebsdemokratie, stumm und gläubig die Referate der Betriebsführer hinnehmend. Heute schon Industriearbeiter, die seit einigen Jahren die fruchtbare Schule der Fabrik durchgemacht haben und es allmählich lernen, der Betriebsführung ihre Kritik, ihre Beschwerden, ihre Forderungen entgegenzustellen. Dieselbe Wandlung vollzieht sich in den Kolchosen. Der Bauer, der allmählich die moderne Technik zu beherrschen lernt, lernt auch allmählich die Rechte demokratischer Selbstverwaltung zu gebrauchen, die das Statut der Kolchosen ihm gibt. Dieselbe Wandlung wird sich, durch die neue Verfassung beschleunigt, in der Lokalverwaltung vollziehen ... In den lokalen Sowjets, in der lokalen Selbstverwaltung wird das geheime Wahlrecht, wird die Möglichkeit der freien Auslese zwischen gegeneinanderstehenden Kandidaten sehr schnell die Elemente demokratischer Selbstverwaltung entwickeln. So wächst die Sowjetdemokratie von unten auf. Wenn sie erst die Massen mit erhöhtem Selbstbewußtsein, mit verstärktem Willen zur Selbstbestimmung erfüllt, wird sich die Bürokratie, die sich in der SU — ganz anders als in den kapitalistischen Ländern — ständig aus dem Proletariat ergänzt und ständig um das Vertrauen des Proletariats zu werben gezwungen ist, ihrem Wachstum nach oben nicht wirksam widersetzen können. Unter den konkreten historischen Bedingungen, die in der Sowjetunion durch die Oktoberrevolution geschaffen worden sind, braucht die notwendige gesellschaftliche Evolution zu einer sozialistischen Demokratie keineswegs die Form einer politischen Revolution anzunehmen."

Die Gestaltung der sozialistischen Gesellschaft mit allen ihren großen Vorteilen für die Menschen ist ein Entwicklungsprozeß, in dem die Menschen selbst aktiv mitarbeiten müssen, um die der Verwirklichung des Endzieles entgegenstehenden Hindernisse zu beseitigen. Für den objektiven Beurteiler ist unverkennbar, daß gerade in den letzten Jahren des erfolgreichen sozialistischen Aufbaus die Arbeiter in Stadt und Land in viel stärkerem Maße zur demokratischen Mitbestimmung im Betriebe und zur Beseitigung der Mängel der Bürokratie herangezogen wurden. Der Verwaltungsapparat ist noch in mancher Fabrik in der Sowjetunion größer als in einer gleichartigen Fabrik des Auslands, aber die Arbeiter in allen Sowjetbetrieben benutzen ihre zahlreichen Betriebsversammlungen und ihr Mitbestimmungsrecht immer wieder zu dem Hinweis, daß im Betriebe noch zu viele Leute mit irgendwelchen Druckposten herumlaufen, die keine produktive Arbeit leisten und die liquidiert werden müssen. Dieser demokratische Druck von unten, der von der Sowjetmacht nicht etwa gehemmt, sondern gefördert wird, trägt sehr wesentlich zum Abbau der Mängel und zur Reinigung des bürokratischen Verwaltungsapparates bei. Er führt dazu, daß die tatsächliche Initiative und Verwaltung allmählich direkt auf die Volksmassen übergeht.
Der amtliche Bericht der staatlichen Plankommission über den zweiten Fünfjahrplan gibt auch eine zahlenmäßige Übersicht über die Verminderung des Verwaltungsapparates. Von 1932 bis 1937 hat sich das prozentuale Verhältnis der in der Industrie Beschäftigten sehr zu Ungunsten des Verwaltungsapparates verändert. Der prozentuale Anteil der Arbeiter in der Industrie stieg von 74.1% (1932) auf 78.2% (1937), der Anteil der produktiv tätigen Ingenieure und Techniker von 5.2 auf 6.4 %. Dagegen sank der Anteil der in der Hauptsache zum Verwaltungsapparat zählenden Angestellten in der gleichen Zeit von 8.2 auf 6.2%. Im Bauwesen stieg der prozentuale Anteil der Arbeiter von 79.3 auf 83.0%, der Anteil der Angestellten sank von 7.3 auf 4.7%. Aber nicht nur in den einzelnen Produktionszweigen ist im Laufe des zweiten Fünfjahrplans der prozentuale Anteil des Verwaltungsapparates wesentlich vermindert worden, auch der Staatsapparat wurde vereinfacht. In dem Bericht der Staatlichen Plankommission der UdSSR heißt es darüber (467):
„Der zweite Fünfjahrplan sieht eine Verringerung der Zahl der Angestellten des administrativen und Verwaltungsapparates um 20% vor, wobei er von der Notwendigkeit ausgeht, daß der Staatsapparat vereinfacht, die ein großes Arbeitsquantum erfordernden Buchhaltungs- und sonstigen Arbeiten mechanisiert und an die Arbeit des Staatsapparates die Arbeiteröffentlichkeit herangezogen werden muß- (unentgeltliche Bekleidung von Ämtern im Staatsapparat usw.)" In der gesamten Sowjetunion ist nach der gleichen Quelle der prozentuale Anteil der Verwaltung von 8% im Jahre 1932 auf 5% im Jahre 1937 herabgedrückt worden. Diese planmäßige Verminderung der Zahl der im Verwaltungsapparat beschäftigten Menschen bedeutet praktisch eine greifbare Beseitigung der Mängel und eine organisch fortschreitende Schwächung der Bürokratie.
Gerade im Zusammenhang mit der praktischen Durchführung der auf dem VIII. Sowjetkongreß beschlossenen neuen Verfassung, die Trotzki als eine Kapitulation vor bürgerlichen Prinzipien bezeichnet, wird den Mängeln, die die demokratische Mitbestimmung der Massen hemmten, energisch zu Leibe gegangen. Nach dem VIII. Sowjetkongreß wird in der breiten Öffentlichkeit vor den Augen des ganzen Volkes eine Kampagne gegen die in den Reihen der Bolschewistischen Partei auftretenden bürokratischen Fehler durchgeführt. Auf der Anfang März 1937 abgehaltenen Tagung des Plenums des Zentralkomitees der KPdSU wurde eine Resolution angenommen, die von allen Organisationen eine konsequente demokratische Praxis verlangt, eine innerparteiliche Demokratie, wie sie in keiner anderen Partei in der Welt existiert. Es wird gefordert, daß im inneren Parteileben die Grundlagen des demokratischen Zentralismus bis zu Ende realisiert werden. Keinem Parteimitglied kann das Recht auf Kritik genommen werden, die Parteiinstanzen sind der Masse der Parteimitglieder gegenüber vollkommen verantwortlich. Nirgendwo dürfen Parteiinstanzen und Parteisekretäre ernannt, sie müssen überall von der Masse der Mitglieder in freier demokratischer und geheimer Wahl gewählt werden. Die Resolution des Zentralkomitees kritisiert, daß in einzelnen Organisationen Parteisekretäre ohne die Mitwirkung der Mitgliedschaft ernannt wurden, wodurch sich eine Bürokratie herausbilden konnte, die unabhängig von den Massen ohne deren direkten Auftrag handelt. Die Resolution des Zentralkomitees verpflichtete alle Parteiorganisationen, bis zum 20. Mai 1937 die organisatorischen Maßnahmen durchzuführen, die entsprechend dem Parteistatut die demokratische Wahl aller Parteiinstanzen garantiert. Listenwahlen sind verboten, es wird über die einzelnen Kandidaten abgestimmt. Die Wahlen müssen geheim sein und jedem Mitglied muß das Recht der Kritik und der Ablehnung jedes Kandidaten garantiert werden. Die gleichen Bestimmungen gelten für die Durchführung der Sowjetwahlen.
Diese Praxis wirkt unmittelbar gegen noch vorhandene Mängel der Bürokratie, sie gibt dem Volke einen noch stärkeren unmittelbaren Einfluß auf den Verwaltungsapparat im Staat und im Betriebe, den das Volk in keinem der demokratischen kapitalistischen Länder hat.
Das politische Leben in den Betrieben in der Sowjetunion, die demokratische Mitwirkung der arbeitenden Menschen an der Produktion ihres Werkes und der Gesamtwirtschaft ist in der UdSSR in so starkem Maße gegeben, daß die zur Durchführung der Verwaltungsaufgaben noch notwendige Bürokratie keinerlei Diktatur über die Massen auszuüben vermag. Wo Wirtschaftsleiter sich von der engen Verbindung mit den Massen abkapseln, wo sie versuchen, die Arbeiter nicht mitbestimmen zu lassen, wird das von der Sowjetpresse heftig kritisiert.

In Hitlerdeutschland gibt es keinerlei Meinungs- und Geistesfreiheit, das deutsche Volk, besonders die Arbeiterklasse, wird mit dem furchtbarsten Terror für jedes kritische Wort bestraft. Die Arbeiter in den Betrieben sind nichts als „Gefolgschaft", die stumm und willig den Anweisungen des „Betriebsführers", des Unternehmers, zu folgen hat. Die Arbeiterschaft hat keine Möglichkeit, in regelmäßigen Betriebsversammlungen frei ihre Meinung über die Gestaltung der Produktion des Betriebes, über die wirtschaftlichen und kulturellen Verhältnisse an ihrem Arbeitsplatze zu sagen. Die Arbeiter und Angestellten haben keine erlaubte Möglichkeit, für die Erhöhung ihres Lohnes, für die Verbesserung ihres Lebensniveaus zu wirken. Sie sind, nach dem Willen der herrschenden faschistischen Diktatur, ewige Sklaven, die nie aus der zermürbenden Tretmühle der Lohnarbeit für den Profit des Privatkapitalisten herauskommen, still und geduldig für das reibungslose Funktionieren des kapitalistischen Betriebes zu schuften haben.
In der Sowjetunion ist den ehemals herrschenden Klassen alle Meinungs- und Bewegungsfreiheit genommen worden. Sie wurden als Klasse vernichtet, weil sie für die sozialistische Wirtschaft ebenso überflüssig wie schädlich sind. Die Arbeiter in den Betrieben und die Bauern in den Kolchosen aber haben dagegen Diskussions- und Bestimmungsrecht bei der Gestaltung der Arbeit ihres Betriebes und der gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse. Auf diesem für das Leben der arbeitenden Menschen sehr wichtigen Gebiete haben die Arbeiter und Bauern in der Sowjetunion eine weitgehende Demokratie, die sich wie der Tag von der Nacht von dem Zustand in den Betrieben in Hitlerdeutschland unterscheidet, und die auch unendlich weiter geht als die Betriebsdemokratie in den demokratisch-kapitalistischen Ländern. Die Betriebsversammlungen, die Versammlungen einzelner Abteilungen in den Betrieben, die Arbeit der vielen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Zirkel und die umfassende gesellschaftliche Arbeit innerhalb der Betriebe — das ist lebendiger Beweis für reges geistiges Leben unter den arbeitenden Menschen, für eine weitgehende geistige Bewegungsfreiheit und für die Möglichkeit, daß jeder Einzelne seine geistigen und sonstigen Fähigkeiten zur Hebung des allgemeinen Niveaus der Gesellschaft frei entfalten kann. Da ist nichts von Niedergedrücktheit, Furchtsamkeit, Verknechtung zu spüren.

Die Diktatur in der Sowjetunion wird nicht von einer Person, sondern vom Proletariat durch seine führende Partei ausgeübt. Diese allerdings hat in den verschiedenen Phasen des Kampfes um den sozialistischen Aufbau harte Maßnahmen ergreifen müssen, um gegen Kurzsichtige und Widerspenstige, die — wie Otto Bauer schließlich feststellt — so berauschend großen Erfolge durchzusetzen. In der Periode des erbitterten Ringens um den Aufbau und wegen der vielfach widerstreitenden Interessen einzelner Gruppen konnte die Ausnutzung des formalen demokratischen Mitbestimmungsrechtes nicht immer restlos gewährt werden. In dem gewaltigen Prozeß der revolutionären Umwandlung eines kapitalistischen Landes in ein sozialistisches sind sehr verschiedenartige Perioden zu durchschreiten, die sehr unterschiedliche Maßnahmen erfordern. So stellte auch in der russischen Revolution nach 1917 jede Periode ihre bestimmten vordringlichen Aufgaben. Die Durchführung der ersten Fünfjahrpläne erforderte die Konzentrierung aller Kräfte auf den wirtschaftlichen Aufbau. In dieser Periode standen die Fragen der industriellen Entwicklung, der Elektrifizierung und der Meisterung der Technik im Vordergrund. Nachdem das Fundament der sozialistischen Wirtschaft gelegt ist, nachdem breite Massen die Maschinen, die Technik und die Wirtschaftsführung beherrschen, und ein Stamm qualifizierter Arbeiter und Spezialisten das Funktionieren des industriellen und agrarischen Wirtschaftsapparates garantiert, wird die intensive politische Schulung der Massen und die Demokratisierung der Wirtschaft und des politischen Lebens zur vordringlichsten, zur wichtigsten Aufgabe der Gegenwart. Aber um das zu ermöglichen, mußte erst der wirtschaftliche Aufbau erfolgreich durchgeführt werden, und diese Aufgabe war nur zu lösen, wenn zunächst vordringlich alle Kräfte für sie eingesetzt wurden. Nunmehr erst ist das Fundament für die — wie Stalin sagt — Meisterung der Politik vorhanden. Zwischen der politischen Schulung und der demokratischen Mitbestimmung der Massen besteht eine unmittelbare Wechselwirkung. Die demokratische Mitwirkung der Massen an der Vollendung des sozialistischen Aufbaus erfordert die politische Erziehung des Volkes, politisch geschulte Massen aber können in einem Staat ohne Ausbeuterklassen von der demokratischen Mitentscheidung nicht mehr ausgeschaltet werden.
Wenn in früheren Perioden in kritischen Situationen das demokratische Mitbestimmungsrecht um der zu erreichenden nächsten Etappe willen zeitweilig eingeschränkt werden mußte, so bestand doch niemals ein Zweifel darüber, daß das kein gewellter Dauerzustand sein konnte, sondern eben nur eine durch die besonderen Verhältnisse erzwungene Übergangslösung, die zur gegebenen Zeit liquidiert wird.

Das Plenum des Zentralkomitees nahm nach dem Referat von Shdanow eine Resolution an, die vorschrieb, daß die demokratischen Grundgesetze in allen Organisationen bis zum 20. Mai 1937 durchgeführt sein müssen. In dieser Resolution heißt es:
„Das Plenum des ZK der KPdSU(B) erachtet es für notwendig, die folgenden Maßnahmen zu verwirklichen und verpflichtet alle Parteiorganisationen, diese Maßnahmen durchzuführen:
1. Beseitigung der Praxis der Kooptierung von Mitgliedern in die Parteikomitees — und in Übereinstimmung mit dem Parteistatut — Wiederherstellung der Wählbarkeit der führenden Organe der Parteiorganisationen.
2. Verbot der Abstimmung nach Listen bei den Wahlen der Parteiorgane. Die Abstimmung hat nach einzelnen Kandidaturen zu erfolgen, wobei allen Parteimitgliedern das unbeschränkte Recht sicherzustellen ist, Kandidaten abzulehnen und sie zu kritisieren.
3. Einführung der geschlossenen (geheimen) Abstimmung über die Kandidaten bei den Wahlen der Parteiorgane.
4. Durchführung der Wahlen der Parteiorgane in allen Parteiorganisationen, angefangen von den Parteikomitees der primären Parteiorganisationen und endigend mit den Gau-, Gebietskomitees und den Zentralkomitees der nationalen kommunistischen Parteien, wobei die Wahlen spätestens bis zum 20. Mai zu beendigen sind.
5. Alle Parteiorganisationen sind verpflichtet, die Fristen der Wahlen der Parteiorgane in Übereinstimmung mit dem Parteistatut streng einzuhalten: in den primären Parteiorganisationen einmal im Jahre, in den Rayon- und Stadtorganisationen einmal im Jahre, in den Gebiets-, Gauorganisationen und in den Organisationen der Republiken einmal in anderthalb Jahren.
6. Sicherstellung der strengsten Einhaltung der Wahlordnung der Parteikomitees in den primären Parteiorganisationen auf den allgemeinen Fabriksversammlungen, wobei eine Ersetzung der letzteren durch Konferenzen nicht zuzulassen ist.
7. Beseitigung der in einer Reihe von primären Parteiorganisationen vorhandenen Praxis der faktischen Abschaffung der allgemeinen Versammlungen und der Ersetzung der allgemeinen Versammlungen durch Werkstattversammlungen und Konferenzen."
Die Durchführung dieser Resolution verwirklicht die Demokratie in allen Parteiorganisationen. In der Formulierung der Aufgaben enthält die Resolution zugleich eine starke Selbstkritik der bisher vorhandenen demokratischen Mängel. Für die Untersuchung der Frage, ob der Vorwurf eines geistlosen Konformismus berechtigt ist, ist nicht unwichtig, ob an vorhandenen Mängeln Kritik geübt werden kann und Kritik geübt wird.

(diese Zitate stammen alle aus dem Buch „Stalin oder Trotzki“)

auch in einer offensiv-Ausgabe (Nr. 09/2003) wurde diese Thema kurz angerissen:

3. „Fehlen einer Massenlinie“

Eine weitere Anklage kommt unter anderem von zwei Individuen, nämlich MF und Profressor G. Thomson. Folgendes hat MF zu sagen:

"Um es auf den Begriff zu bringen, es fehlte eine wirkliche "Massenlinie“. Es gibt keinen Hinweis darauf, daß der sowjetische Staatsapparat wirklich anfing, sich "mit den Massen zu verbinden" oder die "Millionen von arbeitenden Menschen einzubeziehen". Durch das Fehlen einer Massenlinie war die Degeneration der Partei und des Staates früher oder später unvermeidlich ..." Durch das Fehlen einer Massenlinie "wird die Partei zunehmend den Massen entfremdet, und gesellschaftliche Widersprüche werden unvermeidlich falsch behandelt ..." Und so weiter und so fort.

Was ist MFs Beweis für diese schwerwiegende Behauptung? MFs Nachweis besteht wiederum in seiner eigenen Behauptung: "Es gibt keinen Hinweis darauf, daß der sowjetische Staatsapparat wirklich anfing, sich "mit den Massen zu verbinden" oder die "Millionen von arbeitenden Menschen einzubeziehen". Falls diese verquere Methode eines "Beweises" durch Behauptung als angemessen akzeptiert würde, wäre nichts Merkwürdiges daran, MFs Behauptung schlicht zu beantworten mit "Es gibt keinen Hinweis darauf", daß MFs Behauptung irgendwie fundiert wäre. Hoffentlich erweist sich der vorliegende Artikel etwas besser als das, aber bevor wir uns mit MF befassen, sollte zunächst der verwirrte Professor Thomson zu dieser Frage gehört werden:

In seinem oben erwähnten Buch taucht der Professor mit folgendem Bouquet auf:

"... Kapitalistisches Eigentum war [in der UdSSR] durch sozialistisches ersetzt worden, die Klein- durch die Großproduktion. Aber die sozialistische Transformation des politischen und ideologischen Überbaus mußte immer noch umgesetzt werden. Es war ein neuer Staatsapparat gebildet worden, von der Partei des Proletariats kontrolliert, aber die Massen waren daran noch nicht voll beteiligt. Im Gegenteil, die Partei hatte sich bis zu einem gewissen Grad von den Massen entfremdet ... Bürokratische Tendenzen wuchsen außerdem innerhalb der Partei. Die alten Ausbeuterklassen waren enteignet, aber keineswegs eliminiert."

Dieser letzte Satz – lassen wir im Moment alles andere in dieser Passage beiseite – ist eine wahre Perle, deren Bedeutung nur dem Professor der Klassik, Professor Thomson, bekannt sein kann. Zum Nutzen für einige von uns, die wir, anders als der Professor, nicht für uns in Anspruch nehmen können, das Privileg zu haben, "gebilldet" [2]  zu sein, wäre der Professor wohl so freundlich, uns zu erleuchten hinsichtlich der Bedeutung seines Satzes: "Die alten Ausbeuterklassen waren enteignet, aber keineswegs eliminiert"? Bisher haben Marxisten, einschließlich zum Beispiel Lenin, die Enteignung der Ausbeuterklassen als dasselbe betrachtet wie die Eliminierung dieser Klassen. Der Professor, so scheint es, denkt da anders. Er tut das genau aus dem Grund, weil er, wie oben gezeigt, er die Eliminierung der ausbeutenden Klassen mit der Eliminierung des Klassenkampfes verwechselt. Da der Klassenkampf im Sozialismus andauert (und das weiß sogar unser Professor), kommt er durch den Umkehrschluß zu der Folgerung, daß die ausbeutenden Klassen nicht eliminiert waren. Seiner Ansicht gemäß hört der Klassenkampf mit der Eliminierung der ausbeutenden Klassen auf. Vielleicht meint der Professor mit "Eliminierung der ausbeutenden Klassen" die physische Beseitigung aller Mitglieder der ehemaligen Ausbeuterklassen? Falls er das im Sinn hat, sollte er es auch sagen. Vielleicht hätte er gerne deren tatsächliche physische Ausrottung gesehen. Hätte eine solche stattgefunden – was nicht geschah – wären wir den Professor immer noch nicht los, er würde uns nämlich dann mit einer weiteren "linken" Abweichung seitens Stalin konfrontieren. So sind die Thomsons dieser Welt.

Um fortzufahren, sagt der Professor weiterhin folgendes: "Wären die Massen dazu erhoben worden, den Klassenkampf in ihre eigenen Hände zu nehmen und ihn bis zu Ende auszutragen, und dabei auf die Unterscheidung von Freunden und Feinden zu achten, hätten sie die Konterrevolutionäre in ihrer Mitte isoliert und zugleich eine Kontrolle der Aktivitäten der Sicherheitspolizei ermöglicht." Und weiter: "... Feinde wurden wie Freunde behandelt und Freunde wie Feinde."

Welchen Nachweis hat der Professor als Beweis dieser Behauptungen erbracht? Einige weitere Behauptungen. Er nimmt es als selbstverständlich, daß seine Behauptungen ewige und unveränderliche Wahrheiten sind; auf der Basis dieser Behauptung fährt er fort, ein paar weitere Behauptungen aufzustellen, die eine Erklärung zu den Stalin zugeschriebenen "Fehlern" in den oben zitierten Behauptungen darstellen sollen.

Stalin war den Massen entfremdet, behauptet der Professor. Warum? "... vielleicht weil er selbst geneigt war, sich zu sehr auf "reine Administration" zu verlassen", antwortet unsere Archivratte Thomson. Warum war Stalin geneigt, "sich zu sehr auf "reine Administration" zu verlassen", fragen wir. Die Antwort, die vom Professor der Klassik gezimmert wurde, ist: Weil Stalin den "Fehler" gemacht habe zu glauben, daß der Klassenkampf in der UdSSR 1936 beendet war, habe er nicht bemerkt, daß, "weit entfernt davon abzusterben, sich der Widerstand der enteigneten Klassen fortsetzte und neue Formen annahm, die heimtückischer als die alten und daher gefährlicher waren. Unter diesen Umständen war es absolut notwendig, die Diktatur des Proletariats zu erhalten und zu stärken, wie Lenin es vorausgesehen hatte."

Die offensichtlichste Lüge in dieser Passage haben wir bereits an anderer Stelle zurückgewiesen. Es ist der neunmalkluge und doch neunmaldumme Professor, der den Irrtum begangen hat und in seiner Verwirrung und Täuschung diesen Irrtum als "Stalins Fehler" präsentiert. Es ist der Professor, der wie früher gezeigt, die Eliminierung der ausbeutenden Klassen mit der Eliminierung des Klassenkampfes verwechselt.

Was die Implikation betrifft, die Verfassung von 1936 habe die Diktatur des Proletariats geschwächt, ist sie unwahr. Weit entfernt von einer Schwächung, stärkte die neue Verfassung vielmehr die Diktatur des Proletariats, indem sie ihre Basis verbreiterte, und zwar entsprechend den Veränderungen in der Klassenstruktur der sowjetischen Gesellschaft. Stalin befaßt sich in seiner Rede zur Verfassung mit dieser Kritik:

"Die vierte Gruppe von Kritikern, die den Entwurf der neuen Verfassung angreift, charakterisiert ihn als einen "Ruck nach rechts", als "Verzicht auf die Diktatur des Proletariats", als "Liquidierung des bolschewistischen Regimes". "Die Bolschewiki sind nach rechts gependelt, das ist eine Tatsache", erklären sie in verschiedenen Tonarten. Besonders eifrig gebärden sich in dieser Beziehung gewisse polnische und zum Teil amerikanische Zeitungen.

Was kann man von diesen, mit Verlaub, Kritikern sagen? Wenn die Erweiterung der Basis der Diktatur der Arbeiterklasse und die Verwandlung der Diktatur in ein elastischeres, folglich mächtigeres System der staatlichen Leitung der Gesellschaft von ihnen nicht als Stärkung der Diktatur der Arbeiterklasse, sondern als ihre Schwächung oder gar als Verzicht auf sie aufgefaßt wird, dann sei es gestattet zu fragen: wissen denn diese Herren überhaupt, was die Diktatur der Arbeiterklasse ist?

Wenn die gesetzgeberische Verankerung des Sieges des Sozialismus, die gesetzgeberische Verankerung der Erfolge der Industrialisierung, der Kollektivierung und der Demokratisierung bei ihnen ein "Ruck nach rechts" genannt wird, dann sei es gestattet zu fragen: wissen diese Herren überhaupt, wie sich links von rechts unterscheidet? " (Fragen des Leninismus, S. 631-32)

Wie oben erwähnt, sagt der Professor: Während der 1930er Jahre und danach seien Feinde "wie Freunde behandelt worden und Freunde wie Feinde." Warum? Weil Stalin nicht die Unterscheidung zwischen antagonistischen und nicht-antagonistischen Widersprüchen verstanden hat. So sagt der Professor. Was ist der Nachweis dieser Behauptung? Folgendes wird von dem aufgeblasenen Professor angeboten in der Hoffnung, seine Leser seien genauso leichtgläubig wie die Universitätsstudenten, die der Professor gewohnt ist, um das als "Beweis" zu akzeptieren:

"In diesem Zusammenhang ist es erwähnenswert, daß Stalin in seiner Schrift "Über historischen und dialektischen Materialismus" (1938) weder zwischen antagonistischen und nicht-antagonistischen Widersprüchen unterscheidet noch deutlich macht, daß je nach ihrer Behandlung antagonistische Widersprüche nicht-antagonistisch und nicht-antagonistische antagonistisch werden können."

Falls wir es uns zur Aufgabe machten, alles aufzulisten, was nicht in Stalins "Über historischen und dialektischen Materialismus" zu finden ist, wird es besonders erwähnenswert, daß eine solche Aufgabe die Arbeit von Tausenden von Professoren beanspruchen würde, was ebenso vergeblich wäre. Wir haben nicht die Absicht, professorialen Adel zu beauftragen, nur um ihn in lukrativen Stellungen zu halten - um eine solche Aufgabe mit hohen Kosten für die ohnehin hoch besteuerte britische Arbeiterklasse zu erfüllen, ganz zu schweigen von den extraausgebeuteten Völkern in Asien, Afrika und Lateinamerika.

Die Tatsache, daß Stalin in seiner Schrift sich nicht mit antagonistischen und nicht-antagonistischen Widersprüchen befaßt, beweist gar nichts, am allerwenigsten, daß er die Unterscheidung der beiden Typen von Widersprüchen nicht verstanden habe. Nur mental invalide Herren von den Positionen der "höheren Bildung", die gewöhnt sind, löffelweise mit Textformeln gefüttert zu werden, können zu seiner solchen Schlußfolgerung gelangen. Lenin wurde einmal von einem solchen Professor gefragt: "Welches Buch haben Marx und Engels über dialektischen und historischen Materialismus geschrieben?" Auf diese Frage antwortete Lenin: "Welches Buch haben sie nicht über historischen und dialektischen Materialismus geschrieben?"

Ein Verständnis des dialektischen und historischen Materialismus und von Widersprüchen verschiedener Art gelangt man nicht nur dadurch, daß man über sie schreibt. Dieses Verständnis wird in erster Linie durch die tatsächliche Anwendung beim Studium der Gesellschaft erreicht, bei der Lösung von Problemen. Wenn man das – als einzig legitimen Test – auf Stalin anwendet, kann man nicht anders als zu der Schlußfolgerung gelangen, daß er nicht nur von den verschiedenen Widerspruchsarten gehört hat (was das einzige ist, das unsere Professoren über Widersprüche wissen), sondern sie gänzlich erfaßt und verstanden hat und, weit wichtiger, dieses Verständnis zur Lösung von Problemen von welthistorischer Bedeutung während der 30er Jahre seines Lebens nach dem Tod von Lenin angewendet hat. Nur durch das Verständnis der verschiedenen Widerspruchsarten war es möglich, daß Stalin und die KPdSU(B) erfolgreich in der Lage waren, den Kampf der Industrialisierung der UdSSR, die Kollektivierung ihrer Landwirtschaft und die Niederwerfung des Faschismus zu bewältigen. Glaubt denn Professor Thomson, daß es möglich gewesen wäre, zum Beispiel die Landwirtschaft zu kollektivieren, ohne daß die sowjetische Regierung, die KPdSU(B) und Stalin in der Lage gewesen wären, zwischen dem Widerspruch zwischen der Diktatur des Proletariats und den Kulaken (ein antagonistischer Widerspruch) und dem Widerspruch zwischen der Diktatur des Proletariats und den Mittelbauern bzw. der armen Bauernschaft (ein nicht-antagonistischer Widerspruch) zu unterscheiden? Es gibt keinerlei Zweifel für uns, daß jede Vermischung dieser verschiedenen Widerspruchsarten in der Praxis nicht zu einer Kollektivierung der Landwirtschaft geführt hätte, sondern zur Niederlage der Diktatur des Proletariats und zur Restaurierung des Kapitalismus. Darum ging es schließlich in der ganzen Auseinandersetzung mit den Trotzkisten und Bucharinisten. Was für die Kollektivierung der Landwirtschaft gilt, gilt ebenso für andere Sphären – die Industrialisierung, die Außenpolitik etc.

Falls jedoch ein richtiges Verständnis der verschiedenen Widerspruchsarten und eine richtige Anwendung dieses Verständnisses auf die Realität den Professor nicht zufrieden stellen, wenn nichts als eine Textstelle zur Frage des Widerspruchs ihn befrieden würde, hilft vielleicht die folgende Aussage aus dem zweiten Brief von Stalin an Genosse Tsch-e weiter. In diesem Zusammenhang ist es bemerkenswert, daß dieser Brief mit dem 7. Dezember 1930 datiert ist, d.h. rund acht Jahre vor Erscheinen von Stalins "Über dialektischen und historischen Materialismus":

"Genosse Tsch-e: In Ihrem ersten Brief haben Sie mit dem Wort "Widersprüche" jongliert und die Widersprüche außerhalb des Bündnisses (das heißt die Widersprüche zwischen der proletarischen Diktatur und den kapitalistischen Elementen des Landes) mit den Widersprüchen innerhalb des Bündnisses (das heißt mit den Widersprüchen zwischen dem Proletariat und den Hauptmassen der Bauernschaft) in einen Topf geworfen. Sie hätten sich dieses für einen Marxisten unzulässige Jonglieren ersparen können, wenn Sie sich die Mühe gemacht hätten, die Grundlagen der Auseinandersetzungen der Partei mit den Trotzkisten zu begreifen." (Werke Bd. 13, S. 19).

Es ist damit sonnenklar, daß Stalin nicht nur die Unterscheidung verschiedener Widerspruchsarten verstanden hat, er nahm auch ein paar scharfe Zurechtweisungen gegen jene wie Tsch-e vor, die Widersprüche außerhalb des Bündnisses (antagonistische Widersprüche) und innerhalb des Bündnisses (nicht-antagonistische) vermischten. Professor Thomson hätte "sich dieses für einen Marxisten unzulässige Jonglieren ersparen können", falsche Behauptungen zu machen, wenn er "sich die Mühe gemacht hätte, die Grundlagen der Auseinandersetzungen der Partei [der KPdSU(B)] mit den Trotzkisten zu begreifen". [3]

MF ebenso wie Professor Thomson behaupten emphatisch, daß "was fehlte, eine echte Massenlinie" in der UdSSR war; daß die Partei den "Massen entfremdet" war; daß die Bindungen der Partei an die Massen "von "bürokratischem Rost" korrodiert" waren; daß es zu viel "reine Administration" gab – "Überadministration". Angesichts des netten Bouquets, das da gegen Stalin und die KPdSU geschleudert wird, ist es evident, daß beide unserer "werten Kritiker" die Erfolge der Sowjetunion auf jedem Gebiet – industriell, landwirtschaftlich, wissenschaftlich, kulturell, in der Bildung, der Verteidigung und in der Diplomatie – der "reinen Administration", der "Überadministration", dem "bürokratischen Rost", der Entfremdung von den Massen und der unvermeidlichen "Fehlbehandlung von Widersprüchen" zuschreiben; kurz: dem "Fehlen einer Massenlinie" und "der Degeneration der Partei und des Staates". Merkwürdig, Genossen, nicht? Aber unsere "Kritiker" haben sich mit diesen Anklagen ununterscheidbar gemacht von den Trotzkisten, die, während sie über die "bürokratische Degeneration" der Partei und des Staates lamentierten, alle Erfolge der UdSSR den "sozialistischen Eigentumsverhältnissen, durch die Oktoberrevolution geschaffen wurden", zuschreiben. Das klingt mehr nach den frommen religiösen Menschen, die jeden Fehlschlag der unvollkommenen und sündigen Natur des Menschen anlasten, während sie jeden Erfolg der Größe Gottes zuschreiben.

Was immer auch MF und Professor Thomson denken mögen, es ist unmöglich, den Sozialismus mit Dekreten und administrativen Maßnahmen aufzubauen; der Aufbau des Sozialismus ist die lebendige Aktivität von Millionen und Abermillionen von Menschen. Nur durch den ständigen Kampf gegen die Bürokratie, durch ständige Säuberung der Partei und des sowjetischen Apparates von diesen Schlacken und durch die Mobilisierung der Massen in diesem Kampf war es möglich, den Widerstand der Klasse der Kulaken und anderer Klassenfeinde des Proletariats zu brechen und den Sozialismus aufzubauen:

"Es wäre töricht zu glauben, der Produktionsplan bestehe in einer Aufzählung von Zahlen und Aufgaben. In Wirklichkeit ist der Produktionsplan die lebendige und praktische Tätigkeit von Millionen Menschen. Die Realität unseres Produktionsplans, das sind die Millionen Werktätigen, die ein neues Leben schaffen. Die Realität unseres Programms, das sind lebendige Menschen, das sind wir alle miteinander, das ist unser Arbeitswille, unsere Bereitschaft, auf neue Art zu arbeiten, unsere Entschlossenheit, den Plan zu erfüllen. Haben wir diese Entschlossenheit? Ja, wir haben sie. Also kann und muß unser Produktionsprogramm verwirklicht werden." (23.6.1931, SW Bd. 13, S. 71-72)

Die Tatsache, daß das sowjetische Volk den Sozialismus aufbaute, daß es den Faschismus besiegte, ist Beweis genug, daß die Massen mobilisiert wurden, daß die Partei und der Sowjetapparat, weit entfernt davon, den Massen entfremdet zu sein, im Gegenteil unauflöslich mit den Massen verbunden war. Laßt die Trotzkisten und revisionistischen Jammerlappen (die Agenten des Imperialismus in der Arbeiterklasse) und ihre Gefolgschaft in der anti-revisionistischen Bewegung – die Thomsons und MFs – mit Schmutz werfen von wegen "Fehlen einer Massenlinie" und "die Degeneration der Partei und des Staates" in der hier betrachteten Periode. Es kann die Wahrheit der Situation nicht ankratzen.

Ein anderes gutes Buch um die sowjetische Demokratie aufzuzeigen ist Hewlett Johnsons „ein sechstel der Erde“ hier jetzt aber auch Zitate rauszubringen dauert mir zu lange.

Man könnte noch viele solcher Beispiele bringen, nur dann wäre der Brief zu lang

Aber wie du siehst handelt es sich hier wohl kaum um Forderungen, die Stalin oder ein anderer aufstellt, sondern um Tatsachen, die beweisen, dass Arbeiter und Bauern doch die Möglichkeit hatten gegen den Bürokratismus anzukämpfen.

Damit ist für mich die Behauptung der MLPD, Stalin kämpfte gegen die Bürokratie nur von „oben“ widerlegt (und es gibt noch viele andere Beispiele).

Ich hatte aber auch erwähnt, dass die Behauptung, den Kampf gegen die Bürokratie NUR von unten, also von den breiten Massen ausgehend auch nicht für richtig. Warum? Erst mal gebe ich –wieder mal wiederholt- ein Zitat von Stalin:

"Manche Genossen meinen, die Kontrolle der Funktionäre könne nur von oben erfolgen, wenn die Führer die von ihnen Geführten aufgrund der Ergebnisse ihrer Arbeit überprüfen. Das ist falsch. Kontrolle von oben ist natürlich nötig als eine der wirksamen Maßnahmen zur Überprüfung der Menschen und zur Überprüfung der Durchführung der Aufträge. Aber mit der Kontrolle von oben ist bei weitem nicht die ganze Kontrolle erschöpft. Es gibt noch eine andere Art der Kontrolle, die Kontrolle von unten, wenn die Massen, wenn die Geführten die Führer überprüfen, ihre Fehler aufdecken und ihnen die Wege zu ihrer Behebung zeigen. Eine solche Kontrolle ist eins der wirksamsten Mittel zur Überprüfung der Menschen." (Stalin, Werke Bd. 14, S. 149).

Hier fordert also Stalin einen Kampf gegen die Bürokratie von oben als auch von unten! Und diese Aussage halte ich für richtig! Warum? Nun beim Sozialismus handelt es sich um eine Übergangsgesellschaft, in dem die Elemente der alten Gesellschaft, als auch die der Neuen vorhanden sind, wobei erstere mit der Zeit abgeschafft und letztere gefördert werden müssen.

Und weil der Sozialismus eine Übergangsgesellschaft ist, ist auch der Staat mit all seinen Organen(= Bürokratie) vorhanden, die auch längere Zeit bestehen bleiben. Sie sind also nicht von heute auf morgen einfach so abzuschaffen, sondern bleiben bestehen. Es ist aber falsch anzunehmen, dass man sich nur auf die Kontrolle von oben verlassen soll. Die Kontrolle von unten ist hier besonders wichtig. Sie kann aber nicht in einer sozialistischen Gesellschaft verabsolutiert werden, sondern sie muss stätig ausgebaut werden, während die Kontrolle von oben mit der Zeit abgebaut werden muss. Warum ist dies der Fall? Ganz einfach, es hängt von der ideologischen Erziehung und dem sozialistischen Bewusstsein der Massen ab. Dieser muss sich entwickeln, die Massen müssen also erzogen werden, damit sie reif und erfahren genug dafür sind den Staat mehr und mehr zu kontrollieren, bis er letztendlich selber abstirbt. Und wie kann diese Erziehung erfolgen? Einmal durch Selbsterziehung, d.h. durch das Selbststudium des Marxismus-Leninismus- davon gehen ja auch die Maoisten aus, ja quasi nur davon! Das kann aber nicht die einzige Möglichkeit sein, denn die Massen werden sich nicht von selber erziehen, bzw. nicht hauptsächlich aus eigenem Antrieb, sondern sie brauchen dafür die Kommunistische Partei. Wobei hier immer das Prinzip der gegenseitigen Kontrolle stattfinden muss, d.h., dass die Partei die Massen erzieht und die Massen die Partei gegen bürokratische Auswüchse etc. kontrollieren. Das ist nämlich Sinn und Zweck einer Kommunistischen Partei im Sozialismus- sie muss die Vereinigung der fortgeschrittensten Menschen sein, und das nicht nur vor und während der Revolution, sondern auch- und vor allem dort- während des sozialistischen Aufbaus. Und hier stell ich mir die Frage: wo bitte sehr war die Führende Rolle der Kommunistischen Partei in China? Wer kontrollierte bitte die Massen vor Fehltritten? Die MLPD sagt, dass aufgrund der bürokratischen Auswüchse im NKWD, es während der großen Säuberung viel unschuldige Opfer gab. Ich frage gab es so was in der Kulturrevolution nicht? Können etwa die Massen, va. wenn nur sie den Kampf gegen die Bürokratie, gegen die Partei und was auch immer führen, nicht fehlgeleitet werden? Dann frage ich mich weshalb es diese anarchistischen Zustände während der Kulturrevolution gab? Sage mir bitte nicht dass es so was nicht gegeben hat. In der China-aktuell Broschüre „Hoxha contra Mao Tse-Tung“ wird die Kulturrevolution verteidigt, insofern, dass die Propaganda der Revisionisten, Kapitalisten und Hoxhaisten abgelehnt wird, jedoch nicht stichhaltig und überzeugend. Also was sollten dies Bücherverbrennungen, Verurteilungen und Folterungen von tatsächlichen und vermeidlichen Konterrevolutionären auf offener Straße, und warum rebellierten bitte sehr nur irgendwelche Jugendlichen der roten Garde, wo war die Arbeiterklasse. Diese Fehltritte wären sicherlich zu verhindern gewesen, wenn die Massen ebenfalls kontrolliert worden wären, auch wenn sie sicherlich nicht von Mao gewünscht waren, aber er musste damit rechnen. (ich will nicht behaupten dass ich mit meinem Ansichten zur Kulturrevolution völlig recht habe, vielleicht liege ich ja sogar total daneben- nur den Beweis dafür musst du mir noch liefern). Dennoch hatte die Kulturrevolution auch positive Aspekte und war wohl in der Form wie sie in China geführt wurde unvermeidlich, da die Revisionisten und sogar Überreste der nationalen Bourgeoisie innerhalb des Staates sehr stark waren- sowohl was die Anzahl als auch ihre ideologische Stärke angeht. Dank der Kulturrevolution in China wurden die Erfolge in China erreicht, die in der Sowjetunion durch die Verfassung von 1936 erreicht wurden. Zumindest kann man von der Kulturrevolution Lehren ziehen. Dennoch wurde sehr viel falsch gemacht. Dies hängt va. mit der unkontrollierten Massenmobilisierung zusammen. Die Menschen hatten im großen und ganzen nicht das sozialistische Bewusstsein erreicht- da musste was schief gehen. Ich will jetzt hier aber nicht konkreter darauf eingehen, weil ich dies als ein anderes Thema ansehe, dass wir gesondert diskutieren sollten. Was ich hier nur sagen wollte ist, dass man den Kampf gegen den Bürokratismus nicht alleine durch Massenmobilisierung führen kann, da sich hierzu erst mal das Sozialistische Bewusstsein entwickeln muss- und das geschieht nicht von heute auf morgen, sondern braucht seine Zeit. Die breiten Massen können den Kampf gegen den Bürokratismus nur so führen wie sie auch fähig und nicht wie sie willig sind. Der wohl gröbste Fehler Maos ist , dass er davon ausging, dass alle 6 bis 7 Jahre sich sozusagen zyklisch eine erneute Kulturrevolution ereignen müsse. Dies ist in mehrfacher Hinsicht falsch: es wurde somit die spezifische Form der Kulturrevolution mit all ihren sehr ungünstigen Bedingungen und Eigenheiten als Gesetzmäßigkeit, die sich wiederholt, propagiert. Außerdem legte diese These nahe, dass ein erneutes massives Auftretender Revisionisten als normal anzusehen ist und alle Hoffnungen auf die nächste kulturrevolution anstatt auf den sofortigen Kampf zu legen sind. Außerdem stellt sich bei mir noch die Frage, was denn ziwschen den Kulturrevolutionen für ein Kampf gegen Revisionismus und Bürokratismus zu führen ist-offenbar keiner.

Hierzu nochmals die Zitate Stalins:

„In der Schrift "Gegen die Vulgarisierung der Losung der Selbstkritik" von 1928 führt er aus:

"Lenin hatte recht als er sagte:

‘…es ist notwendig, daß wir begreifen, daß der Kampf gegen den Bürokratismus ein absolut notwendiger Kampf ist, und daß er ebenso kompliziert ist wie der Kampf gegen das kleinbürgerliche Element. Der Bürokratismus ist in unserer Staatsordnung so sehr zum wunden Punkt geworden, daß in unserem Parteiprogramm von ihm die Rede ist, und zwar deshalb, weil er mit diesem kleinbürgerlichen Element und seiner Zersplitterung im Zusammenhang steht.’

…Mit um so größerer Beharrlichkeit müssen wir die Millionenmassen der Arbeiter und Bauern zur Kritik von unten, zur Kontrolle von unten mobilisieren, die das wichtigste Gegengift gegen den Bürokratismus sind.

Lenin hatte recht, als er sagte:

‘Wenn wir den Kampf gegen den Bürokratismus führen wollen, so müssen wir die breiten Massen heranziehen’, …denn ‘kann man den Bürokratismus etwa auf andere Weise beseitigen als durch Heranziehung der Arbeiter und Bauern?’

Um jedoch die Millionenmassen ‘heranzuziehen’, gilt es in allen Massenorganisationen der Arbeiterklasse und vor allem in der Partei selbst die proletarische Demokratie zu entfalten. Ohne diese Bedingung ist die Selbstkritik eine Null, ein Nichts, eine Phrase." (Hervorhebung von Stalin.) (Stalin, Werke, Bd. 11, S. 117)

"Das sicherste Mittel gegen den Bürokratismus ist die Hebung des Kulturniveaus der Arbeiter und Bauern. Man kann den Bürokratismus im Staatsapparat schelten und heruntermachen, so viel man will, man kann den Bürokratismus in unserer Praxis brandmarken und an den Schandpfahl nageln, aber wenn es den breiten Arbeitermassen an einem bestimmten Kulturniveau fehlt, das die Möglichkeit, den Wunsch, die Fähigkeit schafft, den Staatsapparat von unten her, durch die Arbeitermassen selbst zu kontrollieren, dann wird der Bürokratismus trotz allem bestehen bleiben. Deshalb ist die kulturelle Entwicklung der Arbeiterklasse und der werktätigen Massen der Bauernschaft, nicht nur im Sinne weiterer Entwicklung der Schulbildung, wenn auch die Schulbildung die Grundlage einer jeden Kultiviertheit ist, sondern vor allem im Sinne der Erlangung von Fertigkeiten und der Fähigkeit, sich in die Verwaltung des Landes einzuarbeiten, den Haupthebel zur Verbesserung des staatlichen und jeden anderen Apparats. Darin besteht der Sinn und die Bedeutung der Leninschen Losung von der Kulturrevolution." (Hervorhebung von mir.) (Stalin, Werke, Bd. 10, S. 280)

"Die Parteimassen überprüfen die führenden Funktionäre in Aktivtagungen, in Konferenzen, auf Parteitagen durch Entgegennahme ihrer Rechenschaftsberichte, durch Kritik an den Mängeln, schließlich durch Wahl beziehungsweise Nichtwahl dieser oder jener führenden Genossen in die leitenden Organe. Strikte Durchführung des demokratischen Zentralismus in der Partei, wie dies vom Statut unserer Partei gefordert wird, unbedingte Wählbarkeit der Parteiorgane, das Recht, Kandidaten aufzustellen und abzulehnen, geheime Wahl, Freiheit der Kritik und Selbstkritik -- all diese und ähnliche Maßnahmen müssen unter anderem auch deshalb durchgeführt werden, um die Überprüfung und Kontrolle der Führer der Partei durch die Parteimassen zu erleichtern.

Die parteilosen Massen überprüfen die führenden Wirtschafts-, Gewerkschafts- und übrigen Funktionäre in Aktivversammlungen der Parteilosen, in Massenberatungen jeder Art, wo sie die Rechenschaftsberichte der führenden Funktionäre entgegennehmen, Mängel kritisieren und Wege zu ihrer Behebung aufzeigen.

Schließlich überprüft das Volk die Führer des Landes bei den Wahlen zu den Machtorganen der Sowjetunion durch die allgemeine, gleiche, direkte und geheime Abstimmung." (Stalin, Werke, Bd. 14, S. 149-150).

In der gleichen Schrift betont er des weiteren, die Notwendigkeit der

"gewissenhaften Aufdeckung der Fehler der Partei, die Untersuchung der Ursachen, die diese Fehler hervorgerufen haben, und die Festlegung der Wege zur Behebung dieser Fehler."(ebenda , S. 150)

das ist die richtige Grundeinstellung zur Massenmobilisierung!

Du schreibst folgendes:

„Wann hat die MLPD je behauptet, dass der Klassenkampf "nicht" geführt wurde? Sie sagt nur, dass er nicht allseitig geführt, teilweise vernachlässigt weil in vielen Fragen unterminiert wurde. Übrigens ist nicht alles, was einen sozialistischen Staat nicht auf der Stelle zum Einsturz bringt gleich "richtig". Daher kannst du nicht behaupten, dass nur weil die SU unter Stalin sozialistisch war und mehrere Jahrzehnte bestehen konnte, alles was Stalin sagte und tat, Ausdruck eines immer und überall richtig geführten Klassenkampfes war.“

Mal ganz davon abgesehen, dass auch hier die MLPD uns einen Beweiß schuldig ist, wo genau denn der Klassenkampf vernachlässigt wurde, habe ich nicht behauptet, dass alles im Klassenkampf, der in der Sowjetunion geführt wurde, auch 100%ig richtig war. Ich habe nur behauptet, dass das Prinzip des Klassenkampfes unter Stalin Führung richtig war und nicht im einzelnen! Dass es hier und da persönliche Fehleinschätzungen gegeben hat, ist natürlich logisch, dabei handelt es sich aber um menschliche Fehler und nicht um eine falsche Generallinie! Originalzitat aus meinem ersten Brief: „Mao Tse-tung hingegen behauptete fälschlicherweise, dass es im Sozialismus - sogar noch sehr lange- Ausbeuterklassen gäbe. Er betonte wie Lenin und Stalin, dass es im Sozialismus Klassenkampf gibt. Aber, er behauptete, dass dies so sei, weil es im Sozialismus noch Ausbeuterklassen gäbe. Er band also in unzulässiger Weise die Existenz des Klassenkampfes an die Existenz von Ausbeuterklassen. Daher warf er Stalin vor, dass dieser den Klassenkampf vernachlässigt hätte, weil ja Stalin richtig sagte, dass es in der Sowjetunion nach 1936 keine Ausbeuterklassen mehr gibt. Also das heißt zusammengefasst, dass Mao Tse-tung in der Frage im wesentlichen zwei Fehler machte: Erstens die Existenz von Ausbeuterklassen im Sozialismus zu propagieren und zweitens den Klassenkampf an die Existenz von Ausbeuterklassen zu binden."

Du antwortest darauf: „Die Ausbeuterklassen können doch auch weiter existieren, ohne dass sie momentan an der Macht sind und sie tun es auch. Die alte Bourgeoisie zum einen existiert fort - auch wenn sie nicht mehr als Bourgeoisie wirtschaftet - aber sie trachtet danach es wieder zu tun, den Kapitalismus zu restaurieren - und die neue Bourgeoisie zum anderen stellt ebenfalls eine Ausbeuterklasse da!“

Diese Ansicht ist nach den Lehren des Marxismus-Leninismus ziemlich verkehrt! Sind die Ausbeuterklassen als Klasse liquidiert, sind sie keine Ausbeuterklassen mehr. Denn was macht die Bourgeoisie zur Bourgeoisie? Der Privatbesitz an Produktionsmitteln! Im Sozialismus können somit keine antagonistischen Klassen existieren! Es existieren die Bauern, es existieren die Arbeiter/Angestellten, es existiert die Intelligenz. Dies Klassen sind nicht antagonistisch, weil sie im Bezug auf die Produktionsmittel gleichwertig sind. Du sprichst von einer neuen „Klasse“, einer neuen Bourgeoisie. Auch diese Ansicht ist verkehrt. Denn wer soll diese Bourgeoisie sein? Du meinst es sind die neuen Bürokraten- also va. die mit dem Parteibuch in der Tasche und die Betriebsdirektoren. Ich hatte schon vorher erwähnt, dass die Bürokraten keine selbstständigen Klassen im Sozialismus sind, so dass ich hierauf nicht noch einmal eingehen muss. Aber es ist richtig, dass die Reste der Ausbeuterklassen, als auch die Bürokraten zu einer neuen Bourgeoisie werden können, erstere, weil sie Feinde des Sozialismus sind, letztere, weil sie aufgrund ihrer höheren Stellung zu solchen werden können und z. T. auch werden wollen. Ja und somit besteht ein antagonistischer Widerspruch zwischen entarteter (!) Bürokratie und dem Proletariat- aber das ist KEIN Klassenwiederspruch. Das macht sie aber nicht zu einer neuen Ausbeuterklasse, sie sind lediglich eine Schicht. So eine Definition wäre richtig, es sei denn man verwandelt Begriffe wie Bourgeoisie und Proletariat in leere Worthülsen und verfremdet diese. Zumal sehe ich nicht, dass Stalin dies nicht erkannt hat, hatte er doch va. von den Bürokraten mit dem Parteibuch in der Tasche gewarnt hat und diese auch mit all seinen möglichen Mitteln bekämpfte. Mao hingegen behauptet nicht nur, dass die Bourgeoisie weiterhin noch als klasse existiert, auch wenn sie enteignet wurde, nein er ging (zumindest bis zur Kulturrevolution) sogar von einem Aufbau des Sozialismus mit der Bourgeoise bzw. ihren Resten aus!

Du schreibst weiterhin folgendes:

„Mit dem Fortschreiten des sozialistischen Aufbaus wird der alten Bourgeoisie die ökonomische Basis entzogen aber überleg mal wie lange das dauert bis es so weit ist - Stalins "Die ökonomischen Probleme des Sozialismus in der UdSSR" wurde 1952 - also über 20 Jahre nach dem Beginn der Kollektivierung geschrieben und noch immer behandelt es den Übergang von genossenschaftlichem und Privat-Eigentum in vollends sozialistisches - weil diese Transformation selbst zu dem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen war - demgegenüber verkündet man schon 1936 einen baldigen Übergang zum Kommunismus! Für mich nach wie vor ein Fehler mit System!“

Auch hier bist du mir erst mal eine Quelle schuldig, wo behauptet wurde, die Sowjetunion zum Kommunismus übergeht. Mir sind solche Sprüche aus der Chruschtschow-Breschnew Zeit bekannt, nicht aber in dieser Form aus der Stalinzeit. Interessant ist hier ein Auszug aus der Zeitschrift offensiv Nr. 09/2003, wo dieses Thema angesprochen wird:

„ Einige Kritiker mit sehr blühender Phantasie (gedüngte Phantasie wäre wohl der bessere Ausdruck) – und folglich großen Fähigkeiten, bedeutungsfreien Müll zu verbreiten – fahren fort zu behaupten, daß, da gemäß Stalin die ausbeutenden Klassen eliminiert seien und es keine Klasse zu unterdrücken gebe, damit der vollständige Kommunismus errichtet sei und es daher keine Notwendigkeit mehr für die Existenz eines Staates in der Sowjetunion gebe. Aber der Staat in der UdSSR existierte immer noch. Das Nettoergebnis von alldem ist, daß Stalin gemäß diesen "Kritikern" – bürgerliche Schreiberlinge, um genauer zu sein – einen "Fehler" gemacht habe; er hätte nicht bemerkt, daß die sowjetische Gesellschaft weit entfernt von dem Endziel einer klassenlosen kommunistischen Gesellschaft war. Mit dieser Behauptung zeigen die Cent-pro-Zeilen-Schreiberlinge nicht nur ihre Leidenschaft für Verleumdungen und Verunstaltungen, sondern ebenso ihre unmittelbare Ignoranz. In derselben Rede über den Verfassungsentwurf, in der ihm angeblich dieser Phantomirrtum unterlief, sagt Stalin folgendes über den Entwicklungsgrad der sowjetischen Gesellschaft:

"Unsere Sowjetgesellschaft hat erreicht, daß sie den Sozialismus im wesentlichen schon verwirklicht, die sozialistische Gesellschaftsordnung errichtet, d.h. daß sie das verwirklicht hat, was bei den Marxisten sonst die erste oder niedere Phase des Kommunismus genannt wird. Also ist bei uns die erste Phase des Kommunismus, der Sozialismus, im wesentlichen bereits verwirklicht. Das Grundsprinzip dieser Phase des Kommunismus ist bekanntlich die Formel: "Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seiner Leistung." Muß unsere Verfassung diese Tatsache, die Tatsache der Erringung des Sozialismus, zum Ausdruck bringen? Muß sie auf dieser Errungenschaft basieren? Unbedingt muß sie das. Sie muß das, weil der Sozialismus für die Sowjetunion das ist, was bereits erreicht und errungen ist.

Aber die Sowjetgesellschaft hat noch nicht die Verwirklichung der höheren Phase des Kommunismus erreicht, in der das herrschende Prinzip die Formel sein wird: "Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen", obgleich sie es sich zum Ziele setzt, in der Zukunft die höhere Phase des Kommunismus zu verwirklichen. Kann unsere Verfassung auf der höheren Phase des Kommunismus basieren, die es noch nicht gibt und die erst errungen werden muß? Nein, das kann sie nicht, denn die höhere Phase des Kommunismus ist für die Sowjetunion das, was noch nicht verwirklicht ist und was in der Zukunft verwirklicht werden soll. Sie kann das nicht, wenn sie sich nicht in ein Programm oder in eine Deklaration über künftige Errungenschaften verwandeln will. Das ist der Rahmen unserer Verfassung im gegebenen historischen Augenblick. "

Soviel erst mal zu deinem ersten Brief.

Des weiteren schicktest du mir einige Zitate Maos bzw. der KPChinas um zu zeigen, dass Mao Stalin verteidigte (was ich nie geleugnet habe) ihn aber auch kritisierte. Nun besonders die Kritik an Stalin bei der „Stalinfrage“ sticht ins Auge. Denn die angegeben „Kritiken“ sind nichts weiter als bloße Behauptungen ohne irgendeinem Beleg. Auffällig bei der Stalinkritik Maos ist, dass zu Lebzeiten Maos niemals Kritiken an Stalin veröffentlicht oder konkretisiert wurden (mit Ausnahme dem, was in der Polemik stand). Öffentliche Stalinkritiken in der VR- China gab es erst nach Maos Tod- und diese sind genauso anzuzweifeln wie die Chruschtschows.

Du hattest meinen ersten Brief auch an einen MLPD –Genossen geschrieben. Leider musste ich wieder feststellen, dass da nix konkretes bei rausgekommen ist. Eigentlich ist dieser Brief für mich inhaltslos, interessant sind lediglich 2 folgende Aussagen:

„ Kein neues Buch über Stalin ist heute nötig, sondern auf der Grundlage der vorliegenden Auseinandersetzung in den Schriften der MLPD muss der Sozialismus als leuchtende Perspektive propagiert werden, damit die Massen lernen, mit den modernen Antikommunismus fertig zu werden. Ich sehe das schon so, dass wir da auch noch dazulernen müssen, dass immer massenwirksam zu tun. Obwohl die bürgerlichen Ideologen den Sozialismus ja bereits spätestens seit 1989 für tot erklärten, gerät er mehr als seit Jahrzehnten in die öffentliche Auseinandersetzung und die MLPD muss da auch ihre Rolle ausspielen.“

Damit gerade die Massen lernen was Sozialismus bedeutet, ist gerade ein Auseinandersetzung der Sowjetunion Stalins notwendig, da va. die MLPD nix gescheites zu diesem Thema gebracht hat- zumindest ist mir da nix bekannt, außer den von mir widerlegten 2 Haupt“fehlern“ Stalins. Denn viele werden grundsätzliche Fragen zum Sozialismus haben, sei es in der Theorie, sei es in der Praxis. Da der M-L alles andere als ein Dogma ist, kann man nicht genug über ihn schreiben, da er weiterentwickelt wird und neue Erkenntnisse entstehen, die auch zu Papier gebracht und ausdiskutiert werden müssen. Da kann sich die MLPD nicht hinstellen und sagen, wir haben die Lehren gezogen, wir wissen es und fertig. Das ist zutiefst dogmatisch und geht in die revisionistische Richtung a la „die Partei hat immer recht“, den doch die MLPD bekämpft (und das ist gut so). oder hat die MLPD angst hier was öffentlich zu präsentieren, da sie im Grunde genommen weiß, dass sie unrecht hat?

Ein weiteres interessantes Zitat von deinem Bekannten ist der direkt danach folgende:

„Was mir bei deinem Brief auffällt: du setzt dich mit den inhaltlichen Positionen der MLPD nicht auseinander. Stattdessen zitierst du unkritisch deinen Bekannten, der ja auf keine der aufgeworfenen Fragen auch nur den Hauch einer Antwort andeutet. Die Entartung der Parteibürokratie drei Jahre nach Stalins Tod und der Revisionismus müssen wie vom Himmel gefallen sein. Mir wird auch nicht klar, was dein Bekannter mit seinen Ausführungen bezweckt.“

Also ich habe auf keine der aufgeworfenen Fragen auch nur einen Hauch einer Antwort angedeutet?! Nun dieser Genosse hat auch keinen Hauch meiner angeblich falschen Ansichten widerlegt. Also wo sind die Zitate Stalins oder anderer Klassiker (und bitte hier nicht nur Mao zitieren, sondern auch seine Zitate mit Marx, Engels und Lenin vergleichen)? Wo sind die gesellschaftlichen Analysen aus der Sowjetzeit, die meine falschen Ansichten widerlegen? Wo sind die Belege, wo liege ich falsch, auf welche Dokumente soll ich mich stützen (und bitte hier nicht nur auf die Dokumente der KPChinas)? Denn sollte ich tatsächlich falsch liegen, muss man mich aufklären, damit ich auf den richtigen weg komme. Eine lebhafte, kritische, ehrliche und solidarische Diskussion ist doch überlebenswichtig für eine kommunistischen Partei! Aber habe ich doch etwa nicht , z.B. auf die Frage der Existenz von antagonistischen Klassen in der SU, oder der Fortführung des Klassenkampfes eine umfassende Antwort gegeben?

Nun gut ich habe in meinem ersten Brief nur mit Zitaten von Stalin agiert, ging es doch hier um seine Person- aber immerhin dies. In meinem zweiten Brief habe ich eine Analyse der Sowjetischen Wirklichkeit zur Zeit Stalins angebracht.

Genosse E. kritisiert an meinem ersten Brief, dass die Entartung der Partei in der Sowjetunion wie aus dem Himmel gekommen sei. Das ist auch falsch. Ich bin nur kurz darauf eingegangen. Kurz deshalb, weil dies nicht das Hauptthema meines Beitrags war, da dieses zu behandeln wesentlich mehr Zeit in Anspruch nehmen würde und mir Zeit und Mittel fehlen. Würde ich darüber gesondert schreiben, hätte ich ganze Bücher drüber verfassen müssen (und nicht 2 Sätze). Aber ich habe es ja kurz angerissen:

„ Vorweg möchte ich noch klarstellen: Wenn ich im Folgenden die Angriffe der MLPD zurückweise, die sie gegen die sozialistische Sowjetunion und die KPdSU vorbringt, so heißt das nicht, dass ich bereits im Besitz einer umfassenden vollständigen und tiefgehenden Analyse des Entartungsprozesses der sozialistischen Sowjetunion in einen verbürokratisierten pseudosozialistischen Staat verfüge. Ich bin natürlich auch keineswegs der Meinung, dass die Marxisten-Leninisten, die KPdSU, bis zur revisionistischen Entartung 1956 keine Fehler gemacht haben. Im Gegenteil, diese detailliert zu untersuchen ist auch wesentlich für ein tiefgehendes Verständnis der Entartung....

In dieser Frage ist für uns als Ausgangspunkt klar: selbstverständlich gab es für die Entartung subjektive wie auch objektive Bedingungen. Unter objektiven Bedingungen verstehe ich z.B. die Situation nach dem 2.Weltkrieg, wo die Sowjetunion zwar als Siegerin aus dem Entscheidungskampf mit dem deutschen Faschismus hervorging, aber doch auch sehr geschwächt worden war. Millionen von KommunistInnen der Sowjetunion, sind an vorderster Front im Kampf gegen den Faschismus gefallen. Zigtausende erprobte, hingebungsvolle kommunistische Kader gaben ihr Leben und ihr Tod riss empfindliche Lücken in die Reihen der KPdSU. Der Weltimperialismus richtete in dieser Situation sein ideologisches Feuerwerk in kaum vorstellbarem Ausmaß auf die Werktätigen der Sowjetunion. Denn durch den Sieg der Volksdemokratien in China und Osteuropa war der Imperialismus bedroht wie nie zuvor. Dementsprechend richtete er alle Kräfte darauf aus, das sozialistischen Lager, mit der Sowjetunion als Herzstück von außen und von innen heraus auszuhöhlen und zu Fall zu bringen. Das ist ihm letztlich ja auch gelungen. Es ist ihm aber nicht gelungen, durch eine Intervention oder einen Krieg von außen die SU zu Fall zu bringen, sondern in Verbindung mit der neuen „Bourgeoisie“, mit der Revisionistenclique, die in der Sowjetunion die sozialistische Staatsmacht usurpierte. Dass es dazu kam, lag aber natürlich nicht nur an den objektiven Bedingungen, sondern selbstverständlich gibt es auch hier eine Mitverantwortung der KommunistInnen. Diese festzustellen, abzuwägen und einzuordnen ist selbstverständlich Aufgabe einer kritischen Analyse der Entartung heute. Allerdings kann auch hier eine richtige Analyse nur in Abgrenzung zu so pseudowissenschaftlichen Anschuldigungen wie denen der MLPD gemacht werden.

Meiner Meinung nach kann man nach dem Studium der Schriften Stalins und insbesondere den letzten Parteitagen der KPdSU, sowie der uns vorliegenden Dokumente über die Theorie und Praxis der KPdSU, ganz klar feststellen, dass von Stalin und auf den Parteitagen sehr wohl die Gefahren von Bürokratismus, von Vetternwirtschaft, von der Notwendigkeit des ideologischen Klassenkampfes gesehen wurden. Stalin betonte immer wieder, dass der Sozialismus nicht ein für alle mal gesichert ist. Das was die KPdSU, die KommunistInnen und auch Stalin unterschätzten, war die Möglichkeit der Machtübernahme durch eine neu entstehende Bourgeoisie in den Reihen der Kommunistischen Partei. Welches Ausmaß deren Verbindungen und Verkettungen in der Partei und im Staatsapparat angenommen hatte, wurde nicht in ausreichendem Maße gesehen und konnte daher zwar bekämpft, aber doch nicht ausreichend bekämpft werden. Eine weitere Ursache liegt sicherlich darin, dass der Glaube an die Unfehlbarkeit der Partei, dem Stalin und führende KommunistInnen immer wieder rigoros entgegengetreten waren, doch von den Revisionisten unterstützt, sich stark in den Hirnen und Herzen der Massen festgesetzt hatte. Das wussten sich die Chruschtschowrevisionisten bestens zu Nutze zu machen. Die Massen, das darf einfach nicht außer Acht gelassen werden, waren immer noch nicht auf der Höhe des Bewusstseins der Kommunistischen Partei, obwohl diese unendliche Anstrengungen unternahm und Möglichkeiten bot, diesen Abstand immer geringer zu machen. Dass die Revisionisten diese Situation geschickt zu nutzen wussten, dass Marxisten-Leninisten die Seite wechselten, war nicht das Ergebnis eines unzureichenden Kampfes Stalin, sondern trotz dieses Kampfes. Das bedeutet nichts anderes, als dass der Umfang der revisionistischen Gefahr und die Wappnung der Massen und kommunistischen Parteimitglieder letztlich unterschätzt wurden. Welche konkreten Gegenmaßnahmen noch hätten getroffen werden müssen, welche Massenmobilisierungskampagnen hätten angeleitet werden müssen, all das muss in detaillierter Untersuchung genauer analysiert werden. meine Ausgangspunkte der Analyse dabei sind die genannten.“

Das sind durchaus Punkte auf die man anknüpfen sollte!

Bei deiner Antwort an den Genossen Ernst habe ich ebenfalls wenig hinzuzufügen, da ich mit dir dort im großen und ganzen übereinstimme mit einer kleinen Ergänzung: ES GAB KEINE VERBRECHEN STALINS GEGEN DIE MASSEN!

Rotfront

Michael K.

(Quellen hauptsächlich bezogen auf:

Kritik an der Stalin“kritik“ der MLPD und entsprechende Stalinzitate

„Der Kampf um die Denkweise in der Arbeiterbewegung“

Sayers/Kahn :Die große Verschwörung

Seydewitz: Stalin oder Trotzki

GDS Nr. 24 : Allgemeine Einschätzung der Lehren und des Werkes Mao Tse-tung Teil 1

Offensiv – Hefte Nr. 09/2003

China aktuell : Hoxha contra Mao Tse-tung) nach oben

 

Der Brief wurde auf Wunsch des Verfassers gelöscht!

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3. Antwort des Genossen Michael K.

 

Hallo D. B.,

Ich habe nun endlich etwas Zeit gefunden um dein Antwortschreiben zu kommentieren.

  1. zu dem 9. Kommentar der „Polemik“

Zu einigen Punkten möchte ich etwas erwähnen:

So steht im 9. Kommentar folgendes:

„Jedoch gibt es in der Sowjetunion, obwohl die Industrie verstaatlicht und die Landwirtschaft kollektiviert wurde, immer noch die alte Bourgeoisie und andere Ausbeuterklassen, die wohl gestürzt, aber noch nicht völlig vernichtet sind. Die politischen und ideologischen Einflüsse der Bourgeoisie existieren ebenfalls noch. In Stadt und Land sind nach wie vor die spontanen Kräfte des Kapitalismus vorhanden. Immer wieder kommen neue bürgerliche Elemente und Kulaken auf. Auf politischem, wirtschaftlichem und ideologischem Gebiet geht der Klassenkampf zwischen Proletariat und Bourgeoisie, der Kampf zwischen dem Weg des Sozialismus und dem des Kapitalismus ununterbrochen weiter.

Die Sowjetunion ist das erste und war seinerzeit auch das einzige Land, in dem der Sozialismus aufgebaut wurde; daher gab es keine Erfahrungen anderer Länder, die sie auswerten hätte können. Überdies wich Stalin, als er die Gesetzmäßigkeiten des Klassenkampfes in der sozialistischen Gesellschaft untersuchte, von der marxistisch leninistischen Dialektik ab; deshalb verkündete er, nachdem die Kollektivierung der Landwirtschaft in der Sowjetunion im wesentlichen beendet war, allzu früh, dass es in der Sowjetunion "keine antagonistischen Klassen mehr gibt" und dass die Sowjetgesellschaft "frei von Konflikten zwischen den Klassen" sei. Stalin betonte einseitig die Eintracht innerhalb der sozialistischen Gesellschaft und vernachlässigte deren Widersprüche. Er stützte sich im Kampf gegen die kapitalistischen Kräfte nicht auf die Arbeiterklasse und die breiten Volksmassen. Er sah die Möglichkeit einer Restauration des Kapitalismus lediglich in Verbindung mit einem bewaffneten Angriff seitens des internationalen Imperialismus. Das war sowohl theoretisch als auch praktisch unrichtig.“

Diese Analyse der KP Chinas ist in einigen Punkten falsch bzw. undeutlich formuliert.

Es ist nicht ganz richtig, dass nach der Kollektivierung der Landwirtschaft und der Verstaatlichung der Industrie, die alten Ausbeuterklassen existieren. (Das Thema hatten wir zwar schon, aber ich wiederhole es gerne noch mal). Wenn eine Ausbeuterklasse – und das ist nun mal ein rein ökonomischer Begriff- enteignet wird, so ist diese als Klasse liquidiert. Es ist aber richtig, dass ihre Reste noch vorhanden sind, auch ihr ideologischer Einfluss existiert noch, der auch bis in die Köpfe der werktätigen Massen reicht.

Auf den Hinweis, dass immer wieder neue bürgerliche Elemente, Kulaken etc. auftreten können, ist zwar objektiv richtig, da es sich im Sozialismus um eine Übergangsgesellschaft handelt, doch ist die Linie der Partei (die marxistisch-leninistische) richtig, so gibt es die Möglichkeit, dass diese neu entstehenden bzw. wieder entstehenden bürgerlichen Elemente beseitigt werden. (ich will aber der KP Chinas hier nicht vorwerfen, dass sie dies nicht erkannt hat, auch im Falle der Sowjetunion unter der Führung Lenins und Stalins, doch hätte sie um Klarheit zu verschaffen dies stärker betonen sollen).

Doch etwas später wird die „alte Leier“ der KP Chinas in ihrem Kommentar deutlich, wenn sie schreibt, die KPdSU unter Stalins Führung, habe sich nicht auf die Werktätigen Massen gestützt, „fälschlicher weise“ behauptet, es gäbe 1936 keine antagonistischen Klassen und die Widersprüche in der Sowjetgesellschaft somit nur „einseitig“ untersucht und gelöst wurden.

Die KP Chinas scheint hier eher die Lage einseitig zu untersuchen und sich selbst in Widersprüche zu gleiten. Wie kann die KP Chinas behaupten, Stalin stützte sich nicht auf die Arbeiterklasse um die kapitalistischen Elemente zu beseitigen und kurz darauf behaupten: „Nichtsdestoweniger bleibt Stalin ein großer Marxist-Leninist. In der Periode, in der er die KPdSU und den Sowjetstaat führte, hielt er an der Diktatur des Proletariats und am sozialistischen Kurs fest, hielt die marxistisch leninistische Linie ein und sicherte den siegreichen Vormarsch der Sowjetunion auf dem Weg des Sozialismus.“

Ein Führer eines sozialistischen Staates, der sich in so einem wichtigen Kampf nicht auf die Massen stützt, kann kein großer Marxist-Leninist sein; eine Partei die sich nicht auf die Arbeiterklasse stützt, kann niemals eine richtige (marxistisch-leninistische) Line haben und sich schon gar nicht auf die Diktatur des Proletariats stützen. Das ist ein Widerspruch in sich. Aber wie verhielt es sich wirklich? Ich habe schon in den anderen Briefen genug bewiesen, dass die Linie der KPdSU richtig war. Ich habe mehr als genug bewiesen, dass es keine antagonistischen Klassen in der SU geben kann, wenn diese enteignet wurde und es möglich ist, neue entstehende bürgerliche Elemente zu beseitigen, wenn die Linie der Partei richtig ist (wobei ich hier stets auf die Grundlinie betone, dass es einzelne, zum größten Teil personelle, Fehler gab, leugne ich nicht). Und ich habe mehr als genug bewiesen, dass sich die KPdSU durchaus auf die Massen stützte. Auch die Behauptung, dass die Widersprüche in der Gesellschaft nur einseitig erkannt und gelöst wurden ist falsch, wenn ich folgende Stalin- Rede über die Ergebnisse des ersten Fünfjahresplanes am 7. Dezember 1933 hier einfüge:

„Die Ergebnisse des Fünfjahresplans in vier Jahren auf dem Gebiet des Kampfes gegen die Überreste feindlicher Klassen:
   Als Ergebnis der Verwirklichung des Fünfjahresplans auf dem Gebiet der Industrie, der Landwirtschaft und des Handels haben wir in allen Sphären der Volkswirtschaft das Prinzip des Sozialismus durchgesetzt und aus ihnen die kapitalistischen Elemente vertrieben.
Wozu mußte das in bezug auf die kapitalistischen Elemente führen, und wozu hat es in der Tat geführt?
   Das hat dazu geführt, daß die letzten Überreste der sterbenden Klasse: die Privatindustriellen und ihr Anhang, die Privathändler und ihre Handlanger, die ehemaligen Adligen und Popen, die Kulaken und ihre Helfershelfer, die ehemaligen weißen Offiziere und Landpolizisten, die ehemaligen Polizisten und Gendarmen, die verschiedensten bürgerlichen Intellektuellen chauvinistischer Färbung und alle sonstigen antisowjetischen Elemente aus dem Geleise geworfen wurden.
   Diese "Ehemaligen" die aus dem Geleise geworfen wurden und sich über das ganze Gebiet der UdSSR verstreut haben, verkrochen sich in unseren Werken und Betrieben, in unseren Institutionen und Handelsorganisationen, in den Eisenbahn- und Schiffahrtsbetrieben und hauptsächlich in den Kollektiv- und Sowjetwirtschaften. Sie verkrochen sich und versteckten sich dort unter der Maske von Arbeitern' und Bauern', wobei sich der eine oder andere von ihnen sogar in die Partei einschlich.
   Was brachten sie dorthin mit? Natürlich das Gefühl des Hasses gegen die Sowjetmacht, das Gefühl erbitterter Feindschaft gegen die neuen Wirtschafts-, Lebens- und Kulturformen.
   Gegen die Sowjetmacht direkt Attacke zu reiten sind diese Herrschaften nicht mehr imstande. Sie und ihre Klassen haben schon einige Male solche Attacken geritten, aber sie wurden geschlagen und zerstreut. Darum ist das einzige, was sie noch tun können, Schaden und Unheil für die Arbeiter, die Kollektivbauern, die Sowjetmacht und die Partei zu stiften. Und sie schaden auch, wo sie nur können, indem sie versteckte Wühlarbeit betreiben. Sie stecken Lagerhäuser in Brand und beschädigen Maschinen. Sie organisieren Sabotage. Sie organisieren Schädlingsarbeit in den Kollektivwirtschaften, in den Sowjetwirtschaften, wobei manche von ihnen, unter denen sich auch einige Professoren befinden, in ihrem Schädlingsdrang so weit gehen, daß sie dem Vieh in den Kollektiv- und Sowjetwirtschaften die Pest, die sibirische Seuche einimpfen, die Verbreitung der Meningitis unter den Pferden fördern usw.
   Aber das ist nicht die Hauptsache. Die Hauptsache in der Tätigkeit' dieser Ehemaligen besteht darin, daß sie massenhaft Diebstahl und Veruntreuung staatlichen und genossenschaftlichen Gutes, kollektivwirtschaftlichen Eigentums organisieren. Diebstahl und Veruntreuung in den Werken und Fabriken, Diebstahl und Veruntreuung von Eisenbahnfrachten, Diebstahl und Veruntreuung in Lagerhäusern und Handelsbetrieben - besonders aber Diebstahl und Veruntreuung in den Sowjet- und Kollektivwirtschaften -, das ist die Hauptform der Tätigkeit' dieser Ehemaligen. Sie fühlen sozusagen mit ihrem Klasseninstinkt, daß die Grundlage der Sowjetgesellschaft das gesellschaftliche Eigentum bildet, daß man, um der Sowjetmacht zu schaden, eben diese Grundlage erschüttern muß - und sie bemühen sich tatsächlich, das gesellschaftliche Eigentum dadurch zu erschüttern, daß sie Diebstahl und Veruntreuung in Massenumfang organisieren.
   Zur Organisierung von Diebstählen nutzen sie die aus dem Privateigentum herrührenden Gewohnheiten und Reminiszenzen der Kollektivbauern aus, die gestern noch Einzelbauern waren, heute aber Mitglieder der Kollektivwirtschaften sind. Sie als Marxisten müssen wissen, daß das Bewußtsein der Menschen in seiner Entwicklung hinter ihrer tatsächlichen Lebenslage zurückbleibt. Die Kollektivbauern sind ihrer Lage nach nicht mehr Einzelbauern, sondern Kollektivisten, aber ihr Bewußtsein ist einstweilen noch das alte, das Bewußtsein von Privateigentümern. Und die aus den Ausbeuterklassen stammenden Ehemaligen nutzen die aus dem Privateigentum herrührenden Gewohnheiten der Kollektivbauern aus, um Diebstahl an gesellschaftlichem Gut zu organisieren und damit die Grundlage der sowjetischen Gesellschaftsordnung, das gesellschaftliche Eigentum, zu erschüttern.
   Viele unserer Genossen stehen diesen Erscheinungen gleichmütig gegenüber und verstehen nicht Sinn und Bedeutung der massenhaften Diebstähle und Veruntreuungen. Sie gehen wie Blinde an diesen Tatsachen vorbei, in der Annahme, daß es daran nichts Besonderes' gibt. Aber diese Genossen sind sehr im Irrtum. Die Grundlage unserer Gesellschaftsordnung ist das gesellschaftliche Eigentum, ebenso wie die Grundlage des Kapitalismus das Privateigentum ist. Die Kapitalisten haben das Privateigentum für heilig und unantastbar erklärt und seinerzeit eine Festigung der kapitalistischen Gesellschaftsordnung erreicht. Wir Kommunisten müssen um so mehr das gesellschaftliche Eigentum für heilig und unantastbar erklären, um damit die neuen, die sozialistischen Wirtschaftsformen auf allen Gebieten der Produktion und des Handels zu festigen. Diebstahl und Veruntreuung gesellschaftlichen Eigentums - gleichviel, ob es sich um Staatseigentum oder genossenschaftliches und kollektivwirtschaftliches Eigentum handelt zulassen und an solchen konterrevolutionären Schandtaten vorbeigehen heißt die Untergrabung der sowjetischen Gesellschaftsordnung fördern, die sich auf das gesellschaftliche Eigentum als ihre Basis stützt. Davon ging unsere Sowjetregierung aus, als sie unlängst das Gesetz zum Schutz des gesellschaftlichen Eigentums erließ. Dieses Gesetz ist die Grundlage der revolutionären Gesetzlichkeit im gegenwärtigen Augenblick. Seine strengste Durchführung ist die erste Pflicht jedes Kommunisten, jedes Arbeiters und Kollektivbauern.
   Man sagt, daß sich die revolutionäre Gesetzlichkeit unserer Zeit durch nichts von der revolutionären Gesetzlichkeit der ersten Periode der NÖP unterscheide, daß die revolutionäre Gesetzlichkeit unserer Zeit eine Rückkehr zu der revolutionären Gesetzlichkeit der ersten Periode der NÖP sei. Das ist absolut falsch. Die revolutionäre Gesetzlichkeit der ersten Periode der NÖP richtete sich mit ihrer Spitze hauptsächlich gegen die Auswüchse des Kriegskommunismus, gegen die "ungesetzlichen" Konfiskationen und Eintreibungen. Sie garantierte dem Privateigentümer, dem Einzelbesitzer, dem Kapitalisten die Unversehrtheit ihres Besitzes unter der Bedingung, daß sie die Sowjetgesetze aufs strengste einhalten. Ganz anders steht es um die revolutionäre Gesetzlichkeit in unserer Zeit. Die revolutionäre Gesetzlichkeit unserer Zeit ist mit ihrer Spitze nicht gegen die Auswüchse des Kriegskommunismus, die schon längst nicht mehr existieren, sondern gegen Diebe und Schädlinge in der gesellschaftlichen Wirtschaft, gegen Rowdys und Leute gerichtet, die das gesellschaftliche Eigentum veruntreuen. Die größte Sorge der revolutionären Gesetzlichkeit in unserer Zeit gilt folglich dem Schutz des gesellschaftlichen Eigentums und nichts anderem.
   Deshalb ist der Kampf für den Schutz des gesellschaftlichen Eigentums, ein Kampf, der mit allen Maßnahmen und Mitteln geführt wird, die uns die Gesetze der Sowjetmacht zur Verfügung stellen, eine der Hauptaufgaben der Partei.
   Eine starke und mächtige Diktatur des Proletariats das ist es, was wir jetzt brauchen, um die letzten Oberreste der sterbenden Klassen zu vernichten und ihre Diebesmachenschaften zu vereiteln.
   Manche Genossen haben die These von der Aufhebung der Klassen, von der Schaffung einer klassenlosen Gesellschaft und vom Absterben des Staates als Rechtfertigung für Trägheit und Gleichmütigkeit aufgefaßt, als Rechtfertigung der konterrevolutionären Theorie vom Erlöschen des Klassenkampfes und von der Schwächung der Staatsmacht. Es erübrigt sich zu sagen, daß solche Leute mit unserer Partei nichts gemein haben können. Das sind Entartete oder Doppelzüngler, die man aus der Partei verjagen muß. Die Aufhebung der Klassen wird nicht durch das Erlöschen des Klassenkampfes, sondern durch seine Verstärkung erreicht. Das Absterben des Staates wird nicht durch Schwächung der Staatsmacht erfolgen, sondern durch ihre maximale Verstärkung, die notwendig ist, um die Oberreste der sterbenden Klassen zu vernichten und die Verteidigung gegen die kapitalistische Umkreisung zu organisieren, die noch bei weitem nicht beseitigt ist und noch nicht so bald beseitigt sein wird.
   Durch die Verwirklichung des Fünfjahrplans haben wir erreicht, daß wir die letzten Oberreste der feindlichen Klassen aus ihren Positionen in der Produktion endgültig hinausgeworfen, das Kulakentum geschlagen und die Grundlage für seine Vernichtung geschaffen haben. Das ist das Ergebnis des Fünfjahrplans auf dem Gebiet des Kampfes gegen die letzten Trupps der Bourgeoisie. Aber das ist noch zuwenig. Die Aufgabe besteht darin, diese Ehemaligen aus unseren eigenen Betrieben und Institutionen hinauszuwerfen und sie endgültig unschädlich zu machen.
   Man kann nicht sagen, daß diese Ehemaligen durch ihre Schädlings- und Diebesmachenschaften an der jetzigen Lage in der UdSSR irgend etwas ändern könnten. Sie sind zu schwach und ohnmächtig, um sich den Maßnahmen der Sowjetmacht zu widersetzen. Wenn sich aber unsere Genossen nicht mit revolutionärer Wachsamkeit wappnen und das spießbürgerlich gutmütige Verhalten zu Fällen des Diebstahls und der Veruntreuung gesellschaftlichen Eigentums nicht aus der Praxis ausmerzen, so können die Ehemaligen nicht wenig Schaden anrichten.
   Man muß im Auge behalten, daß die wachsende Macht des Sowjetstaates den Widerstand der letzten Oberreste der sterbenden Klassen verstärken wird. Gerade weil sie im Sterben liegen und ihre letzten Tage fristen, werden sie von den Vorstößen der einen Form zu Vorstößen in anderen, schärferen Formen übergehen, an rückständige Schichten der Bevölkerung appellieren und sie gegen die Sowjetmacht mobilisieren. Es gibt keine Gemeinheit und keine Verleumdung, zu der diese Ehemaligen in ihrem Kampf gegen die Sowjetmacht nicht greifen und mit deren Hilfe sie nicht versuchen würden, die rückständigen Elemente zu mobilisieren. Auf diesem Boden können die zerschlagenen Gruppen der alten konterrevolutionären Parteien der Sozialrevolutionäre, Menschewiki, der bürgerlichen Nationalisten im Zentrum des Landes und in den Randgebieten wiederaufleben und sich zu regen beginnen, können die Splitter der konterrevolutionären Elemente aus den Reihen der Trotzkisten und der rechten Abweichler wiederaufleben und sich zu regen beginnen. Das ist natürlich nicht schrecklich. Aber all dies muß man im Auge behalten, wenn wir mit diesen Elementen schnell und ohne besondere Opfer Schluß machen wollen.
   Deshalb ist die revolutionäre Wachsamkeit diejenige Eigenschaft, die die Bolschewiki jetzt besonders brauchen.“ (SW 11, Seite 166 f.)

Dies ist nicht nur eine klare Analyse der konkreten Situation, sondern die Widersprüche wurden richtig erkannt und ich sehe hier definitiv keine Einseitigkeit!

Die folgende Beispiele, die der Kommentar aufweist, sind eine richtige Analyse aus der Chruschtschow-Zeit. Nur diese Zeit ist nicht vergleichbar mit der Stalin-Zeit. Denn erstens hat sich die Linie der Partei grundlegend verändert. Auch zur Zeit Stalins gab es solche Vorfälle- nur dagegen wurde angekämpft. In der Chruschtschow-Zeit wurden gegen solche negativen Erscheinungen nicht angekämpft. Aber nicht weil man die Widersprüche falsch löste, sondern solche bürgerlichen Anzeichen bewusst förderte (es reicht schon nichts dagegen zu unternehmen) um den Kapitalismus schneller zu restaurieren. Dies lag daran, dass die Partei ihre Farbe komplett änderte und die KPdSU nicht mehr eine Partei der Werktätigen war. Es besteht ja – wie oben schon erwähnt – die Möglichkeit einer kapitalistischen Restauration, wenn gegen diese nicht vorgegangen wird. Wird dagegen nicht vorgegangen, so können natürlich auch wieder antagonistische Klassen entstehen!

Zur Rolle der nationalen Bourgeoisie in der demokratischen und sozialistischen Etappe der Revolution

Ich glaube, dass ich hier von dir falsch verstanden wurde.

Ich erwähnte:“ nein er [Mao Tse-Tung] ging (zumindest bis zur Kulturrevolution) sogar von einem Aufbau des Sozialismus mit der Bourgeoise bzw. ihren Resten aus!“.

Ich halte es für überhaupt NICHT falsch, dass während der NEUDEMOKRATISCHEN ETAPPE der Revolution, Teile der nationalen Bourgeoisie nicht nur geduldet, sondern durchaus auch an der Staatsmacht beteiligt werden können. Mir ging es eher um die Einstellung zur nationalen Bourgeoisie in der SOZIALISTISCHEN ETAPPE der Revolution. Um meinen Standpunkt hier zu verdeutlichen werde ich diese Thema ausführlicher behandeln, auch wenn ich Gefahr laufe von eigentlichen Thema – Stalin – abzuweichen. Da diese Frage aber von großer Wichtigkeit ist, werde ich es trotzdem wagen:

In seiner Schrift „ Über die richtige Behandlung der Widersprüche im Volk“ stellte Mao dar, dass antagonistische Widersprüche auf politischem Gebiet mit diktatorischen Methoden ( gewaltsame Unterdrückung, Widerspruch zwischen uns und dem Feind) gelöst werden müssen, während nichtantagonistische Widersprüche auf politischem Gebiet mit der Methode der Überzeugung, gewaltlos, demokratisch gelöst werden müssen. Dabei berücksichtigte Mao auch, dass sich nichtantagonistische Widersprüche in antagonistische verwandeln können und umgekehrt. Am Beispiel des Ungarn-Putsches zeigt Mao, dass die Feinde natürlich bemüht sind, die Widersprüche im Volk zu ihren Gunsten auszunutzen, und dass daher die Kommunisten durch die richtige Behandlung der Widersprüche im Volk, diese Versuche der Feinde verhindern müssen.

Im großen und ganzen ist dies Darlegung Maos gar nicht falsch. Doch diese Darlegung zielt auf einen ganz bestimmten Punkt: sie dient als Rechtfertigung der revisionistischen Position, dass der Widerspruch zwischen (nationaler) Bourgeoisie und Proletariat in China nichtantagonistisch, demokratisch, gewaltlos behandelt werden müsse!

Betrachten wir die Argumentation Maos im einzelnen:

„ In unserem Land gehört der Widerspruch zwischen der Arbeiterklasse und der nationalen Bourgeoisie zu den Widersprüchen im Volk“ (Über die richtige Behandlung der Widersprüche im Volk, 1957, Bd. 5, S. 436)

„ Der Widerspruch zwischen der nationalen Bourgeoisie und der Arbeiterklasse, ein Widerspruch zwischen Ausbeutern und Ausgebeuteten ist an und für sich antagonistisch. Aber unter den konkreten Bedingungen unseres Landes kann dieser antagonistische Klassenwiderspruch, wenn er richtig behandelt wird, in einen nichtantagonistischen umgewandelt und auf friedlichem Weg gelöst werden.“ (ebenda)

„ Unter gewöhnlichen Umständen sind Widersprüche im Volk nicht antagonistisch. Aber wenn man sie nicht richtig behandelt, wenn man die Wachsamkeit verliert, sorglos und nachlässig wird, kann ein Antagonismus entstehen. In einem sozialistischen Land tritt eine solche Erscheinung gewöhnlich nur örtlich begrenzt und zeitweilig auf, und zwar deshalb, weil dort das System der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen abgeschafft worden ist und die Interessen des Volkes im Grunde einheitlich sind“ (ebenda, S. 441/442)

„Widersprüche in der sozialistischen Gesellschaft unterscheiden sich grundlegend von Widersprüchen in den alten Gesellschaften,...... . Die Widersprüche in der kapitalistischen Gesellschaft finden ihren Ausdruck in heftigen Antagonismen und Konflikten......; sie können nicht vom kapitalistischen System selbst, sondern nur durch eine sozialistische Revolution gelöst werden. Widersprüche in der sozialistischen Gesellschaft ....... sind nichtantagonistisch und können fortlaufend durch das sozialistische System selbst gelöst werden.“ (ebenda, S. 444)

Da Mao davon ausging, dass in China

  • sozialistische Produktionsverhältnisse im wesentlichen geschaffen waren,
  • die nationale Bourgeoisie und ihre Parteien „ für den Sozialismus“ waren

schlussfolgerte er, dass zwischen Bourgeoisie und Proletariat der „Antagonismus verschwindet“, ja sich in einen nichtantagonistischen Widerspruch verwandelt habe, der demokratisch gelöst werden könne.

Meine Kritik hierzu:

  1. Diese Behauptungen Maos widersprechen der Theorie des Klassenantagonismus. Für Lenin war klar, dass der Klassenantagonismus im Sozialismus nur insofern „verschwindet“, dass die Ausbeuterklassen als Klasse „verschwinden“, da diese als Klasse liquidiert werden. Bei Mao dagegen verschwindet angeblich der Klassenantagonismus, OHNE dass die Bourgeoisie als Klasse verschwindet. Bei Lenin war das verschwinden des Antagonismus eindeutig FOLGE der Liquidierung der Bourgeoisie als Klasse, d. h. ihrer gewaltsamen Enteignung durch das an der macht befindliche Proletariat, also durch die Diktatur des Proletariats. Bei Mao dagegen wird der ursprüngliche antagonistische Widerspruch auf geheimnisvolle Weise in einen nichtantagonistischen verwandelt, worauf die Bourgeoisie zwar nicht als Klasse verschwindet, aber aufhört im Sozialismus feindlich zu sein, sogar seinen Aufbau akzeptiert.
  2. Mao schlussfolgerte im Grunde fälschlicherweise, weil Sozialismus herrsche, könne es auch keine antagonistischen Widersprüche zwischen Klasen geben. Dabei wird jedoch die erst im Aufbau befindliche sozialistische Gesellschaftsordnung, in der es auf ökonomischen Gebiet noch wesentliche Reste der alten Ausbeutergesellschaft gibt, mit der vollentwickelten und vollständig verwirklichten sozialistischen Gesellschaft durcheinander gebracht. Was China betrifft, so existiert ja gerade 1957 k e i n e s f a l l s, wie Mao behauptete, auf allen wesentlichen Gebieten das sozialistische System, sondern es existierten in noch bedeutendem Grade kapitalistische Ausbeutung und es existierte Bourgeoisie. Gerade dieser Teil der Realität Chinas durfte n i c h t als sozialistische Gesellschaft bezeichnet werden. In China existierten ( so wie auch in Russland nach den ersten Jahren nach der Oktoberrevolution) eben noch verschiedene Produktionsverhältnisse nebeneinander. Diese Tatsache durfte nicht verwischt werden, zumal es sich um in antagonistischem Widerspruch zueinander stehende Systeme von Ausbeutung und Abschaffung der Ausbeutung handelte.
  3. Widerspricht Maos Theorie, dass Proletariat und Bourgeoisie im Sozialismus nichtantagonistisch sind (BEIDE aber als Klassen noch existieren) nicht der „Kritik“ an Stalin, dass er keine antagonistischen Klassen im Sozialismus sieht (da die Ausbeuterklassen liquidiert sind), jedoch aber antagonistische Widersprüche bestehen, da die Reste der Ausbeuterklassen diesen ökonomischen Zustand (den sozialistischen) nicht akzeptieren und dagegen ankämpfen. Ich denke Mao und die KP China haben in ihrer Stalin-„Kritik“ in der Polemik eher ihre eigenen Positionen kritisiert und die von Stalin durcheinander gebracht.
  4. Es muss ein prinzipieller Unterschied gemacht werden zwischen der Frage, dass einzelne Angehörige einer bestimmten Klasse aus Feinden Freunde werden können, und der Frage, wie historisch bedingte ökonomische Gesellschaftsformen, wie der Kapitalismus und die ihr repräsentierenden Klassen, sich zueinander verhalten und geschichtlich abgeschafft werden können. Dies ist keine frage nationaler Besonderheiten, sondern eine prinzipielle Frage für alle Länder der Welt. Marx nennt in der Vorrede zur ersten Auflage des Kapitals die geschichtliche Ablösung einer Gesellschaftsformation durch die andere ein Naturgesetz. Daraus folgt aber, dass in jedem Land der Aufbau des Sozialismus die Liquidierung der Bourgeoisie als Klasse enthalten muss, dass in jedem Land der Aufbau des Sozialismus von vornherein unmöglich ist ohne die Diktatur des Proletariats, die eine Diktatur über die Kapitalistenklasse ist mit dem Ziel ihrer vollständigen Vernichtung ihrer Klasse!

Es bleibt somit nur eine Wahl: „Entweder die Marxsche Theorie des Klassenkampfes oder die Theorie des Hineinwachsens der Kapitalisten in den Sozialismus; entweder unversöhnlicher Gegensatz der Klasseninteressen oder die Theorie der Harmonie des Klasseninteressen“ (SW 12, S. 27/28)

Zusammenfassend ergibt sich, dass Mao in seiner Schrift „Über die richtige...........“ im wesentlichen zwei dem Leninismus grundlegend widersprechende Positionen propagiert hat.

  • Auf ökonomischen Gebiet könne man sich mit der Bourgeoisie nicht nur zeitweilig (nämlich der Phase der NÖP) arrangieren und koexistieren, sondern eine enge Zusammenarbeit sei gerade der Weg auf LANGE SICHT zur Schaffung sozialistischer Produktionsverhältnisse und zur Auflösung der Bourgeoisie auf friedlichem Weg, da die Parteien der Bourgeoisie sich angeblich für die Sache des Sozialismus einsetzen.
  • Daher sei auch von vornherein für den Aufbau diese so verstandenen Sozialismus keine Diktatur des Proletariats über die Bourgeoise nötig, sondern die Bourgeoisie könne vielmehr als Bündnispartner an der sozialistischen Staatsmacht beteiligt werden!

Mao hat für den Übergang von der demokratischen zur sozialistischen Revolution n i c h t in erster Linie die Errichtung der Diktatur des Proletariats als unbedingte, unverzichtbare Voraussetzung gesehen.

Vielmehr hat er unter Berufung auf die „chinesischen Besonderheiten“ (was immer das auch sein mag) den allgemeinen Antagonismus zwischen Arbeiterklasse und Kapitalistenklasse in China geleugnet, seine nichtantagonistische Behandlung gefordert, und somit der seit dem XX. PT der KPdSU international verbreiteten revisionistischen Propaganda von „friedlich-demokratischen“ Übergang zum Sozialismus ohne Diktatur gegenüber der Bourgeoisie massiv Vorschub geleistet.

Und noch mal betone ich: Diese Kritik richtet sich NICHT dagegen, dass zunächst noch drei bis vier Jahre lang die demokratische Diktatur des Volkes (mit Teilen der nationalen Bourgeoisie an der Staatsmacht) aufrechterhalten wurde zur Durchführung der demokratischen Revolution, die in einem großen Land wie China außergewöhnlich große, komplizierte und daher langwierige Aufgaben hatte. Diese Kritik verlangt schon gar nicht, dass gleich zu Beginn der sozialistischen Revolution alle Kapitalisten enteignet werden müssen. Es ist völlig korrekt, eine gewisse Zeit lang eine Politik der NÖP (nicht zu verwechseln mit einer Politik des politischen Bündnisses mit der Bourgeoisie) durchzuführen.

Der grundlegende Unterschied zwischen Lenin zu Zeit der NÖP und der KP Chinas besteht im folgenden:

Während Lenin klar auf der proletarischen Staatsmacht bestand, die sich lediglich auf ökonomischen Gebiet zeitweilig mit Staatskapitalismus verband, sprachen die KP Chinas und Mao von einem politischen Bündnis mit der nationalen Bourgeoisie und ihren Parteien!! Gerade ein solches Bündnis hatte es zur Zeit der NÖP niemals gegeben! Im Gegenteil lehrte Lenin, bei der Übernahme des Staatskapitalismus „keine diktatorischen Methoden zu scheuen“ und lehnte jedes politische Bündnis mit den konterrevolutionär gewordenen sozialrevolutionären Kräften ab, ganz zu schweigen von den NÖP-Leuten, die zwar ökonomisch geduldet, aber keinesfalls an der Regierung beteiligt wurden oder gar legal ihre Partei gründen durften. (eine kleine Anmerkung: Die Phase der NÖP ist nicht mit der neudemokratischen Etappe der Revolution in China gleichzusetzen, da die NÖP eine Phase der sozialistischen Revolution ist.)

Der entscheidende Fehler der KP Chinas war also, den Beginn der sozialistischen Revolution nicht mit der Errichtung der Diktatur des Proletariats über die Klasse der Kapitalisten verbunden zu haben. (ähnliches geschah auch in vielen osteuropäischen Staaten, was die Machtübernahme der Revisionisten dort noch erleichterte.)

Dies ist also meine Kritik an der Haltung Maos zur Bourgeoisie und ich hoffe ich konnte es dir etwas verständlicher machen. Es muss aber auch dabei erwähnt werden, dass es auch bei Mao eine Entwicklung in dieser Position gegeben hat: Zuerst- insbesondere unter dem Einfluss des XX. PT der KPdSU- ein Einschwenken auf eindeutig revisionistische Positionen, später aber eine allmähliche, wenn auch sicher widerspruchsvolle und unzugängliche Lösung von der Vorstellung, ohne Diktatur über die gesamte Bourgeoisie, also ohne Diktatur des Proletariats im vollen Sinne des Wortes, den Sozialismus aufzubauen.

Es ist so, dass Mao, der 1957 diese revisionistische Position propagiert hatte, sich später, zur Zeit der Kulturrevolution, belehrt durch die praktischen Erfahrungen, wieder den Ansichten des M-L, wie sie Stalin formuliert hat, anschloss vom „Kampf auf Leben und Tod“, von der „Diktatur über die Bourgeoisie“ sprach, „friedliche Koexistenz“ und „Gleichheit“ mit der Bourgeoisie sowie die Beschränkung auf „demokratische“ Methoden ihr gegenüber ablehnte!

Zu den anderen Punkten deines Briefes

„Ich stimme deinen und Molotows Ausführungen zu, aber sie lassen ein entscheidendes Schlüsselmoment vermissen: Den Kampf um die Denkweise! Bei aller Notwendigkeit einer Bürokratie im Sozialismus lässt sich keine kleinbürgerliche Entartung dieser rechtfertigen! Und die hat es definitiv gegeben! Was waren denn Chruschtschow und Co, um lediglich bei der Spitze des Einsberges zu bleiben, anderes als kleinbürgerliche Bürokraten? Und hatten sie nicht schon zu Stalins Lebzeiten ihre Posten? Die kleinbürgerliche Bürokratie ist auch beim Stalin und in Parteipublikationen, viel bedeutender aber auch in den Tatsachenberichten zur Gesellschaft der SU dokumentiert! Beispielsweise bei Anna Louise Strong und bei Lion Feuchtwanger.“

In diesem Abschnitt hast du ein Problem aufgezeigt, wo meiner Meinung nach tatsächlich die stärksten Fehler gemacht wurden! Du bezeichnest es als Kampf um die Denkweise, ich nenne es lieber ideologische Erziehung! Ich will nicht leugnen, dass es keine ideologische Erziehung der Parteikader, der Kader in Wirtschaft, Wissenschaft und Militär und der Arbeiter und Bauern gegeben hat. Doch diese war nicht stark genug. So konnten sich kleinbürgerliche Elemente im Staat ausbreiten. Diese kleinbürgerlichen Bürokraten waren nur dem Namen nach Kommunisten- benahmen sich aber absolut gegenteilig. So erklären sich z. B. auch die Fehler während der Säuberungen Ende der 30er. Ist die Regierung sozialistisch/kommunistisch, so erscheint dies wenig Problematisch, da die Revisionisten so unterlegen sind. Dass dies aber auf lange Sicht nicht gut gehen kann, brauche ich dir wohl aber nicht zu erklären. Die Entwicklung in der UdSSR hat gezeigt, dass dies wenig bringt (So waren die Kommunisten um Stalin Ende der 40er schon in der Minderheit, da großartige revolutionäre wie Andrej Shdanow umgebracht wurden (1948); mit der Leningrader Affäre 1949, wurden weitere Anhänger Stalins, ohne dessen Zustimmung, verhaftet, verurteilt und dann hingerichtet; auch Stalin war wohl Opfer dieser Intrigen geworden; als er am ende dann starb blieben als ehrliche Revolutionäre und Kommunisten nur noch Molotow und Kaganowitsch übrig, andere wie Malenkow und Berija waren zwiespältige Personen, die Revisionisten hatten am ende die Mehrheit im ZK). Die mangelnde ideologische Erziehung war wohl auch ein Grund dafür, weshalb der XX. PT so wenig Protest erhielt.

Zum andere wurde natürlich auch ideologische Erziehung bei den werktätigen Massen vernachlässigt- so waren sie sich ihrer Macht nicht oder wenig bewusst und konnten gegen solche kleinbürgerlichen Ausläufe wenig anrichten!

Ein weiteres Problem, das auch du ansprichst, ist das Problem der privilegierten Bürokraten.

Ob tatsächlich alle Funktionäre in Staat und Gesellschaft einer Kontrolle von unten erlagen, ob sie alle wähl- und abwählbar waren, vermag ich nicht zu sagen. Doch gehe ich mal davon aus dass es in den meisten Fällen (was zumindest die Parteikader angeht mit Sicherheit, wie es mit Betriebsdirektoren aussieht weiß ich leider nicht, kann mir aber da gut vorstellen das es „nur“ in den meisten Fällen wohl so war, dass auch sie dem demokratischen Zentralismus, spätestens seit der 36er-Verfassung unterlagen) wohl so war. Dennoch bleib das Problehm der Privilegien großteils erhalten (höher Löhne, leichtere und kürzere Arbeit, extra geräumige Wohnungen für Funktionäre, Firmenwagen etc.). Dies änderte zwar nichts am sozialistischen Charakter der Sowjetunion unter Stalins Führung (da es ja auch selbst für die ärmsten der Gesellschaft, die Möglichkeit gab gesellschaftlich aufzusteigen), dennoch förderte dies die Kleinbürgerliche Lebensweise und somit auch die Denkweise, was die Restauration des Kapitalismus erleichterte. Es stellt sich nun die Frage wieso es zu solchen Privilegien und hohen Lohnunterschieden in der Sowjetunion kommen konnte. Der marxistische Historiker Bill Bland gibt in seiner vor der „Communist League“ gehaltenen Vortrag „Stalin- Mythos und Wirklichkeit“ folgende Erklärung, die meiner Meinung nach, die Gründe dafür verständlicher macht:

4. Zu große Unterschiede

Lenin und Stalin haben sich immer wieder öffentlich dafür ausgesprochen, dass, obwohl die Entlohnung von Arbeitern im Sozialismus auf der Quantität und Qualität der geleisteten Arbeit beruhen muss, die Lohnunterschiede rigoros eingedämmt werden sollten. Bis zu den 30iger Jahren wurde dieses Prinzip auch streng eingehalten. Die Kampagne, von diesem Prinzip abzugehen, begann damit, dass sich eine gewisse Anzahl von Fabrikdirektoren und Gewerkschaftsfunktionären in einer Reihe von Branchen für eine völlige Aufhebung der Lohnunterschiede einsetzte. Im Juni 1931 verurteilte Stalin völlig richtig die Aufhebung der Lohnunterschiede. Dies nahm etwa ab 1934 die revisionistische Mehrheit in den führenden Parteiorganisationen der KPdSU zum Anlass, nach und nach immer größere Lohnunterschiede einzuführen, wofür sie als Begründung Stalins Verurteilung der Gleichmacherei bei den Löhnen heranzogen. Das führte schließlich dazu, dass ein staatlicher Angestellter mehr als 40 mal so viel erhielt wie ein Arbeiter. Der von einem Chauffeur gefahrene Wagen dieses staatlichen Funktionärs wurde dann bald als sein Privateigentum betrachtet, mit dem er sich dann mit seiner Familie zusammen am Wochenende zu seiner Datscha fahren ließ. Ein Fabrikdirektor erhielt bald bis zu 30 mal so viel an Gehalt und Zulagen wie ein Arbeiter seiner Fabrik. Und statt für die Ehre, Parteimitglied zu sein, finanzielle Nachteile zu haben wie dies vorher der Fall war, wurde den Mitgliedern der KPdSU jetzt alle möglichen Privilegien eingeräumt wie die Versorgung mit besonderen Läden, die überdurchschnittlich gut mit Personal ausgestattet waren, so dass man sich dort nicht lange anzustellen brauchte und in denen Waren angeboten wurden, die es in anderen Läden nicht gab. Diese übertriebenen Unterschiede führten für sich genommen nicht dazu, dass der sozialistische Charakter des sozialen Systems zerstört wurde. Jedoch wurden dadurch die Voraussetzungen geschaffen für die Entstehung einer hoch privilegierten Schicht von arbeitenden Menschen eine Schicht, die dann später, nach Stalins Tod, sich mit Begeisterung dem Revisionismus und kapitalistischen Prinzipien zuwandte. Es wurden die Grundlagen geschaffen für das schließliche Wiedererstehen einer ausbeutenden Klasse von Staatskapitalisten. Wenn Stalin nun aus irgendeinem Grunde seine prinzipielle Haltung geändert haben sollte in dieser Frage, hätte man von ihm erwarten können, dass er das zum Ausdruck brachte. Ich habe jedoch eine solche Erklärung noch nirgendwo entdeckt. Auf der anderen Seite: Wenn er weiterhin dagegen war, aber an eine Mehrheitsentscheidung 5 gefesselt war, dann hätte man von ihm erwarten können, nichts in der Öffentlichkeit dazu zu sagen, sondern seinen Widerstand gegen diesen Kurs innerhalb der Parteiorganisationen deutlich zu machen. So kam es, dass der 'Persönlichkeitskult' zusammen mit dem demokratischen Zentralismus der Partei dazu führte, dass es nach außen so schien, als ob Stalin die Politik der außerordentlich hohen Lohnunterschiede unterstützen würde, wobei man sich die Tatsache zunutze machte, dass Stalin es gewesen war, der sich ursprünglich gegen die Gleichmacherei bei den Löhnen ausgesprochen hatte.

Zur Kulturrevolution:

Ich wollte mit einigen dieser „anarchistischen Ausläufen“ keineswegs aufzeigen, dass dies in der Kulturrevolution Gang und Gebe war. Meine Absicht war eine andere:

Die MLPD behauptet ja, dass durch die (ausschließlich) bürokratischen Methoden der stalinistischen Säuberungen in den 30ern – was ja an sich schon falsch ist - , auch viele unschuldige Menschen verurteilt wurden (auch wenn es sicher wesentlich weniger waren, wie die bürgerliche Propaganda behauptet, ist mir ein unschuldig Verurteilter einer zu viel, wobei ich mir von der politischen Notwendigkeit durchaus im Klaren bin). Das lässt darauf schließen, dass es umgekehrt nicht so was gegeben hätte; d. h., wenn nur die Massen „säubern“ würden, wären keine unschuldigen verurteilt worden. (ob das die MLPD tatsächlich so meint oder nicht, ist mir hier egal, da die Formulierung darauf zurückschließen lässt).

Durch die Fehler die in der Kulturrevolution unterlaufen sind, wollte ich nur das Gegenteil beweisen.

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(Der Brief wurde auf Wunsch des Verfassers gelöscht!)

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