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W. B. Bland
Inhalt:
Einleitung
Die Definition der Nation
Eine 'Schwarze Nation' innerhalb Großbritanniens?
Die Entwicklung der Nationen
Die Entwicklung der britischen Nation
Eine einzige marxistisch-leninistische Partei für Großbritannien?
Schlussfolgerungen
Anmerkung
Bibliographie
Einleitung
Geographisch gesehen bestehen die Britischen Inseln aus zwei Hauptinseln:
Großbritannien und Irland.
Großbritannien besteht aus drei Gemeinwesen: England, Wales und Schottland.
Unter denen, die sich als Marxisten-Leninisten betrachten, gibt es allgemeine
Übereinstimmung darüber, dass das Volk von Irland eine Nation darstellt, die
sich von der Nation (oder den Nationen), die sich auf der Insel von Großbritan-
nien befindet, unterscheidet. Politisch gesehen besteht Irland aus zwei eigenen
Staaten: der Republik Irland und Nordirland. Die Republik Irland ist formell un-
abhängig, sie wird jedoch vom britischen Imperialismus beherrscht; sie ist eine
Neokolonie des britischen Imperialismus. Nordirland ist politisch gesehen Teil
des 'Vereinigten Königreiches von Großbritannien und Nordirland', ist eine Kolo-
nie des britischen Imperialismus. Fortschrittliche Leute unterstützen die Vereini-
gung und das Recht auf Selbstbestimmung, auf Unabhängigkeit von Irland.
Dieser Bericht beschäftigt sich mit zwei Fragen:
1. Mit der Frage, ob die Völker von Schottland, Wales und England eigene Na-
tionen darstellen oder ob sie Bestandteil einer einheitlichen britischen Nation
sind und
2. Mit der Frage, ob eigene marxistisch-leninistische Parteien in Schottland,
Wales und England aufgebaut werden sollten oder ob es eine einheitliche mar-
xistisch-leninistische Partei für ganz Großbritannien geben sollte.
Die Definition der Nation
Das englische Wort 'Nation' kommt von dem lateinischen 'natio' und bedeutet
urspünglich:
"Geburt, daher die gesamte Nachkommenschaft zu einer bestimmten Zeit, von
daher die Nachkommenschaft eines Stammes, eines Volkes, daher das Volk
selbst."
(Eric Partridge: 'Ursprünge. Ein kurzes Herkunftswörterbuch des modernen Eng-
lisch', London 1966, S. 428).
Marxisten-Leninisten definieren den Begriff der 'Nation' wie folgt:
"Eine Nation ist eine historisch entstandene stabile Gemeinschaft von Menschen,
die auf der Grundlage einer gemeinsamen Sprache, eines gemeinsamen Territori-
ums, eines gemeinsamen wirtschaftlichen Lebens und einer gemeinsamen Psyche,
die sich in einer gemeinsamen Kultur zeigt, gebildet wurde."
(Josef W. Stalin: 'Marxismus und nationale Frage', in: 'Werke', Band 2, Moskau
1953, S. 307).
Damit eine Nation zustandekommen kann, muss eine Gemeinschaft alle oben ge-
nannten Merkmale besitzen:
"Es reicht, wenn ein einziges dieser Merkmale fehlt, dass eine Nation aufhört, eine
Nation zu sein. ... Nur wenn alle Merkmale gleichzeitig vorhanden sind, haben wir
eine Nation."
(Ebenda, S. 307f).
Hinzukommt, dass die Nation
" ... eine geschichtliche Kategorie ist, die zu einer bestimmten Epoche gehört, zur
Epoche des aufsteigenden Kapitalismus. Der Prozess der Auflösung des Feudalis-
mus und der Entwicklung des Kapitalismus ist gleichzeitig ein Prozess des Zusam-
menschlusses eines Volkes zu einer Nation."
(Ebenda, S. 313).
Um herauszufinden, ob die Völker von Schottland, Wales und England eigene Na-
tionen sind, ist es deshalb notwendig festzustellen, ob jede dieser Gemeinschaften
alle Merkmale besitzt, die von Stalin aufgeführt wurden. Falls nicht, handelt es sich
nicht um Nationen.
Erstens ist
"..eine gemeinsame Sprache eines der typischen Merkmale einer Nation."
(Ebenda, S. 304).
Offensichtlich besitzt das Volk von England eine gemeinsame Sprache - nämlich Eng-
lisch. Die Sprachen der Minderheiten, die einst in England geprochen wurden - Manx
und Cornish - sind schon lange ausgestorben. Manx ist eine keltische Sprache, welche
"..einst auf der Isle of Man geprochen wurde, aber heute ausgestorben ist."
('New Encyclopaedia Britannica', Band 7, Chicago 1994, S. 802).
Cornish dagegen ist eine keltische Sprache, die einst
"..in Cornwall gesprochen wurde, im südwestlichen Teil von Großbritannien. Sie
starb im 18. Jahrhundert oder zu Beginn des 19. Jahrhunderts durch die Verdrän-
gung durch das Englische aus."
(Ebenda, S. 640).
Das Volk von Wales spricht größtenteils auch eine gemeinsame Sprache. Aber es ist
nicht das Walisische, eine keltische Sprache, die noch von einer kleinen und zurück-
gehenden Minderheit der Bevölkerung, hauptsächlich in den ländlichen Regionen,
gesprochen wird. Offiziellen Angaben zufolge ist der Anteil der Bevölkerung von
Wales und Monmouthshire, der ausschließlich Walisisch spricht, von 508.000 (28.6%)
1891 auf 26.000 (1%) im Jahre 1961 gesunken ('Census von England und Wales 1891',
Band 4, London 1893, S.82; 'Census von 1961 für Wales, einschl. Monmouthshire',
London 1962, S. VIII; Charlotte A. Davies: 'Welsh Nationalism in the 20th Century: The
Ethnic Option and the British State', New York 1989, S. 39).
Das Volk von Schottland - der überwiegende Teil - spricht ebenfalls eine gemeinsame
Sprache, aber es handelt sich dabei nicht um das schottische Gaelic (Erse), das nur
von einer kleinen und zurückgehenden Minderheit der Bevölkerung noch gesprochen
wird, hauptsächlich
".. an der Nordwestküste von Schottland und auf den Hebriden."
('New Encyclopaedia Britannica', Band 10, Chicago 1994, S. 566).
Offiziellen Zahlen zufolge ist der Anteil der Bevölkerung Schottlands, der nur Gaelic
spricht, von 44.000 (1,1%) 1891 auf 1.000 (0,02%) 1961 gesunken ('Census von Schott-
land 1891', Band 1, London 1892, S. XXI, in: 'Statesman's Year Book 1998/99', London
1998, S. 1.411; Charles W. J. Withers: 'Gaelic in Schottland, 1698-1981. The Geographi-
cal History of a Language', Edinburgh 1984, S. 239).
Darüberhinaus waren
" ..viele derjenigen, die ausschließlich Gaelic sprachen, alte Frauen."
(Charles W. J. Withers: Ebenda, S. 238).
Deshalb ist die gemeinsame Sprache des schottischen Volkes überwiegend das
Englische.
Zweitens ist
"..ein gemeinsames Territorium eines der Merkmale einer Nation."
(Josef W. Stalin: Ebenda, S. 305).
Offensichtlich besitzen die Völker von Schottland, Wales und England jeweils ihr
eigenes gemeinsames Territorium. Das britische Volk, d.h. das von Schottland, Wales
und England zusammengenommen, besitzt ebenfalls ein gemeinsames Territorium.
Drittens ist
"..ein gemeinsames wirtschaftliches Leben, ein ökonomischer Zusammenhalt, eines
der typischen Merkmale einer Nation."
(Ebenda, S. 306).
Stalin weist darauf hin, dass eine Gemeinschaft dann 'wirtschaftlichen Zusammenhalt'
besitzt, wenn ihr Wirtschaftsleben durch gefestigte physische Verbindungen wie
Kommunikationsmittel, Arbeitsteilung, finanzielle Verbindungen usw. zusammen-
gehalten wird, so dass ein einheitliches wirtschaftliches Ganzes besteht, das, wenn
es auch zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht in der Form eines eigenen Staates exis-
tiert, dennoch in der Lage ist, eine eigene Existenz zu führen, ohne dass sein wirt-
schaftliches Leben wesentlichen Schaden nimmt.
Wenn jedoch andererseits eine Gemeinschaft an eine andere durch gefestigte physi-
sche Bindungen geschmiedet ist, die auf die Zeit des Aufstiegs der kapitalistischen
Gesellschaft oder jenseits davon zurückgehen, so dass sie zusammen genommen ein
einheitliches wirtschaftliches Ganzes bilden und ihre Trennung zu einer erheblichen
Störung des wirtschaftlichen Lebens auf beiden Seiten führen würde, dann verfügt
keine dieser beiden Gemeinschaften für sich alleine genommen über einen wirt-
schaftlichen Zusammenhalt.
Schottland, Wales und England sind über Jahrhunderte miteinander verbunden gewe-
sen. Schon im 12./13. Jahrhundert
"..errichtete Edward I über Wales seine Oberhoheit."
(Cambridge Encyclopaedia', Cambridge 1997, S. 1.126).
Und mit dem 'Statut von Wales' aus dem Jahre 1284
"..wurde Wales der englischen Krone unterstellt."
('New Encyclopaedia Britannica', Bd. 29, Chicago 1994, S. 126).
Dann nach dem Sieg des walisischen Adligen Henry Tudor (später Henry VII von Eng-
land) über Richard III bei Bosworth Field 1485 wurde Wales schließlich
" ..politisch durch die Unionsakte von 1535 mit England vereinigt."
('Cambridge Encyclopaedia', Cambridge 1997, S. 1.126).
Im Fall Schottlands war James VI von Schottland der Urgroßenkel von Henry VII von
England und der legitime Nachfolger von Elisabeth I:
"Nach Elisabeths Tod im Jahre 1603 wurde er als rechtmäßiger König von England
anerkannt. Auf diese Weise wurde die Krone Schottlands mit der Englands verei-
nigt."
('Encyclopaedia Americana', Band 24, New York 1977, S. 419).
Die formelle Vereinigung der beiden Königreiche von Schottland und England wurde
" ..1707 vollzogen.."
('New Encyclopaedia Britannica', Band 29, Chicago 1994, S. 116).
..durch den 'Unionsvertrag', der im gleichen Jahre unterzeichnet wurde.
London ist das Verkehrs-, Finanz- und kulturelle Zentrum Großbritanniens. Es gibt
einen gemeinsamen Markt in ganz Großbritannien und die gleichen Markenartikel
werden in den gleichen Kettenunternehmen in Inverness, Swansea und Manchester
zum Verkauf angeboten. Schottisches, walisisches und englisches Kapital ist un-
trennbar mit dem britischen Kapital verschmolzen. Es gibt kein 'englisches Monopol-
kapital', keinen 'englischen Imperialismus'. Es gibt dafür ein britisches Monopolkapi-
tal und einen britischen Imperialismus. Die Trennung von Schottland, Wales und Eng-
land würde das wirtschaftliche Leben aller drei Gemeinschaften wegen der langjähri-
gen physischen Bindungen stark in Mitleidenschaft ziehen. Daraus folgt, dass Schott-
land, England und Wales für sich genommen keinen wirtschaftlichen Zusammenhalt
besitzen und deshalb auch keine Nationen sind. Großbritannien dagegen besitzt wirt-
schaftlichen Zusammenhalt.
Viertens ist
" ..die gemeinsame psychische Eigenart, die sich in einer gemeinsamen Kultur aus-
drückt, ein typisches Merkmal für eine Nation."
(Josef W. Stalin: Ebenda, S. 307).
Natürlich besitzt Großbritannien größtenteils eine gemeinsame Kultur. Es gibt selbst-
verständlich Immigranten, die nach Großbritannien eingewandert sind und bestimmte
Aspekte anderer nationaler Kulturen mitgebracht haben. In Schottland und Wales
existieren ebenfalls kulturelle Elemente, die einen scheinbar ausgeprägten nationa-
len Charakter aufweisen. Bei Schottland denkt man an die Hochlandtrachten, an die
Dudelsäcke und an solche Hochlandsportarten wie das Baumstammwerfen. Wenn
man an Wales denkt, kommen einem die Harfe und die 'Eisteddfodds' in den Sinn.
Man muss aber sagen, dass diese 'nationalen' Elemente der schottischen und walisi-
schen Kultur nur in den ländlichen Gebieten eine Bedeutung besitzen und Überbleib-
sel aus der Vergangenheit darstellen, die immer mehr im Verhältnis zur gesamten
Kultur Schottlands und Wales' an Bedeutung einbüßen.
Deshalb kann man sagen, dass Großbritannien im Großen und Ganzen eine einheit-
liche Kultur aufzuweisen hat.
Um zusammenzufassen: Die Gemeinschaften von Schottland, Wales und England
besitzen nicht sämtliche Merkmale einer Nation und stellen deshalb keine eigenen
Nationen dar. Die Gemeinschaft Großbritanniens besitzt jedoch alle wesentlichen
Merkmale einer Nation. Trotz des Bestehens von zurückgehenden Überresten von
vornationalen Sprachen und Kulturen in Schottland und Wales stellt Großbritannien
eine einheitliche Nation dar.
Dass Großbritannien eine einheitliche Nation ist, ergibt sich nicht nur aus Stalins
allgemeinen Prinzipien zur Nation; es ist tatsächlich Stalins geäußerte Ansicht:
"Die Briten, Franzosen, Deutschen, Italiener und andere wurden zu einer Zeit
zu einer Nation zusammengeschlossen, als der Kapitalismus siegreich vorwärts
marschierte und über die feudale Uneinigkeit triumphierte."
(Josef W. Stalin: Die unmittelbaren Aufgaben der Partei in der nationalen Frage'
'Werke', Band 5, Moskau 1953, S. 16).
"Die Herausbildung der Nationen in diesen Beispielen markierte zu jener Zeit ihre
Umwandlung in unabhängige Nationalstaaten. Die britische, französische Nation
sowie andere sind gleichzeitig britische usw. Staaten. Irland ... nahm nicht an die-
ser Entwicklung teil."
(Josef W. Stalin: 'Marxismus und nationale Frage', in: 'Werke', Band 2, Moskau
1952, S. 313f).
"Im Westen - in Großbritannien, Frankreich, Italien und teilweise in Deutschland -
fiel die Zeit der Auflösung des Feudalismus und der Zusammenfassung der Völker
zu Nationen im Wesentlichen mit der Periode des Auftretens zentralisierter Staa-
ten zusammen."
(Josef W. Stalin: Bericht zu den unmittelbaren Aufgaben der Partei in der nationa-
len Frage, 10. Parteitag der RKP, B, in: 'Werke', Band 5, Moskau 1953, S. 33).
"Solche Nationen müssen als bürgerliche Nationen angesehen werden. Beispiele
sind die französische, britische, italienische, ... amerikanische Nation und andere
vergleichbare Nationen."
(Josef W. Stalin: 'Die nationale Frage und der Leninismus', in: 'Werke', Band 11,
Moskau 1954, S. 353).
"Von daher die Notwendigkeit eines hartnäckigen, langwierigen und entschlosse-
nen Kampfes gegen den nationalen Chauvinismus der 'Sozialisten' in den herr-
schenden Nationen - Großbritannien, Frankreich, Amerika, Italien, Japan usw."
(Josef W. Stalin: 'Grundlagen des Leninismus', in: 'Werke', Band 6, Moskau 1953,
S. 152).
Eine 'Schwarze Nation' innerhalb von Großbritannien?
Im Oktober 1979 verabschiedete eine Konferenz, mit der die Schaffung einer afro-
asiatischen karibischen Organisation für Großbritannien bezweckt war, eine Reso-
lution, in der es hieß:
"Wir haben es tatsächlich jetzt in Großbritannien mit zwei Nationen zu tun: Eine,
die die Mehrheit (d.h. der einheimischen Weißen) umfasst und eine andere, die
eine lose Verbindung von Menschen darstellt, die aus der Karibik, Asien oder Afri-
ka stammen. ...
Jene negative und feindselige Politik hat zu der vorhersehbaren eigenen 'nationalen'
Identität in unserem Volk geführt."
(Resolution der Konferenz für die Bildung einer afro-asiatischen karibischen Organi-
sation, in: Harpal Brar: 'Bürgerlicher Nationalismus oder proletarischer Internationa-
lismus?', Southall 1998, S. 73).
Indem er sich auf die marxistisch-leninistische Auslegung der nationalen Frage be-
zieht, so wie Stalin sie dargestellt hat, weist Brar zu Recht die Vorstellung von eige-
nen 'schwarzen und weißen Nationen' in Großbritannien zurück:
"Wenn wir Stalins streng wissenschaftliche Definition auf jene 'lose Verbindung von
Menschen aus der Karibik, Asien und Afrika', das heißt auf die schwarze Bevölke-
rung Großbritanniens anwenden, können wir dann davon sprechen, dass diese 'lose
Verbindung' eine Nation darstellt und dass eine weitere Nation von der 'Mehrheit, al-
so der einheimischen Weißen' gebildet wird? Wir können dies auf gar keinen Fall.
Welche gemeinsame Sprache sprechen die Schwarzen, die in Großbritannien le-
ben? Wir stellen zunächst fest, dass sie überhaupt keine gemeinsame Sprache
sprechen, denn einige sprechen Bengalisch, andere Punjabi und wieder andere
sprechen Hindi. Andere sprechen Arabisch und eine Vielzahl anderer asiatischer
und afrikanischer Sprachen. Dann stellen wir fest, dass sie sehr wohl eine gemein-
same Sprache sprechen, und zwar keine andere als die englische Sprache - die
Sprache, die sie mit der Mehrheit der 'einheimischen Weißen' gemein haben, wenn
man so will. Man kann also feststellen, dass, wenn die Sprachengemeinschaft tat-
sächlich eine der Merkmale einer Nation ist, dass dieses Merkmal entweder unter
den Schwarzen Großbritanniens fehlt oder ein Merkmal ist, das sie mit den Wei-
ßen teilen.
Nehmen wir die Frage des Territoriums. Welches gemeinsame Gebiet bewohnen
die Schwarzen in Großbritannien? Es ist offensichtlich, dass sie kein gemeinsa-
mes Territorium bewohnen. Sie sind über die Britischen Inseln weit verstreut. ...
Was das gemeinsame Gebiet betrifft, so sind sie gezwungen, dieses mit den 'ein-
heimischen Weißen' zu teilen. Wir sehen also erneut, dass die Versuche unserer
geschätzten Gentlemen, zwei Nationen aus ihrer Fantasie herbeizuzaubern, dazu
führt, dass sie sich die Köpfe an der Steinwand von Herrin Realität einrammen.
Gibt es ein inneres wirtschaftliches Band, das die verschiedenen Bestandteile
der schwarzen Bevölkerung Großbritanniens zu einem einzigen nationalen Gan-
zen, im Unterschied zu dem inneren wirtschaftlichen Band, das alle Menschen
zusammenhält, zusammenschweißt? ... Gibt es mit anderen Worten eine Gemein-
schaft des wirtschaftlichen Lebens, von wirtschaftlichem Zusammenhalt, der eigens
auf die schwarze Bevölkerung zutrifft? Erneut müssen wir zum Bedauern für die
Verfasser der Resolution diese Frage verneinen.
Und wenn wir schließlich zu der Frage des 'besonderen geistigen Charakters', der
'Besonderheiten der nationalen Kultur' und der psychischen Verfassung dessen
kommen, was die Verfasser mit einem freudschen Verprecher als 'lose Verbindung'
bezeichnen, dann stellen sich die Dinge wundersam chaotisch dar.
Was bleibt also von der ... 'Nation', die von der 'losen Verbindung der Menschen
aus der Karibik, Asien und Afrika' gebildet wurde? Nichts als das Schwarze ihrer
Haut, welche kein ... Merkmal einer Nation darstellt. ... Von hier aus ist es nicht
mehr schwer zu erkennen, wie unsinnig, platt, ignorant und unnütz die Versuche
dieser Herrn sind, künstlich zwei Nationen in diesem Land zu bilden - eine schwar-
ze und eine weiße. ...
Es ist also deutlich geworden, dass die schwarze Bevölkerung Großbritanniens
keine eigene Nation darstellt."
(Harpal Brar: Ebenda, SS. 76f, 79).
Assimilation bedeutet
" ... sozio-kulturelle Verschmelzung, in deren Verlauf Einzelpersonen und Gruppen
unterschiedlicher ethnischer Herkunft die grundlegenden Gewohnheiten, Einstellun-
gen sowie die Lebensart der herrschenden nationalen Kultur annehmen."
('Websters drittes internationales Wörterbuch der englischen Sprache', London 1961,
S. 132).
So dass davon auszugehen ist, dass die schwarze Bevölkerung Großbritanniens wie
andere Einwanderer in der Vergangenheit in der britischen Nation aufgehen wer-
den:
"Trotz der Schwierigkeiten mit der rassischen Diskriminierung und nach Überwin-
dung derselben, wird die schwarze Bevölkerung früher oder später zwangsläufig in
der britischen Nation aufgehen und einen Teil von ihr bilden - in genau der gleichen
Weise wie früher auch schon Einwanderer assimiliert worden sind. ... Die Schwar-
zen, die weit davon entfernt sind, eine eigene Nation zu bilden, werden eines Tages
in der britischen Nation aufgehen."
(Harpal Brar: Ebenda, S. 79).
Natürlich ist dieser Prozess der Assimilierung keine Einbahnstraße:
"Die schwarzen Menschen, ...die im Verlauf mehrerer Generationen in der briti-
schen Nation aufgehen werden, werden auch ganz sicher die britische Kultur be-
reichern und ihr mehr Vielfalt verleihen. ... Die britische Kultur (wie andere Kultu-
ren auch) hat sich ständig geändert und wird dies auch künftig tun. Sie bleibt aber
eine britische Kultur. ... Nehmen wir nur ein Beispiel: das britische Essen. Engels
bemerkte schon im 19. Jahrhundert, dass es infolge des britischen Vorherrschaft
im Handel würziger geworden sei und es ist nach der Ankunft der schwarzen Arbei-
ter in Großbritannien noch würziger geworden. ... Dies ist jedoch nur ein banales
Beispiel. Der wichtigste Beitrag, den die Schwarzen für die Entwicklung der briti-
schen demokratischen und Arbeiterkultur leisten, wird durch ihren Kampf gegen
rassische und nationale Unterdrückung geleistet sowie durch ihren Kampf gegen
Ausbeutung und durch ihre Unterstützung für die proletarischen und Befreiungsbe-
wegungen in der ganzen Welt."
(Ebenda, S. 84).
Überall dort, wo man auf den schwarzen Nationalismus stößt, so Brar, kann man
" ... sicher sein, dass da ein weißer Liberaler schon an der Ecke in Lauerstellung
liegt, um diesem benachteiligten schwarzen Bruder unter die Arme zu greifen. Und
so ist es auch in diesem Fall. Die Hohepriester des schwarzen Nationalismus ...
erhalten - nicht unerwartet übrigens - volle Unterstützung für ihre bürgerlichen,
spalterischen und arbeiterfeindlichen Verrücktheiten ... durch den liberalen Bour-
geois Ken Livingstone."
(Ebenda: S. 43).
Zum Beispiel bezieht sich Livingstone in einem Artikel für den 'Morning Star', der
Zeitung der revisionistischen 'Kommunistischen Partei Großbritanniens' vom 12.
August 1993, auf
" ... das Aufkommen des Rassismus und der extremen Rechte im heutigen Eu-
ropa."
(Ken Livingstone: 'Stärke in der Einheitsfront', in: 'Morning Star', 12. August 1993,
S. 5).
Er schreibt weiter:
"Der Kampf gegen diese Zwillingsübel muss von der schwarzen Minderheit und
von anderen Minderheiten, die Zielscheibe von rassistischen Attacken sind, ge-
führt werden. ...
Weil die schwarzen und anderen Minderheiten das bevorzugte Ziel von Rassisten
und Faschisten sind, müssen diese Gruppen auch die führende Rolle in der anti-
rassistischen und antifaschistischen Bewegung spielen."
(Ebenda).
Das bedeutet, dass Livingstone zufolge, der Kampf gegen Rassismus nicht unbe-
dingt von den besten Antirassisten, sondern von den Schwarzen geführt werden
muss, egal, ob es sich bei ihnen als Individuen um die geeignetsten Leute han-
delt oder nicht. Wie Brar aufzeigt, dürften sich Weiße dem Programm der Anti-
rassistischen Allianz (ARA) und Livingstone zufolge nur als
" ... bloße Helfer" ..
(Ebenda, S. 4).
.. dem Kampf gegen den Rassismus anschließen.
Hier handelt es sich tatsächlich um rassische Diskriminierung, um rassistischen
Nationalismus, auch wenn hier beschönigend von 'schwarzer Selbstorganisation'
die Rede ist. Bennie Bunsee bestätigt dies in einem Artikel für den 'Morning Star'
vom 7. Februar 1994, wenn er schreibt:
"Die Situation spitzt sich dadurch zu, dass die Schwarzen auf ihrer Pilgerreise
zur schwarzen Befreiung erkennen, dass jeder Aspekt ihrer Unterdrückung ...
sie dazu veranlasst, ihre nationale Identität und ihren historischen Charakter auf
der Grundlage ihrer eigenen Geschichte, Sprache, Kultur und Zivilisation in dem
Maße zu unterstreichen, wie sie den Versuch unternehmen, sich aus den Fängen
des westlichen Einflusses zu befreien."
(Bennie Bunsee: 'Die Zügel in die Hand nehmend', in: 'Morning Star' vom 14. Fe-
bruar 1994, S. 6).
Bunsee beschließt einen anderen Artikel im 'Morning Star' vom 16. August mit
nationalistischen Gefühlsausbrüchen, die auch von der faschistischen Britischen
Nationalpartei hätten kommen können:
"Verbunden mit dieser Forderung der schwarzen Bevölkerung ist die Zurückwei-
sung von Vorstellungen wie 'Integration' und 'Gemischtrassigkeit' oder 'Multikultur'."
(Bennie Bunsee: 'Ein Recht auf Selbstorganisation', in: 'Morning Star', 16. August
1993, S. 7).
Brar kommentiert zu Recht:
"Seit Beginn der Gründung von ARA hat der 'Morning Star' den Führern von ARA
jede nur erdenkliche Hilfe gewährt, um ihre reaktionäre, spalterische Ideologie
des scharzen Nationalismus verbreiten zu können."
(Harpal Brar: Ebenda, S. 28).
Er bemerkt auch ganz richtig, dass
" ... der Kampf gegen den Rassismus die vereinten Anstrengungen des gesamten
Proletariats erfordert, ohne Ausgrenzungen vorzunehmen. ... Die ARA hat sich dem
entgegengestellt, diesem einzig richtigen Weg, den Rassismus zu bekämpfen."
(Ebenda, S. 11).
Die Entwicklung der Nationen
Eine Nation
" ... unterliegt wie jede andere historische Erscheinung dem Gesetz des Wandels,
hat ihre Geschichte, ihren Anfang und ihr Ende."
(Josef W. Stalin: 'Marxismus und nationale Frage', in: 'Werke', Band 2, Moskau
1953, S. 307).
Tatsächlich sind die Nationen ein Produkt der Entwicklung der kapitalistischen
Gesellschaft:
"Die modernen Nationen sind das Produkt einer bestimmten Epoche - der Epoche
des aufstrebenden Kapitalismus. Der Prozess der Auflösung des Feudalismus und
der der Entwicklung des Kapitalismus ist gleichzeitig ein Prozess der Herausbil-
dung von Nationen aus Völkern."
(Josef W. Stalin: 'Die unmittelbaren Aufgaben der Partei in der nationalen Frage', in:
'Werke', Band 5, Moskau 1953, S. 16).
Nationen haben vor der Entstehung der kapitalistischen Gesellschaft nicht bestanden:
"Wie hätten die Nationen vor dem Kapitalismus aufkommen und existieren können,
in der Periode des Feudalismus, als die Länder in eigene, unabhängige Fürstentü-
mer zersplittert waren, welche - weit davon entfernt, durch nationale Beziehungen
miteinander verbunden zu sein - mit Nachdruck die Notwendigkeit solcher Bindun-
gen verneinten? ... In der vorkapitalistischen Epoche gab es keine Nationen und
konnte es auch keine geben, weil es bis dahin weder nationale Märkte noch ökono-
mische oder kulturelle nationale Zentren gegeben hat und deshalb gab es keine der
Faktoren, die in der Lage gewesen wären, der wirtschaftlichen Uneinigkeit eines
bestimmten Volkes ein Ende zu bereiten und ihre bis dahin uneinigen Teile zu ei-
nem nationalen Ganzen zusammenzufügen."
(Josef W. Stalin: 'Die nationale Frage und der Leninismus', in: 'Werke', Band 11,
Moskau 1954, S. 351).
Die Entwicklung von Gemeinschaften hin zu Nationen vollzieht in drei Hauptab-
schnitten:
1. Abschnitt: die Stammesgemeinschaft,
2. Abschnitt: die Vornation oder Nationalität und
3. Abschnitt: die Nation.
Das englische Wort 'tribe' kommt vom lateinischen 'tribus' und bedeutet:
"Eine Gruppe von Personen, die eine Gemeinschaft bilden und von einem gemein-
samen Vorfahren abstammen."
('Oxford English Dictionary', Band 18, Oxford 1989, S. 503).
Es ist dies die typische Form der Gemeinschaft im Urkommunismus. Sie gründet
sich, wie man sagt, auf die Blutsverwandtschaft.
Mit der Entwicklung von Werkzeugen und Arbeitsverfahren entstehen die Klassen
und der Urkommunismus weicht der Sklavenhaltergesellschaft und später weicht
diese dem Feudalismus:
"In Übereinstimmung mit der Veränderung und Entwicklung der Produktivkräfte
der Gesellschaft im Verlauf der Geschichte veränderten und entwickelten sich
auch die Beziehungen des Menschen zur Produktion: die Produktionsverhältnisse.
Die Geschichte kennt fünf verschiedene Produktionsverhältnisse: den Urkommu-
nismus, die Sklavenhaltergesellschaft, die Feudalgesellschaft, die kapitalistische
und die sozialistische Gesellschaft."
('Geschichte der kommunistischen Partei der Sowjetunion: Kurzer Lehrgang', Mos-
kau 1939, S. 123).
In dem Maße wie sich die Stammesgemeinschaft auflöst, schließen sich die Stämme
zu Verbänden und Königtümern zusammen; eine gemeinsame Sprache, die sich
auf eine der Stammessprachen gründet, entsteht. Es entsteht auch eine gemein-
same Psyche und eine gemeinsame Kultur entwickelt sich. Dieser Prozess führt
schließlich zur Entwicklung eines neuen Typs von Gemeinschaft: der Vornation
oder Nationalität - eine Gemeinschaft, die nicht mehr auf Blutsverwandtschaft ge-
gründet ist, sondern auf der geographischen Örtlichkeit. Eine solche Vornation
besitzt ein gemeinsames Territorium, eine gemeinsame Sprache und eine gemein-
same Kultur. Sie hat jedoch noch keinen wirtschaftlichen Zusammenhalt. Die Vor-
nation ist die typische Form der Gemeinschaft der Sklavenhaltergesellschaft und
des Feudalismus.
Dazu Stalin:
"Natürlich fielen die Bestandteile der Nationalität ... nicht vom Himmel, sondern
entwickelten sich allmählich - schon in der vorkapitalistischen Periode. Diese
Elemente befanden sich jedoch in einem Anfangsstadium und stellten besten-
falls nur eine Entwicklungsmöglichkeit dar, d. h. sie enthielten die Möglichkeit
für die Bildung einer künftigen Nation, unter der Voraussetzung, dass bestimm-
te günstige Bedingungen hinzutraten. Die Möglichkeit wurde erst in der Periode
des aufsteigenden Kapitalismus mit seinen nationalen Märkten, seinen wirtschaft-
lichen und kulturellen Zentren zu einer Realität."
(Josef W. Stalin: 'Die nationale Frage und der Leninismus', in: 'Werke', Band 11,
Moskau 1954, S. 351).
Mit der Entwicklung des Kapitalismus im Rahmen der Feudalgesellschaft, be-
schleunigte sich die Entwicklung der vornationalen Merkmale und gleichzeitig
beschleunigte sich auch die Entwicklung des wirtschaftlichen Zusammenhaltes
auf dem gesamten Gebiet der Vornation. Dieser Prozess verwandelt die Vorna-
tion in eine Nation:
"Mit dem Auftreten des Kapitalismus, der Beendigung der feudalen Zersplitte-
rung und der Bildung nationaler Märkte entwickelten sich die Nationalitäten zu
Nationen."
(Josef W. Stalin: 'Über Marxismus und Sprachwissenschaft', in: 'Ausgewählte
Werke', Tirana 1979, S. 511).
Stalin wies darauf hin, dass die Entwicklung einer Vornation zu einer Nation
sich nicht zwangsläufig vollzieht, sondern nur dann, wenn
" ... bestimmte günstige Voraussetzungen gegeben sind."
(Josef W. Stalin: 'Die nationale Frage und der Leninismus', in: 'Werke', Bd. 11,
Moskau 1954, S. 351).
Wenn sich beispielsweise zwei oder mehrere Vornationen auf benachbarten
Gebieten entwickeln, dann kann es sein, dass an einem bestimmten Punkt
dieser Entwicklungsprozess hin zur Nation abgebremst wird und dass statt-
dessen eine Verschmelzung zu einer einheitlichen Nation stattfindet. Diese
gemeinsame Nation wird die Sprache und Kultur einer der Vornationen, die
an der Vereinigung beteiligt ist, übernehmen und die Sprachen und Kulturen
der anderen Vornationen, die sich an der Vereinigung beteiligen, werden all-
mählich verschwinden:
"Die sprachliche Verschmelzung kann nicht als die einmalige Wirkung eines
entscheidenden Schlages, der innerhalb weniger Jahreseine Ergebnisse zei-
tigt, angesehen werden. Die sprachliche Vereinigung ist ein langwieriger Pro-
zess, der sich über Hunderte von Jahren hinweg erstreckt. ...
Darüberhinaus wäre es durchaus falsch anzunehmen, dass die Vereinigung
von, sagen wir, zwei Sprachen zu einer neuen, dritten führen würde. ... Tat-
sächlich ist es so, dass eine der Sprachen gewöhnlich als Sieger aus der
Verbindung hervorgeht, ihr grammtisches System und ihren Grundwortschatz
behält und sich in Übereinstimmung mit den ihr innewohnenden Entwicklungs-
gesetzen weiterentwickelt, während die andere Sprache allmählich ihre Eigen-
arten verliert und ausstirbt."
(Josef W. Stalin: 'Über Marxismus und Sprachwissenschaft', in: 'Ausgewählte
Werke', Tirana 1979, S. 523).
Wie gezeigt werden wird, war dies die Art und Weise, wie sich die britische
Nation entwickelt hat, die aus der Verschmelzung mehrerer Vornationen -
hauptsächlich aus der von England, Schottland und Wales entstanden ist.
Die Entwicklung der britischen Nation
Aus geographischen und ethnischen Gründen fand die Entwicklung der Vorna-
tionen auf den Britischen Inseln hauptsächlich in sechs verschiedenen Regionen
statt: auf der Insel Man, in Cornwall, in Schottland, in Wales, in England insge-
samt sowie in Irland.
Die Entwicklung der Vornation auf der Insel Man
Diese Vornation (von Manx) entwickelte sich auf der Insel Man und in der Iri-
schen See und
" ... wurde im 9. Jahrhundert Norwegen zugeschlagen. 1266 kam sie an Schott-
land, geriet jedoch 1406 unter englische Kontrolle, als der Stanley-Familie der
Besitz der Insel vermacht wurde (den Earls of Derby); später erwarben die Briten
die Insel."
('Statesman's Yearbook, 1998-99', London 1999, S. 1.482).
Die Manx-Sprache gehörte zu
" ... der Goidelic-Gruppe der keltischen Sprachen."
('New Encyclopaedia Britannica', Band 7, Chicago 1998, S. 802).
Die Vornation von Manx (auf der Insel Man - Übers.) vollendete nicht ihre Entwick-
lung zur Nation, sondern wurde später in die englische Vornation und dann im
19. Jahrhundert in die britische eingegliedert. Manx wurde
" ... durch das Englische ersetzt und ist heute ausgestorben."
('New Encyclopaedia Britannica', Band 7, Chicago 1998, S. 802).
Die Entwicklung der Vornation von Cornwall
Die Vornation von Cornwall entwickelte sich im äußersten Südwesten der bri-
tischen Insel.
Nach der normannischen Eroberung Englands im Jahre 1066 wurden
" ...die einheimischen Landgüter von Cornwall den Eroberern übertragen und
bildeten die Grundlage für eine Grafschaft."
(Ebenda, Band 3, Chicago 1998, S. 642).
1337 entstand das Herzogtum von Cornwall durch
" ... königliches Privileg seitens Edward III an seinen ältesten Sohn 'Edward
the Black Prince'."
(Ebenda).
Seitdem war
"der erstgeborene Sohn des Monarchen von seiner Geburt an" ..
(Ebenda).
..stets automatisch Herzog von Cornwall.
Die Vornation von Cornwall vollendete ihre Entwicklung zur Nation nicht, son-
dern wurde in die englische Vornation eingegliedert und später, im 18. Jahrhun-
dert, der britischen Vornation zugeschlagen. Seitdem wurde die kornische Spra-
che
" ... als lebendige Sprache gesprochen."
(Ebenda).
Die Entwicklung der schottischen Vornation
Seit Mitte des 9. Jahrhunderts wurden die Stammeskönigtümer des schottischen
Festlands zu einer
"hauptsächlich keltischen Monarchie"..
(Ebenda, Band 10, S. 562).
..vereinigt.
Im 13. Jahrhundert versuchte England,
" ...die direkte Kontrolle über Schottland zu erlangen."
(Ebenda).
Es war jedoch im 14. Jahrhundert gezwungen,
"..Robert Bruce ... als König Robert I von Schottland"
(Ebenda).
..anzuerkennen.
Die Shetland- und Orkney-Inseln nördlich des schottischen Festlands wurden
ab dem 9. Jahrhundert
" ... von Norwegen und Dänemark"
(Ebenda, Band 8, S. 1.001).
regiert, wurden jedoch im 15. Jahrhundert Teil der schottischen Vornation,
als sie
" ..unter schottische Herrschaft kamen, ..als Entschädigung für die Nichtzahlung
einer Aussteuer für Margarete von Dänemark, der Gattin von König James III."
(Ebenda).
Die schottische Vornation vollendete nicht ihre Entwicklung zu einer Nation, son-
dern verschmolz mit der sich entwickelnden englischen Nationalität.
Die Entwicklung der walisischen Vornation
Die walisische Vornation hatte sich bis zum 13. Jahrhundert bis zu dem Punkt ent-
wickelt, an dem die alten Stammeskönigtümer unter Llewellyn ap Grufydd verei-
nigt wurden, der
" ... sich selbst zum Prinzen von Wales ernannte und die Huldigung der ande-
ren walisischen Prinzen erhielt."
('New Encyclopaedia Britannica', Band 7, Chicago 1998, S. 427).
Im 16. Jahrhundert
" ... wurde Wales in das Königreich von England aufgenommen."
(Ebenda, Band 12, S. 461).
Seine alte Kultur wurde nach und nach
" ...zunehmend anglisiert."
(Ebenda).
Die walisische Vornation schloss also nicht ihre Entwicklung zur Nation ab, sondern
vereinigte sich mit der englischen Nationalität und später mit der britischen Nation.
Die Entwicklung der englischen Vornation
Im 10. Jahrhundert hatte sich die englische Vornation bis zu einem Punkt entwickelt,
dass der westsächsische König Athelstan
" ... zum ersten König wurde, der über ganz England die Macht ausübte."
(Ebenda, Band 29, S. 29).
Die Entwicklung der englischen Vornation wurde im 11. Jahrhundert durch die nor-
mannische Eroberung unterbrochen. Das von den Normannen in England eingeführ-
te Feudalsystem unterschied sich grundlegend von dem auf dem europäischen Kon-
tinent, in der Weise dass seine Landgüter
" ... über eine große Zahl von Grafschaften verstreut waren."
(Ebenda, S. 31).
Dies hatte zur Folge, dass die Grundherrn im Verhältnis zur zentralen (königlichen)
Staatsmacht viel weniger Einfluss besaßen. Dies trug in großem Maße zum frühen
Entstehen des Kapitalismus in England bei.
Der Bürgerkrieg, der in Großbritannien im 17. Jahrhundert ausbrach,
" ... war ein Klassenkampf, war revolutionär und fortschrittlich. ...Die Bourgeoisie des
17. Jahrhunderts ... konnte nur dadurch als historisch fortschrittliche Klasse ihrer Zeit
für ihre eigenen Rechte und Freiheiten kämpfen, dass sie auch für die Rechte und
Freiheiten aller Engländer und für die Menschheit als Ganze eintrat."
(A. L. Morton: 'Eine Volksgeschichte Englands', London 1979, S. 229).
Die Vereinigung der walisischen und englischen Vornationen
Im Jahre 1276 überfiel Edward I von England
" ... Wales und unterwarf Llewellyn in der Zeit von 1276-77."
('New Encyclopaedia Britannica', Band 7, Chicago 1998, S. 427).
1485 besiegte Henry Tudor, der Enkel von
" ... Owen Tudor, einem walisischen Landjunker, Richard III von England bei der
Schlacht von Bosworth. Nachdem er den Thron nur aufgrund eines Erbtitels und
göttlichen Schlachturteils beansprucht hatte, wurde er am 30. Oktober zum Kö-
nig gekrönt."
(Ebenda, Band 5, Chicago 1998, S. 839).
Das führte
" ... in weiten Teilen von Wales zu der Auffassung, dass endlich einmal ein nach
Herkunft und Erziehung echter Waliser in London regierte."
(Graham Jones: 'Die Geschichte von Wales - ein Taschenbuch', Cardiff 1990,
S. 47).
Und als Wales
" ... politisch mit England aufgrund des Unionsvertrages von 1535" ..
('Cambridge Encyclopaedia', Cambridge 1997, S. 1.126).
.. vereinigt wurde, ..
" ... waren Waliser, die sich Gehör verschaffen konnten, völlig davon überzeugt,
dass die politische Vereinigung von England und Wales ... eine ausgesprochene
Erfolgsgeschichte war. ... Wohlhabende und gebildete Waliser erklärten selbst-
bewusst, dass die Verbindung von England und Wales die glückliche und erfreu-
liche Ehe von Gleichen gewesen sei."
(Geraint H. Jenkins: 'Die Entstehung des modernen Wales, 1642-1780', Oxford
1993, S. 301).
Die Vereinigung der schottischen und englischen Vornationen
James VI von Schottland war der
" ... Urgroßenkel von Henry VII (von England - Verf.) und der legitime Nachfolger
von Elisabeth I. ... Nach Elisabeths Tod im Jahre 1603 wurde er als rechtmäßiger
König von England anerkannt. Auf diese Weise wurden die Kronen von England
und Schottland vereint."
('Encyclopaedia Americana', Band 24, New York 1977, S. 419).
Schottland und England
" ... blieben bis 1707 eigene Königreiche, die von einem Monarchen regiert wurden,
außer während der kurzen Periode des englischen Bürgerkriegs, als die Monarchie
abgesetzt war."
('New Encyclopaedia Britannica', Band 10, Chicago 1993, S. 563).
Die Union der beiden Königreiche von England und Schottland war
" ... sowohl strategisch als auch ökonomisch wünschenswert. Diese Union wurde
1707 vollzogen."
(Ebenda, Band 29, S. 116).
Der Unionsvertrag von 1707
" ... war das unmittelbare Ergebnis des Fernhaltens der sich entwickelnden schot-
tischen Handelsinteressen von Englands expandierendem imperialen Handel."
(Michael Keating & David Bleiman: 'Schottischer und sozialdemokratischer Nationa-
lismus', London 1979, S. 21).
Hiernach,
" ... während des Viktorianischen Zeitalters, genoss Schottland einen Wohlstand,
der im Vergleich zu dem der Vergangenheit so groß war, dass die Vereinigungs-
bestrebungen dazu angetan waren, das schottische Nationalbewusstsein wieder
völlig zunichte zu machen."
(Harold J. Hanham: 'Schottischer Nationalismus', London 1969, S. 11).
Die Bildung der britischen Nation
Die Entwicklung der schottischen und der walisischen Vornation führte nicht zur
Entstehung von Nationen. Sie wurde dadurch unterbrochen, dass diese Vorna-
tionen mit der sich entwickelnden englischen Vornation zur Entstehung der briti-
schen Nation miteinander verschmolzen.
Die Entwicklung der irischen Nation
Die irische Vornation entwickelte sich jenseits der Irischen See, hatte aber zu
dem Zeitpunkt, als die Streitkräfte Henry II von England 1171 Irland überfielen,
noch nicht das Stadium eines Vereinigten Königreiches erreicht. Danach ernann-
te sich Henry selbst zum
" ... Herrscher über die gesamte Insel."
('New Encyclopaedia Britannica', Band 6, Chicago 1993, S. 379).
Im Januar 1801 wurde Irland politisch mit Großbritannien
" ... zum Vereinigten Königreich von Großbritannien und Irland"
(Ebenda, S. 380).
vereint.
Trotz der anhaltenden ausländischen Unterdrückung entwickelte sich der Kapi-
talismus und damit auch die irische Nation weiter. Im 19. Jahrhundert erzeugten
diese Entwicklungsprozesse eine irische Nationalbewegung:
"Im Westen nutzte Irland seine abgelegene Lage und brachte eine nationale
Bewegung hervor."
(Josef W. Stalin: 'Marxismus und nationale Frage', in: 'Werke', Band 2, Moskau
1953, S. 315).
Und:
" ... 1916 wurde eine vorläufige irische Regierung gebildet."
('New Encyclopaedia Britannica', Band 6, Chicago 1993, S. 380).
Um die irische Nationalbewegung niederzuschlagen, arbeitete die Regierung
(in London - Übers.) mit den protestantischen Siedlern im Norden des Landes
(Ulster) zusammen, mit dem Ziel, 1920 die Teilung des Landes herbeizuführen:
" ... Nordirland und Südirland sollten jedes für sich genommen ein eigenes
Parlament besitzen und jeweils Vertreter ins britische Parlament schicken."
(William L. Langer, Hrsg., 'Eine Enzyklopädie der Weltgeschichte: Antike,
Mittelalter und Moderne', London 1972, S. 984).
Nachdem die Menschen im Süden des Landes dieses Ansinnen zurückgewie-
sen hatten, stattete die britische Regierung
" ... Irland (den südlichen Teil - Verf.) als 'Irischen Freistaat' mit dem Dominion-
Status aus (=Irland bleibt britische Kolonie, erhält aber gewisse Privilegien -
Übers.). Nordirland behielt die Rechte nach der bestehenden Vereinbarung."
(Ebenda, S. 984).
Im April 1949
" ... wurde die Republik Irland in Dublin offiziell ausgerufen."
(Ebenda, S. 1.177).
Im folgenden Monat verabschiedete die britische Regierung die Gesetze, wo-
nach
" ... die Unabhängigkeit der Republik anerkannt, die Stellung Nordirlands
innerhalb des Vereinigten Königreichs jedoch unterstrichen wurde."
(Ebenda).
Das bedeutet, dass Nordirland tatsächlich eine Kolonie des britischen Imperialis-
mus ist, während die nach außen unabhängige Republik Irland in Wahrheit eine
britische Neokolonie darstellt.
Marxisten-Leninisten haben die britische Herrschaft über Irland (bzw. über jeden
Teil von Irland) als nicht hinnehmbare koloniale Unterdrückung angesehen und
sie sind stets für das Recht der irischen Nation auf Selbstbestimmung eingetreten:
"Was sollen wir den irischen Arbeitern raten? Meiner Meinung nach sollten sie
den Unionsvertrag außer Kraft setzen (d.h. sich von Großbritannien trennen) ...
und einseitig die Unabhängigkeit erklären."
(Karl Marx an Friedrich Engels, 30. November 1867, in: Wladimir I. Lenin: 'Über
das Recht der Nationen auf Selbstbestimmung', in: 'Ausgewählte Werke', Band 4,
London 1943, S. 276).
Dazu Lenin:
"Marx trat, indem er sich in der Internationale für eine Sympathieerklärung für die
'irische Nation' und das 'irische Volk' stark machte, für die Trennung Irlands von
Großbritannien ein."
(Wladimir I. Lenin: 'Über das Recht der Nationen auf Selbstbestimmung', in: 'Aus-
gewählte Werke', Band 4, London 1943, S. 279).
"Wenn Marx 1869 für die Lostrennung Irlands von England eintrat, dann tat er dies
vom Standpunkt des revolutionären Kampfes der englischen Arbeiter aus."
(Wladimir I. Lenin: 'Die sozialistische Revolution und das Recht der Nationen auf
Selbstbestimmung', in: 'Ausgewählte Werke', Band 5, London 1935, S. 274).
In Großbritannien gibt es - Nordirland ausgenommen - keine nationalen Aufgaben
mehr zu lösen:
"In jenen fortgeschrittenen Ländern (England, d.h. Großbritannien - Verf., Frank-
reich, Deutschland usw.) ist das nationale Problem seit langer Zeit gelöst; es gibt
objektiv gesehen keine 'nationalen Aufgaben' mehr zu lösen."
(Wladimir I. Lenin: 'Eine Karikatur auf den Marxismus und 'imperialistischer Ökono-
mismus', in: 'Ausgewählte Werke', Band 5, London 1935, S. 295).
In den
" ... fortgeschrittenen Ländern Westeuropas sind die bürgerlichen, fortschrittlichen
und nationalen Bewegungen schon seit langer Zeit abgeschlossen."
(Wladimir I. Lenin: 'Die sozialistische Revolution und das Recht der Nationen auf
Selbstbestimmung', in: 'Ausgewählte Werke', Band 5, London 1935, S. 275).
Wenn aber die Gemeinwesen von Schottland, Wales und der schwarzen Einwohner
Großbritanniens keine Nationen sind, keine unterdrückten Nationen unter der 'Fremd-
herrschaft' der Engländer sind und wenn es keine nationalen Aufgaben innerhalb
Großbritanniens mehr auszuführen gibt, worin besteht dann der wahre Charakter
des so genannten schottischen, walisischen und schwarzen Nationalismus?
Es handelt sich bei ihnen offensichtlich um einen falschen Nationalismus.
In einem wahrhaften nationalen Befreiungskampf haben die Arbeiter und die natio-
nalen Kapitalisten zeitweilig ein bestimmtes gemeinsames Interesse. Die schotti-
schen, walisischen und schwarzen Arbeiter einerseits und die (schottischen, walisi-
schen und schwarzen Kapitalisten - Übers.) Kapitalisten andererseits haben jedoch
kein solches gemeinsames Interesse. Die politische Wirkung eines solchen Pseudo-
nationalismus kann deshalb nur darin bestehen, die Klassenzusammenarbeit zu
predigen, wodurch die Interessen der Arbeiterklasse denen der kapitalistischen Klas-
se auf opportunistische Weise untergeordnet werden:
Dazu Stalin:
"Von hier aus ist es nicht mehr weit zu 'einer gemeinsamen Basis für gemeinsame
Aktionen', auf der der Bourgeois und der Arbeiter zusammen stehen müssen und
sich als Mitglieder ein und derselben 'Nation' die Hand reichen."
(Josef W. Stalin: 'Der sozialdemokratische Standpunkt in der nationalen Frage',
in: 'Werke', Band 1, Moskau 1952, S. 38).
Marxisten-Leninisten verstehen, dass es die Existenz des britischen Monopolkapi-
tals ist, die die Ursache für die besonderen Probleme der schottischen, walisischen
und schwarzen Arbeiter bildet. Deshalb muss es das Ziel der britischen Marxisten-
Leninisten sein, eine geeinte Arbeiterklasse zu führen, um die Herrschaft des briti-
schen Monopolkapitals zu stürzen.
Politische Organisationen, die die Vorstellungen von einem schottischen, walisi-
schen oder schwarzen 'Nationalismus' in Großbritannien vertreten, versuchen ob-
jektiv gesehen die Arbeiterklasse von der Aufgabe, die Einheit der Arbeiterklasse
herzustellen sowie von ihrem eigentlichen Klassengegner, dem britischen Mono-
polkapital, abzulenken und ihre Aufmerksamkeit auf einen nicht vorhandenen
Feind 'England' hinzulenken.
Eine einzige marxistisch-leninistische Partei für Großbritannien?
Die zweite Frage, die in diesem Artikel diskutiert werden soll, ist diese: Sollen
eigene marxistisch-leninistische Parteien in Schottland, Wales und England auf-
gebaut werden oder soll es eine einheitliche marxistisch-leninistische Partei für
ganz Großbritannien geben?
Diese zweite Frage ist nicht von der ersten, die bereits behandelt wurde, zu
trennen, nämlich, ob die Völker von Schottland, Wales und England eigene Na-
tionen darstellen oder ob sie Teile einer einheitlichen britischen Nation sind.
Marxisten-Leninisten haben immer den Standpunkt vertreten, dass es eine - und
nur eine - marxistisch-leninistische Partei für jeden Staat (ausgenommen für ir-
gendwelche geographisch weit abgelegene Kolonien) geben sollte:
"Jede Partei, die den Wunsch hat, sich der Kommunistischen Internationale an-
zuschließen, muss den Namen Kommunistische Partei dieses oder jenes Lan-
des tragen (Sektion der Dritten Kommunistischen Internationale)."
(Wladimir I. Lenin: 'Die Aufnahmebedingungen für den Beitritt zur Kommunisti-
schen Internationale', in: 'Ausgewählte Werke', Band 10, London 1946, S. 205).
Der Zweite Kongress der Kommunistischen Internationale nahm im Juli 1919 die
folgende These zur Parteiorganisation an:
"In jedem einzelnen Land soll es nur eine vereinigte Kommunistische Partei ge-
ben."
(Zweiter Kongress der Komintern: 'Thesen zur Rolle der Kommunstischen Partei
in der Proletarischen Revolution', Jane Degras, Hrsg.: 'Die Kommunistische Inter-
nationale: 1919-1943. Dokumente', Band 1, London 1971, S. 135).
Dazu Stalin im April 1917:
"Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Organisation der Proletarier eines bestimm-
ten Staates auf der Grundlage der Nationalität schon im Ansatz den Gedanken der
Klassensolidarität zerstört. Alle Proletarier eines bestimmten Staates müssen in
einem einzigen, unteilbaren proletarischen Kollektiv organisiert werden."
(Josef W. Stalin: 'Bericht zur nationalen Frage', 7. April, Konferenz der RSDAP, B,
in: 'Werke', Band 3, Moskau 1953, S. 58).
Dieses Prinzip findet auch auf multinationale Staaten Anwendung (Staaten, die
innerhalb ihrer Grenzen mehr als eine Nation haben) genauso wie auf Staaten,
die eine einzige Nation umfassen. Das zaristische Russland zum Beipiel war ein
multinationaler Staat und Lenin und Stalin kämpften ohne Einschränkungen für
eine einzige marxistisch-leninistische Partei für ganz Russland:
"Wir wollen die Proletarier der verschiedenen Nationen zusammenführen. Was
sollten wir tun? 'Die Proletarier ganz Russlands in eigenen Parteien getrennt
organisieren und Ihr werdet Euer Ziel erreichen!' antworten die föderalistischen
Sozialdemokraten. ...
Die Sozialdemokratische (d.h. marxistisch-leninistische - Verf.) Partei, die in
Russland arbeitet, nennt sich selbst 'Rossiiskaja' (allrussisch - Verf.) und nicht
'Russkaja' (russisch - Verf.). ... Ganz offensichtlich sollte uns damit gesagt wer-
den, dass sie unter ihrem Banner nicht nur die russischen Proletarier, sondern
auch die Proletarier aller Nationalitäten Russlands vereinigen will und dass sie
deshalb alles tun wird, um die nationalen Schranken, die aufgerichtet wurden,
um sie voneinander zu trennen, niederzureißen."
(Josef W. Stalin: 'Die sozialdemokratische Haltung in der nationalen Frage', in:
'Werke', Band 1, Moskau 1952, SS. 36, 41).
In Übereinstimmung mit diesem Prinzip brachten Lenin und Stalin immer wie-
der ihren energischen Widerstand ähnlichen Schritten gegenüber zum Ausdruck,
um eigene marxistisch-leninistische Parteien in anderen multinationalen Staaten
zu gründen:
"Der Gedanke der nationalen Autonomie bringt die pychologischen Vorausset-
zungen für die Teilung der vereinigten Arbeiterparteien in eigene Parteien, die
nach Nationalitäten organisiert sind, hervor. Österreich, die Heimat der 'nationa-
len Autonomie' liefert dafür die besten beklagenswertesten Beispiele. Schon
1897 ... fing die einst vereinte Österreichische Sozialdemokratische Partei an,
sich in unterschiedliche Parteien aufzusplittern. ... Inzwischen gibt es sechs
verschiedene nationale Parteien."
(Josef W. Stalin: 'Marxismus und nationale Frage', in: 'Werke', Band 2, Moskau
1953, S. 342f).
Und wenn erst einmal das Prinzip eigener nationaler marxistisch-leninistischer
Parteien innerhalb eines multinationalen Staates hingenommen wurde, folgt
der nächste Schritt mit zwingenden Logik: dass auf die Aufsplitterung anderer
Organisationen der Arbeiterklasse wie der der Gewerkschaften in eigene natio-
nale Körperschaften hingearbeitet werden sollte:
"Der Spaltung der Partei folgt die Spaltung der Gewerkschaften und das Ergeb-
nis ist eine vollständige Absonderung. Auf diese Weise wird die vereinigte Klas-
senbewegung in eigene nationale Strömchen aufgeteilt."
(Josef W. Stalin: Ebenda, S. 343).
Von daher ist das marxistisch-leninistische Prinzip in dieser Frage ganz ein-
deutig:
Es muss eine und nur eine marxistisch-leninistische Partei für jeden einzelnen
Staat geben - ausgenommen in Kolonien, die geographisch fern abgelegen
sind. Und dieses Prinzip trifft auf multinationale und Staaten, die nur eine einzi-
ge Nation umfassen, gleichermaßen zu.
Wie wir gesehen haben, sind Schottland, Wales und England keine eigenen
Staaten, sondern sind Bestandteile des 'Vereinigten Königreiches von Großbri-
tanien und Nordirland'. Dieser Staat umfasst auch 'Nordirland', eine britische
Kolonie, die geographisch vom Festland Großbritanniens getrennt ist.
Daraus folgt, dass in Übereinstimmung mit marxistisch-leninistischen Prinzi-
pien es eine - und nur eine - marxistisch-leninistische Partei für ganz Großbri-
tannien, das Schottland, Wales und England umfasst, geben sollte.
Schlussfolgerungen
Nach marxistisch-leninistischen Prinzipien sind
1. Schottland, Wales und England keine eigenen Nationen, sondern bilden Teile
der britischen Nation und
2. sollte es keine eigene eigenen marxistisch-leninistischen Parteien für Schott-
land, Wales und England geben, sondern eine einzige marxistisch-leninistische
Partei für ganz Großbritannien.
Anmerkung
Der zweite Teil dieses Artikels, der auf die Frage der Regionalisierung eingehen wollte,
sollte noch 1999 geschrieben werden. Weder der Communist League noch der NCLMU
ist bekannt, ob dies geschehen ist.
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