Franz Siklosi: Einige Bemerkungen zum Thema "Neoliberaler Imperialismus" Quelle: offen-sivZur Programmdebatte der DKP Allgemeines Der Kapitalismus kann sich nicht selbst abschaffen. Die Beschaffenheit seines Wesens zwingt ihn zu einer immer weitergehenden Reproduktion seiner selbst auf einer höheren Stufe. Sein Ziel ist die Steigerung der Mehrwertproduktion auf Kosten der Mehrheit der Menschheit und ihrer Lebensgrundlagen. Deshalb ist das im „Kapital" von Karl Marx beschriebene Wesen des Kapitalismus auch in der heutigen Zeit gültig. Konstantes und variables Kapital, die Möglichkeiten, die Mehrwertsproduktion zu erhöhen und alles andere sind ökonomische Realitäten. Genau so bekannt ist auch die Tatsache, dass die bürgerliche Ideologen zu gewissen Zeiten alte Begriffe entschlacken und durch neumodischen Schnickschnack ersetzen will, wobei der Inhalt gleich bleibt. Zu diesen ,,neuen Wörtern" gehören die Begriffe: „Globalisierung", „Neoliberalismus" und ,,Transnationale Konzerne". Mit diesen Begriffen wird bürgerlicherseits eine neue Epoche des Kapitalismus propagiert und gleichzeitig unsichtbar gemacht. Die Durchkapitalisierung der Erde, die mit dem Schlagwort „Globalisierung" als etwas noch nie da gewesenes den Menschen mittels der bürgerlichen Medien verkauft wird, ist ein alter Hut. Schon zu Zeiten der Entdeckungen im 15. bis 18. Jahrhundert begann die Ausweitung des Kapitalismus im internationalen Maßstab. Und Handelsorganisationen wie die Ostindische Handelskompanie können als Vorläufer der heutigen TNK angesehen werden. Börsencrashs und weltweite Fusionen stehen seit Beginn des Kapitalismus auf der Tagesordnung. Und auch Weltkriege wurden schon sehr früh geführt, dafür steht zum Beispiel der Siebenjährige Krieg. Die „Globalisierung" ist ein Begriff, welcher die vollständige Durchkapitalisierung der Erde im bürgerlichen Jargon beschreibt, ein Fakt, der den Kommunisten unter dem Begriff „Imperialismus" bekannt ist und von Lenin in seiner Imperialismustheorie genau erfasst wird. Seit der erfolgreichen Konterrevolution in der Sowjetunion und den sozialistischen Staaten Europas herrscht unter den Kommunisten große Unsicherheit, wie diese „Neue Weltordnung" definiert und charakterisiert werden soll. Dabei können leicht marxistisch-leninistische Grundpositionen zugunsten der Benutzung bürgerlicher Modebegriffe aufgegeben werden. Unter diesen Gesichtspunkt muss auch die Neoliberalismuskonzeption von Teilen der DKP gesehen werden. Einige Kernthesen dieser „neuen" Konzeption lassen sich wie folgt beschreiben: 1.Der heutige Kapitalismus ist nicht mehr der Imperialismus zur Zeit Lenins. 2.Der Imperialismus von heute ist der Kapitalismus im Prozess der Globalisierung. 3.Die Entwicklung der Transnationalen Konzerne hat die Einflussmöglichkeit der National-staaten immer mehr marginalisiert. 4.Der imperialistische Konkurrenzkampf gegeneinander wird durch die gemeinsame Aus-beutung der Welt ersetzt. 5.Der Neoliberalismus ersetzt als nächste Form der kapitalistischen Entwicklung den Staatsmonopolistischen Kapitalismus. Diese Konzeption erfordert eine Distanzierung von der Leninistischen Imperialismustheorie und macht den Kapitalismus friedfertig und den Klassenkampf überflüssig. Die bürgerliche Theorie des Neoliberalismus Der bürgerliche Neoliberalismus sieht die Ursache einer kapitalistischen Krise nicht in der Überproduktion sondern darin, dass der Staat weit mehr ausgibt, als er einnimmt, und durch seine Regulierungen die private Initiative stört. Deshalb soll der Staat die Ausgaben kürzen und die Einnahmen senken. Alles, was den ,,freien Markt" stört, muss beseitigt werden. Dazu zählen zu „hohe" Steuern (besonders für die Unternehmen), zu „hohe" Sozialleistungen, zu, „hohe" Löhne, außerdem Umwelt- und Arbeitsschutzbedingungen. So wurde und wird unabhängig davon, welche Parteien in Deutschland gerade regieren, neoliberale Politik gemacht: Verringerung des Geldmengenwachstums, um Inflation bekämpfen zu können. Senkung des Staatsdefizits, indem die Staatsausgaben verringert werden. Einschränkungen des öffentlichen Sektors, damit sich der Privatsektor besser ausbreiten kann. Maßnahmen, damit der Markt „besser" funktionieren kann. Verringerungen und Abbau der Subventionen durch den staatlichen Sektor, Reprivatisierung von Unternehmen im Staatsbesitz, Verringerung des Verwaltungsapparates im öffentlichen Sektor, Abbau der Preis- und Dividendenbeschränkungen, Abbau der Beschränkung des Devisenaustausches und der Kreditvergabe, Einschränkung der Arbeiterrechte und ihren Organisationen. All diese Maßnahmen zusammengenommen führen zu einer Umverteilung der Lohnquote zugunsten des Mehrwertes, Abbau der sozialen Systeme mit den damit notwendigen Einschränkungen der bürgerlichen Freiheiten und Aufrüstung der „inneren" und „äußeren" Sicherheit. Der heutige Kapitalismus ist Imperialismus aber niemals „Neoliberalismus". Das, was „Neoliberalismus" genannt wird, ist nur eine andere Erscheinungsform des Kapitalismus in seinem imperialistischen Stadium als die Zeit der sog. „Systemkonkurrenz". Deshalb kann man vielleicht von einem neoliberalen Imperialismus sprechen, was aber immer bestehen bleiben muss, ist seine Charakterisierung als Imperialismus. Entwicklung des Kapitalismus in Deutschland seit 1970 Seit der Konterrevolution in den sozialistischen Ländern hat sich eine Entwicklungstendenz des Imperialismus rasant beschleunigt, deren Ausgangspunkt in den siebziger Jahren lag. Ausgehend von der einsetzenden Rezession wurde die kurze Epoche der Nachfragepolitik von der neoliberalistischen Schule ersetzt. Dafür stehen die Begriffe: Reaganomics, Thatcherismus und die geistig, moralische Wende (allerdings begann das Umsteuern in der Wirtschaftspolitik schon unter Kanzler Schmidt). Es begann die bis auf heute anhaltende Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums von unten nach oben. Gleichzeitig wurden und werden die sozialen Errungenschaften der Arbeiterklasse schrittweise vernichtet. Der Kapitalismus veränderte aber auch seine Produktionsweise. Die Entwicklung der Mikroelektronik und deren Einsatz in allen kapitalistischen Sektoren führte zu einer gigantischen Rationalisierungswelle, welche die fordistische Produktionsweise (Fliesband mit viel mechanischer Handarbeit) zum größten Teil abschaffte. Während der achtziger Jahre konnten die Großkonzerne aufgrund der Extraprofite ihren Mehrwert soweit steigern, dass dieses überschüssige Geld nicht mehr in die ausgelastete Produktion investiert, sondern auf der Börse verspekuliert wird. Außerdem wird fusioniert, gekauft, verkauft. Es entstand der „Neue Markt", der vor allem von staatlichen Subventionen gefördert wurde. Viele Konzerne der Montanindustrie strukturierten sich zum Beispiel mit Hilfe des Kohlepfennig in Telekommunikationsgesellschaften um. Außerdem werden die staatlichen Konzerne privatisiert. Die nationalen Monopolisten werden abgelöst von den Monopolen der Transnationalen Konzerne. Sie verschmelzen mit dem internationalen Finanzkapital. Diese TNKs bestimmen durch ihre Jagd nach Maximalprofiten die Weltwirtschaft. Dadurch gewinnt die Börse an Bedeutung. Nach der Konterrevolution. konnte der deutsche Imperialismus als wirtschaftlich stärkste Macht Europas seine Expansion ausweiten. Deutsche Firmen übernahmen die Volkswirtschaften in Mittel- und Osteuropa und bestehen auf dem einheitlichen Wirtschaftsraum EU-Europa. Mit der Übernahme der Volkswirtschaften Mittel- und Osteuropas hat sich Deutschland die Hegemonie bei der Neuaufteilung der ehemaligen sozialistischen Staaten gesichert. Die logische Folge dieser Entwicklung ist die Ausweitung der Heimatbasis der „deutschen" transnationalen Konzerne. Dem deutschen Imperialismus ist der eigene Nationalstaat zu klein geworden. Deshalb das große Interesse am Großraum EU und dem eigenen Hinterhof im Osten. Die Entwicklung innerhalb der EU 1. Die mikroelektronische Revolution, die Konterrevolution in den sozialistischen Staaten und die damit verbundene Deregulierung der bestehenden Volkswirtschaften als auch die Neuaufteilung der bisher nichtkapitalistischen Länder bilden die Hauptgründe für die Neuorientierung des einheitlichen Wirtschaftsraumes EU. Dieses Gebilde ist aber nichts Harmonisches. Neben dem Wettlauf um die Erringung der Hegemonie innerhalb der EU steht die Neuaufteilung der bisherigen realsozialistischen Staaten auf der Tagesordnung. Die EU wird von Deutschland dominiert, das sich als eigentlicher Sieger des Kalten Krieges fühlen kann. Der Krieg gegen Jugoslawien zeigt die neue Ausrichtung des deutschen Imperialismus an. Mit Hilfe faschistischer Banditen werden Nationalstaaten destabilisiert, um dann unter dem Deckmantel der Nato eingreifen zu können. Die dazu gehörige Rechtfertigung ist wie im Zweiten Weltkrieg die Volkstumspolitik. Nationale Hoheitsrechte werden aberkannt. Deutschland entsorgt seinen Faschismus durch seine Einbindung in die EU und kann um so mehr faschistoide Politik betreiben. Dafür steht die UCK und die Festnahme und Verfolgung von S. Milosevic. 2. Das Europa der Nationalstaaten wird zum Europa der Regionen. Investiert wird nur noch in Regionen, welche ihre Sozialstandards am meisten unterboten haben. Dafür steht BMW in Leipzig. 3. Neoliberalismus bedeutet in letzter Konsequenz Faschismus. Neben dem Sozialfaschismus in den sozialdemokratisch regierten Ländern haben sich in Italien und Österreich auch Bündnisse zwischen Konservativen und Faschisten gebildet. Ziel aller Regierungen ist die Zerschlagung der sozialen Errungenschaften der Arbeiterklasse und die Entmachtung ihrer Organisationen. Dafür steht die Widereinführung der privaten Rentenversicherung. 4. Innerhalb der EU entstehen ganze Armutsregionen quer durch alle Nationalstaaten hindurch, deren Bevölkerung weder konsumieren kann noch in den Produktionsprozess eingebunden ist. Um diese Zonen ruhig zu halten, wird die staatliche Ordnungsmacht an Banditen und Faschisten übertragen. Dafür stehen die „national befreiten Zonen." 5. Die Etablierung der Leiharbeitsfirmen und die zunehmende Scheinselbständigkeit (Ausbreitung lumpenproletarischer Klassensegmente) und das fehlende Gegengewicht infolge der erfolgreichen Konterrevolution wie auch die von der mikroelektronischen Revolution strukturell bedingte Massenarbeitslosigkeit, die eine Vollbeschäftigung unter kapitalistischer Bedingung unmöglich macht, beschleunigen die Verbreitung faschistischer Ideologien. Dafür steht die Hetze gegen die Arbeitslosen: Arbeitslosigkeit als Problem der Arbeitslosen, da sie als Faulenzer und Sozialschmarotzer seien. 6. Die EU wird zur Festung Europa. Der Arbeitsmarkt bestimmt die Zuwanderung. Das Asylrecht wird faktisch abgeschafft. Es findet eine Abschottung gegen Menschen aus dem Trikont statt. Dafür stehen die erweiterten Befugnisse des Bundesgrenzschutzes und die fortschreitende Videoüberwachung öffentlicher Räume. Resümee Der Grundstock zur Entwicklung des gegenwärtigen Imperialismus wurden Ende der siebziger Jahre gelegt und gewann durch die Konterrevolution in den sozialistischen Staaten eine enorme Dynamik. Der Imperialismus reproduziert sich auf einer höheren Ebene unter alten Vorzeichen. Die Staatskapitalistischen Monopole transformieren zu Transnationalen Konzernen unter der Führung internationaler Familien. Die Heimatbasis verschiebt sich von den Nationalstaaten zu einheitlichen kontinentalen Wirtschaftsräumen. Es entstand die Triade EU (unter deutscher Hegemonie) Amerika (USA/NAFTA) und Ostasien (bisher Japan). Diese Wirtschaftsräume stehen unter imperialistischer Konkurrenz und im innern unter dem Verteilungskampf der nationalen Bourgeoise. Jeder muss unter Weltmarktbedingungen produzieren. Die Gebiete der realsozialistischen Staaten werden neu aufgeteilt. Seit dem Ende der realsozialistischen Staaten konnte ein widerstandsfreier Sozialabbau beschleunigt werden. Die bürgerlichen Rechte werden, wo sie der Deregulierung im Wege stehen, abgeschafft. Das ideologische Konzept ist der Neoliberalismus, eine dem Liberalismus des freien Konkurrenzkapitalismus entnommene ökonomische Richtung. Dies geschieht aber unter monopolimperialistischem Vorzeichen. Die historische Entwicklung besteht aus zwei Phasen. Von 1973 bis 1989: Abbau des von den Arbeitern erkämpften „Sozialstaates" und das Ende des fordistischen Modells. 1989 bis ....: Durchsetzung des neoliberalen Imperialismus unter Einbezug der ehemaligen sozialistischen Staaten im Weltmaßstab. Die mikroelektronische Revolution hat eine Vollbeschäftigung unter kapitalistischen Vorzeichen unmöglich gemacht. Faschistische Elemente werden immer dominanter, entweder durch den von der Ordnungsmacht geduldeten Neofaschismus (national befreite Zonen, UCK), Koalitionen aus Konservativen und Faschisten (Italien, Österreich), oder Sozialfaschisten (Deutschland). Die bürgerlichen Ideologien haben zu ihrer Erklärung und Verschleierung einen „neuen" Begriff eingeführt: „Globalisierung." Fazit Der heutige Kapitalismus lässt sich mit der Leninschen Imperialismustheorie analysieren. Wir leben weiterhin im Zeitalter des Imperialismus. Neue Momente sind transnationale Monopole und das faktische Aufgehen der Nationalstaaten in einheitliche Wirtschaftsräume. Durch das Fehlen einer Gegenmacht steigt die Kriegsgefahr. „Globalisierung" und „Neoliberalismus" sind keine neue Erscheinungen des Kapitalismus. Ein friedlicher Ultraimperialismus existiert nicht. Gegenwehr Die Referenzmodelle des heutigen Imperialismus sind Jugoslawien und der Zustand der ehemaligen sozialistischen Staaten. Eine Dekade nach der Konterrevolution konnte der BRD-Imperialismus seine Macht ohne Gegenwehr in Europa festigen. Die Kommunisten sehen sich einem erstarkten Neofaschismus und Staatsterrorismus gegenüber. Dafür steht Genua. Die Proteste gegen G8-Treffen, WTO-Konferenzen und IWF-Tagungen zeigen das ganze linke Dilemma auf. Vorherrschend ist in der „Anti-Globalisierungs-Bewegung" eine verkürzte Kapitalismuskritik, die kaum über das Anprangern der Machenschaften der transnationalen Konzerne hinauskommt und sich auf der Ebene der Kritik an der „Macht des Geldes" bewegt. Die kapitalistische Realität wird das moralisierende Ideal einer Welt, wie sie sein sollte, entgegengehalten. Auf Grund dieser ideologischen Schwäche können sich auch nationalistische, naturalistisch-biologistische, romantisch-regressive und antisemitische Position als Globalisierungsgegner darstellen. Es ist nicht der internationale Finanzmarkt, der Zins oder die Bankenmacht, die eine sinnvolle Kapitalismuskritik anzugreifen hat, sondern es muss der Kapitalismus in seiner Totalität sein, nicht das Geld, sondern die kapitalistische Warenproduktion! Der oberflächlichen Analyse entspricht die begrenzte politische Perspektive beträchtlicher Teile der „Antiglobalisierungsgegner": Von der Errichtung eines europäischen Sozialstaats über die Ablehnung einer angeblichen „Amerikanisierung" des Sozialsystems und die Verteidigung des Nationalstaats gegen das internationale Kapital bis hin zu antimodernistischen Gemeinschaftsvorstellungen reicht die Palette der propagierten Alternativen. Wir Kommunisten dürfen nicht den Fehler begehen, unsere marxistisch/leninistischen Grundpositionen aufgrund ihrer angebliche unmodernen Sichtweise oder weil sie angeblich „traditionalistisch" seien - oder auch wegen einer vermeintlich dann höheren „Bündnisfähigkeit" aufgeben. Das tut schon die PDS. Unsere Partei (der Kommunisten) muss ideologisch und kadermäßig gefestigt werden. Ein eindeutig marxistisch/leninistisches Parteiprogramm wäre eine große Hilfe. Wir sollten die Sozialfaschismustheorie stärker beachten und die Antimonopolistische Demokratie aus dem Programm streichen. International wäre eine Europäische Zentrale marxistisch-leninistischer Parteien notwendig. In Deutschland: Bündnispartner anderer marxistisch-leninistischer Parteien suchen! Den Weg zu den Ausgebeuteten finden! Arbeitslose, Sozialhilfeempfänger, Arbeiter der 1. und 2. Arbeitswelt sind unsere natürlichen Verbündeten!
Franz Siklosi, Heppenheim
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