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Mao Tse-tung und der Vietnamkrieg

 

 

Der Bericht von Le Duan, Vorsitzender der Kommunistischen Partei Vietnams und Nachfolger Ho Tschi Minhs an das Politbüro nach dem Ende der chinesischen Invasion Vietnams, Frühjahr 1979

 

Mit Anhang

 

 

 

Aus: Cold War International History Project

Virtual Archive

(http://wilsoncenter.org/index.cfm?topic_id=1409&fuseaction=va2.document&identifi...)

 

 

Sammlung:

 

 

Genosse B über die Verschwörung der reaktionären chinesischen Clique gegen Vietnam

(Genosse B=Le Duan)

 

 

Datum: Quelle:

1979 Bibliothek der Volksarmee, Hanoi. Ein Dokument, das von Christopher Goscha

für CWIHP übersetzt wurde. Deutsche Übersetzung von G. v. Schnehen

 

 

Rede des Genossen B (Le Duan) über die Verschwörung der reaktionären chinesischen Clique gegen Vietnam

 

 

"Nachdem wir die Amerikaner besiegt hatten, gab es eigentlich keinen Imperialisten mehr, der es gewagt hätte, uns erneut anzugreifen. Die einzigen, die sich einbildeten, dass sie uns dennoch angreifen könnten, waren chinesische Reaktionäre. Aber das chinesische Volk war ganz und gar nicht dafür. Ich weiß nicht, wie lange einige dieser chinesischen Reaktionäre noch weiter existieren werden. Aber so lange sie es tun, werden sie uns bekämpfen, so wie sie es erst kürzlich getan haben. Wenn der Krieg aus dem Norden kommt, dann werden die Provinzen Nghe An, Ha Tinh und Thanh Hoa zu militärischen Basen des ganzen Landes werden. Es sind dies die effektivsten, besten und stabilsten Stützpunkte, die wir je gehabt haben. Wenn die Flüssmündungen hier eine ununterbrochene Linie darstellen würden, wäre die Lage sehr ungünstig und keine einfache Angelegenheit. Wenn die Vietnamesen nicht gewesen wären, hätte es überhaupt niemanden gegeben, der den USA Widerstand entgegengesetzt hätte, weil zu der Zeit, als die Vietnamesen gegen die USA kämpften, der Rest der Welt vor den USA Angst hatte. .. Obwohl die Chinesen Korea geholfen haben, taten sie dies nur, um ihre eigene nördliche Grenze zu schützen. Als die Kämpfe beendet waren und als der Druck auf Vietnam lastete, meinte er (gemeint Tschou En-lai-Üb.), dass, falls die Vietnamesen weiter kämpfen wollten, sie dies alleine tun müssten. Man würde nicht länger helfen und er drängte uns, den Kampf zu beenden.

Als wir die Genfer Vereinbarungen (nach der Niederlage der Franzosen bei Dien Bien Phu, als das Land am 17. Breitengrad in Süd-und Nordvietnam geteilt wurde-Üb.) unterschrieben hatten, war es eben jener Tschou En-lai, der unser Land teilte. Nachdem unser Land auf diese Weise in eine nördliche und südliche Zone geteilt war, übte er wieder Druck auf uns aus, damit wir, was Südvietnam anging, untätig blieben. Sie wollten uns untersagen, den Kampf aufzunehmen, aber sie waren nicht in der Lage, uns davon abzuhalten.

 

Als wir im Süden waren und wir Vorbereitungen getroffen hatten, um den Guerilla-Kampf unmittelbar nach der Unterzeichnung der Genfer Vereinbarungen aufzunehmen, meinte Mao Tse-tung auf unserem Parteitag, dass wir die Lao (gemeint: die revolutionäre Widerstandsbewegung Pathet Lao-Üb.) zwingen sollten, sofort ihre beiden befreiten Provinzen an die Regierung in Vientiane (d.h. an Laos-Üb.) abzutreten. (Die Genfer Vereinbarungen von 1954 erlaubten jedoch den Pathet Lao, die eng mit der Demokratischen Republik Vietnam, DRV, verbündet waren, in den beiden Lao-Provinzen Phongsaly und Sam Neua, eine vorläufige Präsenz aufrechtzuerhalten-Üb.). Falls nicht, würden die Amerikaner sie vernichten. Eine sehr gefährliche Lage (aus chinesischer Sicht-Üb.). Vietnam sollte sofort mit den Amerikanern kooperieren. Mao zwang uns, dies zu tun, und wir mussten es machen.

 

Dann, nachdem diese beiden Provinzen Vientiane übergeben worden waren, verhafteten die Reaktionäre sofort Souphanouvong (den Präsidenten Laos von 1975-1986). Die Lao besaßen zwei Bataillone, die damals eingekreist waren. Außerdem waren sie noch nicht gefechtsbereit. Später gelang es einem Bataillon auszubrechen. Zu der Zeit vertrat ich die Meinung, dass den Lao erlaubt werden müsse, den Guerilla-Krieg zu führen. Ich lud also die Chinesen ein, um diese Frage mit uns zu diskutieren. Ich sagte zu ihnen: "Genossen, wenn ihr die Lao auf diese Weise unter Druck setzt, dann werden sich ihre Streitkräfte vollständig auflösen. Es muss ihnen jetzt erlaubt werden, den Guerilla-Kampf aufzunehmen."

 

Dschang Wen-tian, der einstige Generalsekretär (der zu der Zeit des Gesprächs stellvertretender chinesischer Außenminister war-Üb.), der den Pseudonym Lac Phu hatte, antwortete mir: "Ja, Genossen, was ihr sagt, ist richtig. Wir sollten dem Lao-Battaillon gestatten, den Guerilla-Kampf aufzunehmen."

 

Sofort fragte ich Dschang Wen-tian: "Genossen, wenn ihr den Lao erlaubt, den Guerilla-Kampf aufzunehmen, dann braucht niemand vor einem Guerilla-Krieg in Süd-Vietnam Angst zu haben. Was ist es, das euch solche Angst macht, so dass ihr solche Aktionen immer noch blockiert?"

 

Er sagte: "Man braucht vor nichts Angst zu haben."

 

Das sagte Dschang Wen-tian. Aber Ho Wei, der damalige chinesische Botschafter in Vietnam, der bei dem Gespräch anwesend war, hörte genau zu. Sofort telegrafierte er alles nach China. Mao reagierte prompt: "Vietnam kann das nicht machen (den Guerilla-Kampf im Süden aufnehmen-Üb.), Vietnam muss eine längere Zeitspanne ausharren!" Wir waren wirklich arm dran. Wie konnten wir gegen die Amerikaner kämpfen, ohne China als Rückzugsgebiet zu haben? Wir mussten also auf sie hören oder?

 

Aber wir stimmten nicht überein. Insgeheim machten wir uns daran, unsere Streitkräfte aufzubauen. Als Diem (der vietnamesische, von den USA ausgehaltene Diktator Südvietnams-Üb.) seine Vernichtungsmaschine durch den größten Teil Südvietnams durchzog, gaben wir den Befehl aus, umfangreiche Kräfte zu mobilisieren, um das errichtete Regime zu bekämpfen und ihm die Macht zu entreißen. Wir nahmen keine Rücksicht. Als der Aufstand zur Machtergreifung begonnen hatte, gingen wir nach China, um Tschou En-lai und Deng Hsiao-ping zu treffen. Deng Hsiao-ping sagte zu mir: "Genossen, jetzt, da an eurem Fehler nichts mehr zu ändern ist, solltet ihr nur in Zugstärke und unterhalb davon kämpfen." Das war die Art von Druck, den sie auf uns ausübten.

 

Ich sagte: "Ja, ja! Werde ich machen. Ich werde nur in Zugstärke und darunter kämpfen." Nachdem wir gekämpft hatten und China merkte, dass wir einen effektiven Kampf führen konnten, entwickelte Mao plötzlich eine andere Linie: Er sagte, da die Amerikaner uns ja bekämpften, könnte er ja chinesische Truppen schicken, um Straßen zu bauen. Sein eigentliches Anliegen war, herauszufinden, wie die Lage in unserem Land war, um uns dann später zu bekämpfen und so nach Südost-Asien zu expandieren. Es gab keinen anderen Grund. Wir waren uns dessen bewusst, mussten dem aber zustimmen. Aber o.k., sie beschlossen also, ihre Soldaten zu schicken. Ich wollte, dass sie nur unbewaffnete Soldaten schickten, aber diese Einheiten waren mit Waffen und Munition bestückt. Ich musste mich dem fügen.

 

Später wollte er, dass wir 20.000 seiner Soldaten erlaubten, eine Straße von Nghe Tinh nach Nam Bo (Südvietnam-Üb.) zu bauen. Ich sagte nein. Sie machten immer wieder neue Vorschläge, aber ich gab nicht nach. Sie bedrängten mich, ihnen zu gestatten zu kommen, aber ich stimmte nicht zu. Sie bedrängten mich weiter, aber ich war dagegen. Ich gebe euch all diese Einzelheiten, Genossen, damit ihr euch über ihre lange Verschwörung ein Bild machen könnt, uns das Land zu rauben und darüber, wie verrucht ihre Intrige ist.

 

Nachdem die Amerikaner einige hunderttausend Truppen nach Südvietnam gebracht hatten, begannen wir 1968 eine Generaloffensive, um sie dazu zu zwingen, sich nach und nach zurückzuziehen. Um die USA zu besiegen, musste man wissen, wie man sie zum allmählichen Rückzug veranlassen konnte. Dies war unsere Strategie. Wir kämpften gegen einen großen Feind mit einer Bevölkerung von 200 Millionen Menschen, der die Welt beherrschte. Wenn wir sie nicht dazu bringen konnten, sich allmählich zurückzuziehen, wären wir ins Schwimmen geraten und wären nicht in der Lage gewesen, den Feind zu vernichten. Wir mussten kämpfen, um ihren Willen zu schwächen, um sie dazu zu zwingen, sich mit uns an den Verhandlungstisch zu setzen, ohne ihnen zu gestatten, noch mehr Truppen ins Land zu bringen.

 

Als die Zeit kam, da sie mit uns verhandeln wollten, schrieb Ho Wei (der chinesische Botschafter in Vietnam-Üb.) uns einen Brief, in dem er meinte: "Ihr könnt euch nicht mit den USA an den Verhandlungstisch setzen. Ihr müsst die US-Truppen nach Nordvietnam locken, um sie zu bekämpfen." Er bearbeitete uns auf diese Weise, was starke Verwunderung bei uns hinterließ. Dies war keine einfache Sache. Es war sehr ermüdend, wenn diese Dinge zu behandeln waren.

 

Wir kamen zu der Überzeugung, dass es so (wie von Ho Wei vorgeschlagen-Üb.) nicht ging. Wir mussten uns in Paris an einen Tisch setzen. Wir mussten sie dazu bringen zu deeskalieren, um sie besiegen zu können. Zu der Zeit schlug China den USA vor: "Wenn ihr uns nicht angreift, werden wir euch nicht angreifen, unabhängig davon, wieviel Truppen ihr nach Vietnam bringt. Das ist euch überlassen." China machte das von sich aus und setzte uns in dieser Beziehung unter Druck.

 

Sie stiegen mächtig in die Gespräche mit den USA ein und zwangen uns dazu, die Rolle eines Faustpfandes zu spielen. Als die Amerikaner merkten, dass sie verloren hatten, spannten sie sofort China für ihren Rückzug ein. Nixon und Kissinger fuhren nach China, um diese Sache zu besprechen.

 

Bevor jedoch Nixon nach China fuhr, um das Vietnam-Problem auf eine Weise zu lösen, die den US-Interessen dienlich war und um die Niederlage abzumildern, und um gleichzeitig China dazu zu bringen, sich noch stärker auf die Seite der USA zu stellen, kam Tschou En-lai mich besuchen. Tschou meinte: "Nixon ist dabei, uns zu besuchen, um in erster Linie das Vietnam-Problem zu besprechen, deshalb muss ich dich treffen, Genosse, um die Sache mit dir zu besprechen."

 

Ich sagte: "Genosse, du kannst sagen, was du willst, aber ich kann dir nicht folgen. Genosse - du bist Chinese, ich bin Vietnamese. Vietnam ist mein Land, aber ganz und gar nicht deins. Du hast kein Recht, darüber zu sprechen und du hast kein Recht, darüber mit den Amerikanern zu sprechen." Heute, Genossen, werde ich euch unter uns etwas erzählen, was ich noch nicht einmal dem Politbüro (der Vietnamesischen Kommunistischen Partei-Üb.) erzählt habe, denn ihr, Genossen, habt eine ernste Sache angesprochen und ich muss deshalb dazu etwas sagen:

- 1954, als wir den Sieg bei Dien Bien Phu errangen, war ich in der Provinz Hau Nghia. Bac Ho (Ho Tschi-minh-Üb.) telegrafierte mir, dass ich nach Südvietnam gehen solle, um die Streitkräfte umzugruppieren und mit den südvietnamesischen Landsleuten zu sprechen. Ich fuhr mit dem Zug gen Süden. Auf dem Weg dorthin begrüßten mich Landsleute, weil sie in dem Glauben waren, dass wir gewonnen hätten. Es war sehr schmerzlich! Als ich meine Landsleute aus dem Süden sah, konnte ich meine Tränen nicht unterdrücken. Denn ich wusste, dass jetzt die USA kommen würden, um die Bevölkerung auf schreckliche Weise abzuschlachten.

 

Als ich im Süden angekommen war, telegrafierte ich sofort Bac Ho, um ihn zu fragen, im Süden bleiben zu dürfen und nicht wieder in den Norden zurückzukehren, um noch einmal zehn Jahre zu kämpfen oder auch mehr. "Genosse (an Tschou gewandt-Üb.), du hast mir das hier eingebrockt. Ist dir das bewusst?" (Le Duan spielt auf die Rolle Tschou En-lais Rolle bei der Teilung des Landes während der Genfer Verhandlungen an-Üb.).

 

Tschou En-lai sagte darauf: "Ich entschuldige mich bei dir, Genosse. Ich habe einen Fehler gemacht. Es war falsch." (gemeint: die Zustimmung Chinas für die Teilung Vietnams-Üb.). Als Nixon schon in China war, kam Tschou noch einmal nach Vietnam, um mir Fragen zu einer ganzen Reihe von Problemen zu stellen, was die Kämpfe in Südvietnam anging.

 

Aber ich sagte sofort zu ihm: "Nixon hat sich schon mit dir getroffen, Genosse. Bald werden sie mich noch härter attackieren." Ich habe überhaupt keine Angst. Beide Seiten (China und die USA-Üb.) hatten miteinander verhandelt, um uns noch stärker zu bekämpfen. Er wies diese Ansicht noch nicht einmal als unbegründet zurück, sondern sagte nur: "Ich werde veranlassen, dass noch mehr Waffen und Munition an euch Genossen geliefert werden."

 

Dann sagte er: "Es gab nicht so etwas (kein US-chinesisches Komplott-Üb.)."

 

Jedoch hatten sich die beiden (gemeint Nixon und Tschou En-lai-Üb.) darüber unterhalten, wie sie uns noch härter treffen könnten, einschließlich Einsätze von B-52-Bombern und die Abriegelung des Hafens von Haiphong. Das war ganz eindeutig der Fall.

 

Wenn die Sowjetunion und China nicht im Streit gewesen wären, hätten uns die USA nicht so hart zusetzen können wie sie es getan haben. Da aber die beiden (Mächte-Üb.) einen Konflikt miteinander hatten, hatten die Amerikaner freie Bahn. Obwohl es Vietnam gelang, sich sowohl mit China als auch mit der UdSSR zu verbünden, war dies doch sehr schwierig, denn in jener Zeit waren wir in vielerlei Beziehung auf China angewiesen. Damals lieferte China jährlich 500.000t Lebensmittel, aber auch Waffen, Munition, Geld und nicht zu vergessen Hilfen in Dollar. Auch die Sowjetunion half auf diese Weise. Wenn uns dies nicht gelungen wäre, wären die Dinge sehr gefährlich für uns geworden. Jedes Jahr musste ich zweimal nach China reisen, um mit ihnen (gemeint die Führung-Üb.) über den Gang der Ereignisse im Süden zu reden. Was die Sowjets anging, so sagte ich ihnen überhaupt nichts darüber. Ich sprach nur ganz allgemein. Im Umgang mit den Chinesen musste ich betonen, dass wir beide die USA bekämpften. Ich ging ganz allein hin und sprach viele Male mit ihnen so, wobei meine Hauptabsicht darin bestand, engere Beziehungen zwischen den beiden Seiten herzustellen. Und genau zu dieser Zeit bedrängten uns die Chinesen, uns von der UdSSR zu lösen, ja sie verboten uns, noch länger mit der UdSSR verbündet zu sein.

 

Sie sagten es unumwunden: Deng Hsiao-ping, zusammen mit Kang Scheng, kamen zu mir und meinten: "Genosse, ich werde dir jedes Jahr mehrere Milliarden an Unterstützung geben. Von der UdSSR darfst du nichts annehmen."

 

Ich konnte mich darauf nicht einlassen. Ich sagte darauf: "Nein, wir brauchen die Solidarität und Geschlossenheit des ganzen Lagers."

 

1963, als Chruschtschow sich irrte, brachten die Chinesen sofort eine 25-Punkte-Erklärung heraus und luden unsere Partei ein, um unsere Meinung zu hören. Bruder Truong Chinh und ich gingen zusammen mit einigen anderen Genossen hin. Bei den Diskussionen hörten sie uns in zehn oder so Punkten an, aber als es auf den Punkt 'Es gibt keinen Austritt (Chinas-Üb.) aus dem sozialistischen Lager' kam, hörten sie nicht mehr hin. ...Deng Hsiao-ping sagte: "Ich ändere nichts an meinem Dokument. Ich möchte eure Meinung, aber ich akzeptiere diese Ansicht von euch nicht."

 

Bevor wir abfuhren, unterhielt sich Mao mit dem Bruder Truong Chinh und mir. Er setzte sich hin, um mit uns zu plaudern und zum Schluss verkündete er: "Genossen, ich möchte, dass ihr dies wisst: Ich werde Präsident von 500 Millionen landhungrigen Bauern sein und ich werde eine Armee nach Südost-Asien schicken." Deng Hsiao-ping, der dabei war, fügte hinzu: "Es ist hauptsächlich deswegen, weil es den armen Bauern dort so schlecht geht."

 

Als wir weg waren, sagte ich zu Bruder Truong Chinh: "Da hast du's, das Komplott, unser Land und Südost-Asien zu vereinnahmen. Jetzt ist es klar." Sie trauten sich, es auf diese Weise anzukündigen. Sie meinten wohl, wir würden das nicht verstehen. Es ist wahr, dass nicht eine Minute verstreicht, ohne dass sie daran denken, gegen Vietnam zu kämpfen!

 

Genossen, ich werde euch noch mehr erzählen, damit ihr noch mehr die militärische Seite dieser Sache erkennt. Mao fragte mich:

 

"Wieviel Quadratkilometer Land hat Laos?"

 

Ich antwortete: "Ungefähr 200.000."

 

"Wieviele Einwohner gibt es?"

 

"Etwa drei Millionen!"

 

Mao darauf: "Das ist nicht sehr viel! Ich werde mein Volk dort hinbringen!"

 

Mao fragte: "Wieviel Quadratkilometer Land besitzt Thailand?"

 

"Etwa 500.000."

 

"Und wieviele Menschen?"

 

"Ungefähr 40 Millionen!"

 

Mao: "Mein Gott! Die chinesische Provinz Szechuan hat auch 500.000 Quadratkilometer, hat aber 90 Millionen. Ich werde dorthin einen Teil meines Volkes bringen!"

 

Was Vietnam anging, so wagten sie es nicht, so über die Hereinbringung von Menschen zu sprechen. Doch Mao sagte zu mir: "Genosse, stimmt es etwa nicht, dass dein Volk die Yuan-Armee bekämpft und besiegt hat?" Ich sagte: "Richtig." "Stimmt es nicht auch, dass ihr die Qing-Armee besiegt habt?" Ich sagte: "Richtig." Er sagte: "Und auch die Ming-Armee?" Ich sagte: "Ja und eure könnte ich auch besiegen. Weißt du das gar nicht?"

 

Ich sprach so mit Mao Tse-tung. Er sagte: "Ja, ja!" Er wollte Laos einnehmen, ganz Thailand - und auch noch ganz Südost-Asien und dann Leute dorthin bringen, um dort zu leben. An der Stelle wurde es (das Gespräch-Üb.) schwierig.

 

In der Vergangenheit haben wir intensive Vorbereitungen getroffen; nicht dass wir nicht vorbereitet waren. Wenn wir keine Vorbereitungen getroffen hätten, wäre die jetzige Lage sehr gefährlich für uns. Es war keine leichte Sache. Vor zehn Jahren rief ich unsere Brüder im Militär zusammen, um sich mit mir zu treffen. Ich teilte ihnen mit, dass die Sowjetunion und die USA Streit hätten. Was China anbetraf, so hatten sie den US-Imperialisten die Hände gereicht. In dieser angespannten Lage, müsst ihr euch sofort mit diesem Problem befassen. Ich hatte Angst, dass die Militärs mich nicht verstehen würden, deshalb sagte ich ihnen, dass es keine andere Möglichkeit gebe, dieses Problem zu verstehen. Aber sie fanden es schwierig, dies zu verstehen. Es war ganz und gar nicht einfach. Aber ich konnte es nicht auf andere Weise sagen. Und ich wollte verhindern, dass mich andere nageln konnten.

 

Als ich in der Sowjetunion war, fuhren die Sowjets mir gegenüber auch eine harte Linie zu China. Sie Sowjetunion hatte eine Konferenz mit 80 kommunistischen Parteien einberufen, um angeblich Vietnam zu unterstützen, aber Vietnam nahm nicht an dieser Konferenz teil, weil dieses Treffen nicht eigentlich das Ziel verfolgte, Vietnam zu helfen, sondern China verurteilen sollte. Also ging Vietnam nicht hin. Die Sowjets sagten: "Habt ihr jetzt dem Internationalismus abgeschworen oder was? Warum macht ihr das?" Ich sagte: "Ich habe dem Internationalismus ganz und gar nicht abgeschworen. Das habe ich nie gemacht. Aber um ein Internationalist zu sein, müssen die Amerikaner erst einmal besiegt werden. Und wenn man die Amerikaner besiegen will, muss es ein Zusammengehen und Solidarität mit China geben. Wenn ich zu dieser Konferenz gegangen wäre, dann hätten die Chinesen uns sehr ernste Schwierigkeiten bereitet. Genossen - bitte versteht mich!"

 

Auch in China gab es viele verschiedene und sich bekämpfende Meinungen. Tschou En-lai wollte eine Front mit der Sowjetunion, um den Amerikanern entgegenzutreten. Als ich einmal in der Sowjetunion war, um an einem Nationalfeiertag teilzunehmen, konnte ich ein chinesisches Telegramm lesen, das an die Sowjetunion adressiert war, das besagte: "Wenn jemand die Sowjetunion angreift, werden die Chinesen auf eurer Seite sein." Es gab ja einen Freundschaftsvertrag zwischen der UdSSR und China aus früheren Zeiten (er war noch unter Stalin 1950 mit der neuen chinesischen Regierung abgeschlossen worden-Üb.). Ich saß direkt neben Tschou En-lai und fragte ihn: "In diesem Telegramm, das neulich an die UdSSR geschickt wurde, seid ihr bereit gewesen, Genosse, mit der Sowjetunion eine Front zu bilden, aber weshalb wollt ihr keine Front, um den USA entgegenzutreten?" Tschou En-lai sagte: "Wir können es machen. Ich teile diese Ansicht. Genossen, ich werde mit euch eine Front zu Vietnam bilden." Peng Tschen (Mitglied des Politbüros der Kommunistischen Partei Chinas von 1951 bis 1969 und Gegner Mao Tse-tungs-Üb.), der auch dabei war, fügte hinzu: "Diese Meinung ist in höchstem Maße korrekt!" Aber als die Sache in Schanghai besprochen wurde, meinte Mao, das sei nicht möglich. Hör auf damit." Ihr seht, wie schwierig es war.

 

Obwohl Tschou En-lai verschiedene Meinungen hatte, stimmte er dennoch zu, dass man eine Front bilden sollte und er half Vietnam auch viel. Ihm verdanke ich, dass ich vieles von dem, was in China los war, verstand. Sonst wäre es sehr gefährlich geworden. Einmal sagte er zu mir: "Ich tue mein Bestes, um hier zu überleben, damit über Li Tschiang (Minister für Außenhandel-Üb.) Hilfsmittel gesammelt und an euch abgeschickt werden, Genossen." Das heißt, dass Tschou in der Lage war, über Li Tschiang den Vietnamesen zu helfen. Ich glaube, ohne Tschou En-lai wäre all dies überhaupt nicht möglich gewesen und ich bin ihm dankbar dafür.

 

Aber es ist keineswegs richtig zu sagen, dass andere chinesische Führer Tschou En-lais Meinung teilten. Sie unterschieden sich alle stark. Es muss gesagt werden, dass die kompromissloseste Person, die mit der Großhan-Mentalität (chinesischer Nationalismus, Han - die größte Volksgruppe Chinas-Üb.) und derjenige, der Südost-Asien schlucken wollte, hauptsächlich Mao war. Er kontrollierte die gesamte chinesische Politik.

 

Das gleiche trifft auf die heutigen (1979-Üb.) Führer Chinas zu. Wir wissen nicht, wie sich die Dinge in der Zukunft gestalten werden, Tatsache ist jedoch, dass sie uns bereits angegriffen haben. In der Vergangenheit unternahm Deng Hsiao-ping zwei Dinge, die inzwischen rückgängig gemacht worden sind. Das heißt, als wir in Südvietnam siegten, gab es in China viele (Führer-Üb.), die sehr unglücklich darüber waren. Trotzdem gratulierte uns Deng Hsiao-ping. Das hatte zur Folge, dass er sofort von anderen als Revisionist angesehen wurde.

 

Als ich das letzte Mal in China war (seine Reise vom November 1977-Üb.), war ich Delegationsleiter und traf mich mit der chinesischen Delegation, die Deng Hsiao-ping leitete. Als ich die territorialen Probleme ansprach, einschließlich das Problem der Zugehörigkeit einiger Inseln, sagte ich: "Unsere beiden Nationen sind benachbart. Es gibt verschiedene Gebiete unseres Territoriums, die nicht klar markiert sind. Beide Seiten sollten Kommissionen bilden, um sich mit der Sache zu befassen. Genossen, bitte stimmt mit mir hierin überein." Deng stimmte zu, aber danach wurde er von der anderen Gruppe von Führern (den Maoisten um Hua Kuo Feng, Maos Nachfolger-Üb.) sofort als Revisionist bezeichnet.

 

Aber jetzt ist Deng verrückt geworden. Um zu beweisen, dass er kein Revisionist ist, hat er Vietnam noch härtere Schläge erteilt. Er hat ihnen (den Maoisten, die ihn als 'Revisionisten' bezeichneten-Üb.) freie Bahn gelassen, um Vietnam anzugreifen. Nach dem Sieg über die Amerikaner haben wir über eine Million Soldaten nicht demobilisiert, was sowjetische Genossen veranlasst hat, uns zu fragen: "Genossen, gegen wen wollt ihr kämpfen, dass ihr weiter ein solch großes stehendes Heer unterhaltet?" Ich sagte: "Später werdet ihr das verstehen." Der einzige Grund, dass wir ein solches stehendes Heer beibehielten, war wegen China. Wenn es diese Drohungen nicht gegeben hätte, dann wäre dieses große stehende Heer unnötig gewesen. Daraus, dass wir unlängst an zwei Fronten angegriffen wurden, können wir ersehen, dass es sehr gefährlich gewesen wäre, wenn wir keine große Armee beibehalten hätten.

 

Nach dem Zweiten Weltkrieg meinte jeder, dass der Weltpolizist der amerikanische Imperialismus sei. Sie konnten einfach reingehen und die ganze Welt herumschubsen. Alle, die großen Mächte inbegriffen, hatten vor den USA Angst. Nur Vietnam hatte vor den USA keine Angst.

 

Ich verstehe diese Sache, weil meine Arbeitserfahrungen mich dies gelehrt haben: Der erste, der vor den Amerikanern Angst hatte, war Mao Tse-tung. Er erzählte uns, das heißt den Vietnamesen und Lao, dass "ihr sofort die beiden befreiten Gebiete von Laos an die Regierung in Vientiane abgeben müsst. Wenn ihr das nicht macht, werden die USA das zum Vorwand nehmen, um Euch anzugreifen. Dies ist eine große Gefahr." Was Vietnam anging, so sagten wir: "Wir müssen die Amerikaner bekämpfen, um den Süden Vietnams zu befreien." Mao meinte: "Das könnt ihr nicht machen. Südvietnam muss eine lange Zeitspanne ausharren, eine menschliches Lebensalter, 5-10 Lebensalter oder sogar 20. Ihr könnt nicht gegen die Amerikaner kämpfen. Gegen die Amerikaner zu kämpfen, ist gefährlich." Mao Tse-tung hatte solche Angst vor den USA...

 

Aber Vietnam hatte keine Angst. Vietnam ging seinen Weg und kämpfte. Wenn Vietnam nicht gegen die USA gekämpft hätte, wäre Südvietnam nicht befreit worden. Ein Land, das noch nicht befreit ist, wird abhängig bleiben. Niemand ist unabhängig, wenn nur eine Hälfte des Landes frei ist. Erst 1975 erreichte unser Land seine volle Unabhängigkeit. Mit der Unabhängigkeit kam die Freiheit. Die Freiheit muss die Freiheit der gesamten vietnamesischen Nation sein...

 

Engels hatte bereits über den Volkskrieg gesprochen. Später sprachen die Sowjetunion, China und wir auch darüber. Aber diese drei Länder haben über das Wesen des Volkskrieges stark voneinander abweichende Meinungen. Es ist einfach nicht wahr, dass du nur, weil du Millionen von Menschen hast, alles machen kannst, was dir gefällt. China hat auch vom Volkskrieg gesprochen, aber sie meinten: "Wenn der Feind voranmarschiert, müssen wir uns zurückziehen." Mit anderen Worten: Es kommt auf die Verteidigung an und der Krieg wird in drei Phasen eingeteilt, wobei das Land genutzt wird, um die Städte einzukreisen, während die Hauptkräfte nur im Wald und in den Bergen bleiben... Die Chinesen befanden sich in der Defensive und waren sehr schwach (gemeint: im antijapanischen Befreiungskrieg-Üb.). Selbst als 400 Millionen Menschen einer japanischen Armee mit 300.000 bis 400.000 Soldaten gegenüberstanden, waren die Chinesen nicht in der Lage, sie zu besiegen.

 

Ich muss es immer wiederholen, denn bevor China uns seine Berater schickte, verstanden das einige unserer vietnamesischen Brüder nicht. Sie glauben, dass die Chinesen sehr fähig seien. Aber sie waren nicht sehr fähig und deshalb befolgten wir ihren Rat nicht.

 

1952 verließ ich Nordvietnam und ging nach China, weil ich krank war und eine Behandlung brauchte. Das war das erste Mal, dass ich im Ausland war. Ich stellte ihnen Fragen und sah viele seltsame Dinge. Es hatte Gebiete gegeben, die von japanischen Truppen besetzt worden waren, jedes mit einer Bevölkerung von 50 Millionen, wo es nicht einen einzigen Guerilla-Kämpfer gegeben hatte..

 

Als ich wieder aus China zurückgekehrt war, traf ich Onkel Ho (Ho Tschi-minh-Üb.). Er fragte mich:

 

"Dies war das erste Mal, dass du im Ausland warst, stimmt's?"

 

"Ja, ich bin das erste Mal jetzt im Ausland gewesen."

 

"Was hast du gesehen?"

 

"Ich habe zwei Dinge gesehen: Vietnam ist sehr tapfer und sie (gemeint: die Chinesen-Üb.) sind überhaupt nicht tapfer."

 

Von dem Tag an verstand ich dies. Wir sind völlig anders. Mut gehört zu einem Vietnamesen und deshalb haben wir nie eine defensive Strategie gehabt. Jeder Einwohner kämpft.

 

In jüngster Zeit haben sie (gemeint: die Chinesen-Üb.) einige hunderttausend Soldaten in unser Land einmarschieren lassen. Wir haben uns in erster Linie auf unsere Miliz verlassen sowie auf regionale Truppen, um sie zu attackieren. Wir waren nicht in der Defensive und so erlitten sie einen Rückschlag. Sie waren nicht in der Lage, auch nur einen einzigen vietnamesischen Zug zu vernichten, während wir einige ihrer Regimenter und einige Dutzend ihrer Bataillone vernichteten. Das liegt an unserer Offensivstrategie.

 

Die amerikanischen Imperialisten haben uns in einem langwierigen Krieg bekämpft. Sie hatten so viel Macht, aber verloren. Aber es gab da ein besonderes Moment und das waren die akuten Gegensätze zwischen den Chinesen und den Sowjets. Deshalb konnten sie uns so massiv angreifen.

 

...Vietnam hat gegen die Amerikaner gekämpft, und zwar sehr energisch, aber wir wussten, dass die USA ein extrem großes Land sind, das ohne weiteres in der Lage war, 10 Millionen Soldaten aufzubieten und all seine ausgesprochen mächtigen Waffen gegen uns einzusetzen. Deshalb mussten wir über einen langen Zeitraum hinweg kämpfen, um sie zu zwingen, den Rückzug anzutreten. Wir waren diejenigen, die das konnten; die Chinesen konnten dies nicht. Als die amerikanische Armee Quong Tre angriff, veranlasste das Politbüro (der Vietnamesischen Kommunistischen Partei-Üb.), sofort Truppen zu schicken, um sofort zum Kampf überzugehen. Wir hatten keine Angst. Danach fuhr ich nach China, um Tschou En-lai zu treffen. Er sagte mir: "Sie (die Attacke auf Quong Tre-Üb.) ist wahrscheinlich einzigartig, nie vorher dagewesen. Im Leben gibt es nur eine Chance, nicht zwei. Niemand hat bisher das gewagt, was ihr gemacht habt, Genossen." ...Tschou war Generalstabschef. Er hatte den Mut seine Meinung zu sagen; er war offener. Er sagte zu mir: "Wenn ich vorher die Methoden gekannt hätte, die ihr zur Anwendung gebracht habt, dann hätten wir den Langen Marsch nicht gebraucht." Was sollte auch der Lange Marsch? Zu Beginn des Langen Marsch gab es 300.000 Soldaten und am Ende waren es nur noch 30.000. Man hatte 270.000 Menschen eingebüßt. Es war regelrecht idiotisch,

es so zu machen. Ich spreche so, damit ihr seht, Genossen, wie weit wir ihnen voraus sind. Wenn wir demnächst gegen China kämpfen sollten, werden wir mit Sicherheit gewinnen...Aber die Wahrheit ist auch, dass, wenn ein anderes Land gegen China kämpfen sollte, es keineswegs sicher wäre, ob es auch siegen würde.

 

..Wenn China und die Sowjetunion vereint gewesen wären, dann ist nicht sicher, ob die USA gewagt hätten, gegen uns Krieg zu führen. Wenn die beiden vereint gewesen wären und sich zusammen getan hätten, um uns zu helfen, dann ist nicht sicher, ob die USA gewagt hätten, uns auf die Art und Weise zu bekämpfen, wie sie es getan haben. Sie hätten von vorneherein davor zurückgeschreckt. Sie wären ähnlich wie in der Kennedy-Zeit vorsichtig gewesen. Vietnam, China und die UdSSR halfen alle Laos und sofort unterschrieben die USA ein Abkommen mit Laos. Sie wagten nicht, amerikanische Truppen nach Laos zu schicken, sie ließen sofort die Beteilung der Lao (der Volksrevolutionären Partei-Üb.) an der Regierung zu. Sie wagten es nicht mehr, Laos anzugreifen.

 

Später, als die beiden Länder (die UdSSR und China-Üb.) miteinander im Konflikt lagen, wurden sie (die USA-Üb.) von den Chinesen darüber informiert, dass sie bedenkenlos weiter machen und Vietnam angreifen könnten. Habt keine Angst! Tschou En-lai und Mao Tse-tung sagten zu den Amerikanern: "Wenn ihr mich nicht angreift, werden wir dich nicht angreifen. Ihr könnt so viele Truppen, wie ihr wollt, nach Südvietnam bringen. Das ist euch selbst überlassen."

 

...Wir haben zur Zeit (1979-Üb.) einen sehr starken Nachbarn, der expansionistische Absichten hegt und sollten sie umgesetzt werden, würde mit der Invasion Vietnams begonnen werden. Deshalb müssen wir noch eine andere, weitere historische Rolle übernehmen. Aber: Wir sind nie vor unseren historischen Aufgaben zurückgewichen. Bisher hat Vietnam seine Aufgaben erfüllt, und auch dieses Mal ist Vietnam entschlossen, ihnen nicht zu erlauben, sich auszudehnen. Vietnam bewahrt seine Unabhängigkeit, und dadurch sichert es auch die Unabhängigkeit der südostasiatischen Nationen. Vietnam ist entschlossen zu verhindern, dass China seine expansionistischen Pläne verwirklichen kann. Die jüngste Schlacht mit China war nur eine Runde. Zur Zeit treffen sie auf verschiedenen Gebieten immer noch Vorbereitungen. Aber unabhängig davon, wie hoch das Niveau ihrer Vorbereitungen sein mag, Vietnam wird siegen...

 

Einen Krieg zu führen ist kein Waldspaziergang. Eine Million Soldaten zu entsenden, um gegen ein anderes Land Krieg zu führen, ist mit zahllosen Schwierigkeiten verbunden. Erst kürzlich haben sie zwischen 500.000 und 600.000 Truppen gegen uns ins Land gebracht, besaßen aber keine angemessen Transportmöglichkeiten, um ihre Soldaten mit Lebensmitteln zu versorgen. China bereitet zur Zeit 3.5 Millionen Soldaten auf ihren Einsatz vor, sie sind aber gezwungen, die Hälfte davon an der Grenze zur Sowjetunion zu behalten, um die Sowjets abzuschrecken. Wenn sie also 1 oder 2 Millionen Soldaten reinbringen, um gegen uns zu kämpfen, werden wir keine Angst zu haben brauchen. Wir haben soeben 600.000 Truppen einsatzbereit gemacht, und wenn wir in naher Zukunft gegen 2 Millionen von ihnen kämpfen müssen, wird das überhaupt kein Problem für uns sein. Wir fürchten uns nicht davor.

 

Wir fürchten uns nicht, weil wir wissen, wie man kämpfen muss. Wenn sie 1 Million Soldaten bringen, werden sie im Norden nur einen einzigen Brückenkopf bekommen. Wenn sie in das Landesinnere absteigen, in die Flussmündungen und nach Hanoi kommen und sogar noch weiter kommen, könnte es schwierig für uns werden. Genossen - ihr wisst, dass Hitlers Clique auf diese Weise harte Schläge austeilte, als sie aber vor Leningrad standen, kamen sie nicht hinein. In den Städten, mit den Menschen und den Verteidigungsanlagen, wird es unmöglich, wirkungsvolle Schläge gegen jeden einzelnen Bewohner auszuteilen. Selbst wenn sie zwei, drei oder vier Jahre kämpfen würden, wären sie nicht in der Lage reinzukommen. Jedes Dorf dort (gemeint im Norden an der Grenze zu China-Üb.) ist dort so. Unsere Maxime ist: Jeder Bezirk ist eine Festung, jede Provinz ein Schlachtfeld. Wir werden kämpfen und sie werden überhaupt nicht in der Lage sein, hineinzukommen.

 

Aber es reicht nicht aus, einen Gegner nur an der Front zu bekämpfen. Man benötigt ein starkes Hinterland. Nach Ende der letzten Kämpfe schätzten wir ein, dass es nötig sein wird, einige weitere Millionen Menschen an die nördliche Front zu bringen. Da aber der Feind aus dem Norden kommen wird, muss das eigentliche Rückgrat des ganzen Landes Thanh Hoa, Nghe An, Ha Tinh..werden. Das eigentliche Rückgrat für den Schutz der Hauptstadt müssen Thanh Hoa und Nghe Tinh sein. Wir haben genug Leute. Wir können auf verschiedene Art und Weise gegen sie kämpfen... Wir könnten zwei oder drei Armeekorps verwenden, um ihnen einen heftigen Schlag zu versetzen, um sie ins Taumeln zu bringen, während wir gleichzeitig, unsere eigenes Land halten. Dafür muss jeder Soldat ein echter Soldat werden und jede Gruppe eine echte Gruppe.

 

Nachdem wir jetzt schon eine Schlacht geschlagen haben, sollten wir nicht subjektiv werden. Subjektivismus und Unterschätzung des Feindes ist falsch, aber ein Mangel an Selbstbewusstsein ist genauso falsch. Wir sind keine Subjektivisten, wir unterschätzen den Feind nicht. Aber wir sind auch zuversichtlich und glauben fest an unseren Sieg. Wir sollten beides besitzen.

 

Die Chinesen haben jetzt ein Komplott geschmiedet, um uns anzugreifen und in den Süden vorzudringen. Aber heutzutage kann nichts gemacht werden und schnell unter Dach und Fach gebracht werden. China hat gegen Vietnam nur ein paar Tage gekämpft, aber die ganze Welt hat geschrien: "Lasst Vietnam in Ruhe!" Heute ist nicht gleichzusetzen mit den alten Zeiten. Damals war es nur wir gegen sie. Heute aber ist die ganze Welt eng zusammengerückt. Die menschliche Rasse ist keineswegs schon in die sozialistische Phase eingetreten. Dafür ist die heutige Zeit eine Zeit, wo jeder Unabhängigkeit und Freiheit will. Selbst auf kleinen Inseln wollen die Menschen Unabhängigkeit und Freiheit. Die ganze Menschheit ist heute so. Dies ist ganz anders als in den alten Zeiten. Zu der Zeit waren sich die Menschen dieser Dinge noch nicht sehr bewusst. Deshalb ist Onkel Hos Satz "Es gibt nichts Wertvolleres als Unabhängigkeit und Freiheit" ein Gedanke unserer Gegenwart. Wer Vietnam anrührt, rührt damit die Menschheit an und verletzt Unabhängigkeit und Freiheit...Vietnam ist eine Nation, die Unabhängigkeit und Freiheit symbolisiert.

 

Als die Frage anstand, gegen die USA zu kämpfen, mussten unsere Brüder im Politbüro dieses Problem besprechen und sich darüber klar werden, ob wir den Mut haben würden, gegen die USA zu kämpfen oder nicht. Alle waren dafür zu kämpfen. Das Politbüro brachte seine Entschlossenheit zum Ausdruck: Damit wir gegen die USA kämpfen können, dürfen wir sie nicht fürchten. Alle waren sich darin einig. Da alle einverstanden waren, gegen die USA zu kämpfen, keine Angst vor ihnen zu haben, dürfen wir auch keine Angst vor der UdSSR haben. Alle stimmten dem zu. Wir dürfen auch China nicht fürchten. Alle waren einverstanden. Wenn wir in diesen drei Sachen keine Angst haben, dann können wir gegen die USA kämpfen. So haben wir die Dinge damals im Politbüro geregelt.

 

Obwohl das Politbüro sich traf und solche Diskussionen führte und alle der gleichen Meinung waren, gab es später eine Person, die einem Genossen erzählte, was ich gesagt hatte. Jener Genosse stand auf und stellte dem Politbüro Fragen, z.B. danach, weshalb Anh Ba (gemeint: Le Duan-Üb.) noch einmal gesagt hat, dass, wenn wir gegen die Amerikaner kämpfen wollen, die Chinesen (gemeint: die chinesische Führung-Üb.) nicht zu fürchten brauchen? Warum muss er das wieder so sagen?

 

Damals erhob sich Bruder Nguyen Tschi Tanh, der bis dahin im Verdacht gestanden hatte, mit den Chinesen zu sympathisieren, und sagte: "Verehrtes Politbüro und verehrter Onkel Ho, die Stellungnahme von Anh Ba war richtig. Es muss so gesagt werden, denn die Chinesen bereiten uns in vielen Fragen Schwierigkeiten. Sie blockieren uns hier, dann binden sie unsere Hände dort. Sie wollen uns nicht kämpfen lassen..."

 

Als wir in Südvietnam kämpften, schrieb Deng Hsiao-ping vor, dass ich nur auf dem Niveau von einer Zugstärke und darunter kämpfen dürfe und dass ich oberhalb davon nicht kämpfen dürfe. Er meinte: "Da du inzwischen den Fehler begangen hast, den Kampf schon begonnen zu haben, solltest du nur auf dem Niveau von Zugstärken und unterhalb davon kämpfen, nicht auf einer höheren Ebene (gemeint: den Kampf nur auf Sparflamme halten, nur symbolisch kämpfen-Üb.). Auf diese Weise setzten sie uns unter Druck.

 

Wir haben vor niemanden Angst. Wir haben keine Angst, weil wir im Recht sind. Wir fürchten nicht einmal unsere älteren Brüder. Auch nicht unsere Freunde. Erst recht nicht unsere Feinde. Wir haben bereits gegen sie gekämpft. Wir sind menschliche Wesen. Wir fürchten uns vor niemandem. Wir sind unabhängig. Die ganze Welt weiß, dass wir unabhängig sind.

 

Wir brauchen eine starke Armee, weil unsere Nation bedroht und herumgestoßen wird... Es ist notwendig. Falls wir sie nicht haben, wird es extrem gefährlich, aber unser Land ist arm.

 

Wir haben eine starke Armee, aber das schwächt uns in keinster Weise. Die Chinesen (gemeint: die chinesische Führung-Üb.) hecken verschiedene Pläne gegen uns aus: in unser Land einzufallen und es zu besetzen; uns wirtschaftlich zu schwächen und unsere Lebensbedingungen zu erschweren. Aus diesen Gründen müssen wir, wenn wir China entgegentreten wollen, nicht nur kämpfen, sondern uns auch stärker machen. Deshalb sollte unsere Armee nicht nur eine Kraft sein, die die Ressourcen des Staates verschwendet, sondern sie sollte auch eine starke produktive Kraft sein. Wenn die Feinde kommen, dann werden die Soldaten sofort zu den Waffen greifen. Wenn kein Feind kommt, dann werden sie ordentlich produzieren. Sie werden die besten und größten Vorbilder in der Produktion und mehr als alle anderen produzieren. Natürlich ist das nichts Neues...

 

Zur Zeit ruht auf den Schultern unserer Armee eine historische Aufgabe: die Verteidigung unserer Unabhängigkeit und Freiheit und gleichzeitig der Schutz des Friedens und der Unabhängigkeit der ganzen Welt. Wenn die expansionistische Politik der reaktionären chinesischen Clique nicht mehr durchkommt, wäre das im Interesse der gesamten Welt. Vietnam ist dazu in der Lage. Vietnam hat schon 50 Millionen Menschen. Vietnam hat Freunde in Laos und Kambodscha und hat ein sicheres Terrain. Vietnam hat unser Lager und das der gesamten Menschheit auf seiner Seite. Es ist sicher, dass wir es schaffen.

 

...Kennen unsere Genossen irgend jemanden in unserer Partei, in unserem Volk, der meint, dass wir gegen China verlieren? Natürlich gibt es niemand. Aber wir müssen unsere freundschaftlichen Beziehungen pflegen. Wir wollen keinen nationalen Hass. Ich wiederhole: Ich sage dies, weil ich niemals China gegenüber Hass empfunden habe. Ich denke nicht so. Es sind sie, die uns bekämpfen (die so denken-Üb.). Heute möchte ich, dass ihr Genossen wisst, dass derjenige auf dieser Welt, der China verteidigt hat, ich selbst gewesen bin! Das stimmt. Warum? Weil während der Konferenz im Juni 1960 in Bukarest 60 Parteien (gemeint: 60 revisionistische 'kommunistische' Parteien-Üb.) gegen China waren, aber nur ich verteidigte China (dies ist nicht ganz korrekt, weil auch die Partei der Arbeit Albaniens auf dieser Konferenz China verteidigte-Üb.). Unser vietnamesisches Volk ist von dieser Art. Ich werde das noch mal sagen: Sie (gemeint: die chinesische Führung-Üb.) können sich noch so mies verhalten - wir wissen, dass ihr Volk unsere Freunde sind. Was uns betrifft, so haben wir keine bösen Gefühle gegenüber China. Aber das Komplott verschiedener chinesischer Führer steht auf einem anderen Blatt. Für uns sind sie nur eine Clique. Wir meinen damit nicht die Nation. Wir haben nicht gesagt, dass das chinesische Volk uns feindlich gesonnen ist. Wir sagen, es ist die reaktionäre Pekinger Clique. Ich betone dies extra noch einmal.

 

Also lasst uns die Lage streng unter Kontrolle halten, lasst uns bereit sein zum Kampf und lasst uns nie in der Wachsamkeit nachlassen. Das gleiche gilt mit Blick auf China. Ich bin sicher, dass in 50 Jahren oder auch erst in 100 Jahren der Sozialismus siegen wird und dann werden wir dieses Problem nicht mehr haben. Aber es wird so lange dauern. Deshalb müssen wir vorbereitet und in jeder Beziehung auf der Hut sein.

 

Zur Zeit gibt es niemanden, der daran Zweifel haben kann. Aber vor fünf Jahren war ich mir sicher, dass es keine Genossen gab, die nicht davon ausgingen, dass China gegen uns losschlagen könnte. Aber es gab sie. Das war der Fall, weil diese Genossen darüber nichts wussten. Aber bei uns war das anders (gemeint: bei der vietnamesischen Führung-Üb.). Wir wussten, dass China uns schon über zehn Jahre lang bekämpft hatte. Deshalb waren wir nicht überrascht (über den chinesischen Angriff vom Januar 1979-Üb.)."

 

 

(Christopher E. Gosha, der den vietnamesischen Text übersetzte, lehrt Geschichte an der 'American University and the International School of Paris'. Er ist auch stellvertretender Direktor der 'Group d'Études sur le Viet Nam contemporain, Sciences Politique', Paris. Die von ihm in eckigen Klammern eingefügten Anmerkungen wurden von mir teilweise übernommen, teilweise nicht übernommen oder mit eigenen versehen, weil sie manchmal überflüssig oder nicht ganz exakt waren. In den Fällen, wo sie bloße Vermutungen enthielten, wurden sie ganz weggelassen - G. v. Schnehen, Übersetzer des englischen Textes).

 

 

 

Anhang

 

 

1. Über den Verlauf der Ereignisse im Frühjahr 1979 sowie über internationale Reaktionen darauf

 

Aus: 'Keesings Record of World Events'

 

"Nach einer ganzen Reihen von Grenzzwischenfällen fielen chinesische Truppen am 17. Februar (1979-Üb.) in Vietnam ein und besetzten einige Städte im Grenzgebiet. Nachdem sie jedoch schwere Verluste erlitten hatten, traten sie am 5. März den Rückzug an, und am 16. März hieß es, dass das vietnamesische Territorium vollständig geräumt worden sei. Die Verhandlungen für die Beilegung der Grenzfrage, die in Hanoi zwischen dem 18. April und dem 18. Mai stattfanden, verliefen ergebnislos. Am 28. Juni begann in Peking eine neue Verhandlungsrunde."

(Ebenda, S. 1, Eintrag vom Oktober 1979, 'Chinesische Invasion Vietnams', http://keesings.gvpi.net/keesings/Ipext.dll/KRWE/krwe-8261/krwe-82854/krwe-828...).

 

"Die chinesische Invasion Vietnams wurde vom sowjetischen Block, Indien und Albanien, scharf verurteilt, während südostasiatische und westliche Staaten Aufrufe nach einem Rückzug der chinesischen Streitkräfte mit ähnlichen Appellen nach einem Rückzug vietnamesischer Truppen aus Kombodscha verbanden...Die chinesische Invasion Vietnams wurde von allen kommunistischen Ländern Osteuropas, außer von Rumänien und Jugoslawien, aber auch von der Mongolei und Kuba und von den prokommunistischen Regierungen in Afghanistan, Angola und Mozambique verurteilt. In einer Stellungnahme der kombodschanischen Regierung vom 18. Februar werden den 'reaktionären Pekinger Behörden' 'ungeheuerliche und abscheuliche Verbrechen' vorgeworfen, eine Erklärung der laotischen Regierung vom gleichen Tag war jedoch zurückhaltender abgefasst und rief lediglich zu einem Rückzug der chinesischen Streitkräfte sowie zur Wiederherstellung einer normalen Lage an der Grenze auf...Die jugoslawische Presse wurde sehr viel deutlicher und behauptete, dass die chinesische Invasion teilweise von der vietnamesischen Invasion Kombadschas provoziert worden sei...In Albanien verurteilte Petro Dode (Vorsitzender der Staatlichen Plankommission) am 20. Februar die 'militärische Aggression Chinas gegen das Bruderland Vietnam' in scharfer Form..."

(Ebenda, S. 2).

 

"Die Entscheidung, mit der Invasion zu beginnen, wurde von den chinesischen Führern unmittelbar nach der Rückkehr Deng Hsiao-pings aus den USA getroffen."

(Ebenda, S. 1).

 

 

2. Über Mao Tse-tungs Haltung zum antiimperialistischen Befreiungskampf, besonders Vietnams

 

Aus: Henry A. Kissinger, 'Memoiren, 1968-1973', München 1979

 

"Ebenso wichtig war seine am Rande gegebene und später von Tschou En-lai wiederholte Erklärung, dass China in Indochina militärisch nicht eingreifen werde, was uns von einem Alptraum befreite, unter dem zwei amerikanische Regierungen gelitten hatten. Wenn Mao eine militärische Intervention Chinas im Ausland ausschloss und uns seine Auffassungen über Japan und Südkorea erläuterte, sagte er uns damit, dass Peking die vitalen Interessen der Vereinigten Staaten nicht bedrohen werde. Da wir westlichen Menschen im Allgemeinen nur langsam begreifen, kehrte Mao zu einem Thema zurück, das ich auch schon mit Tschou erörtert hatte: 'Ich glaube, im Allgemeinen klingen Leute wie ich manchmal wie große Kanonen, wenn wir etwa sagen, 'die ganze Welt sollte sich vereinigen, den Imperialismus, den Revisionismus und alle Reaktionäre vernichten und den Sozialismus aufbauen'. Bei der Vorstellung, dass irgend jemand ein jahrzehntealtes Schlagwort, das auf jeder chinesischen Wandzeitung zu lesen war, ernst nehmen könnte, brach Mao in schallendes Gelächter aus und Tschou stimmte ein. Im Umgang mit uns spielte die Ideologie für die chinesischen Führer keine Rolle."

(Ebenda, S. 1125).

 

 

3. Über den Großhan-Chauvinismus von Mao Tse-tung

 

Aus: 'The Memoirs of Richard Nixon', New York 1978

 

"Kurz bevor ich nach China abflog, lud ich den großen französischen Schriftsteller und Philosophen André Malraux ins Weiße Haus ein.

Malraux hatte Mao Tse-tung und Tschou En-lai in den dreißiger Jahren in China kennengelernt und hatte im Laufe der Jahre, mit Unterbrechungen, den Kontakt zu ihnen aufrechterhalten. Seine Beschreibung der chinesischen Führer in seinen 'Anti-Memoiren' war für mich der faszinierenste und wertvollste Lesestoff in Vorbereitung auf meine Reise gewesen.

Bei meinen Gesprächen mit ihm in der Oval Office fragte ich ihn, ob er vor einigen Jahren noch gedacht hätte, dass die chinesischen Führer einem Treffen mit dem amerikanischen Präsidenten zugestimmt hätten.

'Diese Begegnung war unvermeidlich', antwortete er.

'Sogar angesichts des Vietnam-Kriegs?' fragte ich.

'Ja, trotz dessen. Chinas Verhalten, was Vietnam betrifft, ist Hochstapelei. Es gab eine Phase, als die Freundschaft zwischen China und Russland ungetrübt war, als sie noch erlaubten, dass russische Waffen über ihr Territorium Vietnam erreichen konnten. Aber China hat nie jemanden geholfen! Nicht Pakistan. Nicht Vietnam. Chinas Außenpolitik ist eine brilliant vorgetragene Lüge! Die Chinesen selbst glauben nicht daran. Sie glauben nur an China. Nur an China! Für Mao ist China ein Kontinent - es ist ein Australien für sich. Nur China ist wichtig. Wenn China den Sultan von Sansibar empfangen will, dann wird China es tun. Oder den Präsidenten der Vereinigten Staaten. Den Chinesen ist das egal...Einmal fragte ich ihn (Mao-Üb.), ob er sich nicht selbst als der Nachfolger der letzten großen chinesischen Kaiser des 16. Jahrhunderts empfinde. Mao sagte: 'Aber natürlich bin ich ihr Nachfolger.' ...'Ich stimmte bei den letzten Wahlen (gemeint die Präsidentschaftswahlen, die Nixon gewann-Üb.) für Sie', sagte Mao mit einem breiten Lächeln. 'Wenn der Vorsitzende sagt, dass er mich gewählt hätte, antwortete ich, 'dann hat er sicher für das kleinere Übel gestimmt'. 'Ich mag rechtsgerichtete Leute', antwortete Mao, der sich offensichtlich amüsierte. 'Die Leute sagen, dass Sie rechts sind, dass die Republikanische Partei rechts steht, dass Premierminister Heath (der damalige britische Regierungschef-Üb.) auch rechts steht'.. 'Und General de Gaulle', fügte ich hinzu. Sofort sagte Mao: 'De Gaulle ist etwas anderes'. Dann fuhr er fort: 'Sie sagen auch, dass die Christdemokraten Westdeutschlands rechts stehen. Ich bin ziemlich froh, wenn diese Leute von der Rechten an die Macht kommen'...Mao zeigte auf Kissinger und sagte: 'Ergreift die Gunst der Stunde. Ich finde, dass Leute wie ich sich oft wie große Kanonen anhören!' Tschou lachte und es war klar, dass jetzt eine weitere Runde der Understatements kommen würde. 'Zum Beispiel, Dinge wie 'Die ganze Welt sollte sich zusammentun und den Imperialismus, den Revisionismus besiegen und alle Reaktionäre und den Sozialismus aufbauen..' 'Wie mich', sagte ich 'und die ganzen Banditen'.

Mao beugte sich vor und lächelte. 'Aber vielleicht gehören Sie als Individuum nicht zu denen, die gestürzt werden sollten', sagte er. Zu Kissinger gewandt, fuhr er fort: 'Sie sagen auch, dass er (Nixon-Üb.) zu denjenigen gehört, die nicht gestürzt werden sollten. Wenn alle von euch gestürzt werden würden, dann hätten wir gar keine Freunde mehr'. ..."

(Ebenda, S. 557, 558, 562ff).

 

 

4. Über die Rückgabe befreiter Gebiete seitens Mao Tse-tung und Tschou En-lai

 

a. Aus: William B. Bland, 'Klassenkämpfe in China', London 1997, deutsche Übersetzung 2003

 

"Über die Friedensverhandlungen zwischen der Kuomintang und der KP China unter Leitung Mao Tse-tungs

 

Im August 1945 lud dann Tschiang Kai-scheck Mao Tse-tung schließlich nach

 

'Tschunking zu Friedensverhandlungen ein.'

(Anmerkung zu: Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke, Bd. 4, Peking 1961, S. 49).

 

Die Kommunistische Partei bot der Kuomintang beträchtliche Zugeständnisse an, um sie dazu zu bewegen, einer vereinigten nationalen Front zuzustimmen. Mao mit Nachdruck:

 

'Wir sind bereit, Zugeständnisse zu machen.'

(Mao Tse-tung: 'Über die Tschunking-Verhandlungen', Oktober 1945, in: Ausgewählte Werke, Bd. 4, Peking 1961, S. 57).

 

Erstes Zugeständnis Mao Tse-tungs:

Es wurde angeboten,

 

' ..die antijapanischen Truppen ..auf 20 Divisionen zu verringern und sofort Maßnahmen zu ergreifen, ihre antijapanischen Truppen, die momentan über acht Gebiete (Kwantung, Tschekiang, Süd-Kiangsu, Süd-Anwei, Zentral-Anwei, Hunan, Hupeh und Honan) verteilt sind, zu demobilisieren.'

(Anmerkung zu: Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke, Bd. 4, Peking 1961, S. 61).

 

...und so acht ihrer befreiten Gebiete zu übergeben, um die Kuomintang 'friedlich zu stimmen'. Mao Tse-tung:

 

'Eiinige Genossen stellen die Frage, weshalb wir acht befreite Gebiete übergeben sollen. Es sei sehr schade, diese acht Gebiete zu übergeben, es ist aber besser so. ..Weshalb also diese Gebiete übergeben? Weil sonst die Kuomintang nicht friedlich gestimmt sein wird. ..Unser Zugeständnis an diesem Punkt wird dazu beitragen, die Pläne der Kuomintang für einen Bürgerkrieg zu durchkreuzen.'

(Mao Tse-tung über die Tschunking-Verhandlungen, Oktober 1945, in: Ausgewählte Werke, Bd. 4, Peking 1961, S. 56).

 

Zweites Zugeständnis:

Die Partei stimmte der Wiederbesetzung der Mandschurei durch die Kuomintang-Truppen ohne weiteres zu. Im Dezember 1945 schickte die US-Regierung General G. Marshall, der kürzlich als Armeechef zurückgetreten war, nach China, um ganz offensichtlich zwischen den Parteien zu vermitteln. Marshall schlug vor, dass es den Kuomintang-Truppen erlaubt sein sollte,

 

'..die Mandschurei, ungehindert durch die Kommunisten, erneut zu besetzen. Merkwürdigerweise stimmte Tschou En-lai zu.'

(Lionel Chassin, 'Die Kommunistische Eroberung Chinas', London 1966, S. 72).

 

...Diese Zugeständnisse stellten die Kuomintang jedoch keineswegs zufrieden: Sie verlangte,

 

'..die Volksarmee und die Befreiten Gebiete vollständig zu beseitigen.'

(Anmerkung zu: 'Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke, Bd. 4, Peking 1961, S. 60). ...

 

Tatsächlich fuhr die Kuomintang sogar während der Friedensverhandlungen fort, die Streitkräfte der Kommunistischen Partei anzugreifen..."

 

 

b. Aus: Kathryn Weathersby: 'New Findings on the Korean War' (neue Erkenntnisse über den Korea-Krieg), Bulletin 3, aus russischen Archiven, Cold War International History Project.

Quelle: http://wwics.si.edu/index.cfm?topic_id=1409&fuseaction=library.document&id=426.

 

"Unter Stalins Druck und erst nachdem für die Sicherheit Chinas eine reale Gefahr bestand und die nackte Existenz der DVRK (Demokratische Volksrepublik Korea) auf dem Spiel stand, fasste die chinesische Regierung (unter Mao Tse-tung-Üb.) den Beschluss, Freiwilligeneinheiten nach Korea zu entsenden. Der Eintritt chinesischer Freiwilligenverbände in den Korea-Krieg setzte in der zweiten Oktoberhälfte 1950 ein. In der Folge wurde die Zahl der chinesischen Truppen auf bis zu eine Million aufgestockt und etwa die gleiche Anzahl von Mannschaften wurde nach Korea geschickt, um das militärische Material nach Korea zu bringen. (Mitteilung der sowjetischen Botschaft in Peking, Nr. 7, 18. Januar 1952). Bis Ende 1951 wurde die Stärke der Koreanischen Volksarmee auf 337.000 erhöht. Auf der anderen Seite waren 700.000 Offiziere und Soldaten an Bodenoperationen beteiligt, darunter 380.000 Südkoreaner und 280.000 amerikanische Soldaten, von amerikanischen Marinesoldaten ganz abgesehen, die eine Seeblockade über Korea durchführten.

Der Eintritt chinesischer Freiwilliger in den Krieg sowie die aktive Beteiligung sowjetischer Militärberater, die sich an den Planungen sämtlicher wichtiger Offensivoperiationen beteiligten, führten im Verlaufe der Kampfhandlungen zu einem entscheidenden Durchbruch. Die amerikanischen und südkoreanischen Truppen wurden bis zum 38. Breitengrad zurückgeworfen und an einigen Stellen sogar weiter südlich. Chinesische Truppen, die an der Westfront operierten, besetzten Anfang Januar 1951 Seoul (die Hauptstadt Südkoreas-Üb.).

JEDOCH ZOGEN DIE CHINESISCHEN TRUPPEN ENTSPRECHEND DER STRATEGISCHEN ORIENTIERUNG DER FÜHRUNG IN DER VOLKSREPUBLIK CHINA, DIE FRONT AM 38. BREITENGRAD VERLAUFEN ZU LASSEN, WIEDER AB (MAN DARF ANNEHMEN, DASS MAO TSE-TUNG ANGST VOR DEN KONSEQUENZEN EINES WEITEREN VORMARSCHES IN DEN SÜDEN HATTE) UND ZOGEN SICH ZUM NORDEN HIN ZURÜCK..."

(Ebd., Hervorhebungen durch den Übersetzer).