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Der Kampf gegen den Antisemitismus in der Sowjetunion

von Michael K.

Eine der vielen Vorurteile, die gegen die sozialistische Sowjetunion unter Stalin verbreitet werden, ist, dass Juden in der Sowjetunion unterdrückt wurden. Das heißt also, Stalin sei Antisemit gewesen und die Sowjetunion sei ebenfalls so antisemitisch wie Nazi-Deutschland, nur halt mit dem Unterschied, das Juden in der Sowjetunion nicht vergast wurden. Dieses geradezu perverse Vorurteil, dessen Zweck es wohl ist den Holocaust an den Juden durch die Nazis zu relativieren, widerspricht allen geschichtlichen Tatsachen! Ein Buch, dass den Antisemitismus in der Sowjetunion „beweisen“ soll ist: „Stalin’s forgotten Zion – Birobidzhan and the making of a Soviet Jewish homeland - an illustrated History 1928-1996“ (http://www.swarthmore.edu/Home/News/biro/index2.html). Dieses Buch kann zwar nicht alle überwältigenden positiven Aspekte von Birobidzhan leugnen – dennoch wird alles Mögliche getan, um den Antisemitismus in der Sowjetunion nachzuweisen. Zum Beispiel (slide #32): „1948 startete Stalin eine mörderische Kampagne um jegliche jüdische intellektuelle und kulturelle Aktivität in der Sowjetunion zu zerstören. Er und andere fürchteten die bemerkbare politische Untreue der sowjetischen Juden nach der Gründung des Staates Israels und sie (Stalin und die sowjetische Führung – M. K.) waren somit von zügellosem Antisemitismus motiviert. In der autonomen jüdischen Region, wurden prominente jüdische Funktionäre und Kulturträger verhaftet und eingesperrt. Bei dem wohl gravierendsten Angriff, wurden etwa 30.000 Bücher der Judica-Kollektion der Volksbibliothek verbrannt. Die Antijüdische Angriff in Stalins letzen Jahren brachte dem Experiment Birobidzhan den Todesstoß.“ Man beachte nur die Wortwahl: „tödliche Kampagne“. Von Morden ist aber nichts zu lesen (weil niemand ermordet wurde!). Man berichtet von Bücherverbrennungen, nachgewiesen wird das nicht! (wer tat das und warum?). Keine Fakten, keine Argumente, keine Beweise, nur Verleumdungen, Anschuldigungen und Behautpungen! So zieht es sich über das ganze Buch hinweg! Fakt ist: Es gab keine antisemitischen Kampagnen in der Sowjetunion in dieser Zeit! Erstens wissen wir, dass Stalin den Antisemitismus entschieden verurteilte: "Der Antisemitismus ist eine extreme Form des rassischen Chauvinismus, ist das gefährlichste Überbleibsel des Kannibalismus. ...Deshalb können Kommunisten als Internationalisten nur unversöhnliche, geschworene Feinde des Antisemitismus sein. ...Nach den Gesetzen der UdSSR unterliegen aktive Antisemiten der Todesstrafe." (Josef W. Stalin, 'Antisemitismus', in: 'Werke', Band 13, Moskau, 1955, S. 30). Zweitens hatten als antisemitisch titulierte Kampagnen, wie der Kampf gegen den Kosmopolitismus keine antisemitischen Hintergründe: Jüdische Schriftsteller, wie Benjamin Pinkus, Professor für jüdische Geschichte an der Ben-Gurion-Universität in Israel, geben selbst zu, dass „es wichtig ist, darauf hinzuweisen, dass es in diesen Attacken (die anti-kosmopolitische Kampagne) keine antijüdischen Untertöne gab, weder direkte noch indirekte." (Benjamin Pinkus, 'Die Juden der Sowjetunion. Die Geschichte einer nationalen Minderheit', hiernach zitiert als 'Benjamin Pinkus, 1989', Cambridge, 1989, S. 152, zitiert nach Bill Bland: Der frühe Kampf der sozialistischen Sowjetunion gegen die Globalisierung http://red-channel.de/mlliteratur/sowjetunion/global.htm).

"Die Hauptopfer ... waren zwei Nichtjuden - der Satiriker M. Soschtschenko und die Dichterin A. Akhmatowa." (Benjamin Pinkus, 1989, ebenda, S. 151, zitiert nach Bill Bland a. a. O.).

Des weiteren beteiligten sich viele Juden an der anti-kosmolitischen Kampagne (Benjamin Pinkus, 1989, ebenda, S. 151, zitiert nach Bill Bland, a. a. O.).

Was die sogenannte Ärzteverschwörung (hierbei ging es darum, dass die Ärzte des Kremls durch Fehldiagnosen hohe Parteifunktionäre, wie Andrej Shdanow umbrachten. Diese Vorfälle wurden mithilfe der Ärztin Lidija Timaschuk aufgedeckt – M. K.) angeht, so berichtet die russische Zeitung „Prawda“ vom 13. Januar 1953 dass,

„... die meisten Mitglieder der terroristischen Gruppe (M. S. Wowsi, B. B. Kogan, A. I. Feldmann, A. M. Grinschtein, J. Etinger u.a.) mit der internationalen jüdisch-bürgerlichen nationalistischen Organisation 'Joint', die vom US-Geheimdienst installiert worden war, um Juden im Ausland materielle Unterstützung zu gewähren, in Verbindung standen. Tatsächlich führt diese Organisation unter Anleitung des US-Geheimdienst in einer ganzen Reihe von Ländern, einschließlich der Sowjetunion, eine ausgedehnte Spionagetätigkeit und terroristische und andere subversive Akte aus. ... Der verhaftete Wowsi gab vor den Untersuchungsbeamten an, dass er Anweisungen erhalten habe, 'die führenden Kader der UdSSR auszuschalten', Anweisungen, die er aus den USA über die Organisation 'Joint' durch den Moskauer Arzt Schimeljowitsch und den bekannten jüdisch-bürgerlichen Nationalisten Mikhoels erhalten habe.

Andere Mitglieder der terroristischen Gruppe wie W. N. Winogradow, M. B. Kogan oder P. I. Jegorow erwiesen sich als altgediente Agenten des britischen Geheimdienstes."

('Prawda' vom 13. Januar 1953, S. 4, in: 'Aktueller Überblick über die sowjetische Presse', Band 4, Nr. 51 vom 3. Januar 1953, S. 3, zitiert nach Bill Bland: Die Ärtzeverschwörung und der Tod Stalins http://red-channel.de/mlliteratur/sowjetunion/aerzteprozess.htm).

„Die Staatssicherheitsorgane entdeckten die terroristische Sabotageorganisation der Ärzte nicht rechtzeitig. Diese Organe hatten jedoch Anlass genug, besonders wachsam zu sein, da die Geschichte bereits Beispiele von abscheulichen Mördern und Verrätern am Vaterland kennt, die ihre Intrigen hinter der Maske von Ärzten ausführten wie die 'Ärzte' Lewin und Pletnew, die den großen russischen Schriftsteller A. M. Gorki und die hervorragenden sowjetischen Staatsmänner W. W. Kuibyschew und W. R. Menschinski auf Anordnung von Feinden der Sowjetunion hin durch bewusst falsche Behandlungsmethoden ermordeten." ('Prawda' zitiert nach Bill Bland a. a. O., ebenda).

Die ursprüngliche Stellungsnahme besagte, dass " ... die kriminellen Ärzte gestanden hatten."

('Prawda' vom 13. Januar 1953, in: ebenda, S. 3, zitiert nach Bill Bland, a. a. O.).

... und auch Chruschtschow erklärte in seiner Geheimrede an den 20. Parteitag der KPdSU

im Februar 1956:

"Kurz nachdem die Ärzte verhaftet worden waren, erhielten wir als Mitglieder des Politbüros Protokolle, die die Geständnisse der Ärzte enthielten."

(N. S. Chruschtschow, Geheimrede an den 20. Parteitag der KPdSU, in: Bill Bland a. a. O.).

Nach Stalins Tod wurde die Sache als Antisemitischer Willkürakt Stalins dargestellt. Aber nachdem revisionistischen Staatstreich 1953-1956 wurden die Ärzte freigelassen und gaben ihre Schuld zu:

„Nachdem wir alle entlassen worden waren, erzählten mir Wowsi und Winogradow selbst, dass sie die ihnen zur Last gelegten Verbrechen zugegeben hatten. Der am meisten tragische Aspekt dieser Geständnisse lag darin, dass die betreffende Person nicht nur die Verbrechen zugab, die sie angeblich eigenhändig ausgeführt hatte, sondern darüberhinaus auch die Existenz von kriminellen Organisationen und kollektiver krimineller Handlungen. ... Der Beschuldigte wurde dazu verleitet, dadurch mit der Untersuchungsbehörde zu kooperieren, dass er die Verbrechen anderer gleich mit gestand. Das traf auf Wowsi und Winogradow zu, aber auch auf andere.

Sophia Karpai, einst Ärztin am Kremlkrankenhaus, berichtete mir im Sommer 1953 über ihre Gegenüberstellung mit Wowsi, Winogradow und Wasilenko im Gefängnis.

Sie sagten ihr ins Gesicht, dass sie es gewesen sei, die ihre kriminellen Befehle, die Patienten auf schädliche Weise zu behandeln, ausgeführt habe. ...

So waren also diejenigen, die umgefallen waren, selbst zu Zeugen der Anklage geworden."

(Y. Rapoport, Die Ärzteverschwörung. Stalins letztes Verbrechen, London 1991., S. 137, zitiert nach Bill Bland, a. a. O.).

Darüberhinaus sagten die entlassenen Ärzte aus, dass ihre Geständnisse nicht durch die

Anwendung von

" ... Folter, wovon es in den denkwürdigen Säuberungsjahren 1937-39 verbreitet Gerüchte gab, erpresst worden seien. ... Winogradow teilte mir mit, dass er von Anfang an entschlossen gewesen sei, alles zuzugeben - auch was die Vorwürfe der Spionage für Frankreich und Großbritannien betraf und nicht zu warten, bis sie anfingen, ihn zu foltern." (Y. Rapoport, ebenda, S. 138, zitiert nach Bill Bland a. a. O.).

An diesen Tatsachen lässt sich festmachen, dass die Ärzte nicht wegen jüdischen Glaubens oder Verbindung mit jüdischen Geheimdiensten verurteilt wurden, sondern weil sie Tatsächlich durch Fehldiagnosen den Tod einiger hoher Funktionäre hervorgebracht hatten, bzw. dies planten! Dazu schreiben H. Wauer und E. Friedweg in „Die Wahrheit über Stalin – Entlarvung der heimtückischen und verlogenen Geheimrede Chruschtschows an den XX. Parteitag des KPdSU: „Stoljarow kommt anhand des Studiums der MGB-Akten zu exakten Erkenntnissen. Zunächst war das Kriterium für Verhaftungen nicht die Zugehörigkeit zur jüdischen Nationalität. Der Verdacht gegen eine Reihe führender Ärzte wegen vorsätzlicher Fehldiagnosen und Falschbehandlungen, die oft zum Tode führten, bestand außerdem schon 1948. damals erfolgte auch die erste Anzeige von Frau Dr. Timaschuk, die als leitende Ärztin für Anästhesie im Kremlkrankenhaus fungierte. Ihr lagen nicht nur z.B. die EKG-Aufzeichnungen oder – Diagramme von Shdanow vor. Sie machte sie selber im Auftrag der Internisten und Kardiologen. Diese und weitere Anzeigen wurden 1948 und in den Folgejahren an das Ministerium für Staatsicherheit zur Überprüfung geleitet, blieben dort jedoch zunächst unbeachtet liegen.

Auch Stalins führender Leibwächter Generalleutnant Wlassik war schon 1948 über Verdachtsmomente informiert worden. Er betrachtete es allerdings nicht als seine persönliche Aufgabe, den Anschuldigungen nachzugehen, sondern informierte darüber das Ministerium für Staats­ sicherheit, wo ihm gesagt worden sei, daß man dort die Frage gründlich untersuchen und Stalin und das Politbüro gegebenenfalls rechtzeitig informieren werde. Doch dort leitete man erst im November 1950 auf dringenden Anlaß hin (die mysteriösen Todesfälle häuften sich) eine Untersuchung gegen beschuldigte Ärzte ein, u. a. gegen einen Professor Dr. med. Jakow Giljarowitsch Etinger. Nach seiner Verhaftung legte dieser, nachdem er gegenüber Abakumow seine Schuld zunächst bestritten und seine jüdische Nationalität heraus­ gestellt hatte, ein umfassendes Geständnis ab, das in die Richtung ging, daß man Mordaufträge aus dem Ausland erhalten und auch ausgeführt habe.

Man habe sogar außer Shdanow noch weitere Politbüromitglieder wie Malenkow ins Visier genommen (eine als SDR - Bund des Kampfes für die Sache der Revolution - enttarnte Jugendgruppe bürgerlicher Natio­ nalisten behauptete und gab u.a. nach der Verhaftung zu Protokoll, daß Malenkow Antisemit sei). Man sei auch entschlossen gewesen, Stalin bei sich bietender Gelegen­ heit umzubringen (das ergab eine Tonbandaufzeichnung). Diese u.a. gegenüber Rjumin (damals Oberstleutnant des MGB) gemachten Aus­ sagen waren aber gar nicht nach dem Geschmack der für politische Untersuchungen zuständigen Oberste Komarow und Schwarzman oder der Büroverwalter des MGB wie Tschernow und Browerman. Man versuchte die Angelegenheit zu vertuschen. Es kam aber etwas Uner­ wartetes hinzu. Etinger erlitt einen Herzanfall und verstarb, was großes Aufsehen erregte. Die Aussage Etingers ordnete sich in andere Sachverhalte ein. Z. B. im Jahre 1948 war bereits ein gewisser Sergej Sergejewitsch Judin, Chef­ chirurg im Institut Sklifosowki (seiner Nationalität nach Russe), verhaf­ tet werden. Die Beschuldigung lautete auf Mitgliedschaft in einer Verschwörergruppe, die sich den Sturz der Sowjetmacht zum Ziel gesetzt hatte. Judin wurde Mord an Patienten vorgeworfen. Judin sagte aus, daß die Verschwörergruppe von Marschall Woronow geleitet würde und die Einsetzung von Marschall Shukow als sowjetischen Regierungschef beabsichtigt sei. Auch hier stellten sich Ungereimtheiten heraus. Der Vorwurf gegen Woronow und Shukow erwies sich als Fälschung und sollte der Unter­ grabung der Kampfkraft der Roten Armee dienen. Der Mordverdacht erhärtete sich. Bezüglich der Verbindungen von Ärzten z. B. zu Organisationen der USA gab es eindeutige Beweise. Mediziner konnten diese zunächst damit begründen, daß sie aus den USA und anderen westlichen Ländern know-how und medizinische Geräte abschöpfen wollten. Staats­ sicherheitsoffizieren und medizinischen Gutachtern fiel allerdings auf, daß z.B. mit der Vergabe von medizinischen Geräten in die UdSSR oft Personalauflagen verbunden waren, daß mit gleicher Medizintechnik unerklärbar differierende Ergebnisse erzielt wurden usw. Man stieß auf eine Fülle dringender Verdachtsmomente für eine konterrevolutionäre Tätigkeit im Medizinbereich.“ ( H. Wauer und E. Friedweg in „Die Wahrheit über Stalin – Entlarvung der heimtückischen und verlogenen Geheimrede Chruschtschows an den XX. Parteitag des KPdSU, Schriftenreihe der KPD, Heft Nr. 41, Berlin Juni 1998, S. 59f, Wauer und Friedweg beziehen sich hierbei auf das Buch: Kirill Stoljarow: Henker und Opfer, ein Dossier (russisch), OLMA-PRESS, Moskau 1997).

Der berühmte sowjetische Dissident Zhores Medvedev (er lebt jetzt im U. K.) schrieb vor kurzem ein Buch mit dem Titel „Stalin und die jüdische Frage“, indem unmissverständlich dargestellt wird, dass Stalin kein Antisemit ist. Und Medvedev hasst Stalin!

In Ilja Ehrenburgs „Antwort auf einen Brief“ (veröffentlicht in der Prawda am 21. September 1948: siehe http://www.chss.montclair.edu/english/furr/pol/erenburganswer.pdf) wird ebenfalls deutlich, dass er sich als sowjetischer Jude sieht, sich gegen den Antisemitismus und Zionismus stellt und in Israel keine „Heimat“ für die unterdrückten Juden der Welt sieht, da es sich um einen kapitalistischen Staat handelt.

Folgende Zahlen zeigen ebenfalls, dass die Sowjetunion unmöglich antisemitisch gewesen sein konnte:

„Von den 2562000 jüdischen Flüchtlingen in den Jahren 1935 bis 1943 hatten allein 1930000 oder 75,3 Prozent in der UdSSR eine neue Heimat gefunden. Die Sowjetunion förderte auch keineswegs die Emigration jüdischer Sowjetbürger in irgendeine andere Region der Welt, auch nicht nach Palästina. Und sie war die einzige Großmacht, die in der zweiten Hälfte der vierziger Jahre, als das Nahost-Problem brennend wurde, keine Waffenlieferungen an irgendeine Partei dieses Gebiets leistete.

Diese Tatsachen beweisen den unabhängigen, nicht von eigenen Interessen getriebenen Standpunkt der UdSSR in der Israel-Frage .“ („Die Wahrheit über Stalin“, eine Broschüre der KPD/ML vom 1979).

Was die Gründung des Staates Israels und der Rolle der Sowjetunion angeht, heißt es in derselben Broschüre weiter:

„’Am 2. April 1947 ersuchte Großbritannien als Mandatarstaat den Generalsekretär der Vereinten Nationen, ‚die Palästinafrage auf die Tagesordnung der nächsten ordentlichen Sitzung der Generalversammlung zu setzen’. Und am 21. und 22. April 1947 ersuchten Ägypten, Irak, Syrien, Libanon und Saudi-Arabien den Generalsekretär, das folgende Thema mit auf die Tagesordnung zu setzen: Die Beendigung des Mandats von Palästina und die Erklärung seiner Unabhängigkeit’.

Die Generalversammlung ernannte ein Sonderkomitee (UN-SCOP), welches Palästina besuchen und Nachforschungen anstellen sollte. Der Bericht, den es am 31. August 1947 lieferte, bestand aus zwei Plänen: einem Mehrheitsplan der Teilung mit einer wirtschaftlichen Union und einem Minderheitsplan eines Bundesstaates.

Die Teilungsresolution

Die Teilungsresolution - als Empfehlung ausgedrückt - trennte Palästina in sechs Hauptteile - drei davon (56% des Gesamtgebietes) waren für einen ‚zionistischen Staat’ reserviert; die anderen drei mit der Enklave Jaffa (43%) für einen ‚arabischen Staat’. Jerusalem und Umgebung (0,65%) sollte eine ‚internationale Zone’ unter der Verwaltung der Vereinten Nationen werden.

In den ‚zionistischen Staat’ waren alle Gebiete, die in jüdischem Besitz und/oder von Juden bewohnt waren, natürlich eingeschlossen. Doch diesen wurden weite Gebiete angegliedert, die gänzlich in arabischem Besitz und ausschließlich von Arabern bewohnt waren, welche die Zionisten aber begehrten. Südpalästina zum Beispiel (Negev), welches das halbe Gebiet Palästinas umfasst und in dem der jüdische Besitz weniger als 1/2% ausmachte, wurde in das für den ‚zionistischen Staat’ vorgesehene Gebiet eingeschlossen. Auf der anderen Seite sollte der ‚arabische Staat’ die geringstmögliche Anzahl Juden und das kleinstmögliche jüdische Landgebiet umschließen. Die Bevölkerung des ‚zionistischen Staates’ sollte 498000 Juden und 497000 Araber umfassen; die des ‚arabischen Staates’ dagegen 725000 Araber und nur 10000 Juden. Die restlichen Araber und Juden sollten in der ‚internationalen Zone’ von Jerusalem leben.

Die Araber lehnten die Teilung mit der Begründung ab, dass sie die Bestimmungen der Charta der Vereinten Nationen verletzte, welche einem Volk das Recht zuerkennt, sein Schicksal selbst zu bestimmen. Die arabische Ablehnung stützte sich auf die Tatsache, dass in dem ‚jüdischen Staat’, dessen Bevölkerung zu 50% aus Arabern und zu 50% aus Juden bestand - wobei den Juden weniger als 10% der gesamten Landfläche gehörte -, den Juden die Führungsrolle zugesprochen werden sollte.’

Bei der Diskussion dieser Pläne sagte der sowjetische Delegierte im November 1947:

‚Dass kein westeuropäisches Land imstande gewesen ist, die Verteidigung der elementaren Rechte des jüdischen Volkes zu gewährleisten oder es vor den Gewaltakten der faschistischen Henker zu schützen - das erklärt das Verlangen der Juden, ihren eigenen Staat zu gründen. Man kann dieses Recht dem jüdischen Volk nicht verweigern, wenn man alles berücksichtigt, was es im Verlauf des zweiten Weltkrieges erlitten hat. ... Weder die Vorgeschichte noch die heutigen Verhältnisse in Palästina können eine einseitige Lösung der palästinensischen Frage rechtfertigen, sei es im Sinn der Gründung eines unabhängigen arabischen Staates, ohne die legitimen Rechte des jüdischen Volkes zu berücksichtigen, sei es im Sinn der Gründung eines unabhängigen jüdischen Staates ohne Berücksichtigung der legitimen Rechte der arabischen Bevölkerung ... Die Interessen der Juden wie der Araber Palästinas können in angemessener Weise nur durch die Gründung eines jüdischarabischen Staates geschützt werden, der demokratisch und unabhängig ist ... Sollte diese Lösung wegen den immer gespannteren Beziehungen zwischen Juden und Arabern nicht zu verwirklichen sein - und es ist sehr wichtig, die Meinung der Sonderkommission über diesen Punkt zu erfahren - müsste man eine zweite Lösung prüfen, die wie die erste in Palästina ihre Anhänger hat und die Teilung dieses Landes in zwei unabhängige Staaten vorsieht: einen jüdischen und einen arabischen Staat. Ich wiederhole: diese Lösung wäre nur gerechtfertigt, wenn sich herausstellen sollte, dass die Beziehungen zwischen Juden und Arabern Palästinas so gespannt sind, dass es unmöglich ist, die friedliche Koexistenz der Araber und Juden zu gewährleisten.’

Die sowjetische Delegation hatte der Versammlung, wie auch aus dieser Redepassage hervorgeht, im Frühjahr 1947 den Vorschlag unterbreitet, einen gemeinsamen Jüdisch-arabischen Staat mit demokratischem Charakter zu bilden und so die nationalen Spannungen zu beseitigen.

Das war ein Vorschlag, wie er ganz der Linie der Stalinschen Außenpolitik entsprach, wie wir sie auch schon in anderen Fällen gesehen haben. Nur fand sich für diesen Vorschlag keine Mehrheit, und vor allem waren auch die Beteiligten dagegen.

Um trotzdem zu einer Lösung zu kommen, sprach sich die sowjetische Delegation für den Weg der Errichtung zweier Staaten aus, verbunden durch eine Wirtschaftsunion. Sie tat das, wie ja auch der Sowjetdelegierte betont hatte, aus der Kenntnis der furchtbaren Tragödie der Juden in Europa. Der sowjetische Vorschlag hatte aber sowohl ursprünglich wie auch später Immer eine Bedingung: den vollständigen Rückzug der britischen Truppen. In einem Artikel der ,’Iswestija’ vom 8. Februar 1947 wurde diese Forderung als unverzichtbar und Grundvoraussetzung für eine friedliche Lösung bezeichnet.

Und der Teilungsplan, den die UNO verabschiedete, entsprach durchaus nicht den zionistischen Zielen von einem Großisrael. Die UdSSR unterstützte nicht den Zionismus, sie unterstützte solche Juden, die aus Europa flohen und sich jetzt auch gegen die britische Besatzung wandten.

Der Teilungsplan war ein aus der Situation geborener Kompromiss. Die richtige Lösung, ein gemeinsamer demokratischer Staat Palästina für Juden und Palästinenser, scheiterte an den Machenschaften der Imperialisten.

Die britischen Kolonialherren hetzten die arabischen Feudalen der umgebenden Staaten, über deren Armeen sie verfügten, auf. Die neue imperialistische Macht in diesem Raum, die USA, unterstützte nach einigen Wendungen die zionistischen Organisationen. Zwischen Juden und Palästinensern herrschten schließlich extrem aufgepeitschte nationale Differenzen.

(…)

In dieser komplizierten Situation stimmte die Sowjetunion eben diesem Kompromiss des Teilungsplans zu. Mehr noch. Sie musste für diesen Kompromiss sogar noch einen Kampf führen, gegen die USA zum Beispiel, die nach anfänglicher Unterstützung dieses Plans eine Zeitlang einer anderen Lösung zuneigte: nämlich einer UNO-Treuhandschaft über Palästina, mit den USA als Treuhänder, was eine Neuauflage der Mandatsherrschaft gewesen wäre.

(…)

Ende des Jahres 1952, als diese Rolle Israels deutlich wurde, brach die Regierung der UdSSR die diplomatischen Beziehungen zu Israel ab.

Der Versuch war gescheitert.

Es war der Versuch gewesen, in einer Region, wo seit langem Spannungen geschürt wurden, für Frieden und Ausgleich der Völker zu sorgen.

Dass die UdSSR niemals den Zionismus unterstützt hat in seinen Bestrebungen, ein Großisrael zu erzwingen, zeigt sich nicht nur daran, dass sie keine Waffen lieferte und dass sie die Auswanderung der Sowjetjuden nicht förderte, sondern auch daran, dass die KPdSU(B) es begrüßte, als in den volksdemokratischen Ländern Osteuropas feindliche Gruppen entlarvt wurden, an denen auch Zionisten beteiligt waren, dass denen der Prozess gemacht wurde. (Ebenda, S. 120ff)

Es zeigt sich, dass die Sowjetunion das Gegenteil eines antisemitischen Staates war, das beweisen auch folgende Zitate:

„ Die Sowjetunion ist der einzige Staat der Welt, in dem es ein Verbrechen ist einer Person direkt oder indirekt auf Grund seiner Rasse oder Nationalität Privilegien zu verschaffen und wo jegliche Verkündigung von Hass oder Geringschätzung einer Rasse oder Nationalität unter Strafe steht. Dies war ein ‚Hauptpunkt’ der in die sowjetische Verfassung eingeschlossen wurde, die nach dem grenzüberschreitenden Aufstieg Hitlerdeutschland angenommen wurde. Handlungen mir Rassenvorurteilen werden in der Sowjetunion unterschiedlich behandelt. Alltägliche Schlägereien unter betrunkenen Russen können als einfache Missetaten gelten, aber erfolgt eine Schlägerei zwischen Russen und Juden, in der nationale Namen dazu verwendet werden die nationale Würde eines Menschen zu beschimpfen, wird dies als politische Straftat gehandelt.“ (Strong, Anna L. The Soviets Expected It. New York: The Dialpress, 1941, p. 40, Übersetzung von mir).

„Die offizielle Haltung der Kommunistischen Partei und der Sowjets bezüglich des Antisemitismus oder in der Tat bezüglich jeglichen Aufflammens von Rassenhass, ist von einer kompromisslosen Feindschaft geprägt.“ (Chamberlin, William Henry. Soviet Russia. Boston: Little, Brown, 1930, p. 228, Übersetzung von mir).

[Ich hoffe keiner wird behaupten wollen, Chamberlin ist ein Freund Stalins].

„Wie groß die Diskriminierung gegen Juden in Erziehungsanstalten war, ist schwer zu sagen. Es war zwar niemals durchgängig, aber zweifellos vorhanden. Es war ausweichend und es wurden immer Kämpfe dagegen geführt. Meine beste Freundin fühlte sich eine Zeit lang bei ihrer Universitätsarbeit geschwächt, weil sie das Aufkommen des Antisemitismus ablehnte, der scheinbar vom Parteisekretär der Universität gefördert wurde. Eines Tages kam sie jauchzend nach Hause: ‚Nun weiß ich, dass die Partei nicht auf Seiten des Antisemitismus steht’, sagte sie. ‚Sie entfernten A… aus seinem Posten. Er leitete hier die Universitäten für das Zentralkomitee und war für den Antisemitismus verantwortlich.’“ (Strong, Anna Louise. The Stalin Era. New York: Mainstream, 1956, p. 112. Übersetzung von mir)

„Stalin hat wiederholt, zusammen mit anderen Formen des Rassenhasses, den Antisemitismus verurteilt. Russland hat stets eine Gesellschaft aufgebaut, die frei ist von den gefährlichen Keimen des Rassenhasses. Juden haben, wie alle anderen auch, die Freiheit dort zu leben, wo sie es möchten, Universitäten und Fachschulen zu besuchen und jenen Beruf zu ersuchen, der für sie selbst geeignet ist. Weil die Juden nur vereinzelt lebten und ihre Sprache und Kultur nicht richtig wahren konnten, als sie eine Minderheit unter anderen Gruppen waren, wurde das Gebiet Birobidzhan ein fruchtbares Gebiet, so groß wie Holland und Belgien zusammen, für jene gegründet, die dort zu leben wünschen.“ (Davis, Jerome. Behind Soviet Power. New York , N. Y.: The Readers' Press, Inc., c1946, p. 73, Übersetzung von mir).

“Juden wurden bei der öffentlichen Arbeit nicht diskriminiert, und fast jede Arbeit ist öffentlich. Antisemitismus drückt sich eigentlich in sozialer Missachtung, manchmal in offenen Beleidigungen aus. Aber die Übeltäter können und werden verhaftet und in Gerichten verhört, die sie üblicherweise bestrafen.“ (Baldwin, Roger. Liberty Under the Soviets, New York: Vanguard Press, 1928, p. 76, Übersetzung von mir).

“Die Kommunistische Partei ist dem Zionismus offiziell feindlich eingestellt und kein Kommunist kann ein Zionist sein.“ (Baldwin, Roger. Liberty Under the Soviets, New York: Vanguard Press, 1928, p. 78, Übersetzung von mir) .

“ Wie gesund und wirksam die Nationalitätenpolitik der Union ist, habe ich am besten sehen können an ihrer Methode, die uralte, leidige und scheinbar unlösbare Judenfrage zu lösen. Der zaristische Mi nister Plehwe wußte dafür, nach seinen eigenen Worten, keinen andern Weg als den, ein Drittel der Juden zur Bekehrung, ein Drittel zur Auswanderung und ein Drittel zum Krepieren zu zwingen. Die Union wußte einen andern Weg. Sie hat den größeren Teil ihrer fünf Millionen Juden assimiliert, dem andern Teil hat sie eine weites, autonomes Gebiet und die Mittel zu seiner Kolonisierung zur Verfügung gestellt, und sie hat sich so mehrere Millionen tüchtiger, intelligenter, dem Regime fanatisch anhängender Bürger geschaffen. Ich bin in der Sowjet-Union mit vielen und ver schiedenartigen Juden zusammengetroffen und ha be, interessiert an jüdischen Dingen, eingehend mit ihnen gesprochen. Das außerordentliche Tempo des Produktionsprozesses benötigt Menschen, Hände, Hirne, die Juden ließen sich in diesen Prozeß willig einspannen, und das begünstigte die Assimilierung, die dort weiter fortgeschritten ist als irgendwo sonst. Es kam vor, daß Juden mir sag ten: `Ich habe seit vielen Jahren nicht mehr daran gedacht, daß ich Jude bin; erst Ihre Fragen erin nern mich wieder daran.´ Bewegend ist die Einhel ligkeit, mit der die Juden, denen ich begegnete, betonten, wie einverstanden sie seien mit dem neu en Staatswesen. Früher waren sie Geächtete gewe sen, Verfolgte, Leute ohne Beruf, deren Leben keinen Sinn hatte, `Luftmenschen´; jetzt waren sie Bauern, Arbeiter, Intellektuelle, Soldaten und er füllt von Dank für die neue Ordnung. Außerordentlich ist die Gier, mit welcher die Ju den, die man so lange von der Landwirtschaft fern gehalten hat, sich auf diesen ihnen neu eröffneten Beruf stützten. Mehrmals kamen Abgesandte jü discher Gemeinwirtschaften zu mir, um mich ein zuladen, ihre Siedlungen zu besichtigen. Mir war interessanter, was nichtjüdische Sowjetbauern mir über diese Kolchosen erzählten; ich nahm an, wenn irgendwo, dann müsse sich gerade hier Antisemi tismus zeigen. Es stellte sich denn auch heraus, daß diese nichtjüdischen Sowjetbauern ursprünglich wirklich erfüllt gewesen waren von abergläubischen Vorstellungen über das Wesen der Juden, und daß sie Juden vor allem für gänzlich ungeeignet zur Landwirtschaft gehalten haben. Jetzt hatten sie für diese ihre früheren Vorurteile nur ein gutmütiges Lachen. Man erzählte mir von großen, friedlichen Wettkämpfen zwischen nicht jüdischen und jüdischen Siedlungen in der Ukraine, in der Krim, im Dongebiet. Donkosaken berichteten mir: nicht, daß die Juden sie bei einer landwirtschaftlichen Konkurrenz geschlagen hätten, habe ihr altes Miß trauen besiegt, sondern daß sich die Juden als die besseren Reiter erwiesen.

Nicht geringer ist die Leidenschaft, mit der sich die   Juden, zu ihrer Qual von Bildung und Wissen schaft Jahrhunderte hindurch abgesperrt, jetzt in diese neuen Bezirke stürzten. Man erzählt mir, daß in jüdischen Dörfern an Menschen zwischen etwa fünfzehn und dreißig Jahren ein auffallender Man gel herrsche, an jungen Frauen sowohl wie an jun gen Männern. Die gesamte jüdische Jugend gehe nämlich in die Städte, um zu studieren. Begünstigt somit die Wirtschaftsentwicklung die Assimilierung der Sowjetjuden, so hat andernteils die Union die These von 'der schädlichen Illusion eines jüdischen Volkstums' jetzt endgültig liqui diert und ihren Juden die Möglichkeit gegeben, ihre    Nationalität   zu    bewahren.

Der Nationalismus der Sowjetjuden zeichnet sich aus durch eine Art nüchterner Begeisterung. Wie unromantisch, praktisch und wagemutig er ist, er hellt aus zwei Tatsachen. Zum Ersten anerkennt er als seine Sprache nicht das edle, traditionsgesät tigte, aber nicht sehr zweckmäßige Hebräisch, son dern das aus dem Alltagsleben gewachsene, aus he terogenen Elementen gemischte Jiddisch, das aber von mindestens fünf Millionen Menschen als prak tische Umgangsprache erprobt ist. Und zum Zwei ten ist das Land, das man den Juden zur Errichtung ihres Nationalstaates anbot und in dem sie sich an gesiedelt haben, abgelegen und schwierig, aber voll von unbegrenzten Möglichkeiten. Das Jiddische wird in der Union wie alle National sprachen mit Liebe gepflegt. Es gibt jiddische Schu len und jiddische Zeitungen, es gibt eine jiddische Dichtung von Rang, es werden zur Pflege des Jiddischen Kongresse einberufen, und jiddische Thea ter erfreuen sich höchsten Ansehens. Ich habe im Staatlichen Moskauer Jiddischen Theater eine au ßerordentlich gute Aufführung von `König Lear´ gesehen mit dem großen Schauspieler Michoels in der Titelrolle und mit dem vortrefflichen Narren Suskins, mit neuartigen, herrlichen Bühnenbildern und ausgezeichnet inszeniert. Die Errichtung des nationalen jüdischen Staates Birobidschan stieß zunächst auf berghohe Schwie rigkeiten, und das Projekt wurde von den Gegnern der Union, und nicht nur von ihnen, als ein eben so freches und aussichtsloses Unternehmen ange sehen wie der Aufbau der sozialistischen Wirt schaft in Einem Land. Ungenügende finanzielle Mittel erschwerten die Durchführung des Projekts, viele von den Siedlern wanderten wieder zurück, und schon erklärten die Gegner triumphierend, der utopische Plan sei, wie sie es von Anfang an vor ausgesagt hätten, gescheitert an der Entfernung des Gebietes, an der geologischen Beschaffenheit seines Bodens, an der Mückenplage, an der Malaria und nicht zuletzt an der geringen Eignung der degenerierten russischen Kleinstadtjuden zur Pionier tätigkeit.

Nun, heute steht im Gebiete von Birobidschan eine richtige Stadt, mit Schulen, Krankenhäusern, Regierungsgebäuden, einem Theater, und man kann von Moskau im direkten Wagen des Expreß hin fahren. Obwohl der Plan die Einwanderung von mehr als hunderttausend Juden für die nächsten drei Jahre vorsieht, müssen die Behörden eine scharfe Sichtung vornehmen, so zahlreich sind die Einwanderungswilligen, Ich habe aus Birobid schan viele Briefe erhalten, und ich habe ziemlich viele Leute gesprochen, die unmittelbar von dort kamen. Das Leben dort, das leugnet niemand, ist noch hart. Aber es leugnet auch niemand mehr, daß das Schwierigste getan und daß aus der an geblichen Utopie Wirklichkeit geworden ist. Die jüdische sozialistische Republik Birobidschan exi stiert. Sie steht fest da, obwohl die geologische Schichtung ihres Bodens das so wenig zuläßt wie die ewigen Gesetze der Nationalökonomie den Aufbau der sozialistischen Wirtschaft in einem einzigen Land.“ (Feuchtwanger, Lion. Moskau, 1937. Querido Verlag N. V. Amsterdam, 1937, S. 88ff.).

 

Anhang: Einige Betrachtungen zum Nichtangriffspakt und zum deutsch-sowjetischen Grenz- und Freundschaftsvertrag

 

Ein weiteres Vorurteil betrifft den sogenannten Hitler-Stalin-Pakt, man wirft hier Stalin vor, er habe mit dem faschistischen Deutschland Freundschaft geschlossen und somit auch auf ideologischem Gebiet (sprich: den Antisemitismus) auf einer Linie standen. Ich will hier keine langen Vorträge halten, warum es zu diesem Nichtangriffspakt gekommen ist, weil dies auch von Thema abweichen würde. Es sei nur kurz erwähnt, dass die Sowjetunion sich bemüht hat, mit Frankreich, Großbritannien und den USA einen Koalition gegen Hitler zu gründen (Stichwort: kollektive Sicherheit), weil die Sowjetunion davon ausging, dass die imperialistischen Mächte ein objektives Interesse daran hätten, ein Bündnis gegen Hitler zu schmieden. Jedoch scheiterten sämtliche Verhandlungen, wohl in Anbetracht der Tatsache, dass man Hitlerdeutschland als Bollwerk gegen die Sowjetunion (also der bolschewistischen Gefahr) nutzen wollte. Folglich musste die Sowjetunion ihre Sicherheitsstrategie ändern und fing mit dem faschistischen Deutschland an zu verhandeln und schloss einen Nichtangriffspakt, der den möglichen Überfall Deutschlands in die Sowjetunion hinauszögern sollte.

Interessant an dieser Sachlage ist, ob der damalige sowjetische Außenminister Litwinow wegen seines jüdischen Glaubens entlassen worden sei. Bill Bland schreibt hierzu:

„Frage 1:

Es ist behauptet worden, dass Litwinow von seinem Posten nur weil er ein Jude war entfernt wurde, weil er als solcher als Verhandlungspartner von den Deutschen nicht akzeptiert wor den wäre. Ist da etwas dran?

Antwort 1:

Meiner Meinung nach nicht. Wir wissen, dass Stalin die Entfernung Litwinows befürwortete und Stalin war nicht nur dafür bekannt, dass er gegen den Rassismus war, sondern auch dafür, dass man diesem keine Zugeständnisse machen dürfe. Litwinow war persönlich sehr stark mit der Politik der kollektiven Sicherheit verbunden und zuverlässige Quellen bestätigen, dass es seine Überzeugung war, dass die britische und französische Regierung nach einer gewissen Zeit seine Politik gebilligt hätten. In dem Moment als die sowjetischen Führer eine Annäherung an Deutschlands in Betracht zogen, hörte er auf, ein zuverlässiger Verfechter der sowjetischen Außenpolitik zu sein.“ (Bill Bland: der deutsch sowjetische Nichtangriffsvertrag von 1939 http://red-channel.de/mlliteratur/sowjetunion/pakt.htm).

In diesem Zusammenhang steht auch der sogenannte „deutsch-sowjetische Grenz- und Freundschaftsvertrag“ vom 28, September 1939:

„Am 28. September 1939, wenige Tage nach der Befreiung der westli­chen ukrainischen und weißrussischen Gebiete von fremder Herrschaft durch die Rote Armee, schlossen Deutschland und die Sowjetunion einen weiteren Vertrag. Auch dieser wird von antikommunistischen Kräften für sowjetfeindliche Hetze genutzt.

Der Hauptinhalt dieses Vertrages bestand in der Festlegung der Demar­kationslinie zwischen den beiden Staaten entsprechend den Bedingungen, wie sie die deutsche Aggression gegen Polen geschaffen hatte. Ertrug die Bezeichnung „Deutsch-Sowjetischer Grenz- und Freundschaftsvertrag". Obwohl bisher von niemanden auch nur ein Wort aus dem Vertrag genannt werden konnte, das als Beweis für eine freundschaftliche Annäherung der Sowjetunion an das faschistische Regime in Deutschland ausgelegt wer­den könnte, wird letzteres immer wieder behauptet. Ich halte es eigentlich für müßig, darüber zu streiten, ob es richtig war, in die Bezeichnung des Vertrages das Wort Freundschaft aufzunehmen oder nicht. Das Entschei­dende war, daß den faschistischen Aggressoren eindeutig klargemacht wurde: „bis hierher und nicht weiter." Dennoch muß darauf hingewiesen werden, daß es die deutsche Seite war, die schon im Sommer 1939 den Wunsch äußerte, in die Präambel des Abkommens eine Freundschafts­klausel aufzunehmen. Damals hatte der sowjetische Außenminister Molotow dieses Ansinnen strikt abgelehnt.

Gegenüber dem deutschen Botschafterin Moskau, Schulenburg, äußer­te er, daß in der Haltung Deutschlands keine wirkliche Wandlung zu entdecken sei und erwies daraufhin, daß Deutschland im Begriff sei, sich einer Angriffshandlung gegenüber Polen schuldig zu machen. Polen betreffend sagte Molotow am 3. August 1939 zu Schulenburg, daß eine friedliche Lösung der polnischen Frage in erster Linie von Deutschland abhinge.

Von deutscher Seite wurde zur Kenntnis genommen, daß sie bereits bei den Verhandlungen zum Nichtangriffsvertrag im August 1939 erfolglos versucht hatte, in diesem Vertrag einen Freundschaftsgedanken unterzu­bringen.

In den Notizen eines deutschen Beamten, dem Leiter der Rechtsabtei­lung des deutschen Auswärtigen Amtes, Friedrich Gaus, der an der Abfassung des Nichtangriffsvertrages in Moskau beteiligt war, heißt es dazu: „Herr von Ribbentrop hatte persönlich in die Präambel des von mir angefertigten Vertragsentwurfes eine ziemlich weitgehende Wendung, betreffend freundschaftlicher Gestaltung der deutsch-sowjetischen Beziehungen eingefügt, die Herr Stalin mit der Bemerkung beanstandete, daß die Sowjetregierung, nachdem sie sechs Jahre lang von der nationalsozia­listischen Reichsregierung mit Kübeln von Jauche überschüttet worden sei, nicht plötzlich mit deutsch-russischen Freundschaftsversicherungen an die Öffentlichkeit treten könne. Der entsprechende Passus wurde geändert. Am 28. September 1939 hatte die sowjetische Seite dem Bestreben Hitlers, das Abkommen über die Demarkationslinie als ein freundschaftliches darzustellen, möglicherweise nachgegeben. Es mag sein, daß Stalin dabei den Hintergedanken im Kopf hatte, daß dieses Wort „Freundschaft" es später, nach der zu erwartenden Aggression Deutsch­lands gegen die Sowjetunion, erleichtern würde, das Verwerfliche und Heimtückische dieser Aggression deutlich zu machen.

Wie auch aus Akten des Deutschen Auswärtigen Amtes, die 1945 den amerikanischen Truppen in die Hände fielen, hervorgeht, war in der Praxis auch nach dem 28. September das Verhältnis zwischen dem faschistischen Deutschland und der Sowjetunion alles andere als freundschaftlich. Es zeigte sich zum Beispiel darin, daß es der deutschen Seite trotz größter Bemühungen nicht gelang, Stalin zu bewegen, Hitler einen Besuch abzu­statten. Da hatte auch die Zusicherung des „Führers" nicht geholfen, „er würde auch für einen Stalins Stellung und Bedeutung entsprechenden Empfang Sorge tragen und ihm alle in Betracht kommenden Ehren erweisen."

Auf das Wirtschaftsabkommen vom 19. August 1939 und dem Handels­abkommen vom 11. September 1940 zwischen Deutschland und der Sowjetunion verweisend, gab es immer wieder harsche Kritik der sowje­tischen Seite, weil Deutschland die vertraglichen Verpflichtungen nicht erfüllte.

Es verging auch kaum ein Monat, in dem die Sowjetunion nicht gegen Verletzungen ihrer Sicherheitsinteressen durch Deutschland protestieren mußte. Dies betraf zum Beispiel die ständige Verletzung sowjetischen Hoheitsgebietes durch deutsche Militärflugzeuge, die Aufnahme Bulgari­ens in den Dreimächtepakt zwischen Deutschland, Italien und Japan oder die Ausweitung des Krieges auf Jugoslawien und Griechenland.

Während Hitler den Plan „Fall Barbarossa" schon längst in seinem Tresor hatte und ihn am 18. Dezember 1940 per Weisung Nr. 21 zur Durchführung den Oberbefehlshabern der Wehrmacht zustellte, bot er der UdSSR am 13. November 1940 scheinheilig und „freundschaftlich" den Beitritt zum Dreimächtepakt an."

Was bedeutet bei all dem das Wort „Freundschaft" in der Bezeichnung des Vertrages vom 28. September 1939?“ (Anton Kaute: „Stalinismus“ - Geißel der Menschheit oder Pseudobegriff aus dem Arsenal des Antikommunismus, in Publikationen der KPD, Heft Nr. 88/II, Berlin, August 2002, S. 13ff)

 

 

Literatur:

 

Baldwin, Roger. Liberty Under the Soviets, New York: Vanguard Press, 1928

 

Bland, Bill: Der frühe Kampf der sozialistischen Sowjetunion gegen die Globalisierung http://red-channel.de/mlliteratur/sowjetunion/global.htm

 

Bland, Bill: Die Ärtzeverschwörung und der Tod Stalins http://red-channel.de/mlliteratur/sowjetunion/aerzteprozess.htm

 

Bill Bland: Der deutsch sowjetische Nichtangriffsvertrag von 1939 http://red-channel.de/mlliteratur/sowjetunion/pakt.htm

 

Chamberlin, William Henry. Soviet Russia. Boston: Little, Brown, 1930

 

Davis, Jerome. Behind Soviet Power. New York, N. Y.: The Readers' Press, Inc., c1946

 

Die Wahrheit über Stalin“, eine Broschüre der KPD/ML vom 1979

 

Ehrenburg, Ilja „Antwort auf einen Brief“ (veröffentlicht in der Prawda am 21. September 1948: siehe http://www.chss.montclair.edu/english/furr/pol/erenburganswer.pdf)

 

Feuchtwanger, Lion. Moskau, 1937. Querido Verlag N. V. Amsterdam, 1937

 

Anton Kaute: „Stalinismus“ - Geißel der Menschheit oder Pseudobegriff aus dem Arsenal des Antikommunismus, in Publikationen der KPD, Heft Nr. 88/II, Berlin, August 2002

 

Stalin, Josef W. 'Antisemitismus', in: 'Werke', Band 13, Moskau, 1955, S. 30

 

Stalin’s forgotten Zion – Birobidzhan and the making of a Soviet Jewish homeland - an illustrated History 1928-1996 ( http://www.swarthmore.edu/Home/News/biro/index2.html ).

 

Strong, Anna Louise. The Stalin Era. New York: Mainstream, 1956

 

Strong, Anna L. The Soviets Expected It. New York: The Dialpress, 1941

 

H. Wauer und E. Friedweg in „Die Wahrheit über Stalin – Entlarvung der heimtückischen und verlogenen Geheimrede Chruschtschows an den XX. Parteitag des KPdSU, Schriftenreihe der KPD, Heft Nr. 41, Berlin Juni 1998

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