Ulrich Huar: Stalins Beiträge zur Parteitheorie, Heft IIQuelle: offen-sivDer Kampf gegen die parteifeindliche Opposition 2. Zum Kampf Stalins gegen die parteifeindliche Opposition in der KPdSU (B) 2.1. Über Trotzki und Bucharin 2.2. “Sozialismus in einem Land” 2.2.1. Lenins Theorie vom Sozialismus in einem Lande 2.2.2. Stalin gegen Trotzki 2.2.3. Der “neue” Trotzkismus 2.2.4. Die Bucharingruppe 2.2.5. Gegen eine “Schädlingspsychose” Anhang Anmerkungen (Quellennachweise) Einladung zur Lesereise mit Harpal Brar „Perestrojka 2. Zum Kampf Stalins gegen die parteifeindliche Opposition in der KPdSU (B)
2.1. Über Trotzki und Bucharin
Man könnte die Frage stellen, ob dieser Kampf noch zur Parteitheorie gehört, denn er war eben nicht nur ein theoretischer Kampf, sondern in erster Linie ein politischer Kampf, der bis zu seinem Ende auf Leben und Tod geführt wurde. Aber der Beitrag Stalins zur marxistisch-leninistischen Parteitheorie wäre unvollständig, wenn man diesen Kampf ausklammern wollte. Dieser Kampf wurde und wird in der gesamten bürgerlichen, revisionistischen und trotzkistischen Literatur zur Diffamierung Stalins verfälscht und diese Verfälschung wurde auch von kommunistischen Wissenschaftlern ohne Analyse des tatsächlichen Sachverhaltes unkritisch übernommen. Was aber wäre, wenn die Opposition von Trotzkisten und/oder die Gruppierung um Bucharin sich im ZK hätten durchsetzen können, Stalin und die Mehrheit der Mitglieder des ZK liquidiert hätten? Diese Frage ist nicht nur spekulativ. Solche Bestrebungen hat es gegeben. In einem solchen Falle hätten sie nur vorweggenommen, was dann von einem Gorbatschow und seiner Gruppe rund 50 Jahre später vollbracht wurde - die Zerstörung der Sowjetunion. Die Hauptgefahr für die Existenz der Sowjetunion ging von Trotzki und seinen Anhängern innerhalb der Partei, der Sowjetunion und außerhalb des Landes aus. Die Richtigkeit der in den Ausführungen Stalins im Kampf gegen Trotzki und dessen “Theorien” finden ihre Bestätigung im Nachwort zu Trotzkis Autobiographie “Mein Leben”, das der amerikanischen Ausgabe von Grassert & Dulap, New York 1960, entnommen ist.1) In zusammengefaßter Form war nach diesen Nachwort Trotzki “der anerkannte Führer und Sprecher eines zur Diktatur Stalins in Gegensatz stehenden internationalen Kommunismus...”2). Von der Insel Prinkipo (bei Istanbul, UH) unterhielt er “aktiven Kontakt mit der kommunistischen Welt und sozialistischen Bewegungen...”3). ,in einer “ersten Artikelserie für die amerikanische Presse” legte er dar, “worum es der Opposition ging...”4), er ließ “keinen Zweifel daran, daß er seiner ursprünglichen kommunistischen Philosophie der permanenten Revolution treu blieb.”5), “... Unterstützung kam ihm allein von den antistalinistischen Marxisten.”6), Trotzki “... beschäftigte sich in seiner Rolle als Weltführer der antistalinistischen Opposition innerhalb der kommunistischen Bewegung.”7), Trotzki “... widmete sich auch mit Nachdruck der Bekämpfung einer neuen stalinistischen Taktik ...”8) (gemeint war der Nichtangriffsvertrag zwischen der Sowjetunion und dem faschistischen Deutschland 1939, der von allen antikommunistischen Publizisten entstellt wird. UH)9). Trotzki war “stark an den verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften interessiert, die in der ganzen Welt von Gruppen der Opposition herausgegeben wurden. Die bedeutendste davon war das in russischer Sprache erscheinende ‘Bulletin of the Opposition’, gegründet 1929 und zuerst herausgegeben in Berlin, dann in Paris und New York.”10). Trotzkis Hauptrolle “... war die eines unbeugsamen Kritikers Stalins und der Bürokratie, die Rußland regierte.”11). 1935 bezeichnete Trotzki den “Stalinismus” als “die eiternde Pestbeule der Arbeiterbewegung auf der ganzen Welt.... wir müssen ihn vernichten; ... das Proletariat sammeln unter der Fahne von Marx und Lenin.”12) Trotzki veranlaßte die Einsetzung einer “internationalen Untersuchungskommission...” aus “Persönlichkeiten, deren Integrität außer Zweifel” stehe, die untersuchen solle, ob die von Stalin behaupteten Verbrechen, die er begangen haben soll, der Wahrheit entsprächen. Die Kommission bestand aus dem “bekannten Philosophen und Erzieher” John Dewey als Vorsitzenden, John Chamberlain, E.A. Ross, Suzanne La Follete, Ben Stolberg, Wendelin Thomas, Otto Rühle, Carlo Tresca, Alfred Romer und Francisko Zamora.” Natürlich lautete das Urteil dieser Spitzenvertreter der bürgerlichen Intelligenz “Nicht schuldig”. Die vollständigen Aufzeichnungen dieser Kommission wurden bei Harper (New York) veröffentlicht.13) Die Liste ließe sich fortsetzen. Zunächst ist es doch erstaunlich, wie besorgt die kapitalistische Presse um das Wohlergehen der Sowjetunion, um den Kommunismus war! Trotzki war also die Inkarnation des Marxismus, des Leninismus, dem die Bourgeoisie geradezu huldigte! Stellt man hier richtig, daß in diesen Passagen für die “Diktatur Stalins” die Mehrheit des Zentralkomitees der KPdSU (B), die Mehrheit der Parteimitglieder, für “internationaler Kommunismus” bzw. “antistalinistische Marxisten”, “antistalinistische Opposition” die russische und internationale Konterrevolution zu verstehen ist, dann wird aus dem “Nachwort” zur Glorifizierung Trotzkis eine Bestätigung der Wahrheit in Stalins Kritik an Trotzki und seinen Epigonen. Desgleichen bestätigt die Aussage, das Proletariat unter “der Fahne von Marx und Lenin” zu sammeln, daß Trotzki der gefährlichste Ideologe des Antikommunismus in der russischen und internationalen Arbeiterbewegung war. Es wird auch hier deutlich, daß Trotzki seine Zersetzungsarbeit nur unter Berufung auf einen verfälschten Marxismus und Leninismus durchführen konnte, eine Methode, die von Chruschtschow, Gorbatschow bis zu den “modernen” Revisionisten” ihre Anwendung findet. Wollten die Revisionisten in der DDR nicht auch einen “besseren Sozialismus”, eine “bessere DDR”, die “Beseitigung des Dogmatismus”, die Hinwendung zum “wahren Marx”, ja selbst zum “wahren Lenin”, zum “späten Lenin”, ja, zu dem allerherrlichsten Sozialismus überhaupt? - Unter Berufung auf Marx, auf Rosa Luxemburg wurde die sozialistische DDR zertrümmert und in eine wirtschaftlich sozial und kulturell heruntergebrachte Landschaft der spätkapitalistischen BRD verwandelt, die Staatsbürger der DDR wurden zu “Bewohnern” eines “Beitrittsgebiets.” Der andere gefährliche Oppositionelle war Nikolai Bucharin, ein ständig zwischen „linken“ und „rechten“ Opportunisten schwankender, auf theoretischem Gebiet eklektizistisch argumentierender Wirrkopf, dessen “theoretischen Anschauungen ... nur mit sehr großen Bedenken zu den völlig marxistischen gerechnet werden” können.14) Um Bucharin sammelten sich vorwiegend unzufriedene Intellektuelle, hinter denen sich die NÖP - Bourgeoisie und weißgardistische Konterrevolutionäre formierten.15) Bucharin hat mit Kamenew gegen Stalin und die Mehrheit des ZK konspiriert und wollte an die Stelle Stalins Sinowjew setzen. Das ist dokumentarisch belegt, worauf noch zurückzukommen sein wird. Sinowjew und Kamenew bildeten und wechselten Gruppierungen, mal mit Stalin gegen Trotzki, mal umgekehrt. Die Oppositionellen bekämpften sich mit Vehemenz auch untereinander; was sie gemeinsam hatten, waren Fraktionsbildungen, um das Zentralkomitee zu zerschlagen. Daß dabei persönliche Feindschaften, Rivalitäten, Machtdenken eine nicht unerhebliche Rolle spielten, steht außer Frage. Eine letzte Bemerkung. Für die Repressalien in den 30er Jahren wird in der antikommunistischen Publizistik ausschließlich Stalin verantwortlich gemacht. “Auf Befehl Stalins...” Auch kommunistische Publizisten übernehmen unkritisch solche durch nichts bewiesene Behauptungen. Zunächst einmal hatte Stalin in den 30er Jahren keineswegs die Macht, allein “Erschießungen” zu befehlen. Seine Autorität war während dieser Jahre durchaus nicht unangefochten - wie gerade die innerparteilichen Auseinandersetzungen beweisen. Stalin konnte sich aber auf die Mehrheit des ZK und der Parteimitgliedschaft stützen. Die Oppositionellen entlarvten sich durch ihre Taten selbst als Feinde der Sowjetmacht und wurden von den Justizorganen nach den sowjetischen Gesetzen rechtskräftig verurteilt. Man kann die Frage nach der Qualität der sowjetischen Justiz in dieser Zeit stellen. Den alten zaristischen Justizapparat hatte die Sowjetmacht zerschlagen. Im Bericht über die Tätigkeit des Rates der Volkskommissare vom 11. (24.) Januar 1918 begründete Lenin diesen Schritt: „Denselben Weg, den die Sowjetmacht hinsichtlich der sozialistischen Armee ging, schlug sie auch hinsichtlich eines andern, noch feineren, noch komplizierteren Werkzeugs der herrschenden Klassen ein - des bürgerlichen Gerichts, das sich als Hüter der Ordnung aufspielte, in Wirklichkeit aber ein blindes, raffiniertes Werkzeug zur schonungslosen Unterdrückung der Ausgebeuteten war, ein Werkzeug zur Verteidigung der Interessen des Geldsacks. Die Sowjetmacht handelte, wie alle proletarischen Revolutionen es gelehrt haben: sie warf dieses Gericht sofort zum alten Eisen. Mag man darüber zetern, daß wir das alte Gericht, statt es zu reformieren, sofort zum alten Eisen geworfen haben. Wir haben auf diese Weise die Bahn frei gemacht für ein wirkliches Volksgericht. ...”16) Es war also Lenin, unter dem der alte Justizapparat zerstört wurde, nicht Stalin! Der Aufbau einer neuen sozialistischen Justiz ließ sich nicht in zwanzig Jahren unter den Bedingungen des Bürger- und Interventionskrieges, innerer scharfer Klassenkämpfe der NÖP-Periode und Interventionsdrohung von außen vollenden. Es gab auch keinerlei theoretische Vorleistungen, keine praktischen Erfahrungen mit einer sozialistischen Justiz. Auch bei Marx und Engels gab es nicht mehr, als daß der alte Repressivapparat des Staates zerstört werden mußte. Auch mit der Errichtung einer sozialistischen Justiz beschritt die Sowjetmacht Neuland. Die sowjetische Justiz war eine revolutionäre, eine Klassenjustiz. Aber wie sollte sie funktionieren, und wo kamen die sozialistischen Juristen her? Die fielen nun mal nicht vom Himmel, sondern mußten ausgebildet werden. Die Richter und Staatsanwälte kamen vorwiegend aus der Arbeiterklasse und der armen Bauernschaft - mit dem vom Zarismus ererbten Kulturniveau! - die in der Roten Armee im Bürger- und Interventionskrieg gekämpft hatten, in kurzen Lehrgängen zu Juristen ausgebildet wurden. Einige wenige progressive Juristen aus der alten Zeit waren auch darunter. Man mag über diesen Sachverhalt “zetern”, wie Lenin sagte, aber keine Revolution kann die alte Justiz, die zu den Repressivorganen des alten Ausbeuterstaates gehörte und die Interessen der jeweils herrschenden Klasse schützten, übernehmen. Über den Klassencharakter der Justiz kann man sich in Montesquieus Werk “Vom Geist der Gesetze”, unterrichten lassen. Charles Louis de Secondat, Baron de la Brède et de Montesquieu (1689-1755), als ein Repräsentant des französischen Hochadels, steht nun ganz und gar nicht im Verdacht, kommunistische Propaganda betrieben zu haben. Er forderte die Sicherung der Ämter der Exekutive für den Adel, die Entziehung des Adels der öffentlichen Gerichtsbarkeit durch Bildung von Sondergerichten des Oberhauses, denen es ansteht, “das Gesetz zugunsten des Gesetzes selbst zu mildern und weniger streng als das Gesetz zu entscheiden.”17) In der jungen, noch nicht ausgereiften sowjetischen Justiz waren unter den konkreten Bedingungen der 30er Jahre Fehlurteile möglich; auch Unschuldige konnten in die Mühlen der Justiz geraten. Über die sowjetische Justiz äußerte sich Richard Iwanowitsch Kosolapow in einem Interview mit Viktor Koschemjako, wobei er noch auf einen anderen Aspekt hinwies: “Warum haben sich neben der gerechten Strafe für Verbrechen gegen das Volk Prozesse auch gegen Unschuldige gerichtet? Teilweise ist das mit dem Bürokratismus und dem Wunsch, sich verdient zu machen, teilweise auch mit dem niedrigen Niveau an professioneller Ausbildung und Kultur der Mitarbeiter der Rechtsschutzorgane, der Sicherheits- und Justizorgane erklärbar. Die Hauptursache ist jedoch eine andere. Wir verfügen jetzt über umfassende Tatsachenmaterialien und über dokumentarische Beweise, um folgende Schlußfolgerung ziehen zu können: Viele unschuldige Menschen, insbesondere Kommunisten, litten darunter, daß fremde Elemente (Weißgardisten, Kriminelle, Trotzkisten usw.) in diese Organe eingedrungen waren, um ihre Dienststellung als Mittel des antisowjetischen Klassenkampfes zu nutzen. Zur Ehre der Partei muß gesagt werden, sie verstand es, sich damit auseinanderzusetzen. Der Beweis dafür ist der Beschluß des Plenums des ZK der KPdSU (B) vom Januar 1938 sowie der Beschluß des Rats der Volkskommissare der UdSSR vom 17. November 1938 ‘über Verhaftungen, staatsanwaltliche Aufsicht und Untersuchungsführung‘, der von Molotow und Stalin unterzeichnet ist. Aber die unschuldig zu Tode Gekommenen wurden dadurch natürlich nicht wieder zum Leben erweckt.”18) Um es deutlich zu sagen, die Verbrechen, die Stalin unterstellt werden, waren die Verbrechen von Trotzkisten und anderen Konterrevolutionären, die sich in die noch ungefestigten Apparate einschleichen konnten. Gerade der erwähnte Beschluß des Plenums des ZK vom Januar 1938, veröffentlicht in der Prawda Nr. 19 vom 19. Januar 1938, beweist, daß Stalin als Gene-ralsekretär des ZK der Partei, diese konterrevolutionären Verbrechen entschieden bekämpfte, er beweist aber auch zugleich, daß Stalin nicht die Machtstellung hatte, die ihm angedichtet wird. Hätte er sie gehabt, hätte er diese Verbrechen verhindert. Stalin war eben nicht allmächtig! 2.2. “Sozialismus in einem Land”
Die Kernfrage der Auseinandersetzung zwischen Stalin und Trotzki war, ob es möglich sei, in einem rückständigen Land wie Rußland den Sozialismus aufzubauen, oder ob man die Revolution im Westen abwarten müsse, weil ohne die Revolution im Westen der Aufbau des Sozialismus in Rußland unmöglich sei. Nach Deutscher sei Stalins Lehre vom “Sozialismus in einem Lande” ein “hervorragendes Diskussionsthema”. Jetzt wurde Stalin “wirklich aus eigener Kraft der führende Theoretiker der Partei”. Die - nach Deutscher - “alten, marxistischen Gelehrten” konnten “nicht verhindern, daß die Lehre vom ‘Sozialismus in einem Lande’ der Glaube der Nation wurde”.19) Soweit kann man mit Deutscher noch übereinstimmen, wobei Stalin sich als Theoretiker bereits mit seinen Schriften zur nationalen Frage, zur Politischen Ökonomie und anderen ausgewiesen hatte. Deutschers Einschätzung Trotzkis als dem Vertreter der Theorie der “permanenten Revolution”, der sich in “vielen kritischen Augenblicken der Jahre 1905, 1917 und 1920 ... als der ernsthafteste Stratege der Revolution bewährt habe”20), kann ich allerdings nicht folgen. 2.2.1. Lenins Theorie vom Sozialismus in einem Lande
Die Theorie vom “Sozialismus in einem Lande” ist von Lenin begründet worden. Stalin gebührt das Verdienst, nach dem Tode Lenins diese Theorie weiter ausgearbeitet und präzisiert zu haben, in ständiger Auseinandersetzung mit Trotzki und anderen Oppositionellen. Die theoretischen Arbeiten Stalins zu diesem Thema haben dann wohl dazu geführt, daß diese von Lenin zuerst begründete Theorie Stalin zugeschrieben wurde - vielleicht darum, um diese Theorie nachträglich noch als “falsch”, als “stalinistisch” abwerten zu können, was bei Lenin schwieriger ist, wenn man sich auf ihn gegen Stalin “berufen” will. Hinweise von Lenin über die Möglichkeit des Sieges des Sozialismus in einem Land, in mehreren Ländern, in Rußland als einem ökonomisch rückständigen Land sind zahlreich. Er hat sie unter verschiedenen Situationen und zu verschiedenen Zeiten geäußert. Da diese Äußerungen Lenins in unterschiedlichen Zusammenhängen geäußert wurden, sich folglich auch inhaltlich unterschieden, konnte sich sowohl Stalin auf sie berufen als auch Trotzki sie für seine Theorie der “permanenten Revolution” mißbrauchen. Es ist tatsächlich so, mit aus ihrem Kontext gerissenen und voluntaristisch verabsolutierten Zitaten aus Klassikerschriften kann man so ziemlich alles “beweisen.” Die wichtigsten Äußerungen Lenins zum Thema sollen darum hier unter Angabe des Datums kurz dokumentiert werden. Es gäbe “... die falsche Auffassung von der Unmöglichkeit des Sieges des Sozialismus in einem Lande...” - Die Ungleichmäßigkeit der ökonomischen und politischen Entwicklung ist “ein unbedingtes Gesetz des Kapitalismus.” Daraus folge, daß der “Sieg des Sozialismus zunächst in wenigen kapitalistischen oder sogar in einem einzeln genommenen Lande möglich ist”. (22. August 1915)21) Der Traum von der “vereinten Aktion der Proletarier aller Länder” sei gleichbedeutend mit der “Vertagung des Sozialismus auf den St. Nimmerleinstag.” Sozialismus sei möglich in einer “Minderheit von Ländern” des “fortgeschrittenen Kapitalismus.” (Oktober 1916)22) (Dazu gehörte Rußland nicht. UH) Auf Grund der ungleichmäßigen Entwicklung des Kapitalismus kann der Sozialismus “nicht gleichzeitig in allen Ländern siegen”. Zuerst nur “in einem oder einigen Ländern”. Andere werden “eine gewisse Zeit” bürgerlich oder vorbürgerlich bleiben. Die Bourgeoisie anderer Länder würde danach streben, “das siegreiche Proletariat der sozialistischen Staaten zu zerschmettern”. (September 1916)23) Es seien Kriege möglich zwischen dem Sozialismus, der in einem Lande den Sieg errungen hat, gegen andere, bürgerliche oder reaktionäre Länder. (Oktober 1916)24) Der “Übergang zum Sozialismus” sei in Rußland möglich, “nicht unmittelbar, mit einem Schlag” - aber mit “Übergangsmaßnahmen.” (März 1917 (April) 1917)25) Das Proletariat Rußlands könne sich nicht die sofortige Durchführung der sozialistischen Umgestaltung zum Ziel setzen. Aber “der größte Fehler” des Proletariats wäre, auf “praktisch bereits herangereifte(r) Schritte zum Sozialismus” zu “verzichten”. Der Krieg habe sie “in ungewöhnliche Verhältnisse” gestellt. Es folgt eine Polemik gegen die These Plechanows von der “Unmöglichkeit des Sozialismus” in Rußland. Die Kontrollmaßnahmen (über Produktion und Verteilung, UH) seien noch “kein Sozialismus” aber eine “Übergangsmaßnahme”, Rußland wird “mit einem Fuß im Sozialismus stehen”. Wir betrachten den Sozialismus nicht als Sprung, sondern als praktischen Ausweg aus der “entstandenen Zerrüttung”. (April 1917)26) Es gäbe den “weitverbreitete(n) Einwand” in der bürgerlichen, sozialrevolutionären und menschewistischen Presse: “Wir seien noch nicht reif für den Sozialismus, es sei verfrüht, den Sozialismus ‘einzuführen’, unsere Revolution sei eine bürgerliche - also müsse man Knecht der Bourgeoisie sein....” ... “Man muß entweder vorwärtsschreiten oder zurückgehen. Vorwärtsschreiten im Rußland des 20. Jahrhunderts, das die Republik und den Demokratismus auf revolutionärem Wege erobert hat, ist unmöglich, ohne zum Sozialismus zu schreiten, ohne Schritte zum Sozialismus zu machen. Schritte, die bedingt sind und bestimmt werden durch den Stand der Technik und Kultur...”. (10. - 14. September 1917)27) Wir haben uns niemals “unlösbare” Aufgaben gestellt... die “durchaus lösbaren Aufgaben unverzüglicher Schritte zum Sozialismus... können sofort gelöst werden durch die Diktatur des Proletariats und der armen Bauernschaft” - ein “dauerhafter Sieg ist jetzt mehr als je und mehr als irgendwo sonst dem Proletariat in Rußland sicher, wenn es die Macht ergreift“. (1. Oktober 1917)28) Das Zentralkomitee sei vom Sieg des Sozialismus sowohl in Rußland als auch in Europa überzeugt. (17. (4.) November 1917)29) “Fast alle Arbeiter und die gewaltige Mehrheit der Bauern” stehen auf der Seite der Sowjetmacht und der “von ihr begonnenen Revolution. Insofern ist der Erfolg der sozialistischen Revolution in Rußland gesichert.” ...Es wäre ein Fehler, “die Taktik der sozialistischen Regierung Rußlands darauf aufzubauen, ...ob die europäische und insbesondere die deutsche Revolution im nächsten halben Jahr (oder in einer ähnlichen kurzen Frist) ausbrechen wird oder nicht”... . In der Taktik müsse man davon ausgehen, wie man die sozialistische Revolution... “wenigstens in einem Lande so lange halten kann, bis andere Länder sich anschließen werden”.... “wenn man uns sagt, daß der Sieg des Sozialismus nur im Weltmaßstab möglich sei, so sehen wir darin lediglich einen Versuch... eine ganz unleugbare Wahrheit zu entstellen. Natürlich, der endgültige Sieg des Sozialismus in einem Lande ist unmöglich”. (Januar 1918)30) Man dürfe die “große Losung ‘Wir setzen auf den Sieg des Sozialismus in Europa’ nicht zu einer Phrase machen. Das ist eine Wahrheit, wenn man den langen und schwierigen Weg bis zum vollständigen Sieg des Sozialismus in Auge hat. Es ist eine unbestreitbare philosophisch-historische Wahrheit, wenn man die ganze ‘Ära der sozialistischen Revolution’ in ihrer Gesamtheit nimmt. Aber jede abstrakte Wahrheit wird zur Phrase, wenn man sie auf jede beliebige konkrete Situation anwendet”. Sie können “nicht die Bürgschaft ... übernehmen”, daß die europäische Revolution “in den nächsten paar Wochen ausbrechen und siegen werde...”. (25. Februar 1918)31) In Polemik gegen die These, man hätte “folglich” die Macht nicht ergreifen sollen: Der vollständige Sozialismus sei nur in Zusammenarbeit der Proletarier aller Länder möglich, “durch eine Reihe von Versuchen - von denen jeder, einzeln genommen, einseitig sein, an einer gewissen Nichtübereinstimmung leiden wird”. (5. Mai 1918)32) Im Weltmaßstab “völlig, endgültig zu siegen ist in Rußland allein nicht möglich... ”. Zumindest in allen fortgeschrittenen Länder, oder auch nur in einigen der größten fortgeschrittenen Länder müsse das Proletariat den Sieg errungen haben, bevor die Sache des Proletariats gesiegt hat. (März - April 1919)33) “Hat denn irgendein Bolschewik jemals geleugnet, daß die Revolution endgültig erst dann siegen kann, wenn sie alle oder mindestens einige der bedeutendsten fortgeschrittenen Länder erfaßt? Wir haben das stets gesagt.” (6. - 19. Mai 1919)34) “Selbstverständlich kann den endgültigen Sieg nur das Proletariat aller fortgeschrittenen Länder der Welt erringen...” die Russen beginnen das Werk, das vom englischen, französischen, deutschen Proletariat gefestigt wird, aber, “ohne die Hilfe der werktätigen Massen aller unterdrückten Kolonialvölker, und in erster Reihe der Völker des Ostens, nicht siegen werden.” Die Avantgarde allein kann den Übergang zum Kommunismus nicht vollziehen. (20. Dezember 1919)35) Unser Sieg ist nur dann von Dauer, wenn unsere Sache in der ganzen Welt siegt. “... wir hatten ja unser Werk ausschließlich in der Erwartung der Weltrevolution begonnen.” Nach drei Jahren könne man sagen, “daß wir gesiegt haben” ... dürfen aber “nicht vergessen, daß wir erst zur Hälfte gesiegt haben”, nicht vergessen, daß “unsere Sache eine internationale ist”..., “unser Sieg nur ein halber Sieg, vielleicht sogar noch weniger” ist. (6. November 1920)36) Wir haben erklärt, daß unser Sieg nicht gesichert sei, wenn es nicht zur Revolution im Westen kommt. Eine rasche und einfache Lösung sei nicht erfolgt. Aber das Wichtigste sei erreicht: Die “Behauptung der proletarischen Macht und der Sowjetrepublik, sogar im Falle einer Hinauszögerung der sozialistischen Weltrevolution”. (21. November 1920)37) Wir haben uns niemals die Aufgabe gestellt, “ganz allein, aus eigener Kraft, zu siegen”... “Die Weltrevolution ist noch nicht da, aber auch wir sind bisher nicht besiegt worden.” (26. November 1920)38) “10 - 20 Jahre richtige Beziehungen mit der Bauernschaft, und der Sieg ist im Weltmaßstab (sogar bei einer Verzögerung der proletarischen Revolutionen, die anwachsen) gesichert, sonst 20 - 40 Jahre Qualen weißgardistischen Terrors.” (März/April 1921)39) “Der Ausgang des Kampfes hängt in letzter Instanz davon ab, daß Rußland, Indien, China usw. die gigantische Mehrheit der Erdbevölkerung stellen. Gerade diese Mehrheit. der Bevölkerung wird denn auch in den letzten Jahren mit ungewöhnlicher Schnelligkeit in den Kampf um ihre Befreiung hineingerissen, so daß es in diesem Sinne nicht den geringsten Zweifel darüber geben kann, wie die endgültige Entscheidung des Kampfes im Weltmaßstab ausfallen wird. In diesem Sinne ist der endgültige Sieg des Sozialismus vollständig und unbedingt gesichert.” (2. März 1923)40) Aus dieser unvollständigen Reflektion Leninscher Äußerungen zur Frage “Sozialismus in einem Land” läßt sich folgern: Mit einem mir passenden Zitat kann ich “beweisen”, daß Lenin gegen Sozialismus in einem Land oder daß er dafür war. Hier geht es nur um die Feststellung, daß Lenin bereits das Problem Sozialismus in einem Land theoretisch reflektiert hat, und je nach veränderten Bedingungen unterschiedlich beantwortet hat. Nimmt man seine letzten Äußerungen, so lassen sich die Leninschen Erkenntnisse über “Sozialismus in einem Land” zusammenfassen: Der Sieg des Sozialismus in einem Land, auch im ökonomisch und kulturell rückständigen Rußland, ist möglich, selbst bei Verzögerung der Weltrevolution. Dieser Sieg ist jedoch noch nicht endgültig, noch nicht gesichert, bis nicht in einem oder wenigstens in einigen ökonomisch fortgeschrittenen Ländern die proletarische Revolution gesiegt hat. Lenin spricht mehrfach vom “vollständigen” Sieg des Sozialismus. Da in dieser Zeit die Begriffe “Sozialismus” und “Kommunismus” häufig synonym angewendet wurden, bleibt offen, ob Lenin mit “endgültigem” Sieg die höhere Phase der kommunistischen Gesellschaft oder nur die niedere Phase meint. Lenin bezieht in seine Theorie die “Völker des Ostens” mit ein, die im Gefolge der Oktoberrevolution eine Periode antikolonialer, demokratischer Revolutionen eröffnet hatten. Ab 1920/21 berücksichtigt Lenin in seinen Aussagen zunehmend eine Verzögerung der Revolution im Westen. Der ursprüngliche Gedanke, Rußland beginnt mit der proletarischen Weltrevolution, der Westen - namentlich Deutschland - folgt und übernimmt auf Grund seiner ökonomisch-technischen Überlegenheit die bestimmende Rolle, wird aufgegeben. Dafür wird die Rolle der “gigantischen Mehrheit der Erdbevölkerung”, Rußland, Indien, China im Kampf um die “endgültige Entscheidung des Kampfes” hervorgehoben. 2.2.2. Stalin gegen Trotzki
Die Leninsche Theorie vom “Sozialismus in einem Land” war das Fundament, von dem Stalin in seinem Kampf gegen die parteifeindliche Opposition ausging und die er in diesem Kampf weiter entwickelte, vervollkommnete und präzisierte. Erste Äußerungen Stalins zu diesem Thema finden sich im Bericht über die politische Lage auf dem VI. Parteitag der SDAPR (B) (26. Juli bis 30. August 1917), unmittelbar nach den Juliereignissen.41) Die Möglichkeiten eines friedlichen Übergangs der Macht von der bürgerlichen provisorischen Regierung an die Sowjets war damit nicht mehr gegeben. Sollte die Revolution weitergeführt, die dringendsten Forderungen der Massen erfüllt werden: Frieden - Land für die Bauern - Brot für die Arbeiter in der Stadt, blieb nur noch der bewaffnete Aufstand und der Übergang zum Sozialismus. Damit war die Frage nach der Möglichkeit des Sieges der sozialistischen Revolution in Rußland auf die Tagesordnung gesetzt. Bereits auf der VII. Gesamtrussischen Konferenz der SDAPR (B) (Aprilkonferenz 1917) erklärten Kamenew, Rykow und andere, daß ein Sieg der sozialistischen Revolution in Rußland unmöglich sei. Dies wurde auch auf dem VI. Parteitag wiederholt. N.S. Angarski erklärte, daß die Orientierung auf einen Sieg der Revolution “keine Taktik des Marxismus, sondern eine Taktik der Verzweiflung” sei.42) Desgleichen traten Bucharin und Preobrashenski gegen die These Lenins von der Möglichkeit des Sieges der sozialistischen Revolution in einem Lande auf. Dagegen polemisierte Stalin in seinem Bericht. Unter normalen Bedingungen, bei der schwachen Entwicklung des Kapitalismus in Rußland, sei ein Sieg der sozialistischen Revolution in Rußland nicht möglich. Aber der Krieg, die Zerrüttung der Wirtschaft, der Erschütterung der kapitalistischen Organisation der Volkswirtschaft ermöglichen einen Sieg der sozialistischen Revolution. In Rußland bestünde im Unterschied zu Deutschland ein “hoher Grad der Organisiertheit der Arbeiter, im revolutionären Sinne, nicht nach Institutionen wie in Österreich”. Das Proletariat habe “so umfassende Organisationen wie die Sowjets der Arbeiter- und Soldatendeputierten” die es in keinem anderen Land gibt. Die Arbeiter Rußlands könnten “nicht auf ein aktives Eingreifen in das Wirtschaftsleben des Landes im Sinne sozialistischer Umgestaltungen verzichten, ohne politischen Selbstmord zu begehen. Es wäre unwürdige Pedanterie, wollte man verlangen, daß Rußland mit den sozialistischen Umgestaltungen ‘wartet’, bis Europa ‘anfängt’. Dasjenige Land ‘fängt an’, das mehr Möglichkeiten hat...”43) Mit diesen Ausführungen ging Stalin nicht über Lenin hinaus. Sie verdeutlichen aber die Übereinstimmung mit den Auffassungen Lenins. Im weiteren erfolgte die Auseinandersetzung mit Bucharin und anderen Zweiflern an der Möglichkeit eines Sieges der sozialistischen Revolution in Rußland. Bucharin habe die Frage “am schärfsten” gestellt, aber “sie nicht zu Ende geführt”. Bucharin behaupte, daß “der imperialistische Bourgeois ... einen Block mit dem Bauern gebildet” habe. Es gäbe aber verschiedene Bauern. Der Block sei mit “rechtsorientierten Bauern” gebildet worden, aber es gäbe auch “Bauern der unteren Schichten, linkseingestellte, die die ärmsten Schichten der Bauernschaft vertreten”. Bucharin habe nicht gesagt, gegen wen sich der Block richte. Es sei dies ein Block des alliierten und des russischen Kapitals, des Offizierskorps und der Oberschichten der Bauernschaft in Gestalt der Sozialrevolutionäre vom Schlage eines Tschernow. Dieser Block hat sich gegen die unteren Schichten der Bauernschaft, gegen die Arbeiter gebildet. Bucharins Analyse sei “grundfalsch”, nach der wir der “ersten Etappe einer Bauernrevolution” entgegengingen. Die Bauernrevolution müsse sich mit der Arbeiterrevolution treffen, “mit ihr zusammenfallen”. Nach Bucharin würde die zweite Etappe, nach der Bauernrevolution, die proletarische Revolution sein, von Westeuropa unterstützt, ohne Beteiligung der Bauern, die den Boden bekommen hätten und zufrieden gestellt seien. Aber gegen wen richte sich dann die Revolution? Bucharin bliebe mit seinem “kindischen Schema” die Antwort schuldig.44) War die Konzeption Bucharins wirklich nur ein “kindisches Schema” oder steckte mehr dahinter? Von der Sache her war die Konzeption Bucharins eine Absage an Lenins Schlußfolgerungen über die Möglichkeit des Sieges der sozialistischen Revolution in einem Land, in Rußland. Bucharin sah den Ausweg in der “proletarischen Weltrevolution”. Er meinte, daß die Revolution in Rußland den Imperialisten den “revolutionären Krieg” erklären müsse, um auf diese Weise “das Feuer der sozialistischen Weltrevolution zu entfachen”.45) Diese These Bucharins unterschied sich nicht von Trotzkis Theorie der “permanenten Revolution”. Preobrashenski erklärte, daß nur “beim Vorhandensein einer proletarischen Revolution im Westen” ein sozialistischer Weg in Rußland eingeschlagen werden könne.46) Stalin antwortete, daß die “Möglichkeit ... nicht ausgeschlossen” ist, “daß gerade Rußland das Land sein wird, das den Weg zum Sozialismus bahnt. ...Man muß die überlebte Vorstellung fallen lassen, daß nur Europa uns den Weg weisen könne. Es gibt einen dogmatischen Marxismus und einen schöpferischen Marxismus. Ich stehe auf dem Boden des letzteren.”47) Sieben Jahre später - in einem Prawda-Artikel vom 20. Dezember 1924, “Der Oktober und Trotzkis Theorie der ‘permanenten’ Revolution”48) - setzte sich Stalin mit dieser Theorie auseinander. Trotzki habe bereits 1905 die revolutionäre Kraft der Bauernschaft nicht erkannt, wie in seiner Losung: “Weg mit dem Zaren, her mit der Arbeiterregierung!” zum Ausdruck kam. Auch 1915 glaubte er, daß die Losung der Konfiskation des Bodens unter den Bedingungen des Imperialismus keine Rolle mehr spiele.49) Trotzki habe das Wesen der Leninschen Theorie der Diktatur des Proletariats als “Klassenbündnis des Proletariats mit der werktätigen Bauernschaft zum Sturz des Kapitalismus, zum endgültigen Sieg des Sozialismus, unter der Bedingung, daß die führende Kraft in diesem Bündnis das Proletariat” sei, nicht begriffen.50) Es folgt ein Zitat aus dem Vorwort von Trotzkis Buch “Das Jahr 1905”, das er 1922 geschrieben hatte: “Gerade in der Zeitspanne zwischen dem 9. Januar und dem Oktoberstreik 1905 haben sich bei dem Verfasser die Ansichten über den Charakter der revolutionären Entwicklung Rußlands herausgebildet, die die Bezeichnung Theorie der ‘permanenten Revolution’ erhielten. Diese hochgelehrte Bezeichnung brachte den Gedanken zum Ausdruck, daß die russische Revolution wohl unmittelbar vor bürgerlichen Zielen steht, jedoch bei ihnen nicht wird stehenbleiben können. Die Revolution wird ihre nächsten bürgerlichen Aufgaben nicht anders lösen können als dadurch, daß sie das Proletariat an die Macht bringt. Dieses aber wird, nachdem es die Macht erobert hat, sich nicht auf den bürgerlichen Rahmen der Revolution beschränken können. Im Gegenteil, gerade zur Sicherung ihres Sieges wird die proletarische Avantgarde schon in der ersten Zeit ihrer Herrschaft tiefstgehende Eingriffe nicht nur in das feudale, sondern auch in das bürgerliche Eigentum vornehmen müssen. Hierbei wird sie in feindliche Zusammenstöße nicht nur mit allen Gruppierungen der Bourgeoisie geraten, die sie im Anfang ihres revolutionären Kampfes unterstützt haben, sondern auch mit den breiten Massen der Bauernschaft, mit deren Beihilfe sie zur Macht gekommen ist. Die Widersprüche in der Stellung der Arbeiterregierung in einem rückständigen Lande mit einer erdrückenden Mehrheit bäuerlicher Bevölkerung werden nur im internationalen Maßstab, in der Arena der Weltrevolution des Proletariats ihre Lösung finden können.”51) Stalin konfrontierte diese Ausführungen Trotzkis mit Lenins Auffassungen zu dieser Frage. Lenin habe vom Bündnis des Proletariats mit der werktätigen Bauernschaft gesprochen, Trotzki von “feindlichen Zusammenstößen”. Nach Lenin schöpfe die Revolution ihre Kräfte vor allem unter den Arbeitern und Bauern selbst, bei Trotzki “nur” in der “Arena der Weltrevolution”. Die Theorie der “permanenten Revolution” bezeichnete Stalin als eine Abart des Menschewismus.52) Dies war insofern berechtigt, als die Menschewiki in Übereinstimmung mit der internationalen Sozialdemokratie einen Sieg des Sozialismus in einem Lande, speziell in einem rückständigen Land wie Rußland, bezweifelten. Stalin argumentierte im weiteren mit den in der Leninschen Imperialismustheorie dargestellten Widersprüchen des imperialistischen Weltsystems und hob hervor, daß der “Durchbruch” am “wahrscheinlichsten” in jenen Ländern vor sich gehen werde, wo die “Kette des Imperialismus” am schwächsten sei. “Infolgedessen ist der Sieg des Sozialismus in einem Lande, selbst wenn dieses Land kapitalistisch weniger entwickelt ist, bei Fortbestehen des Kapitalismus in den anderen Ländern, selbst wenn diese Länder kapitalistisch entwickelter sind, durchaus möglich und wahrscheinlich.”53) Dem gegenüber habe Trotzki in seiner Broschüre “Unsere Revolution” (1906) geschrieben: “Ohne direkte staatliche Unterstützung durch das europäische Proletariat wird die Arbeiterklasse Rußlands nicht imstande sein, die Macht zu behaupten und ihre zeitweilige Herrschaft in eine dauernde sozialistische Diktatur zu verwandeln. Daran darf man nicht einen Augenblick zweifeln.”54) Man könnte einwenden, daß es wenig sinnvoll ist, aus einer Schrift zu zitieren, die fast 20 Jahre zurückliegt. Der Verfasser könnte in diesen zwei Jahrzehnten auf Grund des Erkenntnisfortschritts zu anderen Auffassungen gelangt sein. Dies war bei Trotzki jedoch nicht der Fall. So zitierte Stalin noch weitere Passagen aus Trotzkis Schriften, die unter verschiedenen Aspekten stets auf das Gleiche hinausliefen, nämlich die Unmöglichkeit des Sieges des Sozialismus in einem Lande. So schrieb Trotzki in Jahre 1924, daß man ohne auf “die anderen zu warten”, den Kampf auf nationalem Boden beginnen könne, in der Überzeugung, damit den “anderen Ländern einen Anstoß” zu geben. Aber wenn das “nicht geschehen sollte, dann wäre es aussichtslos, zu glauben..., daß zum Beispiel ein revolutionäres Rußland einem konservativen Europa gegenüber sich behaupten ... könnte.”55) Bei Trotzki zeigt sich also Kontinuität in seiner Theorie der “permanenten Revolution”. Stalin wies auch hier unter Berufung auf Lenin darauf hin, daß zu einem vollständigen Sieg, zu einer vollständigen Garantie gegen eine Restauration des Kapitalismus “die gemeinsamen Anstrengungen der Proletarier mehrerer Länder notwendig” seien. “Es erübrigt sich zu sagen, daß wir Unterstützung brauchen.”56) Diese Unterstützung müsse aber nicht unbedingt die Revolution im Westen sein. Stalin wies auf solche Arten der Unterstützung hin wie die “Sympathie der europäischen Arbeiter für unsere Revolution”, deren “Bereitschaft, die Interventionspläne der Imperialisten zu durchkreuzen”, aber nicht nur der europäischen Arbeiter, sondern auch der “unterdrückten Völker des Ostens”.57) Stalin unterschied zwischen Sieg des Sozialismus in einem Land und einem vollständigen Sieg in einem Land, letzteres im Sinne einer Garantie gegen eine Restauration des Kapitalismus, gegen einen Interventionskrieg imperialistischer Mächte. Der vollständige Sieg sei erst nach dem Sieg der proletarischen Revolution wenigstens in einigen kapitalistischen Ländern gegeben. Damit befand er sich in Übereinstimmung mit Lenins Auffassungen aus den 20er Jahren. Trotzki behauptete im Nachwort zu einer Neuauflage seiner Broschüre “Das Friedensprogramm” (1922), daß nach fünf Jahren Sowjetmacht seine These, “daß die proletarische Revolution im nationalen Rahmen nicht zu Ende geführt werden kann”, ... “manchen Lesern” als “widerlegt erscheine(n)”. Dies sei jedoch unbegründet, denn “ein wirklicher Aufschwung der sozialistischen Wirtschaft in Rußland” sei “erst nach dem Siege des Proletariats in den wichtigsten Ländern Europas möglich... .”58) Demnach, meinte Stalin, bliebe der Revolution in Rußland nur die “Wahl”: “...entweder auf dem Halm zu verfaulen oder zu einem bürgerlichen Staat zu entarten.”59) Diese Grundgedanken wiederholte Stalin in einem Brief an Genossen D - OW vom 25. Januar 1925, wobei er sie näher bestimmte. “Sieg des Sozialismus” heiße, “die Gutsbesitzer und Kapitalisten zu verjagen, die Macht zu ergreifen, die Attacken des Imperialismus abzuschlagen und den Aufbau der sozialistischen Wirtschaft zu beginnen. All dies kann dem Proletariat in einem Lande durchaus gelingen, eine vollständige Garantie gegen eine Restauration kann jedoch nur das Ergebnis ‘gemeinsamer Anstrengungen der Proletarier mehrerer Länder’ sein.”60) Stalin sagte aber auch hier nicht, daß diese “Anstrengungen” unbedingt die “Revolution” sein müsse. Es wäre doch töricht, die Oktoberrevolution in Rußland zu beginnen, wenn sie sich nicht gegenüber einem konservativen Europa behaupten könne. Wenn Trotzkis Theorie richtig wäre, dann hätte Lenin unrecht gehabt, wenn er das Rußland der NÖP in ein sozialistisches Rußland verwandeln wollte. Wir hätten alles, “um die vollendete sozialistische Gesellschaft zu errichten.”61) Stalin wies auf die Gefährlichkeit der Theorie von der Leugnung des Sieges des Sozialismus in einem Lande hin. Wenn in den nächsten fünf bis zehn Jahren keine Revolution im Westen kommt, und wir uns als Sowjetrepublik behaupten, sollen wir solange in Passivität verharren, “Wasser ins Meer” tragen, anstatt die sozialistische Wirtschaft aufzubauen? Aber dieser Sieg bedeute natürlich kein “endgültiger”. Solange eine “kapitalistische Umkreisung besteht, die Gefahr einer militärischen Intervention ständig vorhanden” ist, kann von einem “endgültigen” Sieg keine Rede sein. Einige Genossen verharren noch in der alten sozialdemokratischen Theorie, nach der in Ländern, die kapitalistisch weniger entwickelt sind als England oder Amerika für die proletarische Revolution kein Boden gegeben sei.62) Die Auseinandersetzung mit den Thesen Trotzkis setzte Stalin in seinem Referat vor dem Aktiv der Moskauer Parteiorganisation am 9. Mai 1925 fort.63) Es gäbe zwei Gruppen von Gegensätzen, innere: die Gegensätze zwischen Proletariat und Bauernschaft als Privateigentümern bei gemeinsamen Interessen von Proletariern und der Bauernschaft, und äußere zwischen der Sowjetunion und den “allen übrigen Ländern, als den Ländern des Kapitalismus”. Die gemeinsamen Interessen zwischen Proletariat und Bauern ermöglichen das Bündnis zwischen beiden unter Führung des Proletariats, die gemeinsam die “vollendete sozialistische Gesellschaft errichten können und müssen”.64) Eben dies bestreite Trotzki, nach dem die Widersprüche zwischen Proletariat und der Bauernschaft, “der erdrückenden Mehrheit”, nur im internationalen Maßstab, durch die Weltrevolution gelöst werden können. Stalin belegte diese Auffassung Trotzkis mit mehreren Zitaten aus dessen Schriften.65) Trotzkis Fehler bestünde darin, daß er die Widersprüche zwischen Proletariat und Bauernschaft verabsolutiere, die gemeinsamen Interessen zwischen ihnen übersehe. Das Problem bestand in der Frage, welche Seite die bestimmende war, die Gegensätze oder die gemeinsamen Interessen? Es war klar, daß dieses objektive Widerspruchsverhältnis sich nicht im Selbstlauf auflösen würde. Die Lösung der Frage, welche Seite dominieren würde, war abhängig vom Klassenkampf, von den Kräfteverhältnissen zwischen den Klassen, von der Führungsfähigkeit der Bolschewiki. Bei fehlerhafter Politik konnten die Widersprüche zur Sprengung des Bündnisses zwischen Proletariat und Bauernschaft und damit zum Sturz der Diktatur des Proletariats führen, die auf diesem Bündnis beruhte. Insofern war die Konzeption Trotzkis existenzgefährdend für die Sowjetmacht. Stalin zitierte auch wieder ausführlich aus Lenins Schriften, um den Gegensatz der Auffassungen Trotzkis zum Leninismus zu dokumentieren.66) “Ich weiß”, sagt Lenin, “daß es natürlich Neunmalweise gibt, die sich für sehr gescheit halten und sich sogar Sozialisten nennen, die behaupten, man hätte die Macht nicht ergreifen dürfen, solange die Revolution nicht in allen Ländern ausgebrochen wäre. Diese Leute ahnen nicht, daß sie mit diesem Gerede der Revolution den Rücken kehren und auf die Seite der Bourgeoisie übergehen. Zu warten, bis die werktätigen Klassen die Revolution im internationalen Maßstab durchführen, hieße, daß alle in Erwartung zu erstarren hätten. Das ist Unsinn.”67) Die inneren Widersprüche können die Bolschewiki lösen, die äußeren Widersprüche, die Gefahr der Intervention durch die imperialistischen Mächte und damit die Gefahr der Restauration der kapitalistischen Ordnung können nicht allein durch die Anstrengungen eines Landes völlig gelöst werden. “Eine volle Garantie gegen die Intervention und folglich auch der endgültige Sieg des Sozialismus ist infolgedessen nur im internationalen Maßstab, ... nur als Ergebnis des Sieges der Proletarier einiger Länder möglich.” Dies wäre die “unerläßliche Vorbedingung für den endgültigen Sieg des Sozialismus“.68)“ In dem w.o. genannten Prawda-Artikel vom 20. Dezember 1924 fehlt der Hinweis auf den “Sieg des Proletariats in einigen Ländern”, auf eine “siegreiche Revolution in mehreren Ländern”, sondern Stalin wies nur auf die “Unterstützung” durch die Arbeiter in den europäischen Ländern hin, wobei Unterstützung in “vielfältigen Formen” nicht unbedingt die proletarische Revolution mit einschließt. In der Schrift “Zu den Fragen des Leninismus” (1926)69) nahm Stalin einige Präzisierungen zur Frage “Sozialismus in einem Land” gegenüber früheren Äußerungen vor, die in der Arbeit “Über die Grundlagen des Leninismus”70) vom Mai 1924 enthalten sind. 1924 hieß es, daß der Sieg des Proletariats in einzelnen Ländern nicht nur möglich, sondern auch notwendig sei, auf Grund des ungleichmäßigen, sprunghaften Charakters der Entwicklung der einzelnen kapitalistischen Länder unter den Verhältnissen des Imperialismus.71) Dieser Leitsatz sei “völlig richtig und bedarf keines Kommentars”. Aber es gab in der Schrift von 1924 noch eine zweite Formulierung. Darin hieß es, daß der Sturz der Macht der Bourgeoisie und die Errichtung der Macht des Proletariats in einem Lande noch nicht heißt, daß man die “Hauptaufgabe des Sozialismus”, die “Organisierung der sozialistischen Produktion” in einem Lande schon lösen könne. “Zum Sturz der Bourgeoisie genügen die Anstrengungen eines Landes ... zum endgültigen Siege des Sozialismus, zur Organisierung der sozialistischen Produktion, genügen nicht die Anstrengungen eines Landes ... dazu sind die Anstrengungen der Proletarier mehrerer fortgeschrittener Länder notwendig.”72) Diese zweite Formulierung von Mai 1924 war gegen die Behauptungen der Trotzkisten gerichtet, nach der sich die Diktatur des Proletariats in einem Land nicht gegen einem “konservativen Europa” behaupten könne, wenn der Sieg in den anderen Ländern ausbleibe. Soweit hatte diese Formulierung ihre Berechtigung. Nunmehr erweise sich diese zweite Formulierung als “ungenau” und deshalb “unrichtig”. Der Mangel dieser Formulierung bestehe darin, daß zwei verschiedene Fragen zu einer zusammengezogen wurden. Die Möglichkeit der Errichtung des Sozialismus in einem Lande mit der Frage, ob ein Land, in dem die Diktatur des Proletariats errichtet ist, gegen Intervention und Restauration völlig gesichert ist. Er habe in seiner Schrift “Die Oktoberrevolution und die Taktik der russischen Kommunisten” (Dezember 1924) diese Formulierung in zwei Fragen zerlegt: 1. die Frage nach der vollständigen Garantie gegen die Restauration der bürgerlichen Ordnung und die 2. die Frage nach der Möglichkeit der Errichtung der vollendeten sozialistischen Gesellschaft in einem Lande.73) Demzufolge ist nach Stalin zu unterscheiden die Errichtung der vollendeten sozialistischen Gesellschaft in einem Lande von dem endgültigen Sieg des Sozialismus, gleichbedeutend mit der Garantie vor Intervention und Restauration der kapitalistischen Ordnung. Die Errichtung der vollendeten sozialistischen Gesellschaft in einem Lande sei möglich, aus eigener Kraft, der endgültige Sieg, Garantie vor Intervention und Restauration sei nur international möglich, nach dem Sieg der proletarischen Revolution wenigstens in einigen fortgeschrittenen kapitalistischen Ländern. Dies war der Stand der Erkenntnisse Stalins vom Januar 1926. Von dieser Position aus kritisierte Stalin die Auffassungen Sinowjews, der unter “endgültigem Sieg des Sozialismus” die Aufhebung der Klassen, die Abschaffung der Diktatur des Proletariats verstand. Unter dem “endgültigen Sieg” verstand er nicht die Garantie gegen Intervention und Restauration. Sinowjew meinte, daß die These, wonach der Sowjetstaat, auch wenn er allein ist, den Sozialismus aufbauen kann, keine “leninistische Fragestellung” sei, sondern dies “nach nationaler Beschränktheit” rieche. Stalin bezeichnete die Auffassungen Sinowjews als eine “Kapitulation vor den kapitalistischen Elementen unserer Wirtschaft” (NÖP, UH), als Abkehr vom Leninismus74), sowie eines Verstoßes gegen Beschlüsse der Partei, wie sie in der Resolution der XIV. Parteikonferenz “Über die Aufgaben der Komintern und der KPR (B) im Zusammenhang mit dem erweiterten Plenum des EKKI” festgelegt wurden: “Das Bestehen zweier diametral entgegengesetzter gesellschaftlicher Systeme ruft die ständige Gefahr der kapitalistischen Blockade, anderer Formen des ökonomischen Druckes, der bewaffneten Intervention und der Restauration hervor. Die einzige Garantie für den endgültigen Sieg des Sozialismus, das heißt die Garantie gegen die Restauration ist folglich die siegreiche sozialistische Revolution in einer Reihe von Ländern...” “Der Leninismus lehrt, daß der endgültige Sieg des Sozialismus im Sinne der vollständigen Garantie gegen eine Restauration der bürgerlichen Verhältnisse nur im internationalen Maßstab möglich ist...” “Daraus folgt keineswegs, daß die Errichtung der vollendeten sozialistischen Gesellschaft in einem so rückständigen Lande wie Rußland ohne ‘staatliche Hilfe’ (Trotzki) der in technischer und ökonomischer Hinsicht entwickelteren Länder unmöglich sei”.75) Es könne sein, daß eine Resolution Fehler enthalte. Dann müsse man dies sagen. Aber darum ginge es bei Sinowjew nicht, der gemeinsam mit Kamenew im Politbüro den Standpunkt vertrete, daß die Sowjetunion auf Grund ihrer technischen und ökonomischen Rückständigkeit “nicht imstande wäre, mit den inneren Schwierigkeiten fertig zu werden, es sei denn, daß uns die internationale Revolution rette“.76) Nun war - und ist im 21. Jahrhundert - die Frage der technisch-ökonomischen Rückständigkeit eine Kardinalfrage des sozialistischen Aufbaus. Sie konnte in der Sowjetunion weitgehend noch bis in die 70er Jahre gelöst werden. Die Sowjetunion war in der Raumfahrt, in der Lasertechnik und auf anderen Gebieten die führende Industriemacht gewesen. Gegenwärtig und für eine mittelfristig überschaubare Periode sind die VR China, die KVDR, die sozialistischen Republiken Vietnam und Kuba mit ähnlichen Problemen auf einer qualitativ höheren Stufe konfrontiert. Der wissenschaftlich-technische Abstand dieser sozialistischen Gesellschaften von den USA dürfte noch größer sein als der der Sowjetunion von den kapitalistischen Mächten Ende der 20er Jahre. Analoge Diskussionen unter Kommunisten heute zu den Diskussionen Mitte der 20er Jahre in der Sowjetunion sind daher nicht verwunderlich. Die Kommunisten in der Sowjetunion haben das Problem gelöst, warum sollten die chinesischen Kommunisten es in zwei oder drei Jahrzehnten nicht auch lösen können? Wenn ihnen die Imperialisten in den USA soviel Zeit lassen! Allerdings ging es bei Sinowjew und Kamenew, deren Konzeption sich im Wesen von den Auffassungen Trotzkis nicht unterschied, nicht um Diskussionsfragen unter Kommunisten, sondern sie bildeten bereits in Leningrad eine Fraktion, die die Beschlüsse des ZK unterlief. Die Diskussion “Sozialismus in einem Land” war bis Ende 1925 im wesentlichen abgeschlossen, sie immer wieder neu zu entfachen, konnte die Einheit der Partei gefährden. Stalin bezeichnete die Gruppierung um Sinowjew/Kamenew zu recht als “neue Opposition.” In seinem Artikel “Über den Oppositionsblock in der KPdSU (B), Thesen” (26. Oktober 1926)77) wies Stalin die Übereinstimmung der Auffassungen von Sinowjew/Kamenew mit Trotzki nach. Stalin konfrontierte (wiederholend UH) die Leninsche Konzeption von “Sozialismus in einem Land” mit der trotzkistischen: “Obgleich der Trotzkismus im Oktober 1917 mit der Partei mitging, ging er und geht er auch weiter davon aus, daß unsere Revolution an und für sich, dem Wesen der Sache nach, keine sozialistische Revolution sei, daß die Oktoberrevolution nur Signal, Anstoß und Ausgangspunkt für die sozialistische Revolution im Westen sei, daß, wenn sich die Weltrevolution verzögert und die siegreiche sozialistische Revolution im Westen nicht in allernächster Zeit erfolgt, die proletarische Macht in Rußland zusammenbrechen oder (was ein und dasselbe ist) unter dem Druck unvermeidlicher Zusammenstöße zwischen Proletariat und Bauernschaft entarten müsse.“78) Es ist zu beachten, daß diese trotzkistische Position neun Jahre nach der Oktoberrevolution, in der sich die Sowjetrepubliken nicht nur gegenüber den imperialistischen Mächten und der inneren Konterrevolution behauptet und erste Schritte eines sozialistischen Aufbaus erfolgreich getan hatten, nunmehr auch von Sinowjew/Kamenew übernommen wurde. Die Aussagen Trotzkis und seiner Gesinnungsgenossen seien eine “sozialdemokratische Abweichung in unserer Partei in der grundlegenden Frage... des Charakters und der Perspektiven unserer Revolution”. Die “‘neue Opposition’ (Sinowjew, Kamenew), die früher gegen den Trotzkismus, gegen die sozialdemokratische Abweichung in unserer Partei gekämpft hat”, ist “auf die ideologischen Positionen des Trotzkismus übergegangen....”. Sie setze “sich jetzt mit dem gleichen Feuereifer für den Trotzkismus” ein, “mit dem sie früher gegen den Trotzkismus auftrat“.79) In seinem Referat “Über die sozialdemokratische Abweichung in unserer Partei” auf der XV. Unionskonferenz der KPdSU (B) (26. Oktober bis 3. November 1926) führte Stalin ausführlich die Auseinandersetzung mit Trotzki, Sinowjew, sowie mit Smilga und Radek fort, die er in den “Thesen” über den “Oppositionsblock” bereits angesprochen hatte. Stalin zitierte aus einem Brief Trotzkis an die Oppositionellen in Leningrad vom September 1926. Danach habe sich die “Leningrader Opposition ... energisch gegen die Theorie des Sozialismus in einem Lande, als gegen eine theoretische Rechtfertigung der nationalen Beschränktheit gewandt.”80) Smilga stellte in einer Rede in der Kommunistischen Akademie am 26. September 1926, gegen Bucharin polemisierend, die Frage, “ob die Wiederherstellungsperiode zur Überprüfung, zur Revision des zentralen Punktes des Marxismus und Leninismus berechtigen kann, der besagt, daß es in einem einzelnen, technisch rückständigen Lande unmöglich ist, den Sozialismus zu errichten“.81) Desgleichen trat Radek in sehr überheblicher Weise auf. Stalin verwies auf ein Referat Radeks in der Kommunistischen Akademie, in den er die Theorie der Errichtung des Sozialismus in der Sowjetunion als Theorie des Aufbaus des Sozialismus “in einem Kreis” oder sogar “in einer Straße” bezeichnete. Auf Einwände der Genossen, daß dies eine “Leninsche Idee” sei, habe er geantwortet: “Sie haben Lenin schlecht gelesen; wenn Wladimir Iljitsch lebte, würde er sagen, daß dies eine Schtschedrinsche Idee sei. In Schtschedrins ‘Pompadouren’ gibt es einen eigenartigen Pompadour, der den Liberalismus in einem Kreis aufbaut.”82) Stalin widerlegte diese unsinnigen Behauptungen ausführlich mit Zitaten aus Lenins Schriften über die Möglichkeit des Aufbaus des Sozialismus in einem Lande, die hier nicht wiederholt werden müssen, da am Anfang ausführlich dokumentiert. Aber auch die Berufung auf Marx bei Smilga stand auf schwachen Füßen. Wenn Marx und Engels in der “Deutschen Ideologie” (1845/46) davon ausgingen, daß für eine proletarische Revolution ein hoher ökonomischer Entwicklungsstand erforderlich sei, so gibt es auch andere, spätere Äußerungen von Marx und Engels. In seiner Schrift “Die Klassenkämpfe in Frankreich” (Januar - Oktober 1850) wertete Marx die Erfahrungen der europäischen Revolutionsperiode aus. Mitte des 19. Jahrhunderts war in England der Kapitalismus am höchsten entwickelt, gab es in England schon ein zahlenmäßig starkes Industrieproletariat. Mußte nicht also die Revolution in England, als dem ökonomisch und industriell am höchsten entwickelten Land, ausbrechen? Keineswegs. “In England findet stets der ursprüngliche Prozeß statt; es ist der Demiurg des bürgerlichen Kosmos. Auf dem Kontinent treten die verschiedenen Phasen des Zyklus, den die bürgerliche Gesellschaft immer von neuem durchläuft, in sekundärer und tertiärer Form ein. Erstens führte der Kontinent nach England unverhältnismäßig mehr aus als nach irgendeinem anderen Land. Diese Ausfuhr nach England hängt aber wieder ab von dem Stand Englands, besonders zum überseeischen Markt. Dann führt England nach den überseeischen Ländern unverhältnismäßig mehr aus als der gesamte Kontinent, so daß die Quantität des kontinentalen Exports nach diesen Ländern immer abhängig ist von der jedesmaligen überseeischen Ausfuhr Englands. Wenn daher die Krisen zuerst auf dem Kontinent Revolutionen erzeugen so ist doch der Grund derselben stets in England gelegt. In den Extremitäten des bürgerlichen Körpers muß es natürlich eher zu gewaltsamen Ausbrüchen kommen als in seinem Herzen, da hier die Möglichkeit der Ausgleichung größer ist als dort. Andererseits ist der Grad, worin die kontinentalen Revolutionen auf England zurückwirken, zugleich der Thermometer, an dem es sich zeigt, inwieweit diese Revolutionen wirklich die bürgerlichen Lebensverhältnisse in Frage stellen oder wieweit sie nur ihre politischen Formationen treffen.”83) Die Analogie der Verhältnisse Mitte des 19. Jahrhunderts mit denen der Sowjetunion zum Westen in den 20er Jahren des 19. Jahrhunderts ist unübersehbar, wenn Analogien auch keine Identität bedeuten. Die bis heute noch unter kommunistischen Wissenschaftlern weit verbreitete Auffassung, daß eine neue sozialistische Revolution notwendig zuerst in den entwickelten kapitalistischen Ländern ausbrechen müsse, kann auch nicht durch einzelne Äußerungen von Marx und Engels belegt werden. In seinem Brief an die Redaktion der “Otetschestwannyje Sapiski” vom November 1877 antwortete Marx einem seiner Kritiker: “Er (der Kritiker, UH) muß durchaus meine historische Skizze von der Entstehung des Kapitalismus in Westeuropa in eine geschichtsphilosophische Theorie des allgemeinen Entwicklungsganges verwandeln, der allen Völkern schicksalshaft vorgeschrieben ist, was immer die geschichtlichen Umstände sein mögen, in denen sie sich befinden, um schließlich zu jener ökonomischen Formation zu gelangen, die mit dem größten Aufschwung der Produktivkräfte der Arbeit die allseitige Entwicklung des Menschen sichert.”84) Daran sollten wir uns halten. Wer kann schon voraussagen, welche Auswirkungen revolutionäre antiimperialistische Bewegungen in Asien, Afrika, Lateinamerika oder in Osteuropa auf die imperialistischen Metropolen haben können? Auswirkungen, die die Arbeiterklasse und andere Werktätige revolutionieren und einen gewaltigen Schub in Richtung eines echten Menschheitsfortschritts bewirken können? Es ist auch heute nicht gesagt, daß die nächste sozialistische Revolution in den kapitalistischen Zentren ausbrechen muß, sie kann auch wieder am “schwächsten Kettenglied” des imperialistischen Weltsystems ihnen Anfang nehmen. Was wünschenswert wäre, ist das eine, was wirklich geschieht, das andere. Im “Nachwort (1894) (zu ‘Soziales aus Rußland’)” ging Friedrich Engels mehrfach unter verschiedenen Aspekten auf das dialektisch-widersprüchliche Verhältnis in den Wechselwirkungen von der Revolution in Rußland und Westeuropa ein, wobei auch hier der Zeitpunkt - 1894 - zu berücksichtigen ist.85) Nach Engels würde “der Sturz des zaristischen Despotismus, die Revolution in Rußland... auch der Arbeiterbewegung des Westens einen neuen Anstoß und neue, bessere Kampfesbedingungen geben und damit den Sieg des modernen industriellen Proletariats beschleunigen, ... ohne den das heutige Rußland weder aus der Gemeinde (der Obschtschina, UH) noch aus dem Kapitalismus heraus zu einer sozialistischen Umgestaltung kommen kann.“86) Hierbei handelte es sich noch um die bürgerlich-demokratische Revolution in Rußland, wie sie 1905 - 11 Jahre nach Engels Prognose! - auch stattfand, die starke Einflüsse auf die Linken in der westeuropäischen, namentlich der deutschen, Arbeiterbewegung hatte. Obwohl Engels die russischen Bolschewiki, namentlich Lenin und Stalin, nicht kennen konnte, so sah er doch, daß es “in Rußland Leute genug” gibt, “die die westliche kapitalistische Gesellschaft mit all ihren unversöhnlichen Gegensätzen und Konflikten genau kennen und auch über den Ausweg mit sich im reinen sind, der aus dieser scheinbaren Sackgasse führt.”87) Wenn die russische Revolution den “Anstoß” für die Revolution im Westen geben sollte, diese Revolution im Westen aber niedergeschlagen wurde bzw. nicht stattfand - was dann? Eine Antwort darauf ist bei Marx und Engels nicht zu finden - aber bei Lenin und Stalin! In einem sehr weiten Sinne trifft auf die Mehrheit der Bolschewiki, auf Lenin und Stalin, ein Satz von Marx aus den “Klassenkämpfen in Frankreich” zu: “Eine Klasse, worin sich die revolutionären Interessen der Gesellschaft konzentrieren, sobald sie sich erhoben hat, findet unmittelbar in ihrer eigenen Lage den Inhalt und das Material ihrer revolutionären Tätigkeit: Feinde niederzuschlagen, durch das Bedürfnis des Kampfes gegebene Maßregeln zu ergreifen; die Konsequenzen ihrer eigenen Taten treiben sie weiter. Sie stellt keine theoretischen Untersuchungen über ihre eigene Aufgabe an.”88) Stalin wies erneut mit Nachdruck auf die ideologischen und praktisch-politischen Folgen hin, den Sieg des Sozialismus in Rußland in Frage zu stellen. Ohne “klare Perspektiven” können die Arbeitermassen “nicht bewußt” am Aufbau des Sozialismus teilnehmen, kann es “keinen Willen” dazu geben. Dies habe ein “Erstarken der kapitalistischen Elemente unserer Wirtschaft zur Folge”, würde “Verfallserscheinungen” und “defätistische Stimmungen” innerhalb der Arbeiterklasse erzeugen. “Wer die entscheidende Bedeutung der sozialistischen Perspektive unseres Aufbaus unterschätzt, der hilft den kapitalistischen Elementen unserer Wirtschaft, der züchtet Kapitulantentum.” Desweiteren habe die Aufgabe der sozialistischen Perspektive auch internationale Auswirkungen, muß das “in allen Ländern die Auslösung der internationalen Revolution aufhalten.”89) Die Tätigkeit des Oppositionsblocks unter der Führung Trotzkis war sehr gefährlich. In der Resolution der 13. Konferenz der KPR (B) (16. - 18. Januar 1924) hieß es: “Dieser ganze oppositionelle Block wurde von Trotzki angeführt und erlangte deshalb anfänglich eine gewisse Autorität.”90) Auf dem Plenum des ZK der KPR (B) (17. - 20. Januar 1925) wurde die Frage der weiteren Tätigkeit Trotzkis im ZK noch bis zum nächsten Parteitag zurückgestellt. Sollte Trotzki weiterhin versuchen, “Parteibeschlüsse zu verletzen oder nicht zu erfüllen”, würde das ZK, ohne den Parteitag abzuwarten, “Trotzkis weitere Zugehörigkeit zum Politbüro für unmöglich zu erklären und auf der vereinigten Sitzung des ZK und der ZKK die Frage seiner Entfernung von der Arbeit im ZK zu stellen.”91) Auf diese Resolution hinzuweisen, ist insofern wichtig, einmal um nachzuweisen, daß die “Meinungsverschiedenheiten” alles andere als ungefährlich für die Existenz der UdSSR waren, daß es sich eben nicht nur um “Diskussionsfragen” handelte, sondern um Existenzfragen, und zweitens, daß Stalin keineswegs “allmächtig” war, daß er nicht allein bestimmen, anordnen, “befehlen” konnte. Trotzki und Sinowjew waren Mitglieder des ZK und des Politbüros und übten starken Einfluß aus, vor allem auf beträchtliche Teile der Intelligenz. Stalin konnte sich auf die Mehrheit im ZK und Politbüro stützen, die wie er auf Leninschen Positionen stand. Wenn Deutscher in den Reden Stalins den “Schwung origineller Gedanken” vermißte, er mußte zugeben, daß er “das allgemeine Vertrauen” genoß.92) Vertrauen kann man nun aber weder anordnen noch “befehlen.” Mag sein, daß Trotzki ein “schwungvoller” Redner war und Stalin es an “Schwung” in seinen Reden fehlen ließ. Wie heißt es doch in Goethes “Faust” so schön?: “Es trägt Verstand und rechter Sinn, // mit wenig Kunst sich selber vor;... // Ja, eure Reden, die so blinkend sind, // In denen ihr der Menschheit Schnitzel kräuselt, // Sind unerquicklich wie der Nebelwind, // Der herbstlich durch die dürren Blätter säuselt!” So ist das nun mal mit dem “Schwung” der Reden, und was die “originellen Gedanken” betrifft, auf der anderen Seite bescheinigt Deutscher Stalin, daß er mit seiner Theorie “Sozialismus in einem Lande” sich als “Theoretiker” ausgewiesen habe. Ja, was denn nun? Bleibt noch eine Frage: Warum haben die “schwungvollen” Redner im ZK und Politbüro nicht die Mehrheit, nicht das Vertrauen der Mehrheit der Mitglieder erringen können? Waren die zu dumm gewesen, um den theoretischen Höhenflügen eines Trotzki, Sinowjew, Kamenews folgen zu können? Stalin bestand im November 1926 noch nicht auf dem Ausschluß der Oppositionellen aus der Partei. “Wir sagen nur, daß sich beim Oppositionsblock eine sozialdemokratische Abweichung geltend macht, wir machen die Opposition darauf aufmerksam, daß es noch nicht zu spät ist, sich von dieser Abweichung loszusagen, und fordern den Oppositionsblock hierzu auf.”93) Das Oktoberplenum des ZK und der ZKK (25. - 27. Oktober 1923)94) über den Oppositionsblock hatte “nicht Repressalien im Auge, sondern die Notwendigkeit eines ideologischen Kampfes gegen die prinzipiellen Fehler der Opposition...”. Stalin forderte den Oppositionsblock auf, sich “von seinen prinzipiellen Fehlern” loszusagen, “damit die Partei und der Leninismus vor Angriffen und Revisionismusversuchen bewahrt bleiben“.95) In seinem Schlußwort zu seinem Referat “Über die sozialdemokratischen Abweichungen in unserer Partei” (3. November 1926) polemisierte Stalin erneut gegen Trotzki und Sinowjew, die behaupteten, daß das von Lenin formulierte Gesetz der Ungleichmäßigkeit der ökonomischen und politischen Entwicklung der kapitalistischen Länder “theoretisch falsch” sei. Trotzki und Sinowjew behaupteten, daß die Ungleichmäßigkeit des vormonopolistischen Kapitalismus größer gewesen sei als in der Periode des monopolistischen Kapitalismus.96) Trotzki, so Stalin, verwechsle die ökonomische Ungleichheit der kapitalistischen Länder der Vergangenheit mit der Ungleichmäßigkeit der ökonomischen und politischen Entwicklung in der Periode des Imperialismus, die unvergleichlich größer ist als früher und unvermeidlich zu einer Sprunghaftigkeit der Entwicklung führe.97) Die Argumentation Stalins war sachlich richtig. Das Gesetz der Ungleichmäßigkeit der ökonomischen Entwicklung im Kapitalismus der freien Konkurrenz hatte bereits Marx entdeckt. Was Lenin neu hinzufügte, war, daß diese Ungleichmäßigkeit in der ökonomischen und politischen Entwicklung im Imperialismus einen sprunghaften, explosiven, katastrophenartigen Charakter angenommen habe.98) Die Behauptung von Trotzki und Sinowjew, daß das genannte Gesetz von Lenin “theoretisch falsch” sei, war eindeutig ein Bruch mit der Leninschen Imperialismustheorie, womit sie “im Sumpf des Ultraimperialismus und des Kautskyanertums” gerieten. In zehn kurzen Sätzen skizzierte Stalin die Imperialismustheorie Lenins und hob für die Verschärfung der Ungleichmäßigkeit zwei Faktoren hervor: “erstens, daß die Aufteilung der Welt unter den imperialistischen Gruppen beendet ist, daß es auf der Welt keine ‘freien’ Gebiete mehr gibt und daß zur Herstellung eines ökonomischen ‘Gleichgewichts’ die Neuaufteilung des Aufgeteilten vermittels imperialistischer Kriege eine absolute Notwendigkeit ist; zweitens, daß die noch nie dagewesene kolossale Entwicklung der Technik im weitesten Sinne des Wortes es den einen imperialistischen Gruppen erleichtert, andere imperialistische Gruppen im Kampf um die Eroberung von Märkten, im Kampf um die Besitzergreifung von Rohstoffquellen usw. zu überholen und ihnen den Rang abzulaufen.”99) Kamenew - immerhin Direktor des Lenin-Instituts der KPdSU (B) - griff die These von der Möglichkeit des Sieges des Sozialismus in einem Lande von einer anderen Seite an. Er behauptete, daß Lenins “grundlegender” Artikel (1915 !) über die Möglichkeit des Sieges des Sozialismus in einem Lande sich nicht auf Rußland beziehe, sondern auf andere kapitalistische Länder.100) Gemeint ist offenbar der Artikel Lenins “Über die Losung der Vereinigten Staaten von Europa” (23. August 1915), dessen diesbezügliche Aussage w.o. dokumentiert ist. (Siehe 2.2.1., Lenins Theorie vom Sozialismus in einem Lande.) Es ist richtig, daß Lenin Rußland nicht genannt hat, sondern von “wenigen kapitalistischen Ländern...” oder “einem einzeln genommenen Lande” sprach. Kamenew führte weiterhin einen Artikel Lenins “Einige Thesen” vom 13. Oktober 1915 an, mit der Behauptung, daß Lenin nur auf den Sieg der bürgerlich-demokratischen Revolution in Rußland orientiert habe. In den “Thesen” heißt es tatsächlich: “6. Es ist die Aufgabe des russischen Proletariats, die bürgerlich-demokratische Revolution in Rußland zu Ende zu führen, zu dem Zweck, die sozialistische Revolution in Europa zu entfachen.”101) Kamenew behauptete weiter, daß Lenin davon ausgegangen wäre, daß die Revolution in Rußland nicht in die sozialistische Revolution hinüberwachsen könne. Stalin konnte zu recht auf andere Arbeiten Lenins hinweisen, in denen Lenin auf den Übergang von der bürgerlich-demokratischen zur sozialistischen Revolution orientierte.102) Sollte Kamenew als Direktor des Lenin-Instituts die Arbeit Lenins “Zwei Taktiken der Sozialdemokratie in der demokratischen Revolution” (Juni-Juli, 1905) nicht gekannt haben, in der Lenin an mehreren Stellen unmißverständlich auf den Übergang von der demokratischen zur sozialistischen Revolution in Rußland hingewiesen hatte? “Der Kampf gegen die Selbstherrschaft ist eine zeitweilige und vorübergehende Aufgabe der Sozialisten.” “Die revolutionär-demokratische Diktatur des Proletariats und der Bauernschaft ist zweifellos nur eine vorübergehende, zeitweilige Aufgabe der Sozialisten...” “Allein das Proletariat ist fähig, konsequent bis zu Ende zu gehen, denn es geht weit über die demokratische Umwälzung hinaus.” “Das Proletariat muß die demokratische Umwälzung zu Ende führen, indem es die Masse der Bauernschaft an sich heranzieht, um den Wi-derstand der Selbstherrschaft mit Gewalt zu brechen und die schwankende Haltung der Bourgeoisie zu paralysieren. Das Proletariat muß die sozialistische Umwälzung vollbringen, indem es die Masse der halbpro-letarischen Elemente der Bevölkerung an sich heranzieht, um den Wi-derstand der Bourgeoisie mit Gewalt zu brechen und die schwankende Haltung der Bauernschaft und der Kleinbourgeoisie zu paralysieren.”103) Desgleichen ignorierte Kamenew Arbeiten Lenins ab 1916, in denen er von der Möglichkeit des Sozialismus in Rußland sprach. (Siehe 2.2.1., Lenins Theorie vom Sozialismus in einem Lande) Die Grundidee der Leninschen Revolutionskonzeption für Rußland war gerade die Idee des Hinüberwachsens der bürgerlich-demokratischen Revolution in die sozialistische Revolution und damit auch der Möglichkeit des Sieges des Sozialismus in Rußland, als in “einem” Land. Gerade diesen Zusammenhang bestritt Kamenew, indem er die bürgerlich-demokratische von der sozialistischen Revolution mechanisistisch von einander trennte. Die Verfälschung des Leninismus bestand darin, daß er diese Trennung Lenin unterstellte. Kamenew muß die Schriften Lenins genausogut gekannt haben wie Stalin, so daß der Schluß naheliegt, daß Kamenew den Leninismus absichtlich verfälscht hat, was von Stalin nicht unbemerkt blieb. Diese Methode ist auch heute noch bei Revisionisten und Geschichtsfälschern aller Richtungen im Schwange: ein Zitat von Marx, Engels, Lenin - ein “grundlegendes”, natürlich, - wird der Politik bzw. den theoretischen Auffassungen Stalins gegenübergestellt und diese damit als “falsch”, “verfehlt” etc. “verurteilt”, beides abstrakt, außerhalb von Raum und Zeit, von den konkreten Bedingungen. Wer von den Werktätigen hat denn die Werke der Klassiker gleich zur Hand, um solche Behauptungen zu überprüfen? Außerdem gehört auch Zeit dazu. Diese Methode der Geschichts- und Theorieverfälschung ist daher immer noch wirksam und gefährlich. Stalin wies auf die “Taschenspielertricks” von den Oppositionellen ausführlich hin.104) Von methodologischer Bedeutung ist die Auseinandersetzung Stalins mit den Verfälschungen des Leninismus durch Trotzki. Stalin hielt dies offenbar für sehr wichtig, daß er dafür allein 16 Seiten in seinem “Schlußwort” verwandte.105) Trotzki behaupte, daß die Theorie der “permanenten Revolution” mit der Frage nach Charakter und Perspektiven unserer Revolution nichts zu tun habe. Dies sei ein “Kniff”, ein “Taschenspielertrick”, denn die Theorie der “permanenten Revolution” ist eine Theorie von den Triebkräften der Revolution.106) Trotzki behaupte, daß er dieser Theorie “schon längst keine ernste Bedeutung mehr beimesse”, was Stalin an Hand eines Briefes von Trotzki an Genossen Olminski vom Dezember 1921, in der Presse 1925 veröffentlicht widerlegen konnte.107) Aus diesem Brief ergab sich, daß Trotzki zugab, sich in der Organisationsfrage geirrt, aber bezüglich der “Einschätzung der Triebkräfte der Revolution”, also der Theorie der “permanenten Revolution” recht behalten habe. Trotzki behaupte, daß seine “Theorie” ab Februar 1917 mit den Positionen der Partei übereingestimmt habe. Lenin habe aber bis zu seinem Lebensende gegen die Theorie der “permanenten Revolution” gekämpft.108) Demnach hätten die Bolschewiki bis zum Februar 1917 keine Revolutionstheorie gehabt, von 1903 bis 1917 so ohne Perspektive und revolutionäre Theorie gelebt.109) Stalin zitierte aus Trotzkis “Anmerkungen” zu seinem 1922 geschriebenen Artikel “Unsere Meinungsverschiedenheiten”, in dem er behauptete, daß “die antirevolutionären Züge des Bolschewismus (!!! kein Druckfehler! UH) im Falle des revolutionären Sieges zu einer gewaltigen Gefahr ... werden“.110) Der offenbar von Trotzki “geläuterte” Lenin habe diese Gefahr dadurch vermieden, daß er die “Auswechslung seines ideologischen Rüstzeugs in dieser wichtigen Frage (der permanenten Revolution, UH) im Frühjahr 1917, d.h. vor der Eroberung der Macht...” vorgenommen habe.111) Stalin faßte die Auffassungen Trotzkis zu dieser Frage zusammen: “Also, es waren einmal Bolschewiki, die ‘beginnend’ mit dem Jahre 1903, die Partei schlecht und recht “zusammenschlossen”, die aber keine revolutionäre Theorie hatten, die, ‘beginnend’ mit dem Jahre 1903, durch viele Irrungen und Wirrungen gingen und sich irgendwie bis zum Jahre 1917 durchschlugen; dann aber, als sie Trotzki mit der Theorie der permanenten Revolution in der Hand erblickten, beschlossen sie, ihr ‘Rüstzeug auszuwechseln’, und büßten nach ‘Auswechslung des Rüstzeugs’ die letzten Reste des Leninismus, der Leninschen Revolutionstheorie ein und erreichten damit eine ‘völlige Übereinstimmung’ der Theorie der permanenten Revolution mit der ‘Position’ unserer Partei. Es wäre dies eine interessante Mär, ...”112) Stalin zitierte dazu einen Artikel Lenins, aus dem hervorgeht, was er von der Theorie Trotzkis hielt: “Die Klassenverhältnisse in der bevorstehenden Revolution klarzustelIen, ist die Hauptaufgabe einer revolutionären Partei... Diese Aufgabe wird von Trotzki in ‘Nasche Slowo’ nicht richtig gelöst; er wiederholt seine ‘originelle’ Theorie aus dem Jahre 1905 und will sich keine Gedanken darüber machen, aus welchen Gründen das Leben volle zehn Jahre an dieser wunderbaren Theorie vorbeigegangen ist. Die originelle Theorie Trotzkis übernimmt von den Bolschewiki den Appell zum entschlossenen revolutionären Kampf des Proletariats und zur Eroberung der politischen Macht durch das Proletariat, von den Menschewiki aber die ‘Negierung’ der Rolle der Bauernschaft.” ...Dadurch “hilft Trotzki in Wirklichkeit den liberalen Arbeiterpolitikern in Rußland, die unter der ‘Negierung’ der Rolle der Bauernschaft den mangelnden Willen verstehen, die Bauern zur Revolution aufzurütteln!”113) Demzufolge sah Lenin in der Theorie der “permanenten Revolution” eine halbmenschewistische Theorie. Auf der XIV. Parteikonferenz hieß es über die Theorie Trotzkis: “Ein Bestandteil der trotzkistischen Theorie der permanenten Revolution ist die Behauptung, daß ‘ein wirklicher Aufschwung der sozialistischen Wirtschaft in Rußland erst nach dem Siege des Proletariats in den wichtigsten Ländern Europas möglich sein wird’ (Trotzki 1922) - eine Behauptung, die das Proletariat der UdSSR in der jetzigen Periode zu fatalistischer Passivität verurteilt. Gegen derartige ‘Theorien’ schrieb Genosse Lenin: ‘Unendlich schablonenhaft ist ihr Argument, das sie im Verlauf der Entwicklung der westeuropäischen Sozialdemokratie auswendig gelernt haben und das darin besteht, daß wir für den Sozialismus noch nicht reif seien, daß uns, wie sich die verschiedenen gelehrten Herren unter ihnen ausdrücken, die objektiven ökonomischen Voraussetzungen für den Sozialismus fehlen.’” (Aufzeichnungen über Suchanow)114) Im weiteren systematisierte Stalin die “praktische Plattform” der Opposition in acht Punkten. Man könnte ihm vorwerfen, daß er sie wie ein “Buchhalter” numeriert, nur würde ein solcher methodischer “Vorwurf” am Sachverhalt auch nicht das geringste ändern. Der Nachweis über die praktisch-politische Tätigkeit des Oppositionsblocks ist aber darum wichtig, weil er ausweist, daß es hier eben nicht um die Diskussion strittiger theoretischer Probleme ging, sondern um sehr profane politische Ziele, nämlich um eine neue, nichtleninistische, eine trotzkistische Partei. Die Partei, so Stalin, werde das nicht dulden. Die Partei wird und kann nicht dulden, daß Sie jedesmal, wenn Sie in der Minderheit bleibend auf die Straße laufen, eine Krise in der Partei ankündigen und Unruhe in der Partei stiften. Da Sie schon keine Hoffnung mehr haben, die Mehrheit in der Partei zu gewinnen, lesen Sie allerlei unzufriedene Elemente auf, sammeln sie um sich, die Ihnen als Material für eine neue Partei dienen sollen. Sie verunglimpfen den führenden Apparat der Partei, durchbrechen die eiserne Disziplin in der Partei und sammeln alle und jegliche von der Partei verurteilten Strömungen unter der Flagge der Freiheit der Fraktionen. Sie vereinigen diese Strömungen um sich, um sie zu einer neuen Partei zu formieren. Sie nutzen die großen Schwierigkeiten, die auf dem Wege des Aufbaus des Sozialismus uns entgegenstehen aus, um unsere Lage zu verschlechtern und über die Partei herzufallen. Die Industrialisierung und die Errichtung des Sozialismus ist nur möglich, wenn sich die materielle und kulturelle Lage der Arbeiterklasse ständig verbessert. Die Partei tut alles dazu, was sie kann. Aber die Opposition läuft auf die Straße und erklärt demagogisch, daß der Arbeitslohn sofort um 30 - 40 Prozent erhöht werden muß, obwohl sie genau weiß, daß dies gegenwärtig nicht möglich ist und unter rückständigen Werktätigen Unzufriedenheit erzeugt, die sie schürt und organisiert, um sie gegen die Partei zu lenken. Die Opposition untergräbt das Bündnis der Arbeiterklasse mit den Bauern, indem sie propagiert, die Verkaufspreise zu erhöhen und den Steuerdruck auf die Bauernschaft zu verstärken. (Stalin gibt nicht an, ob Verkaufspreise für Industriewaren oder für landwirtschaftliche Produkte gemeint sind. Im ersteren Falle wären die Bauern betroffen, im anderen die Arbeiter in der Stadt. UH) Die Opposition stiftet ideologische Verwirrung in der Partei, übertreibt unsere Schwierigkeiten, um defaitistische Stimmungen zu erzeugen und die Idee der Unmöglichkeit der Errichtung des Sozialismus in unserem Lande zu propagieren, die Grundlagen des Leninismus zu untergraben. Die Opposition stört die Arbeit der Komintern, sucht ihre Sektionen zu zersetzen, die Führung der Komintern zu diskreditieren.115) Stalin zog aus dem praktischen Verhalten der Opposition die Konsequenzen: Er forderte die Opposition auf, ihre destruktive Arbeit einzustellen. “Entweder Sie erfüllen diese Bedingungen, die zugleich die Voraussetzungen für die völlige Einheit unserer Partei sind, oder Sie tun das nicht - und dann wird die Partei, die Sie gestern geschlagen hat, morgen vollends zu zerschlagen beginnen.“116) Dies war eine eindeutige Warnung. Sie signalisierte, daß diese “Diskussionen” nicht endlos geführt werden würden, daß die Partei die Zersetzungsarbeit der Opposition nicht mehr dulden wird. Den Ernst der innerparteilichen Situation verdeutlicht ein Brief Trotzkis an die Oppositionellen vom September 1926, den Stalin im “Schlußwort” zitierte: “Die vereinigte Opposition hat im April und im Juli gezeigt, und sie wird im Oktober zeigen, daß die Einheitlichkeit ihrer Anschauungen unter dem Einfluß der groben und unloyalen Hetze nur gefestigt wird, und die Partei wird begreifen, daß nur auf dem Boden der Anschauungen der vereinigten Opposition ein Ausweg aus der gegenwärtigen schweren Krise möglich ist.”117) Die Auffassungen Trotzkis sowie der Opposition, ihre praktische Zersetzungsarbeit fand die Unterstützung der ehemaligen Sozialrevolutionäre, Menschewiki und bürgerlichen Nationalisten in der UdSSR. Desgleichen lobten die Führer der II. Internationale Trotzki und bezeichneten ihn als einen “Marxisten europäischer Prägung”. Innerhalb der Komintern fand Trotzki die Unterstützung rechter und “linker” Opportunisten wie auch von aus Kommunistischen Parteien ausgeschlossener Renegaten wie P. Levi, A. Rosmer, P. Monatte, A. Balabanoff, u.a.. Die von Trotzki ausgehenden Gefahren für die KPdSU und die Sowjetunion waren sehr ernst.118) War dieser politisch-ideologische und theoretische Kampf nun eine Art “Zweikampf” zwischen Stalin und Trotzki? Die Mehrheit des ZK verteidigte entschlossen Leninsche Positionen. Es gab mehrere Genossen im ZK, die in Artikeln gegen den Trotzkismus kämpften. Dazu gehörten A.A. Andrejew, A.S. Bubnow, F.E. Dzierzynski, M.W. Frunse, J.A. Jakowlew, J.M. Jaroslawski, M.I. Kalinin, S.M. Kirow, N.K. Krupskaja, W.W. Kuibyschew, O.W. Kuusinen, E.I. Kwiring, A.F. Mjasnikow, W.M. Molotow, I.P. Nossow, G.K. Ordshonikidse, G.I. Petrowski, N.A. Skrypnik, I.I. Skworzow-Stepanow, I.M. Vareikis.119) Mit den genannten Genossen erschöpft sich nicht die Mehrheit im ZK, die Stalin unterstützten. Vielen Genossen war es nicht gegeben, Artikel zu schreiben. Es ist immer nur eine Minderheit, die sich literarisch betätigen kann. Es war G.I. Petrowski, der forderte, Trotzki ein Ultimatum zu stellen.120) Stalin stand in diesem Kampf also nicht allein. Die prinzipienfeste Verteidigung des Leninismus im Kampf gegen den Trotzkismus und die Opposition führte zu einer Bereicherung der marxistisch-leninistischen Theorie. “Die Parteigeschichte als Wissenschaft erhob sich auf eine neue Stufe. Viele führende Persönlichkeiten der Partei, Schüler und Mitstreiter Lenins, nahmen an der Ausarbeitung einer wissenschaftlichen Geschichte der Partei und der Oktoberrevolution teil”.121) Dieser Kampf förderte die theoretische Bildung und politische Entwicklung der Parteien der Kommunistischen Internationale. Auf dem VII. Erweiterten Plenum des EKKI (22. November - 16. Dezember 1926) ging Stalin noch einmal auf die sozialdemokratische Abweichung in der KPdSU (B) (Referat am 7. Dezember 1926) ein.122) Allein der Umfang des Referates zeigt, welche Bedeutung er diesem ideologischen Kampf beimaß. In diesem Referat gab es unvermeidlich Wiederholungen von Aussagen, die er bereits auf der Unionskonferenz der KPdSU (B) vier Wochen vorher gemacht hatte, die w.o. dokumentiert sind und hier weggelassen werden können. Diese Wiederholungen waren insofern unvermeidlich, als der Hörerkreis ein anderer war, und nicht vorausgesetzt werden konnte, daß frühere Reden oder Artikel von Stalin schon bekannt waren. Aber es gab auch neue Aspekte, die darzustellen sind. Stalin ging davon aus, daß die Geschichte der KPdSU seit 1903 eine “Geschichte des Kampfes der Gegensätze innerhalb der Partei, der Überwindung dieser Gegensätze und des allmählichen Erstarkens unserer Partei” gewesen sei. Bei Fragen der “Tagespolitik”, Fragen “rein praktischen Charakters” seien “Übereinkommen ... mit Andersdenkenden” möglich. Aber bei “prinzipiellen Meinungsverschiedenheiten” könne es “kein Übereinkommen”, keine “mittlere Linie” geben. Dies wäre eine “ideologische Entartung der Partei, die ‘Linie’ des ideologischen Todes der Partei“.123) Der Kampf zur Überwindung der innerparteilichen Meinungsverschiedenheiten sei “ein Entwicklungsgesetz für alle einigermaßen großen Parteien...”124) Dabei berief sich Stalin auf zwei Briefe von Engels an Bernstein vom 20. Oktober 1882 und vom 8. Oktober 1885. Aus dem Brief vom Oktober 1882 zitierte Stalin: “Es scheint, jede Arbeiterpartei eines großen Landes kann sich nur in innerem Kampf entwickeln, wie das in dialektischen Entwicklungsgesetzen überhaupt begründet ist. Die deutsche Partei wurde, was sie ist, im Kampf der Eisenacher und Lassalleaner, wo ja die Keilerei selbst eine Hauptrolle spielte. Einigung wurde erst möglich, als die von Lassalle absichtlich als Werkzeug gezüchtete Lumpenbande sich abgearbeitet hatte - und auch da geschah sie unserseits mit viel zu großer Übereilung. In Frankreich müssen die Leute, die zwar die bakunistische Theorie geopfert, aber die bakunistischen Kampfmittel fortführen und gleichzeitig den Klassencharakter der Bewegung ihren Sonderzwecken opfern wollen, sich auch erst abarbeiten, ehe wieder Einigung möglich. Unter solchen Umständen Einigung predigen wollen, wäre reine Torheit. Mit Moralpredigten richtet man nichts aus gegen Kinderkrankheiten, die unter heutigen Umständen nun einmal durchgemacht werden müssen.”125) Zur Theorie “Sozialismus in einem Land” fügte Stalin neue Aspekte hinzu. Es handele sich bei dieser Frage nicht um “Montenegro”, auch nicht einmal um “Bulgarien”, sondern um die UdSSR. Der Imperialismus habe in Rußland bestanden und sich entwickelt. Es habe ein “bestimmtes Minimum” an Großindustrie gegeben, ein “bestimmtes Minimum” an Proletariat. Es gäbe eine Partei, die das Proletariat führe. Ungeachtet der technischen Rückständigkeit kann das Proletariat die Bourgeoisie aus “eigener Kraft” überwinden, den Sozialismus aufbauen und ihn letzten Endes errichten. Dies bedeutet nicht, “...etwa auf Erden das ‘Himmelreich’ und allgemeines Wohlleben einzuführen ...”. Dies wäre eine “spießerhafte, kleinbürgerliche Vorstellung.” ... “letzten Endes...” können “derartige Produktions- und Distributions-bedingungen” geschaffen werden, “die direkt und unmittelbar zur Aufhebung der Klassen führen”. Dies wäre nach Stalin (Dezember 1926! UH) in einem Lande, in der UdSSR, möglich.126) Aber das Proletariat eines Landes könne aus eigener Kraft nicht die internationale Bourgeoisie bezwingen, was zum endgültigen Sieg des Sozialismus in einem Lande notwendig sei - oder wenigstens die Neutralisierung der internationalen Bourgeoisie.127) Die Interessen des Aufbaus des Sozialismus in der UdSSR verschmelzen sich mit den Interessen der revolutionären Bewegung aller Länder zu einem gemeinsamen Interesse, dem Sieg der sozialistischen Revolution in allen Ländern. Stalin stellte die, wie sich mehr als 60 Jahre später zeigen sollte, sehr wichtige Frage: “Was wäre die Folge, wenn es dem Kapital gelänge, die Republik der Sowjets zu zerschlagen? Eine Epoche der schwärzesten Reaktion würde über alle kapitalistischen und kolonialen Länder hereinbrechen, man würde die Arbeiterklasse und die unterdrückten Völker vollends knebeln, die Positionen des internationalen Kommunismus würden liquidiert.”128) Gorbatschow, seine Klientel in der UdSSR und in der Kommunistischen Weltbewegung haben auf ihre Art diese Voraussicht Stalins bestätigt. Sie rechtfertigt aber auch zugleich den konsequenten Kampf Stalins gegen Trotzki und den Oppositionsblock, wobei erneut darauf verwiesen werden muß, daß Stalin diesen Kampf nicht allein geführt hat und auch allein nicht hätte mit Erfolg führen können. Es war ein Kampf der Mehrheit im ZK, im Politbüro und der Mitgliedschaft, der “Basis”, wie wir heute sagen würden, wobei Stalin in diesem Kampf seiner verantwortungsvollen Funktion als Generalsekretär der Partei gerecht wurde, das Vertrauen der Partei besaß und somit im theoretischen und praktisch-politischen Kampf die entscheidende Rolle spielte. Auch auf dem Plenum des EKKI konnte sich Stalin auf die Mehrheit der Repräsentanten der Kommunistischen Parteien stützen, die die Tätigkeit des Oppositionsblocks verurteilten, so P. Sámard, B. Smeral, P. Togliatti, E. Thälmann, W. Kolarow, C. Zetkin, Sen Katayama, L. Longo u.a..129) Eine neue Fragestellung ergab sich aus der “sogenannten ‘teilweise(n)’ Stabilisierung des Kapitalismus”. Würde sie zur Verringerung oder gar zur Beseitigung der Möglichkeiten des Aufbaus des Sozialismus in der UdSSR führen? Der Aufbau des Sozialismus in der UdSSR unter den Bedingungen der NÖP und der relativen Stabilisierung des Kapitalismus habe zu Berechnungen aller Arten von Ziffern geführt, die alljährlich von den Organen der Partei und Sowjetmacht unter dem Aspekt des Anteils der sozialistischen Wirtschaftsformen auf dem Gebiet der Industrie, der Landwirtschaft und des Handels vorgenommen werden. Die Fragen des Aufbaus des Sozialismus in der UdSSR seien für die KPdSU (B), für das Proletariat und die Komintern zur “aktuellsten Frage” geworden. “Bauen wir, um den Boden für die bürgerliche Demokratie zu düngen oder um die sozialistische Gesellschaft zu errichten - das ist jetzt die Kernfrage unserer Aufbauarbeit.”130) Im Abschnitt über die “Opposition an der Arbeit” verwies Stalin auf neue Erscheinungen, nämlich das Bestreben der Opposition, eine “neue Partei”, eine “rein proletarische Partei” zu gründen. Einer der Anhänger der Opposition, Herr Ossowski, erklärte, daß die KPdSU (B) die Interessen der Kapitalisten vertrete. Auf dem Juliplenum des ZK habe die Opposition gegen den Ausschluß Ossowski aus der Partei gestimmt, womit die Opposition die “moralische Verantwortung” für Ossowskis Gründung einer “neuen Partei” übernommen habe. Diese Idee einer “rein proletarischen Partei” mache auch in Deutschland und Frankreich unter den Ultralinken Schule. So behauptete Korsch, daß die sozialistische Industrie in der UdSSR eine “rein kapitalistische Industrie”, die KPdSU (B) eine “kulakische” Partei, die Komintern eine “opportunistische” Organisation sei. Korsch vertrete die Auffassung, daß in der UdSSR eine “neue Revolution” gegen die bestehende Staatsmacht notwendig sei.131) In Frankreich bezeichnete Souvarine die Parteibürokratie, die führende Spitze der Partei, als “Hauptfeind der Revolution”. Die “Rettung” sei nur durch eine “Neue Revolution” gegen “die führende Spitze der Partei und der Sowjetmacht”, “vor allem gegen das Sekretariat des ZK der KPdSU (B)” möglich.132) Der innere Oppositionsblock wurde von Feinden der Sowjetmacht gelobt. Objektiv bildete der Oppositionsblock eine Einheit mit den in- und ausländischen Feinden der Sowjetmacht. Dafür führte Stalin mehrere Zitate aus sozialdemokratischen und bürgerlichen Presseorganen an: Paul Levi schrieb, daß “unsere Stellung bei der Opposition” sei. “Die Tatsache besteht, daß in Rußland wieder eine selbständige antikapitalistische, klassenkämpferische Arbeiterbewegung einsetzt.”133) (Leipziger Volkszeitung, 30. Juli 1926) Mit dieser “Arbeiterbewegung” war die Opposition gemeint. Ein Führer der “russischen Sozialdemokratie”, der Menschewiki Dan, setzte sich für eine Restauration des Kapitalismus in der UdSSR ein. “Die bolschewistische Opposition bereitet durch ihre Kritik an der bestehenden Ordnung, in der sie fast wörtlich die Kritik der Sozialdemokratie wiederholt, die Geister vor ... für die Aufnahme der positiven Plattform der Sozialdemokratie.” Und weiter: “Die Opposition zieht nicht nur unter den Arbeitermassen, sondern auch unter den kommunistischen Arbeitern Keime von Ideen und Stimmungen groß, die bei geschickter Pflege leicht sozialdemokratische Früchte tragen können.” (Sozialistitscheski Wjestnik, Nr. 17/18) Das Zentralorgan der konterrevolutionären bürgerlichen Partei Miljukows, “Poslednije Nowosti” schrieb über die Opposition: “Heute untergräbt die Opposition die Diktatur, in jeder neuen Veröffentlichung der Opposition werden immer ‘schrecklichere’ Worte gebraucht, die Opposition selbst macht eine Evolution durch in Richtung immer schärferer Attacken gegen das herrschende System, und das genügt zunächst, um sie dankbar zu begrüßen als Sprechrohr breiter Schichten der politisch unzufriedenen Bevölkerung.” (Poslednije Nowosti Nr. 1990) Und weiter: “Der schlimmste Feind für die Sowjetmacht ist jetzt derjenige, der sich unbemerkt heranschleicht, sie mit seinen Fühlern von allen Seiten erfaßt und sie liquidiert, bevor sie sich dessen bewußt wird. Gerade diese, in der immer noch andauernden Vorbereitungsperiode unvermeidliche und notwendige Rolle spielt die sowjetische Opposition.” (Poslednije Nowosti, Nr. 1983 vom 27. August d.J.)134) Stalin zog die Schlußfolgerung, daß sich objektiv die “Front der Opposition mit der Front der Gegner und Feinde der Diktatur des Proletariats verschmolzen habe.135) Trotzki stellte die Frage, ob eine klassenlose Gesellschaft, in der es keinen Staat mehr gäbe, eine Armee zur Verteidigung gegen äußere Feinde haben könne, d.h., ohne Staat gäbe es keine Armee. Trotzki band also die Existenz einer Armee an den Staat. Stalin antwortete, daß unter soziologischem Aspekt theoretisch ein solcher Zustand denkbar sei, daß eine klassenlose Gesellschaft, in der es keinen Staat mehr gäbe, eine sozialistische Miliz zur Verteidigung gegen äußere Feinde haben kann. Er fügte den Satz hinzu: “Ich halte es für wenig wahrscheinlich, daß es bei uns dazu kommen könnte...”136) Er glaube, daß es durch den Einfluß des Aufbaus des Sozialismus in der UdSSR auf das Proletariat in den kapitalistischen Ländern zu “revolutionären Explosionen” kommen werde, womit sich diese Frage erübrige. Weder Marx, Engels noch Lenin haben jemals eine solche Frage wie Trotzki gestellt. Sie ist spekulativ. Stalin hielt eine “sozialistische Miliz” in einer klassenlosen Gesellschaft, ohne Staat, 1926 für “denkbar”. Nun, denkbar ist vieles. Die von Trotzki gestellte Frage war auch nur demagogisch. Diese Frage war 1926 und ist auch heute praktisch gegenstandslos. Stalin wies auf das Programm der KPdSU (B) hin, wo es diesbezüglich heißt: “Die Rote Armee muß als Werkzeug der proletarischen Diktatur notwendigerweise einen offenen Klassencharakter tragen, das heißt sich ausschließlich aus dem Proletariat und den ihm nahestehenden halbproletarischen Schichten der Bauernschaft formieren. Erst mit der Aufhebung der Klassen wird sich eine solche Klassenarmee in eine sozialistische Miliz des ganzen Volkes verwandeln”.137) Stalin konfrontierte die Stellung Kamenews und Sinowjews zum Trotzkismus mit ihren früheren Aussagen über Trotzki. So schrieb Kamenew in seinem Beitrag “Partei und Trotzkismus” für den Sammelband “Für den Leninismus” im Jahre 1925: “Gen. Trotzki ist zu dem Kanal geworden, durch den die kleinbürgerlichen Elemente in unserer Partei wirken...” Er sei “zu einem Symbol alles dessen geworden, was gegen unsere Partei gerichtet ist...” Man müsse darüber aufklären, “daß man zwischen Trotzkismus und Leninismus wählen muß, daß man den einen nicht mit dem anderen vereinbaren kann,.. ”138) Sinowjew schrieb in “Bolschewismus und Trotzkismus” in dem gleichen Sammelband 1925: Das Auftreten Trotzkis sei “nichts anderes als ein bereits ziemlich offener Versuch der Revision oder sogar der direkten Liquidation der Grundlagen des Leninismus....” In einen Prawda-Artikel vom 5. Februar 1925 schrieb Sinowjew: “Wer behauptet, der Trotzkismus könne eine ‘legale Schattierung’ in der bolschewistischen Partei werden, der hört selbst auf, Bolschewik zu sein. Wer jetzt die Partei im Bunde mit Trotzki aufbauen will, in Zusammenarbeit mit demselben Trotzkismus, der offen gegen den Bolschewismus auftritt, der verläßt die Grundlagen des Leninismus.”139) Stalin stellte an Kamenew und Sinowjew auf dem Plenum die Frage, ob sie bereit seien, diese Worte jetzt zu wiederholen. Kamenew hatte in seiner Rede auf dem Plenum erklärt: “Wir stehen zu Trotzki, weil er die Grundgedanken Lenins nicht revidiert. ”140) Kamenaw und Sinowjew waren zum Trotzkismus übergegangen. Stalin faßte zusammen: Der Oppositionsblock sei ein Sammelbecken und Hort aller und jeglicher opportunistischer Elemente. Er habe die Fraktionsmacherei wieder aufgenommen, belebe die Theorie von der Freiheit der Fraktionen in der Partei, führe den Kampf gegen die Einheit der Partei, gegen ihre führenden Kader, für die Bildung einer neuen Partei. Der Oppositionsblock sei der Keim einer neuen Partei innerhalb der KPdSU (B), mit eigenem Zentralkomitee, eigenen parallelen lokalen Komitees, erhebe besondere Mitgliedsbeiträge für ihre Kasse. “Die Aufgabe besteht darin, diesen Block zu zerschlagen und ihn zu liquidieren.” Die Diktatur des Proletariats in einem Lande bei gleichzeitiger Herrschaft des Imperialismus in anderen Ländern kann unter solchen Bedingungen “keine einzige Minute existieren ohne die Einheit der Partei, ohne daß die Partei mit einer eisernen Disziplin gewappnet ist. Die Versuche, die Einheit der Partei zu untergraben,... eine neue Partei zu schaffen, müssen mit der Wurzel ausgerottet werden, wenn wir die Diktatur des Proletariats behaupten ...‚ den Sozialismus aufbauen wollen. Deshalb besteht die Aufgabe darin, den Oppositionsblock zu liquidieren und die Einheit unserer Partei zu festigen.”141) Auf dem Plenum wurde einstimmig beschlossen, Sinowjew als Vorsitzenden des EKKI abzusetzen und von seiner Arbeit in der Komintern zu entbinden.142) Deutscher bemerkte über Sinowjew und Kamenew: Sie “gaben später zu, daß sie die Kampagne (gegen die ‘permanente Revolution’, UH) gestartet hatten, um Trotzki mit alten Zitaten aus Lenins Schriften zu diskreditieren, in denen sich der Gründer der Partei gegen die ‘Permanente Revolution’ ausgesprochen hatte. Innerlich hatten sie jedoch keine Einwände gegen die Grundzüge von Trotzkis Lehre zu erheben, die längst zum alltäglichen Gedankengut der Partei gehörten. Ihre Angriffe gegen Trotzki waren deshalb unaufrichtig und unecht.”143) Zugleich bescheinigte Deutscher Stalin eine “einzigartigen Hellhörigkeit für alle diese psychologischen Unterströmungen in und um die Partei“.144) Lassen wir die zarte Umschreibung des Oppositionsblocks als “psychologische Unterströmungen” beiseite, so bestätigt Deutscher auf seine Art die Legitimität des Kampfes Stalins gegen die Opposition. Stalin erwies sich tatsächlich als “hellhörig” gegenüber den Gefahren, die von Trotzki und dem Oppositionsblock für die Existenz der UdSSR und für die Kommunistische Internationale ausgingen. 2.2.3. Der “neue” Trotzkismus
Erstmalig differenzierte Stalin zwischen einem “alten” und “neuen” Trotzkismus in einer Rede auf dem Plenum der kommunistischen Fraktion des Zentralrats der Gewerkschaften der Sowjetunion am 19. November 1924.145) Der “alte” Trotzkismus habe drei Besonderheiten: Die Theorie der “permanenten Revolution”, Leugnung der armen Bauernschaft als einer revolutionären Kraft, während Lenin seinerseits die Idee der Diktatur des Proletariats und der Bauernschaft vertrat. Der Leninismus weise nach Trotzki “antirevolutionäre Züge” auf. In einem Brief an Tscheidse von 1913 schrieb Trotzki: “Das gesamte Gebäude des Leninismus ist gegenwärtig auf Lüge und Fälschung aufgebaut und trägt den Giftkeim seiner eigenen Zersetzung in sich.146) Die Theorie von der Möglichkeit des “Nebeneinanderlebens von Revolutionären und Opportunisten, ihrer Gruppierungen und Grüppchen im Schoße einer gemeinsamen Partei.” Stalin verwies auf den “Augustblock Trotzkis”, in dem Anhänger Martows, Otsowisten und Liquidatoren mit Trotzki zusammenwirkten. Erzeugen von Mißtrauen gegenüber den Führern des Bolschewismus, der Versuch, sie zu diffamieren. Lenin wird als “berufsmäßiger Ausbeuter jeglicher Rückständigkeit in der russischen Arbeiterbewegung” charakterisiert.147) Diesen “alten” Ballast warf Trotzki während der Oktoberrevolution 1917 ab, anders wäre eine Zusammenarbeit mit ihm unmöglich gewesen und er wäre nicht in die Reihen der Bolschewiki gelangt. Der “neue” Trotzkismus ist nicht eine einfache Wiederholung des “alten” Trotzkismus, er sei “weicheren Geistes und gemäßigterer Form als der alte”. Trotzki ginge nicht mehr frontal gegen den Leninismus an, sondern wirke nunmehr unter der Flagge des Leninismus, der neu ausgelegt und verbessert würde. Dies zeige sich in der Frage der “permanenten Revolution”. Die Oktoberrevolution habe diese Theorie “voll und ganz bestätigt”, woraus folge, daß der Leninismus vor der Oktoberrevolution falsch gewesen wäre, der Leninismus danach richtig. Es war die schon w.o. genannte “Zweiteilung des Leninismus”, den “Vorkriegsleninismus”, den “alten”, “unbrauchbaren” Leninismus und den Nachkriegs-, Oktoberleninismus. Mit dieser Zweiteilung des Leninismus konnte Trotzki nunmehr unter Berufung auf Lenin den Kampf gegen den Leninismus führen.148) wollte der alte Trotzkisrnus das bolschewistische Parteiprinzip mit Hilfe der Theorie (Praxis) einer Einheit mit den Menschewiki untergraben. Der neue Trotzkismus erfand eine neue, “demokratische” Theorie, nämlich die Theorie der Gegenüberstellung der alten Kader und der jungen Parteimitglieder. Damit wurde die Parteigeschichte in zwei ungleiche Teile zerlegt, die Zeit “vor dem Oktober” und die Zeit “nach dem Oktober.” Die Geschichte vor dem Oktober sei eine Art “Vorgeschichte”, eine “nicht sehr wichtige Vorbereitungeperiode”, die Geschichte nach der Oktoberrevolution die richtige, “wirkliche”, “eigentliche” Geschichte der Partei. Mit diesem Schema der Aufspaltung der Einheit der Partei zwischen alten und jungen Kadern sollte die Partei zersetzt werden.149) war der alte Trotzkismus bemüht, Lenin mehr oder weniger offen zu diffamieren, während der neue Trotzkismus sein Werk unter “dem Schein der Lobpreisung, unter dem Schein der Verherrlichung Lenins” zu vollbringen sucht.150) Stalin führt kurz das Buch Trotzkis “Über Lenin” an, das Trotzki im April 1924 herausgegeben hatte. Darin stellte Trotzki Lenin so dar, als “würde Lenin so gut wie nichts anderes getan haben, als ‘bei jeder passenden Gelegenheit den Gedanken von der Unvermeidlichkeit des Terrors einzuhämmern’. Es entsteht der Eindruck, als ob Lenin der blutdürstigste aller blutdürstigen Bolschewiki gewesen wäre“.151) Im Gegensatz zu Lenins Methode, der keine Entscheidung traf, ohne vorher ein leitendes Kollegium mit einzubeziehen, stelle Trotzki Lenin als “eine Art chinesischen Mandarin” dar, der die wichtigsten Fragen in der Stille seines Arbeitszimmers aus Eingebung entscheidet.”152) Mit dieser Methode verwandelte Trotzki den Riesen Lenin in einen “zwergenhaften Blanquisten“.153) Auf dem XIV. Parteitag der KPdSU (B) vom 18. - 31. Dezember 1925 gab Stalin eine Art “Abriß” der bisherigen Geschichte der Auseinandersetzungen innerhalb der Partei.154) Diesen “Abriß” gab er in einem Schlußwort, das immerhin 34 Seiten umfaßte, woraus deutlich wird, wie ernst die Situation in der Partei gewesen sein muß. Stalin unterschied zwischen den ideologischen Meinungsverschiedenheiten und dem Bilden von Plattformen, Fraktionen. Von der Leningrader Parteiorganisation wurde Ende 1924 beantragt, Trotzki aus der Partei auszuschließen. Die Mehrheit des ZK lehnte dies ab. Wenig später forderte die Leningrader Parteiorganisation mit Kamenew den Ausschluß Trotzkis aus dem Politbüro. Das ZK lehnte auch dies ab und beschränkte sich darauf, Trotzki als Volkskommissar für das Kriegswesen abzusetzen. Stalin begründete diese Entscheidung damit, daß die Politik des Absägens große Gefahren in sich birgt, daß die Methode des Absägens, des Aderlasses - und sie forderten Blut - (gemeint waren Sinowjew und Kamenew, UH) gefährlich und ansteckend ist: „heute hat man den einen abgesägt, morgen kommt der andere, übermorgen ein dritter dran, und was bleibt dann in der Partei?”155) Diesen Gedanken wiederholte er noch einmal in Sorge um die Erhaltung der Einheit der Partei. Zwei Tage vor dem XIV. Parteitag hatten die Mitglieder des ZK “Kompromißbedingungen eines Abkommens” unterbreitet, die auf eine “mögliche Versöhnung” abzielten. Dieser Kompromißvorschlag beweist, daß die marxistisch-leninistische Mehrheit des ZK die Einheit der Partei mit Kamenew und Sinowjew aufrecht erhalten wollte. Nach meinem jetzigen Erkenntnisstand war es der letzte Versuch, die ideologischen Meinungs-verschiedenheiten noch innerhalb der Partei auszutragen, die ernsthafte Gefahr einer Spaltung der Partei noch zu verhindern. Darum wird der Kompromißvorschlag hier in vollem Wortlaut dokumentiert: “Die unterzeichneten Mitglieder des ZK glauben, daß eine Reihe führender Genossen der Leningrader Organisation die Vorbereitung zum Parteitag im Gegensatz zur Linie des ZK der Partei und gegen die Anhänger dieser Linie in Leningrad betrieben hat. Die unterzeichneten Mitglieder des ZK halten die Resolution der Moskauer Konferenz sowohl ihrem Wesen als auch ihrer Form nach für absolut richtig und glauben, daß das ZK verpflichtet ist, allen und jeglichen Tendenzen entgegenzutreten, die sich gegen die Parteilinie richten und die Partei desorganisieren. Allein im Interesse der Parteieinheit, im Interesse des Friedens innerhalb der Partei, der Abwendung der Gefahr, daß die Leningrader Organisation, eine der besten Organisationen der KPR, sich dem ZK der Partei entfremden könnte, halten die Unterzeichneten es für möglich - nachdem der Parteitag die präzise und klare politische Linie des ZK bestätigt -‚ auf eine Reihe von Zugeständnissen einzugehen. Dementsprechend machen wir folgende Vorschläge: Bei Abfassung der Resolution zum Bericht des ZK soll die Resolution der Moskauer Konferenz unter Milderung einiger ihrer Formulierungen als Grundlage genommen werden. Die Veröffentlichung des Briefes der Leningrader Konferenz und der Antwort des Moskauer Komitees sowohl in den Zeitungen als auch in den Bulletins soll im Interesse der Einheit für unzweckmäßig erachtet werden. Die Mitglieder des Politbüros... sollen auf dem Parteitag nicht gegeneinander auftreten. In den Parteitagsreden soll abgerückt werden von Sarkis (Regelung der Zusammensetzung der Parteimitgliedschaft) und Safarow (Staatskapitalismus). Der Fehler bezüglich Komarows, Lobows und Moskwins soll auf organisatorischem Wege korrigiert werden. Der Beschluß des ZK, einen Leningrader Genossen in das Sekretariat des ZK aufzunehmen, soll unmittelbar nach dem Parteitag verwirklicht werden. Zum Zwecke engerer Verbindung mit dem Zentralorgan soll ein Genosse aus Leningrad in das Redaktionskollegium des Zentralorgans aufgenommen werden. Angesichts der Schwäche des Redakteurs der ‘Leningradskaja Prawda’ (Gladnews), soll dieser im Einverständnis mit dem ZK durch einen stärkeren Genossen ersetzt werden. Kalinin, Stalin, Molotow, Dzierzynski u.a. 15. XII. 1925”156) Stalin fügte hinzu: “Wir sind gegen die Politik des Absägens. Das bedeutet nicht, daß es den Führern erlaubt sein wird, sich ungestraft aufzuspielen und der Partei auf der Nase herumzutanzen. Auf keinen Fall! Verbeugungen vor Führern wird es nicht geben. Die Partei will die Einheit und wird sie durchsetzen - mit Kamenew und Sinowjew, wenn sie es wollen, ohne sie, wenn sie es nicht wollen. (Zurufe; “Sehr richtig!” Beifall.) Was aber erfordert die Einheit? Die Einheit erfordert, daß die Minderheit sich der Mehrheit unterordnet. Ohne das gibt es keine und kann es keine Einheit der Partei geben.”157) Die Auseinandersetzungen mit Trotzki, Sinowjew und Kamenew gingen jedoch weiter.158) Unter anderem forderte die Opposition die Veröffentlichung ihrer “Theorie” in der Parteipresse. In einem Brief von Trotzki an Ordshonikidse vom 11. Juli 1927 definierte Trotzki den Begriff “Defaitismus” als eine Politik, die auf die Niederlage des “eigenen” Staates gerichtet sei, der sich in den Händen einer feindlichen Klasse befindet. Lassen wir hier diese eigenartige “Definition” beiseite. “Defaitismus” wird in Fremdwörterbüchern übereinstimmend als “Schwarzmalerei”, “Untergangsstimmung”, “Zusammenbruchspsychose und ihre Verbreitung”, “Miesmacherei” bezeichnet.159) Trotzki meinte, daß Clemenceau kein Defaitist sei, weil er in Opposition zu einer unfähigen Regierung während des Krieges (Erster Weltkrieg, UH) diese gestürzt habe, um den Krieg zu gewinnen. Aus dieser Clemenceau-Deutung gelangte Trotzki zu seinem bemerkenswerten Schluß: “Wenn also zum Beispiel jemand sagt, die politische Linie ungebildeter und gewissenloser Plagiatoren müsse eben im Interesse des Sieges des Arbeiterstaates, wie Kehricht hinweggefegt werden, so wird er deshalb noch keineswegs zum ‘Defaitisten’. Im Gegenteil, unter den gegebenen konkreten Bedingungen ist er gerade der wahre Wortführer der revolutionären Vaterlandsverteidigung: ideologischer Kehricht führt nicht zum Sieg.”160) Diesen Satz muß man wohl zweimal lesen! In Klartext hieß das nichts anderes, als daß Stalin und die Mehrheit des ZK der KPdSU (B) “ungebildete, gewissenlose Plagiatoren” seien, “Kehricht”, der “hinweggefegt” werden müsse, natürlich von ihm, von Trotzki, der unter den “gegebenen konkreten Bedingungen” der “wahre Wortführer der revolutionären Vaterlandsverteidigung” sei. Stalin kommentierte, daß sich also Trotzki, „wenn der Feind bis auf eine Entfernung von 80 Kilometern an den Kreml herangekommen ist, nicht damit befassen wird, die UdSSR zu verteidigen, sondern die jetzige Mehrheit der Partei zu stürzen. Und das nennt er Verteidigung.”161) Die Konzeption vertrat Trotzki im Sommer 1927 unter der akuten Interventionsdrohung imperialistischer Staaten und verlangte, daß diese “Theorie” in der Parteipresse veröffentlicht werden sollte! Für Anarchisten und Monarchisten würde es keine “Pressefreiheit” geben, bemerkte Stalin. Die Oppositionellen “wollen der bürgerlichen Presse’freiheit’ ein Hintertürchen öffnen”, ... wodurch sie “die antisowjetischen Elemente beleben, deren Druck auf die Diktatur des Proletariats verstärken und der ‘bürgerlichen’ Demokratie den Weg bahnen. An eine Tür klopfen sie, eine andere aber öffnen sie.”162) Unter Stalins Führung gab es allerdings kein “Glasnost”. Dies blieb einem Gorbatschow vorbehalten, mit den bekannten, von der internationalen Bourgeoisie bejubelten Ergebnissen. Stalin stellte angesichts der Tätigkeit der Opposition die Frage des Ausschlusses Trotzkis und Sinowjews aus dem ZK der KPdSU (B). Es sei ein “letzter Versuch”, “der Opposition zu helfen aus der Sackgasse herauszukommen.” Allerdings habe die Opposition drei Bedingungen zu erfüllen: 1. Die “absurde Losung hinsichtlich des Clemenceauschen Experiments” aufzugeben angesichts der drohenden Kriegsgefahr, 2. “offen und unumwunden die antileninistische Spaltergruppe Maslow - Ruth Fischer in Deutschland zu verurteilen und jede Verbindung mit ihr abzubrechen”, 3. sich “von jeglicher Fraktionsmacherei und von allem loszusagen, was zur Schaffung einer neuen Partei in der KPdSU (B) führen kann”. Ohne Annahme dieser drei Bedingungen sei ein weiteres Verbleiben Trotzkis und Sinowjews im ZK nicht mehr zuzulassen.163) Die Mehrheit des ZK und Stalin haben eine Geduld mit der Opposition gezeigt, die heute unverständlich erscheinen mag. In einer gemeinsamen Sitzung des Präsidiums des EKKI und der Internationalen Kontrollkommission am 27. September 1927164) führte Stalin den Nachweis, daß Trotzki und die Opposition noch zu Lebzeiten Lenins das ZK angegriffen haben. Nach Trotzki hätten einzelne Führer die Macht an sich gerissen, die Macht usurpiert. Als wenn das in einer Millionenpartei mit revolutionären Traditionen ginge.165) Warum aber habe dann Trotzki die Macht nicht an sich gerissen? Das Regime in der Partei sei bereits von Lenin eingeführt worden. Stalin verwies auf Beschlüsse des X. und XI. Parteitages der KPR (B) (März 1921 und März 1922), auf denen die Organisationsformen der Parteiführung sowie das Fraktionsverbot beschlossen wurden. Stalin zitierte aus der “Erklärung der 46” (15. Oktober 1923), unterzeichnet von Pjatakow, Preobrashenski, Serebrjakow, Alski u.a. also noch zu Lebzeiten Lenins: “Das innerhalb der Partei bestehende Regime ist völlig unerträglich. Es tötet die Selbsttätigkeit der Partei und ersetzt die Partei durch einen zusammengeschobenen Beamtenapparat, der in normalen Zeiten reibungslos funktioniert, der aber in Krisenzeiten unvermeidlich ins Stocken gerät und angesichts der herannahenden ernsten Ereignisse völlig zu versagen droht. Die entstandene Lage ist dadurch zu erklären, daß sich das nach dem X. Parteitag entstandene Regime der fraktionellen Diktatur innerhalb der Partei objektiv überlebt hat.”166) Desgleichen hieß es in einer Erklärung Trotzkis an das ZK und an die ZKK vom 8. Oktober 1923: “Das Regime, das im Wesentlichen schon vor dem XII. Parteitag entstanden war, nach dem Parteitag aber endgültig gefestigt wurde und endgültige Form annahm, ist viel weiter von der Arbeiterdemokratie entfernt als das Regime in den härtesten Perioden des Kriegskommunismus.”167) Es ginge Trotzki und seinen Anhängern um nichts anderes, als den Leninismus durch den Trotzkismus zu ersetzen und damit die Partei zu spalten und letztendlich zu zerstören. In der Sitzung des vereinigten Plenums des ZK und der ZKK der KPdSU (B) am 23. Oktober 1927 fand die Auseinandersetzung mit der trotzkistischen Opposition ihre Fortsetzung. Die Grundessenz in den Angriffen Trotzkis gegen Stalin bestand in der Entstellung des Leninismus unter dem Vorwand der Bekämpfung Stalins. Er behauptete, daß Lenin mit Stalin gebrochen habe. Diese Version wird bis heute nicht nur von Feinden des Marxismus-Leninismus, sondern auch von “Linken” vertreten, die damit den Antikommunisten Wasser auf die Mühlen leiten und dafür auch von diesen mit gelegentlichen Fußtritten bedacht werden. Als “Beweis” für diesen “Bruch” wird der Brief Lenins an den Parteitag vom Dezember 1922 angeführt, den der kranke Lenin diktiert hat, der auf dem XIII. Parteitag (1924) verlesen und der nach stenograhischen Aufzeichnungen 1956 im “Kommunist” Nr. 9 veröffentlicht wurde.168) Diese Aufzeichnungen sind unterschiedlich mit den Initialen M.W. und L.F. unterzeichnet. Diese Briefe werden von Trotzkisten und Revisionisten als “politisches Testament” bezeichnet, obwohl es sich um Briefe handelt, aus deren Kontext hervorgeht, daß Lenin eine Spaltung der Partei befürchtete, die aus den feindlichen Beziehungen zwischen Stalin und Trotzki hervorgehen könnte. Bei Lenin ist bezüglich dieses Briefes von einem “Testament” nicht die Rede, wobei aus diesem Brief, der in mehrere Abschnitte, Briefe, untergliedert ist, einseitig das herausgestellt wird, was man zu einer Diffamierung Stalins aufbauschen kann. Die oft und gern zitierte Stelle befindet sich in der “Ergänzung zum Brief vom 24. Dezember 1922”, Niederschrift vom 4. Januar 1923, unterzeichnet mit L.F.: “Er ist zu grob, und dieser Mangel, der in unserer Mitte und im Verkehr zwischen uns Kommunisten durchaus erträglich ist, kann in der Funktion des Generalsekretärs nicht geduldet werden. Deshalb schlage ich den Genossen vor, sich zu überlegen, wie man Stalin ablösen könnte und jemand anderen an diese Stelle zu setzen, der sich in jeder Hinsicht von Stalin nur durch einen Vorzug unterscheidet, nämlich dadurch, daß er toleranter, loyaler, höflicher und den Genossen gegenüber aufmerksamer, weniger launenhaft usw. ist. Es könnte so scheinen, als sei dieser Umstand eine winzige Kleinigkeit. Ich glaube jedoch, unter dem Gesichtspunkt der Vermeidung einer Spaltung und unter dem Gesichtspunkt, der von mir oben geschilderten Beziehungen zwischen Stalin und Trotzki ist das keine Kleinigkeit, oder eine solche Kleinigkeit die entscheidende Bedeutung erlangen kann.”169) Lenin erklärte in diesem Brief vorweg, daß er “eine Reihe von Erwägungen rein persönlicher Natur” anstelle und daß “die eine wie die andere Bemerkung nur für die Gegenwart ...” gelten.170) Es handelt sich also eindeutig um kein “Testament” wie von Chruschtschow, Gorbatschow und anderen Revisionisten behauptet wurde. Lenin kritisierte an Stalin, daß er “zu grob” sei. Lenin “schlug vor”, “zu überlegen, wie man Stalin ablösen könnte ...”. “Zu überlegen” und “ablösen könnte” sind im Konjunktiv ausgedrückt. Man mag darüber streiten, aber eine “Forderung”, Stalin abzulösen, war das nicht. Lenin konnte auch keinen anderen Vorschlag unterbreiten, als “jemand anderen” an die Spitze zu stellen, der nur durch “einen Vorzug” sich von Stalin unterscheide, nämlich “toleranter, loyaler, höflicher ... aufmerksamer, weniger launenhaft” zu sein. Demnach hatte Stalin also Vorzüge! Alle diese wenig schönen Eigenschaften sind aber keine politischen! Dennoch wird diese Briefstelle geradezu wie ein “heiliges Vermächtnis” in der antistalinistischen Publizistik gehandelt. So heißt es bei A.G. Löwy: “Im Januar hatte Lenin mit Stalin gebrochen und die bekannten Nachsätze zu seinem Testament geschrieben, in denen er die Absetzung Stalins als Generalsekretär forderte.“171) Eine sehr ausgewogene Darstellung dieser Problematik findet sich in einem Interview von Richard Iwanowitsch Kosolapow, Prof. Dr. der philosophischen Wissenschaften, von 1998: “Stalin hielt das Andenken an Lenin heilig, und zwar ungeachtet der komplizierten gegenseitigen Beziehungen zu ihm in seinen letzten Lebensjahren, d.h während Lenins schwerer Krankheit. Er hat den Schwur, den er an der Bahre Lenins abgab, niemals gebrochen. Mich haben immer die platten Erzählungen über die ‘Freundschaft’ Lenins und Stalins, über die beiden ‘hehren Adler’, die sich nicht miteinander aussprechen konnten, ziemlich peinlich berührt. Sicher ist aber, daß Lenin den Genossen Stalin als Organisator sehr hoch einschätzte und ihm mehr als den anderen vertraute. Gerade das beunruhigte die nächsten Bekannten der Familie, genauer N. Krupskajas, als da waren Sinowjew, Kamenew und auch Trotzki, die am Krankenbett Lenins Intrigen spannen. Das ZK hatte Stalin beauftragt dafür zu sorgen, daß für Lenin die notwendigen ärztlichen Behandlungsvorschriften eingehalten werden. Sie wurden aber am laufenden Band verletzt, was dann auch zu dem scharfen Gespräch Stalins mit ihr führte. Jetzt ist völlig klar, daß Stalin etwas zu recht befürchtete. Dreimal hintereinander wurden für Lenin falsche Diagnosen gestellt. Man zermürbte ihn mit unnötigen Behandlungsmethoden und war offenbar bestrebt, ihn langsam zu Tode zu heilen und gleichzeitig zu diskreditieren. (siehe Lopuchin, Ju.I., ‘Die Krankheit, der Tod, und die Einbalsamierung Lenins. Wahrheit und Mythen’, Moskau, 1997) Das Verhältnis Lenins zu Stalins wurde an die Grenze des Zerwürfnisses getrieben, aber Stalin gelang es, das zu vermeiden, obwohl Chruschtschow versuchte, das Gegenteil zu beweisen. Stalin stand diese schwere Prüfung durch und trug die Stafette Lenins weiter.171a) Übersehen, oder “vergessen” werden die Äußerungen Lenins in diesen Briefen über Trotzki, Sinowjew, Kamenew, Bucharin u.a., wobei es sich bei diesen Bemerkungen Lenins weniger um persönliche, als um politische Eigenschaften handelte. Lenin meinte jedoch, daß man dies ihnen “nicht als persönliche Schuld” anrechnen könne. Die “Episode mit Sinowjew und Kamenew im Oktober” waren “natürlich kein Zufall”, ... wie auch der “Nichtbolschewismus” Trotzkis.172) Desgleichen bezeichnete Lenin Bucharin als einen “überaus wertvollen und bedeutenden Theoretiker der Partei”, fügte aber hinzu, daß “seine theoretischen Anschauungen ... nur mit sehr großen Bedenken zu den völlig marxistischen gerechnet werden” können, “denn in ihm steckt etwas Scholastisches. (er hat die Dialektik nie studiert und, glaube ich, nie völlig begriffen.)“173) Warum werden diese Bemerkungen, und diese enthalten politische bzw. theoretische Kriterien, denn nicht aus dem “Testament” zitiert? Einfach darum, weil sie nicht in die Stalinphobie passen. Die protokollierten Briefe des kranken Lenins vom Dezember 1922 sollten weder bezüglich Stalins noch der anderen Genannten überbewertet und schon gar nicht in den Rang eines “Testaments” erhoben werden. Dies geschah jedoch auf dem Plenum vom 25. Oktober 1927, als die Opposition sich auf dieses “Testament” berief, als sie ihre Angriffe “hauptsächlich gegen Stalin” richteten.174) Entgegen besserem Wissen behaupteten sie, daß das ZK dieses “Testament” verheimlicht habe. Diese Lüge - bis heute wiederholt - platzte denn auch auf, denn, wie die Mitglieder des ZK und der ZKK natürlich wußten, wurde dieser Brief “Dutzende von Malen” auf dem Plenum des ZK und der ZKK behandelt. Auf dem XIII. Parteitag (Mai 1924) wurde das “Testament” verlesen. Der Parteitag habe einstimmig - also mit den Stimmen Trotzkis, Sinowjews, Kamenews! - beschlossen, dieses “Testament” nicht zu veröffentlichen, “weil Lenin dies selbst nicht gewünscht und verlangt hatte.”175) Auf dem XIII. Parteitag habe Stalin das ZK ersucht, ihn von der Funktion als Generalsekretär zu entbinden. Der Parteitag behandelte selbst diese Frage. “Jede Delegation behandelte diese Frage und alle Delegationen, unter ihnen Trotzki, Kamenew und Sinowjew, verpflichteten Stalin einstimmig, auf seinem Posten zu bleiben.”176) Ein Jahr später hatte Stalin auf einem Plenum diesen Antrag ein zweites Mal gestellt, doch man verpflichtete ihn erneut, auf seinem Posten zu bleiben. Stalin wies noch auf den Sachverhalt hin, daß die “stenographischen Protokolle der Plenartagungen des ZK und der ZKK ... in einigen Tausend Exemplaren gedruckt und an die Parteimitglieder verteilt” werden, in denen “die Reden der Oppositionellen ebenso wie die Reden der Genossen, die die Parteilinie vertreten”, enthalten sind. “Sie werden von Zehntausenden und Hunderttausenden gelesen. ”177) Die Opposition stünde mit konterrevolutionären Elementen, weißgardistischen Offizieren und ausländischen Kapitalisten in Verbindung. Ihre Tätigkeit wäre auf die Spaltung der Partei von innen gerichtet in Verbindung mit einem Angriff von außen. Sinowjew versuchte, unter Berufung auf Lenin, daß dieser vor dem X. Parteitag (8. - 16. März 1921) “immer und zu jeder Zeit für Diskussionen gewesen” sei, die Forderung nach Fraktionsfreiheit begründen. Lenin habe aber in seinem Referat auf dem X. Parteitag diese Diskussionen als Fehler bezeichnet, wies Stalin nach. Oppositionelle Fraktionen habe Lenin eindeutig als schädlich für die Einheit der Partei bezeichnet: “Die Propaganda in dieser Frage muß bestehen einerseits in der gründlichen Aufklärung über die Schädlichkeit und Gefährlichkeit der Fraktionsbildung vom Standpunkt der Parteieinheit und der Verwirklichung der Willenseinheit der Avantgarde des Proletariats, als Grundbedingung für den Erfolg der Diktatur des Proletariats, anderseits in der Aufklärung über die Eigenart der neusten taktischen Manöver der Feinde der Sowjetmacht. Diese Feinde, die sich davon überzeugt haben, daß die Konterrevolution unter offen weißgardistischer Flagge hoffnungslos ist, machen jetzt alle Anstrengungen, um die Meinungsverschiedenheiten innerhalb der KPR auszunutzen und die Konterrevolution auf diese oder jene Weise durch Auslieferung der Macht an eine politische Schattierung, die äußerlich der Anerkennung der Sowjetmacht am nächsten kommt, zu fördern.”178) Lenin forderte die Anwendung “äußerster Maßnahmen” gegen Mitglieder des ZK, Kandidaten des ZK und Mitglieder der Kontrollkommission, bis zum Parteiausschluß, bei Verstoß gegen diese Maßregel.179) Dezember 1928 oder Anfang 1929 schrieb Stalin einen Artikel “So tief sind sie gesunken“.180) In dieser kleinen Schrift bezeichnete Stalin den 7. November 1927 als einen Wendepunkt. An diesem Tage seien die Trotzkisten auf die Straße gegangen und hätten gezeigt, daß sie nicht nur mit der Partei, sondern auch mit dem Sowjetregime gebrochen haben. Die trotzkistische Organisation sei zu partei- und sowjetfeindlichen Handlungen übergegangen. Die Parteiführung sei bemüht gewesen, den Trotzkisten zu helfen, ihre Fehler zu erkennen und den Weg in die Partei zurückzufinden. Seit 1923 hätte die Partei geduldig die Linie des ideologischen Kampfes verfolgt. Noch auf dem XV. Parteitag (Dezember 1927) hielt die Partei an dieser Linie fest, obwohl die Trotzkisten bereits von “Meinungsverschiedenheiten taktischen Charakters zu Meinungsverschiedenheiten programmatischen Charakters übergegangen” wären.181) Das Vereinigte Plenum des ZK und der ZKK der KPdSU (B) vom 23. Oktober 1927 hatte bereits den Beschluß über den Ausschluß Sinowjews und Trotzkis aus dem ZK gefaßt. Die Unterlagen über die spalterische Tätigkeit der Führer der trotzkistischen Opposition - Organisierung einer illegalen parteifeindlichen Druckerei zwecks Zerstörung der Partei, Block mit den Renegaten Martow, Ruth Fischer und Souvarien zwecks Zerstörung der Komintern usw. - wurden in der Prawda vom 25. Oktober 1927 veröffentlicht.182) Auf dem XV. Parteitag wurden die aktiven Trotzkisten aus der Partei ausgeschlossen. Im Parteitagsbeschluß werden 75 Personen genannt‚ die ausgeschlossen wurden, darunter Kamenew, Pjatakow, Radek, Smilga und Smirnow, aus einer anderen antirevolutionären Gruppe Sapranow und weitere 23 Personen.183) Im Laufe des Jahres 1928 haben sich die Trotzkisten “vollends aus einer illegalen parteifeindlichen Gruppe in eine illegale antisowjetische Organisation” verwandelt. “Darin bestand das Neue, daß die Organe der Sowjetmacht im Laufe des Jahres 1928 zwang, Repressalien gegen die Funktionäre dieser illegalen antisowjetischen Organisation zu ergreifen.” Von den Trotzkisten wurden eigene Druckereien, eigene Komitees gegründet, Versuche unternommen, antisowjetische Streiks zu organisieren, wurde der “Bürgerkrieg gegen die Organe der proletarischen Diktatur” vorbereitet. Trotzki unterhielt Verbindungen zu Presseorganen der Renegaten und Weißgardisten im Ausland. Die Trotzkisten erklärten direkt, daß man bei der Vorbereitung zum Bürgerkrieg “vor nichts, vor keinerlei geschriebenen oder ungeschriebenen Gesetzen haltmachen” solle.184) Aus dieser subversiven Tätigkeit der trotzkistischen Organisation “erklären sich die in letzter Zeit von der OGPUU ergriffenen Maßnahmen zur Liquidierung dieser antisowjetischen Organisation (Verhaftungen und Ausweisungen).“185) Damit war die ideologische und theoretische Auseinandersetzung beendet und anstelle der Theoriegeschichte tritt die Geschichte der Justiz. Der Mord an Kirow am 1. Dezember 1934, dem Sekretär des ZK der KPdSU (B) und Sekretär des Leningrader Gebietskomitees der Partei verdeutlichte, daß die Drohung mit dem Bürgerkrieg von seiten der Trotzkisten ernst gemeint war, daß sie vor keinen geschriebenen und ungeschriebenen Gesetzen zurückschreckten. Sie setzten den Terror auf die Tagesordnung. Dieser Mord war nicht die Tat eines einzelnen fanatischen Mörders. Er war Mitglied der KPdSU, besaß ein Mitgliedsbuch, unter dessen Mißbrauch er sich Zugang zu Kirow verschaffen konnte. Er war mit der parteifeindlichen Sinowjew-Gruppe verbunden.186) Es ist nicht uninteressant, daß diese Verbindung des Mörders zur Sinowjew-Gruppe in der sechsbändigen Geschichte der KPdSU von 1976 sowie in der Geschichte der KPdSU, Moskau 1969/Berlin 1971 keine Erwähnung findet, als ob der Mörder allein sein Verbrechen hätte durchführen können.187) Dieses Kapitel schließe ich mit einer Einschätzung der viel geschmähten “Geschichte der KPdSU (B), Kurzer Lehrgang” ab, die in den genannten “Geschichten” der KPdSU sorgfältig umgangen, aber indirekt bestätigt werden: “Am 1. Dezember 1934 wurde im Smolny in Leningrad Genosse Kirow durch einen Revolverschuß ruchlos ermordet. Der am Tatort ergriffene Mörder erwies sich als Mitglied einer konterrevolutionären unterirdischen Gruppe, die aus Teilnehmern der sowjetfeindlichen Sinowjewgruppe in Leningrad organisiert worden war. Der Mord an Genossen Kirow, dem Liebling der Partei, dem Liebling der Arbeiterklasse, rief bei den Werktätigen unseres Landes gewaltigen Zorn und tiefste Trauer hervor. Die Untersuchung ergab, daß sich in den Jahren 1933/34 in Leningrad aus früheren Teilnehmern der Sinowjew-Opposition eine unterirdische konterrevolutionäre Terroristengruppe gebildet hatte; an deren Spitze das sogenannte “Leningrader Zentrum” stand. Diese Gruppe setzte sich das Ziel, die Führer der Kommunistischen Partei zu ermorden. Als erstes Opfer war Genosse Kirow ausersehen. Aus den Aussagen der Teilnehmer dieser konterrevolutionären Gruppe ergab sich, daß sie mit Vertretern ausländischer kapitalistischer Staaten in Verbindung standen und von ihnen Gelder erhielten. Die entlarvten Teilnehmer dieser Organisation wurden vom Militärkollegium des Obersten Gerichtshofes der Sowjetunion zur höchsten Strafe, zur Erschießung, verurteilt.”188) 2.2.4. Die Bucharingruppe
Die Tätigkeit der Bucharingruppe unterschied sich von der trotzkistisch-sinowistischen Opposition dadurch, daß sie ihre Angriffe gegen die Mehrheit des ZK vorwiegend auf ökonomischem Gebiet führte, während die Trotzkisten vor allem auf politischem Gebiet gegen die Partei und Sowjetmacht agierten. In der Konsequenz mußten beide unterschiedlichen Richtungen zur Zerstörung der Einheit der KPdSU (B) und der Sowjetmacht führen. Die Kennzeichnung der Bucharingruppe als “rechte” Abweichung, die der Trotzkisten als “linke” trifft nur sehr allgemein zu‚ aus dem damaligen Sprachgebrauch und Begriffsgefüge erklärbar. Auf Bucharin wurde bereits ausführlich in den Arbeiten Stalins zur Politischen Ökonomie des Sozialismus verwiesen.189) In einer “kurzen Niederschrift” über die Bucharingruppe, die Äußerungen Stalins aus Reden enthalten, die er in einer gemeinsamen Sitzung des Politbüros des ZK und des Präsidiums der ZKK der KPdSU (B) Ende Januar/Anfang Februar 1929 gehalten hat, ist die ökonomische Konzeption von Bucharin, Tomski und Rykow kurz zusammengefaßt: Verlangsamung des Entwicklungstempos der Industrie, Einschränkung des Aufbaus der Sowjet- und Kollektivwirtschaften, volle Freiheit für den privaten Handel, Verzicht auf die regulierende Rolle des Staates.190) Zugleich wandte sich Bucharin gegen die Anwendung außerordentlicher Maßnahmen gegen die Kulaken, gegen deren “übermäßige Besteuerung”, Bucharin, Rykow und Tomski drohten mit Niederlegung ihrer Funktionen, wenn die Partei ihre Politik nicht ändere.191) Stalin verwies darauf, “daß Bucharin im Auftrag der Gruppe hinter den Kulissen Verhandlungen mit Kamenew führte, um einen Block der Bucharinleute mit den Trotzkisten gegen die Partei und ihr ZK zu organisieren....”192) Dieses Komplott zwischen Bucharin und Kamenew ist im “Sotsialistitscheski Westnik vom 22. März 1929, ein in Berlin erscheinendes Organ deutscher Trotzkisten, belegt.193) Desgleichen findet die subversive Verschwörertätigkeit in der Zeitschrift der französischen Trotzkisten “Contre le Courant ihre Bestätigung, die auch in “Gegen den Strom”, Organ der KPD (Opposition), Berlin, Nr. 17, 27. April 1929, S. 8, veröffentlicht wurde.194) Aus diesen trotzkistischen Blättern geht eindeutig hervor, daß Bucharin, Tomski und Rykow mit Kamenew gegen Stalin und Molotow, gegen die Mehrheit des ZK intrigiert haben. Danach hat Bucharin gegenüber Kamenew geäußert: “Wir sind der Meinung, daß die Linie Stalins vernichtend für die ganze Revolution ist. Mit dieser Linie geraten wir in den Abgrund. Die Differenzen zwischen uns und Stalin sind viel, viel ernsthafter als alle Differenzen, die zwischen uns und Ihnen bestanden haben. Ich, Rykow und Tomski schätzen die Situation übereinstimmend folgendermaßen ein: >Es wäre viel besser, wenn wir im Politbüro anstelle von Stalin jetzt Sinowjew und Kamenew hätten.< Darüber habe ich mit Rykow und Tomski ganz offenherzig gesprochen; mit Stalin spreche ich schon einige Wochen nicht mehr; er ist ein prinzipienloser Intrigant, der alles der Aufrechterhaltung seiner Macht unterordnet....”195) Auch wenn trotzkistischen Blättern gegenüber Vorsicht geboten ist, der Sachverhalt stimmt mit anderen Quellen überein. Die Absprachen zwischen Bucharin und Kamenew verdeutlichen, daß es nicht mehr um die Diskussion unterschiedlicher ökonomischer Theorien ging, sondern daß die Bucharingruppe auf den Sturz des ZK hinarbeitete. Bucharin befürchtete nicht zu unrecht, daß sie im ZK keine Mehrheit für ihre Politik finden würden, denn “der mittlere ZK-Funktionär” begreift “noch nicht die Tiefe der Meinungsverschiedenheiten, ...“.196) Nun ist das Komplott Bucharins mit Kamenew zum Sturz Stalins als gewähltem Generalsekretär wohl nicht nur eine “Meinungsverschiedenheit”. In der Resolution des gemeinsamen Plenums des ZK und der ZKK der KPdSU (B) (16. - 23. April 1929) wurden die Auffassungen der Bucheringruppe ausführlich analysiert, als falsch und schädlich zurückgewiesen, ihre geheimen Versuche, einen fraktionellen Block gegen das ZK zu organisieren, verurteilt.197) Politbüro und ZKK faßten den Beschluß: a) das Verhalten Bucharins und Sokolnikows (die Unterredung mit Kamenew) als fraktionellen Akt zu verurteilen, der von der völligen Prinzipienlosigkeit Bucharins und Sokolnikows zeugt und außerdem den elementarsten Forderungen der Gewissenhaftigkeit und einfachen Anständigkeit widerspricht b) das Verhalten Rykows und Tomskis, die dem ZK und der ZKK die Tatsache der ihnen bekannten geheimen Verhandlungen Bucharins mit Kamenew verheimlichten, als ganz und gar unzulässig zu erklären.198) Die Grundzüge der Bucharinschen Wirtschaftskonzeption 199) bestanden in einer Überbewertung der relativen Stabilisierung des Kapitalismus (die 1929 mit dem Ausbruch der Weltwirtschaftskrise ohnehin zu Ende ging, UH), im Versöhnlertum gegenüber der Sozialdemokratie, der Ablehnung des Kampfes gegen den “linken” Flügel der Sozialdemokratie, der die Arbeiter hinderte, sich von der Sozialdemokratie zu lösen, in der These, daß sich der Klassenkampf in der UdSSR gegen die Kapitalisten in der NÖP-Periode in dem Maße abschwäche, wie der sozialistische Aufbau vorankomme, daß die Kulaken in den Sozialismus hineinwachsen würden. Der wachsende Widerstand der Kapitalisten in der UdSSR ergäbe sich aus Unzulänglichkeiten der Organe der Sowjetmacht, als Reaktion auf das Versagen des Staatsapparates. Mit Verbesserung des Apparates würde der Widerstand der Kapitalisten aufhören. Stalin meinte dazu, daß damit “die Schädlingsarbeit der bürgerlichen Intellektuellen in Schachty, die eine Form des Widerstands der bürgerlichen Elemente gegen die Sowjetmacht und eine Form der Verschärfung des Klassenkampfes ist, sich nicht aus dem Wechselverhältnis der Klassenkräfte, nicht aus dem Wachstum des Sozialismus, sondern aus der Untauglichkeit unseres Apparats erklären.”200) Dies sei “keine Erklärung, sondern Hohn auf eine Erklärung. Das ist keine Wissenschaft, sondern Afterwissenschaft.”201) Bucharin wolle den Markt, der durch die regulierende Hand des Sowjetstaates in Grenzen gehalten wurde, von diesen “Fesseln” befreien, eine “Normalisierung” des Marktes herbeiführen, die letzten Endes “eine Ära der vollen Freiheit des privaten Handels eröffnen” würde.202) Letztendlich sollte das Tempo der Industrialisierung gedrosselt, die Schaffung von Genossenschaften und Sowjetwirtschaften gebremst, die Kulaken nicht zu hoch besteuert werden. Stalin resümierte, daß zwei verschiedene Pläne der Wirtschaftspolitik bestünden, der Plan der Partei und der Plan Bucharins. Der Plan der Partei sah ein schnelles Entwicklungstempo der Industrie vor als Schlüssel für die Rekonstruktion der Landwirtschaft. Ohne Industrie keine Kollektivierung, keine Mechanisierung der Landwirtschaft als Bedingung für die Steigerung der Getreideproduktion. Ohne Steigerung der Getreideproduktion keine Erweiterung der Viehwirtschaft, ohne Erweiterung der Viehwirtschaft keine bessere Versorgung der Arbeiter mit Fleisch- und Molkereiprodukten. Zu dieser Zeit wurde von den Kulaken noch immer das meiste Getreide angebaut, war die Sowjetmacht noch immer abhängig von den dem Sozialismus feindlich eingestellten Kulaken, die das Getreide horteten, um Wucherpreise zu erzwingen. Aber ohne Industrialisierung, ohne Übergang zu Kollektiv- und Sowjetwirtschaften konnte sich die Sowjetmacht nicht gegenüber den Kulaken und der NÖP-Bourgeoisie behaupten. Industrialisierung oder Restauration des Kapitalismus, so stand die Frage. Bucharin dagegen wollte das freie Spiel des Marktes, die Kulaken nicht zu hoch besteuern, die Kollektivierung verlangsamen, die Industrialisierung bremsen, das Getreidedefizit durch Kauf von Getreide aus dem Ausland beseitigen, wodurch Valuta gebunden wurden, die für den Ankauf von Industrieanlagen vorgesehen waren. Bucharin setzte auf die Entwicklung der individuellen Bauernwirtschaft, was die Kulaken als die stärksten Einzelwirtschaften stärken mußte, damit den Kapitalismus. Die kleinen und mittleren Einzelbauern waren nicht mehr in der Lage, mit den bisherigen Bearbeitungsmethoden die Getreideproduktion wesentlich zu erhöhen.203) Im Rechenschaftsbericht an den XVI. Parteitag (26. Juni - 13. Juli 1930) verwies Stalin auf die Folgen, wäre die Partei der Konzeption Bucharins gefolgt und verglich sie hinsichtlich ihrer Ergebnisse mit der Konzeption der Gruppe Trotzki-Sinowjew: „Was wäre geschehen, wenn wir auf die Rechtsopportunisten aus der Gruppe Bucharins gehört hätten, wenn wir auf die Offensive verzichtet, das Entwicklungstempo der Industrie gedrosselt, die Entwicklung der Kollektivwirtschaften und Sowjetwirtschaften gehemmt und uns auf die individuelle Bauernwirtschaft gestützt hätten? Wir wären unweigerlich mit unserer Industrie gescheitert, hätten die Sache der sozialistischen Rekonstruktion der Landwirtschaft zugrunde gerichtet, wären ohne Getreide geblieben und hätten der Vorherrschaft des Kulakentums den Weg geebnet. Wir säßen jetzt vor einem Scherbenhaufen. Was wäre geschehen, wenn wir auf die ‘linken’ Opportunisten aus der Gruppe Trotzki-Sinowjew gehört und die Offensive 1926/27 eröffnet hätten, als wir keine Möglichkeit besaßen, die kulakische Produktion durch die Produktion der Kollektiv- und Sowjetwirtschaften zu ersetzen? Wir hätten dabei unweigerlich Fiasko erlitten, hätten unsere Schwäche demonstriert, die Position des Kulakentums und der kapitalistischen Elemente überhaupt gestärkt, den Mittelbauern dem Kulaken in die Arme getrieben, wir hätten unseren sozialistischen Aufbau vereitelt und wären ohne Getreide geblieben. Wir säßen jetzt vor einem Scherbenhaufen. Die Resultate wären die gleichen.“204) Sechzig Jahre später hat Gorbatschow diese Einschätzung Stalins auf seine Weise als richtig bestätigt. Die Übereinstimmung der Wirtschaftspolitik Gorbatschows mit der Konzeption Bucharins ist unübersehbar, was Walter Lagueur veranlaßte, von einer “Kontinuität” von Bucharin zu Gorbatschow zu sprechen. Gorbatschow hat es geschafft, in Umsetzung der Bucharinschen Konzeption die Sowjetunion in einen “Scherbenhaufen” zu verwandeln. 2.2.5. Gegen eine “Schädlingspsychose”
Das Ende der innerparteilichen Kämpfe ist bekannt. In den Prozessen von 1936 bis 1938 wurden die führenden Funktionäre der parteifeindlichen Gruppierungen um Sinowjew, Kamenew, Radek, Bucharin u.a. vor ein Militärtribunal gestellt, verurteilt und erschossen. Die Akten zu diesen Prozessen sind bis heute der historischen Forschung noch nicht zugänglich, so daß ich mich nicht dazu äußere. Die bisher vorliegenden Publikationen variieren in ihren Beurteilungen zwischen “gerechten Urteilen” und “Schauprozessen.” Es kann nicht überraschen, daß die kapitalistischen Medien, in den 30er Jahren vor allem die Hearstpresse, Renegaten, Revisionisten, Trotzkisten, diese Prozesse verurteilten und sich in der Verteufelung Stalins als “paranoiden Massenmörder” und der Abqualifizierung der Sowjetjustiz als “Unrechtsregime” gegenseitig überbieten. Sie haben Stalin schon vor diesen Prozessen mit allen nur denkbaren abwertenden Prädikaten charakterisiert, wobei Trotzki, Sinowjew, Radek und Bucharin ein bemerkenswertes Vokabular offenbarten. Die Methode der Diffamierung von historischen Persönlichkeiten ist seit mehr als hundert Jahren bekannt, die der französische Psychologe Gustave Le Bon 1895 in seinem Buch “Psychologie der Massen” beschrieb: “Die reine, einfache, aller Vernünftelei und allen Beweises bare Behauptung ist eines der sichersten Mittel, um der Massenseele eine Idee einzuflößen ... Die Behauptung hat aber nur dann wirklichen Einfluß, wenn sie ständig wiederholt wird, und zwar möglichst mit denselben Worten. Das Wiederholte wird schließlich als eine bewiesene Wahrheit angenommen ... Lesen wir täglich in der selben Zeitung, A sei ein ausgemachter Schuft und B ein Ehrenmann, so glauben wir es schließlich...”204a) Unverständlich ist, daß selbst ernstzunehmende Kommunisten so unkritisch diese “historischen Urteile” übernehmen und als eine Art unumstößlicher Wahrheit verbreiten, an der es nichts zu zweifeln gibt. Eins ist sicher: Durch die Liquidierung der parteifeindlichen Gruppierungen in den 30er Jahren wurde ein Bürgerkrieg in der Sowjetunion verhindert, der zu ihrer Zerstörung geführt hätte. Vielleicht liegt gerade darin der Grund, daß Stalin in der bürgerlichen Historiographie und Publizistik so vehement als “Verbrecher” diffamiert wird. Das ist verständlich, denn welche grandiosen Möglichkeiten hätte sich den in Deutschland an der Macht befindlichen Hitlerfaschisten und anderen imperialistischen Mächten geboten, wenn sich die Sowjetunion in einem Bürgerkrieg zerfleischt hätte! Und genau das hat Stalin verhindert! In Beschlüssen und Resolutionen der KPdSU (B) und der Komintern wurden die parteifeindlichen Gruppierungen einmütig verurteilt, so auch in den Reden Stalins auf dem Plenum des ZK der KPdSU (B) (3. und 5. März 1937) und im Rechenschaftsbericht an den XVIII. Parteitag (10. März 1939). Hier geht es aber um etwas anderes. Auf dem Plenum des ZK ging Stalin auf ernste Mängel in der Parteiarbeit ein, die die Tätigkeit von Partei- und Sowjetfeinden begünstigt haben. Erfolge in der sozialistischen Wirtschaft können Selbstzufriedenheit, ein übertriebenes Selbstbewußtsein erzeugen, zur Unterschätzung der Kräfte der politischen Feinde, zu politischer Blindheit führen. So entstünde eine Atmosphäre von Paradefeierlichkeiten, gegenseitigen Beglückwünschungen, Überheblichkeit und Sorglosigkeit. Es träte eine Atmosphäre ein, in der “die Menschen beginnen, solche unangenehmen Tatsachen zu übersehen wie die kapitalistische Umkreisung, die neuen Formen des Schädlingswesens, die mit unseren Erfolgen verbundenen Gefahren usw. Kapitalistische Umkreisung? Das ist doch Unsinn! ... Neue Formen des Schädlingswesens, Kampf gegen Trotzkismus? All das sind Lappalien! .... Merkwürdige Leute sitzen dort in Moskau, im ZK der Partei, denken irgendwelche Fragen aus, reden von irgendwelchem Schädlingswesen, schlafen selbst nicht und lassen andere nicht schlafen ...”205) Stalin bezeichnete die Auffassung, wonach der Klassenkampf im Zuge des sozialistischen Aufbaus “mehr und mehr erlöschen müsse”, als “faule Theorie”. Die “Reste der zerschlagenen Klassen in der UdSSR” würden nicht allein dastehen. “Sie genießen die direkte Unterstützung unserer Feinde jenseits dar Grenzen der UdSSR. Es wäre ein Irrtum anzunehmen, daß die Sphäre des Klassenkampfes sich auf das Gebiet der UdSSR beschränke.”206) Stalin ging auch auf die Methoden der Schädlingsarbeit ein. “Kein einziger Schädling” würde “fortwährend schädigen, ...” Dann wäre er schnell entlarvt. Von Zeit zu Zeit müsse er “Erfolge” in der Arbeit aufweisen, sich Vertrauen erschleichen. Die Schädlinge entfalten “ihre Schädlingsarbeit in vollem Umfang gewöhnlich nicht in Friedenszeiten, sondern in einer Periode unmittelbar vor dem Kriege oder während des Krieges selbst.”207) Dieser Satz ist sehr wichtig. Stalin hat ihn berücksichtigt, wie sich noch zeigen wird. Stalin verwies auf die konterrevolutionäre IV. Internationale, die zu zwei Dritteln aus Spionen und Diversanten bestehe. Wachsamkeit sei nach wie vor geboten. “Man muß erreichen, daß es überhaupt keine trotzkistischen Schädlinge in unseren Reihen gibt.”208) Im Falle eines Krieges ”werden das Hinterland und die Front unserer Armee, dank ihrer Homogenität und inneren Einheit, fester sein ... als in irgendeinem anderen Lande, woran die ausländischen Liebhaber kriegerischer Zusammenstöße denken sollten.”209) Um diese Festigkeit ging es Stalin, und, um hier vorzugreifen, die hat er erreicht, eine Festigkeit, die die faschistische Wehrmachtsführung einschließlich ihres Oberbefehlshaber Hitler, dem “größten Feldherren aller Zeiten” (GRÖFAZ!), bei ihrem Überfall auf die Sowjetunion nicht in Rechnung gestellt hatte. So wunderte sich der General Kurt von Tippelskirch nach dem Scheitern des “Blitzkrieges” und notierte in seinem Tagebuch: “Spionage, die in Ländern mit freier Wirtschaft unter dem Deckmantel einer harmlos erscheinenden wirtschaftlichen Scheintätigkeit ein leichtes Spiel hatte, fand in der zentral gelenkten Wirtschaft der Sowjetunion ... kein Betätigungsfeld ...” “Man stand einem Feind mit stahlhartem Willen gegenüber, der mit brutalem Einsatz der Kräfte und operativ nicht ohne Geschick führte....” Es wäre “schon zu erkennen: hier handelte es sich nicht darum, in schnellen Schlägen ein Kartenhaus zum Einsturz zu bringen. So leicht und planmäßig wie die früheren würde dieser Feldzug nicht verlaufen.”210) Der ehemalige Botschafter der USA in der Sowjetunion J.E. Davis schrieb, daß es bei der Invasion der Nazis hinter den russischen Linien keine “Arbeit im Innern” gegeben habe. “Es gab keinen sogenannten ‘inneren Angriff’ in Rußland im Kontakt mit dem deutschen Oberbefehl. Der Einmarsch in Prag 1939 vollzog sich unter aktiver militärischer Unterstützung durch die Organisation Henleins in der Tschechoslowakei. Dasselbe traf beim Einfall in Norwegen zu. Im heutigen Bilde der Sowjetunion fehlen die Sudeten Henleins, die slowakischen Tisos, die belgischen Degrelles und die norwegischen Quislinge.” In seinen Erinnerungen an seine Botschaftertätigkeit bis 1941 fand er heraus, “daß so gut wie alle Kniffe und Umtriebe der deutschen Fünften Kolonne, wie wir sie seither kennen gelernt haben, durch die Geständnisse und Zeugenaussagen jener Prozesse (1937/38 UH) gegen die ‘bekennenden‘ Quislinge Rußlands enthüllt und bloßgelegt worden sind. ... Es wurde mir klar, daß die Sowjetregierung vom Vorhandensein dieser Umtriebe überzeugt war, sich aufs höchste beunruhigt fühlte und daranging, sie energisch zu unterdrücken. Bis 1941, das heißt bis zum Einfall der Deutschen, hatten sie jede Spur der vorher organisierten Fünften Kolonne ausgelöscht.”211) In seinem Schlußwort auf dem Plenum des ZK der KPdSU (B) (3. und 5. März 1937) “über die Mängel in der Parteiarbeit”212) warnte Stalin vor einer Gefahr, die sich aus den Prozessen und Parteireinigungen ergaben, der Gefahr einer Schädlingspsychose. Es ginge darum, die “japanischen und deutschen Agenten des Trotzkismus” zu schlagen und zu vernichten, aber nicht diejenigen, “die irgendeinmal nach der Seite des Trotzkismus hin schwankten ...‚ die irgendeinmal in die Lage kamen, durch die Straße zu gehen, durch die irgendeinmal dieser oder jener Trotzkist gegangen ist ...” Es seien “solche Stimmen hier auf dem Plenum laut geworden.” Stalin forderte ein “individuelles, differenziertes Herangehen an die Menschen .... Man darf nicht alle über einen Kamm scheren. So ein summarisches Verfahren kann der Sache des Kampfes gegen die wirklichen trotzkistischen Schädlinge und Spione nur schaden.” Unter den verantwortlichen Genossen gäbe “es eine gewisse Anzahl ehemaliger Trotzkisten, die sich schon längst vom Trotzkismus abgewandt haben und den Kampf gegen den Trotzkismus nicht schlechter, ja besser führen als mancher unserer verehrten Genossen, die nie in die Lage gekommen sind, nach der Seite des Trotzkismus hin zu schwanken....” Es gäbe auch Genossen, die “ideologisch stets gegen den Trotzkismus eingestellt waren, aber trotzdem persönliche Beziehungen mit einzelnen Trotzkisten unterhielten, die sie unverzüglich abbrachen, sobald ihnen die wahre Physiognomie des Trotzkismus klargeworden war....”213) Diese Passagen Stalins verdeutlichen, daß in den 30er Jahren eine politisch-psychologisch angespannte Situation in der Sowjetunion herrschte, die man dem Kontext nach als “Schädlingspsychose” bezeichnen kann. Trotzki, Sinowjew und Bucharin hatten nicht wenige Anhänger in der Partei. Sie waren einst Mitglieder des Zentralkomitees, des Politbüros, bekleideten Spitzenfunktionen in der KPdSU (B) und in der Komintern. Es konnte doch nicht alles falsch sein, was sie gesagt haben! In den Mitgliederversammlungen gab es in dieser Zeit lebhafte politisch-ideologische Diskussionen. Die Politisierung der Sowjetgesellschaft war insgesamt hoch. Mit der Entlarvung und Zerschlagung der partei- und sowjetfeindlichen Gruppierungen waren die Anhänger des Trotzkismus nicht verschwunden, die ideologischen Einflüsse der Ideen Trotzkis und oder Bucharins auf nicht wenige Mitglieder und auch Funktionäre noch nicht überwunden. Hinzu kam ein weiterer Umstand. Wer bestimmte denn nun, wer ein wirklicher trotzkistischer Agent, Spion war, und wer nur in der einer oder anderen Frage noch trotzkistischen Überzeugungen nachhing oder sich tatsächlich längst vom Trotzkismus gelöst hatte. Ohne einer psychologisierenden Geschichtsschreibung das Wort zu reden, psychologische Momente, Charaktereigenschaften der Menschen, sind in solchen Situationen auch nicht zu vernachlässigen. Die Sowjetgesellschaft war noch immer eine Klassengesellschaft. Sie war aus einer mit noch starken feudalen Überresten durchsetzten kapitalistischen Gesellschaft hervorgegangen, erst zwanzig Jahre alt, eine in historischer Sicht sehr kleine Zeitspanne. Der Kapitalismus war in der NÖP noch gegenständlich vorhanden und von der kapitalistischen Umwelt gingen auch noch ideologische Impulse aus. Die Menschen in der Sowjetunion der 30er Jahre konnten sich den ganzen “alten Dreck” noch nicht vom Leibe schaffen, um mit Marx zu sprechen. Dies traf auch auf die Mitglieder und Funktionäre der KPdSU (B) zu. In einer solchen Atmosphäre konnte ein Genosse sehr schnell als “Trotzkist”, als “Schädling” “entlarvt” werden, der vielleicht irgendeine unqualifizierte Äußerung gemacht oder gar den Parteisekretär kritisiert hatte. War der Kritiker nicht früher schon ein Anhänger Trotzkis? Nun beweise mal, Genosse, daß Du kein Schädling bist! Stalin wußte, wovon er sprach. In einer solchen Atmosphäre konnten auch Unschuldige in die Mühlen der Justiz geraten und verurteilt werden. Stalin hat sich mehrfach gegen solche Exzesse gewandt, hat wiederholt verlangt, aus der Partei ausgeschlossene Mitglieder zu rehabilitieren und in die Reihen der Partei wieder aufzunehmen.212a) Es ergibt sich die Frage, wer ist denn nun verantwortlich für die Entstehung einer solchen “Schädlingspsychose”? Von der antikommunistischen Publizistik wird sie natürlich Stalin angelastet. Dieser Vorwurf hält einer historischen Analyse jedoch nicht stand. Von den imperialistischen Mächten wurde vom ersten Tag nach der Oktoberrevolution an eine in ihren Ausmaßen und Intensität in der bisherigen Geschichte unbekannte Diversionstätigkeit gegen Sowjetrußland, ab 1922 gegen die Sowjetunion durchgeführt. Dies ist aktenkundig. Churchill haßte die Sowjetmacht vom ersten Tage ihrer Existenz an, als Stalin international noch wenig bekannt war. Churchill war bemüht, Deutschland und die Sowjetunion gegeneinander zu hetzen, auch dies aktenkundig. Diese These des “sich gegenseitig totschlagen” wurde dann von Truman übernommen. Die Aggressionspolitik, deren Höhepunkt der Überfall des faschistischen deutschen Imperialismus auf die Sowjetunion 1941 war und die atomare Bedrohung durch den US-Imperialismus seit 1945 sind geschichtsnotorisch. Die imperialistischen Regierungen - direkt oder über “private” Organisationen - haben einen regelrechten Agenten-‚ Spionage- und Sabotagekrieg gegen die UdSSR geführt und haben versucht, auch in der KPdSU ihr Agentennetz aufzubauen, wobei sie sich auf die inneren Feinde in der Sowjetunion stützen konnten. Für die Situation in den 30er Jahren tragen die inneren und äußeren Feinde der Sowjetunion die volle Verantwortung. Stalins “Verbrechen” bestand darin, daß er dem dreckigen Spiel des deutsch-faschistischen, des englischen und US-amerikanischen Imperialismus einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht hat, daß er dieses Spiel durchschaut und ihm seine eigenen Regeln aufgedrückt hat. Abschließend zu diesem Kapital und kennzeichnend für die Situation in den 30er Jahren sei noch einmal Lenin zitiert aus seiner Schrift “Die proletarische Revolution und der Renegat Kautsky” aus dem Jahre 1918: “Der Übergang vom Kapitalismus zum Kommunismus umfaßt eine ganze geschichtliche Epoche. Solange sie nicht abgeschlossen ist, behalten die Ausbeuter unvermeidlich die Hoffnung auf eine Restauration, und diese Hoffnung verwandelt sich in Versuche der Restauration. Und nach der ersten ernsten Niederlage werfen sich die gestürzten Ausbeuter, die ihren Sturz nicht erwartet, an ihn nicht geglaubt, keinen Gedanken an ihn zugelassen haben, mit verzehnfachter Energie, mit rasender Leidenschaft, mit hundertfachem Haß in den Kampf für die Wiedererlangung des ihnen weggenommenen “Paradieses‚ für ihre Familien, die ein so schönes Leben geführt haben und die jetzt von dem ‘gemeinen Pack’ zu Ruin und Elend (oder zu ‘gewöhnlicher’ Arbeit...) verurteilt werden. Und hinter den kapitalistischen Ausbeutern trottet die breite Masse des Kleinbürgertums einher, von dem Jahrzehnte geschichtlicher Erfahrungen in allen Ländern bezeugen, daß es schwankt und wankt, daß es heute dem Proletariat folgt, morgen vor den Schwierigkeiten der Umwälzung zurückschreckt, bei der ersten Niederlage oder halben Niederlage der Arbeiter in Panik gerät, die Nerven verliert, sich hin und her wirft, wehklagt, aus einem Lager in das andere überläuft ... wie unsere Menschewiki und Sozialrevolutionäre. Und bei einer solchen Lage der Dinge, in der Epoche des verzweifelten, verschärften Kampfes, da die Geschichte Fragen des Seins oder Nichtseins jahrhunderte- und jahrtausendealter Privilegien auf die Tagesordnung setzt, von Mehrheit und Minderheit, von reiner Demokratie, von Gleichheit des Ausbeuters mit dem Ausgebeuteten zu reden, zu behaupten, die Diktatur sei nicht nötig - welch bodenlose Borniertheit, welcher Abgrund von Philistertum gehört dazu!“214 Ulrich Huar, Berlin Anhang
Plenum des ZK der KPdSU (B) - Januar 1938 Informatorische Mitteilung über das ordentliche Plenum des ZK der KPdSU (B) Vor einigen Tagen fand das ordentliche Plenum des Zentralkomitees der KPdSU (B) statt. Das Plenum behandelte die Fragen der Tagung des Obersten Sowjets der UdSSR und faßte entsprechende Beschlüsse. Das Plenum erörterte das Problem der „Fehler der Parteiorganisationen beim Ausschluß von Kommunisten aus der Partei, die formal-bürokratische Behandlung der Berufungen von aus der KPdSU (B) Ausgeschlossenen und Maßnahmen zur Beseitigung dieser Mängel“ und faßte einen entsprechenden Beschluß, der nachstehend veröffentlicht wird. Außerdem behandelte das Plenum des ZK eine Reihe von Wirtschaftsfragen und faßte entsprechende Beschlüsse. Das Plenum entband P.P. Postyschew von seiner Funktion als Kandidat des Politbüros des ZK der KPdSU (B). Das Plenum nahm den Sekretär des Moskauer Gebietskomitees der KPdSU (B) Gen. N.S. Chruschtschow als Kandidat für das Politbüro des ZK der KPdSU (B) und Gen L.S. Mechlis als Mitglied in das Organisationsbüro des ZK der KPdSU (B) auf. Über Fehler der Parteiorganisationen beim Ausschluß von Kommunisten aus der Partei, über die formal-bürokratische Behandlung der Berufung von aus der KPdSU (B) Ausgeschlossenen und Maßnahmen zur Beseitigung dieser Mängel (Beschluß des Plenums des ZK der KPdSU (B)) Das Plenum des ZK der KPdSU (B) hält es für notwendig, daß Augenmerk der Parteiorganisationen und ihrer Leiter darauf zu lenken, daß bei der großen Arbeit zur Säuberung ihrer Reihen von trotzkistischen rechten Agenten des Faschismus ernste Fehler und Entstellungen begangen wurden, welche die Reinigung der Partei von Doppelzünglern, Spionen und Schädlingen behindern. Trotz mehrmaliger Hinweise und Warnungen des ZK der KPdSU (B) handhaben die Parteiorganisationen in vielen Fällen den Ausschluß von Kommunisten aus der Partei völlig falsch und mit verbrecherischer Leichtfertigkeit. Das ZK der KPdSU (B) hat mehrmals von den Parteiorganisationen und ihren Leitern verlangt, daß sie bei der Entscheidung über den Parteiausschluß oder der Wiederaufnahme von zu Unrecht aus der KPdSU(B) Ausgeschlossenen in die Partei die Parteimitglieder aufmerksam und individuell zu behandeln haben. Das Plenum des ZK der KPdSU (B) hat in seinem Beschluß vom 5. März 1937 zum Referat des Genossen Stalin „Über die Mängel der Parteiarbeit und die Maßnahmen zur Liquidierung der trotzkistischen und anderer Doppelzüngler“ auf folgendes hingewiesen: „Einigen unserer leitenden Parteifunktionäre mangelt es an der nötigen Aufmerksamkeit gegenüber den Menschen, den Parteimitgliedern, den Funktionären. Mehr noch, sie beschäftigen sich nicht mit den Funktionären, wissen nicht, wie sie denken und wie sie sich entwickeln, sie kennen ihre Kader überhaupt nicht. Gerade deshalb gibt es bei ihnen keine individuelle Behandlung der Parteimitglieder und -funktionäre. Die individuelle Behandlung aber ist die Hauptsache in unserer organisatorischen Arbeit. Und gerade weil sie nicht individuell die Parteimitglieder und -funktionäre beurteilen, handeln sie gewöhnlich aufs Geratewohl: entweder sie loben sie grundlos und maßlos oder sie verprügeln sie ebenso grundlos und maßlos und schließen sie zu Tausenden und Zehntausenden aus der Partei aus. Einige unserer leitenden Parteifunktionäre suchen überhaupt in Zehntausenden zu denken, ohne sich um den ‘Einzelnen’, um die einzelnen Parteimitglieder und um deren Schicksal zu kümmern. Tausende und Zehntausende von Menschen aus der Partei auszuschließen, halten sie für eine Kleinigkeit, und sie trösten sich damit, daß unsere Partei groß genug ist und daß Zehntausende von Ausgeschlossenen an der Lage der Partei nicht das geringste ändern können. Aber so können sich nur solche Menschen zu Parteimitgliedern verhalten, die dem Wesen der Sache nach zutiefst parteifeindlich sind. Durch ein solches herzloses Verhalten zu den Menschen, den Parteimitgliedern und -funktionären wird künstlich Unzufriedenheit und Erbitterung in einem Teil der Partei geschaffen. Es ist klar, daß die trotzkistischen Doppelzüngler solche verbitterten Genossen leicht für sich gewinnen und sie geschickt zu sich in den Sumpf trotzkistischer Schädlingsarbeit ziehen können.“ In dem gleichen Beschluß des Plenums des ZK der KPdSU (B) heißt es weiter: „Die Praxis des formalen und herzlos bürokratischen Verhaltens zum Schicksal der einzelnen Parteimitglieder, zum Ausschluß von Mitgliedern aus der Partei oder zur Wiederaufnahme von Ausgeschlossenen ist scharf zu verurteilen. Die Parteiorganisationen werden verpflichtet, ein Maximum an Vorsicht und kameradschaftlicher Sorge bei der Entscheidung über den Ausschluß aus der Partei oder über die Wiederaufnahme von Ausgeschlossenen aus der Partei walten zu lassen.“ Im Brief vom 2. Juni 1936 „Über Fehler bei der Überprüfung der Berufungen derjenigen, die während der Überprüfung und während des Umtausches der Parteidokumente ausgeschlossen wurden“, hat das ZK der KPdSU (B) auf das leichtfertige und in einer Reihe von Fällen herzlos beamtenmäßige Verhalten von Parteiorganen bei der Prüfung der Berufungen von aus der Partei Ausgeschlossenen hingewiesen: „Entgegen den Anweisungen des ZK“, heißt es in diesem Brief, „werden die Berufungen Ausgeschlossener höchst langsam geprüft. Viele Ausgeschlossene bemühen sich monatelang, die Behandlung der von ihnen eingereichten Bemerkungen zu erreichen. Eine große Anzahl von Berufungen wird behandelt, ohne mit den betreffenden persönlich Fühlung zu nehmen, ohne die Erklärungen der Einspruch Erhebender zu prüfen, ohne letzteren die Möglichkeit zu gewähren, die Gründe für den Parteiausschluß ausführlich darzulegen. In einer Reihe von Rayon-Parteiorganisationen wurde eine ganz unzulässige Willkür gegenüber den aus der Partei Ausgeschlossenen geduldet. Mitglieder, die wegen Verschleierung ihrer sozialen Herkunft und wegen Passivität, jedoch nicht wegen feindlicher Tätigkeit gegen die Partei und die Sowjetmacht aus der Partei ausgeschlossen waren, verloren automatisch ihre Arbeit, ihre Wohnung u.dgl.m.. Auf diese Weise spielten die leitenden Funktionäre dieser Parteiorganisationen, weil sie sich die Richtlinien der Partei über die bolschewistische Wachsamkeit nicht wirklich zu eigen gemacht hatten, durch ihre formal-bürokratische Einstellung zur Behandlung der Berufungen von Mitgliedern, die bei der Überprüfung der Parteidokumente ausgeschlossen worden waren, den Parteifeinden in die Hände.“ Man sieht, den örtlichen Parteiorganisationen wurden warnende Hinweise gegeben. Und dennoch, trotz alledem, verharren viele Parteiorganisationen und ihre Leiter weiterhin bei ihrer formalen und herzlos bürokratischen Einstellung zum Schicksal der einzelnen Parteimitglieder. Es sind nicht wenige Tatsachen bekannt, daß Parteiorganisationen ohne irgendeine Überprüfung und folglich unbegründet Kommunisten aus der Partei ausschließen, ihnen die Arbeit nehmen, sie oft sogar völlig grundlos zu Volksfeinden erklären, Gesetzwidrigkeiten begehen und gegenüber den Parteimitgliedern ganz willkürlich verfahren. So gibt es folgende Beispiele: das ZK der KP (B) Aserbaidshans bestätigte auf einer einzigen Sitzung am 5. November 1937 mechanisch den Ausschluß von 279 Personen aus der Partei; das Stalingrader Gebietskomitee bestätigte am 26. November der Ausschluß vor 69 Personen; das Gebietskomitee von Nowosibirsk bestätigte am 28. November mechanisch die Beschlüsse der Rayonkomitees der KPdSU (B) über den Ausschluß von 72 Personen aus der Partei; in der Regionsparteiorganisation von Ordshonikidse hat das Parteikollegium der Kommission für Parteikontrolle beim ZK der KPdSU (B) die Beschlüsse über den Ausschluß von 101 Kommunisten von 160 Personen, die Berufung eingelegt hatten, als falsch und völlig unbegründet aufgehoben; in der Nowosibirsker Parteiorganisation mußten ebenso 51 Beschlüsse von 80 aufgehoben werden; in der Rostower Parteiorganisation wurden 43 Beschlüsse von 66 aufgehoben; in der Stalingrader Parteiorganisation 58 von 103; in der Saratower 80 von 134; in der Kursker Parteiorganisation 56 von 92, in der Organisation von Winniza 164 von 337 usw.. In vielen Rayons des Charkower Gebiets gibt es unter dem Vorwand der „Wachsamkeit“ zahlreiche Fälle ungesetzlicher Entlassungen und Weigerungen, den aus der Partei ausgeschlossener und parteilosen Funktionären Arbeit zu geben. Im Rayon Smijewo wurden im Oktober und November 1937 36 Lehrer grundlos entlassen und weitere 42 für die Entlassung vorgesehen. Infolgedessen werden in den Schulen der Dörfer Taranowka, Samostjashnoje, Skrypajewka und anderen kein Unterricht in Geschichte, Verfassung der UdSSR, Russisch, Ukrainisch und Fremdsprachen erteilt. In der Stadt Smijewo erteilte den Biologieunterricht in der Oberschule die Lehrerin Shurko, 1904 geboren, Tochter eines Kollektivbauern, 8 Jahre pädagogische Dienstzeit; sie hat 4 Jahre am Fernstudium des Pädagogischen Instituts teilgenommen. In der Lokalzeitung erschien eine Notiz, daß ihr Bruder, der als Pädagoge in der Stadt Isjum arbeitet, Nationalist sei. Das genügte, um die Genn. Shurko zu entlassen. Im Zusammenhang mit der Entlassung der Genn. Shurko wurde ihrem Mann das politische Mißtrauen ausgesprochen und auch die Frage seiner Entlassung aufgeworfen. Bei der Überprüfung stellte sich jedoch heraus, daß die Notiz über den Bruder der Genn. Shurko eine Verleumdung darstellte und dieser nicht entlassen worden war. In der Stadt Charkow wurde die Funktionärin des Betriebskomitees des „Tinjakow“-Werkes, Genn. Einhorn, in der Angelegenheit der verhafteten Trotzkistin Gorskaja von den Organen des Volkskommissariats für Innere Angelegenheiten als Zeugin verhört. Über die Aufforderung, zum Volkskommissariat für innere Angelegenheiten zu kommen, machte sie dem Leiter der Kaderabteilung, Semenkow, Mitteilung, der sogleich danach im Parteikomitee des Werks die Frage nach den Verbindungen der Genn. Einhorn zu der Trotzkistin Gorskaja stellte. Darauf hin wurde die Genn. Einhorn ihrer Funktion im Betriebskomitee enthoben und entlassen. Der Ehemann der Schwester der Genn. Einhorn, der in der Redaktion der Lokalzeitung arbeitete, wurde entlassen, weil er „keine Mitteilung über die Verbindungen der Schwester seiner Frau mit Trotzkisten gemacht“ habe! Das Kursker Gebietskomitee der KPdSU (B) hat die Vorsitzende des Betriebskomitees der Zuckerfabrik von Dmitro-Taranowo, die Genossin Iwantschenkowa, ohne jegliche Überprüfung und ohne persönliche Rücksprache aus der Partei ausgeschlossen und ihre Verhaftung durchgesetzt, indem es ihr die bewußte konterrevolutionäre Vorbereitung des Auftretens des parteilosen Arbeiters Kulinitschenko auf der Wahlversammlung für den Obersten Sowjet der UdSSR zuschrieb. Bei der Überprüfung wurde festgestellt, daß die ganze „Schuld“ der Genossin Iwantschenkowa darin bestand, daß der parteilose Arbeiter Kulinitschenko auf der Wahlversammlung, nachdem er von seinem Leben erzählt hatte, bei seiner Rede aus dem Konzept geriet und vergaß, den Familiennamen des Kandidaten für den Obersten Sowjet zu nennen. In vielen Rayons des Gebiets Kuibyschew wurde eine große Anzahl von Kommunisten mit der Begründung aus der Partei ausgeschlossen, daß sie Volksfeinde seien. Allein die Organe des Volkskommissariats für innere Angelegenheiten finden keinerlei Grund zur Verhaftung dieser aus der Partei Ausgeschlossenen. Zum Beispiel schloß das Rayonkomitee der KPdSU (B) Bolschoje Tschernigowo 50 Personen von den insgesamt 210 Kommunisten, die der Rayon-Perteiorganisation angehören, aus der Partei aus und erklärte sie zu Volksfeinden, während die Organe des Volkskommissariats für Inneres bei 43 dieser Ausgeschlossenen keinen Grund für eine Verhaftung fanden. Im Parteikollegium der Kommission für Parteikontrolle im ZK der KPdSU (B) für das Gebiet Kuibyschew erscheinen viele von den Rayonkomitees der KPdSU (B) als Volksfeinde Ausgeschlossenen mit der Forderung, sie entweder zu verhaften oder das Schandmal von ihnen zu nehmen. Das ZK der KPdSU (B) verfügt über Angaben, daß es solche Tatsachen auch in anderen Parteiorganisationen gibt. Das Plenum des ZK der KPdSU (B) ist der Meinung, daß alle diese und ähnliche Tatsachen in den Parteiorganisationen vor allem deshalb verbreitet sind, weil es unter den Kommunisten einzelne noch nicht entdeckte und entlarvte Kommunisten gibt, die Karrieristen sind, die bestrebt sind, sich durch Parteiausschlüsse und durch Repressalien gegen Parteimitglieder auszuzeichnen und hervorzutun, die bestrebt sind, sich vor möglichen Anschuldigungen über Mangel an Wachsamkeit durch Anwendung von wahllosen Repressalien gegen Parteimitglieder zu sichern. Ein solcher karrieristisch eingestellter Kommunist glaubt, daß, wenn einmal gegen ein Parteimitglied eine Beschuldigung erhoben ist, auch dann, wenn diese eine falsche oder sogar provokatorische ist, dieses Mitglied für die Organisation gefährlich ist und man es möglichst schnell loswerden muß, um die eigene Wachsamkeit zu beweisen und sich dadurch zu sichern. Deshalb hält er es für überflüssig, die gegen den Kommunisten vorgebrachten Anschuldigungen objektiv zu prüfen und entscheidet die Notwendigkeit seines Ausschlusses aus der Partei bereits vorher. Ein solcher karrieristisch eingestellter Kommunist, der sich hervortun will, verbreitet ohne jede Überprüfung Panik wegen Volksfeinden und erreicht durch sein Schreien in Parteiversammlungen mit Leichtigkeit unter irgendeiner formalen Begründung oder ganz ohne eine solche den Ausschluß von Parteimitgliedern. Die Parteiorganisationen stehen oft völlig unter dem Einfluß solcher karrieristischer Schreier. Einem solchen Karrieristen ist das Schicksal der Parteimitglieder gleichgültig; er ist bereit, wissentlich Dutzende von Kommunisten zu Unrecht aus der Partei auszuschließen, um selbst als wachsam zu gelten. Er ist bereit, Parteimitglieder wegen geringfügiger Vergehen aus der Partei auszuschließen, um sich „Verdienste“ bei der Entlarvung von Feinden zuzuschreiben. Wenn aber die übergeordneten Parteiorgane die zu Unrecht aus der Partei Ausgeschlossenen rehabilitieren, ist er nicht im geringsten bestürzt, sondern nimmt die Pose eines Menschen an, der zufrieden ist, daß er sich auf jeden Fall in bezug auf die „Wachsamkeit“ rückversichert hat. Die Parteiorganisationen und ihre Leiter umgeben oft selbst solche „Kommunisten“ mit der Aureole von wachsamen Kämpfern für die Reinheit der Partei, anstatt ihnen die Maske ihrer heuchlerischen Wachsamkeit vom Gesicht zu reißen und sie zu entlarven. Es ist an der Zeit, solche, mit Verlaub zu sagen, Kommunisten zu entlarven und sie als Karrieristen zu brandmarken, die bestrebt sind, sich durch Parteiausschlüsse einzuschmeicheln, die bestrebt sind, sich durch Repressalien gegenüber Parteimitgliedern rückzuversichern. Es sind weiterhin viele Tatsachen bekannt, daß getarnte Volksfeinde und doppelzünglerische Schädlinge in provokatorischer Absicht die Eingabe von verleumderischen Beschuldigungen gegen Parteimitglieder organisieren und unter dem Vorwand der Entfaltung der Wachsamkeit den Ausschluß von ehrlichen und der Partei ergebenen Kommunisten aus der KPdSU (B) anstreben, um so den Schlag von sich selbst abzulenken und sich selbst in der Partei zu halten.. Der entlarvte Volksfeind, der frühere Leiter des OPRO des Rostower Gebietskomitees der KPdSU (B), Schazki, und seine Komplicen nutzten die politische Kurzsichtigkeit der führenden Funktionäre des Rostower Gebietskomitees der KPdSU (B) dazu aus, ehrliche Kommunisten aus der Partei auszuschließen, den Funktionären wissentlich ungerechte Strafen aufzuerlegen und die Kommunisten auf jede Art zu verbittern. Gleichzeitig unternahmen sie alles nur irgend Mögliche, um ihre konterrevolutionären Kader in der Partei zu halten. In demselben Gebiet, in Rostow, veranlaßte die frühere Leiterin der Abteilung Schulen des Rostower Gebietskomitees der KPdSU (B), die Volksfeindin Schestowa, im Auftrag einer konterrevolutionären Organisation in der Parteiorganisation des Rostower Pädagogischen Instituts den Ausschluß von ungefähr 30 ehrlichen Kommunisten aus der Partei. Der frühere Sekretär des Kiewer Gebietskomitees der KP (B) der Ukraine, der Volksfeind Kudrjawzew, stellte in den Parteiversammlungen den sich zu Wort meldenden Kommunisten regelmäßig die provokatorische Frage: „Haben Sie denn wenigstens über jemand eine Erklärung abgegeben?“ Infolge dieser Provokation wurden in Kiew beinahe über die Hälfte der Mitglieder der Stadtparteiorganisation politisch kompromittierende Erklärungen abgegeben, wobei sich die Mehrzahl der Erklärungen als offensichtlich falsch und sogar provokatorisch erwies. Die heute als feindlich entlarvte Leitung des Rayonparteikomitees des „Barrikaden“-Viertels der Stadt Stalingrad hat das seit 1917 der Partei angehörende Mitglied Mochnatkin, einen ehemaligen roten Partisanen, den Leiter einer der größten Abteilungen des Werkes „Rote Barrikaden“ wegen „antisowjetischer Äußerungen“ provokatorisch aus der Partei ausgeschlossen und seine Verhaftung herbeigeführt. Wie sich bei der Überprüfung herausstellte, bestanden diese „antisowjetischen Äußerungen“ darin, daß Gen. Mochnatkin in einem Gespräch mit Genossen seine Unzufriedenheit darüber geäußert hatte, wie herzlos der Dorfsowjet die Kinder des während des Bürgerkrieges im Kampf gegen die Weißen gefallenen Kommandeurs der Partisanenabteilung behandelte, in der Mochnatkin Adjutant des Kommandeurs gewesen war. Gen. Mochnatkin wurde erst durch das Einschreiten der Kommission für Parteikontrolle beim ZK der KPdSU (B) wieder aufgenommen. Solche Beispiele provokatorischer Tätigkeit von Parteifeinden, die sich in den Parteiapparat eingeschlichen haben, gibt es auch in den Parteiorganisationen von Woronesh, Krasnodar, Tscheljabinsk und anderer Städte. Alle diese Tatsachen zeigen, daß viele unserer Parteiorganisationen und ihre Leiter es bis jetzt noch nicht verstanden haben, den geschickt getarnten Feind zu erkennen und zu entlarven, der erstens seine feindliche Einstellung mit Geschrei über Wachsamkeit zu tarnen und sich in der Partei zu halten versucht und der sich zweitens bemüht, durch Repressalien unsere bolschewistischen Kader zu zerschlagen und Unsicherheit und unnötiges Mißtrauen in unseren Reihen zu säen. Ein solcher getarnter Feind ist ein übler Verräter und Verleumder, er schreit gewöhnlich am lautesten über Wachsamkeit und beeilt sich, möglichst viele zu „entlarven“, und er tut dies alles, um seine eigenen Verbrechen vor der Partei zu verbergen und die Aufmerksamkeit der Parteiorganisation von der Entlarvung der wirklichen Volksfeinde abzulenken. Ein solcher getarnter Feind ist ein elender Doppelzüngler, der sich auf jede Weise bemüht, in den Parteiorganisationen eine Atmosphäre unnötigen Mißtrauens zu schaffen, in der man jedes Parteimitglied, das einen anderen von irgend jemand verleumdeten Kommunisten verteidigt, sogleich fehlender Wachsamkeit und der Verbindung mit Volksfeinden beschuldigt. Ein solcher getarnter Feind ist ein frecher Provokateur, der in den Fällen, wo die Parteiorganisation eine gegen einen Kommunisten erhobene Beschuldigung nachzuprüfen beginnt, auf jede Weise eine gespannte Situation für diese Überprüfung, eine Atmosphäre politischen Argwohns um diesen Genossen schafft und dadurch anstelle einer objektiven Behandlung dieser Angelegenheit einen Strom neuer Anzeigen gegen ihn organisiert. Statt daß die Parteiorganisationen und ihre Leiter die provokatorische Tätigkeit eines solchen getarnten Feindes entlarven und brandmarken, lassen sie sich oft von ihm ins Schlepptau nehmen, schaffen für ihn eine Lage, in der die Verleumdung ehrlicher Kommunisten ungestraft bleibt, und gehen selbst dazu über, massenhaft unbegründete Parteiausschlüsse vorzunehmen, Strafen aufzuerlegen und dergleichen mehr. Mehr noch, selbst nach der Entlarvung von Feinden, die sich eingeschlichen haben und ehrliche Kommunisten verleumden, ergreifen unsere leitenden Parteifunktionäre häufig keine Maßnahmen, um die Folgen zu beseitigen, zu denen die Schädlingsarbeit in den Parteiorganisationen hinsichtlich der unrechtmäßigen Ausschlüsse von Kommunisten aus der Partei geführt hat. Es ist für alle Parteiorganisationen und deren Leiter die höchste Zeit, den getarnten Feind, der sich in unsere Reihen eingeschlichen hat und seine feindselige Haltung hinter scheinheiligem Geschrei über Wachsamkeit zu verbergen und sich in der Partei zu halten sucht, um in ihr seine gemeine Verräterarbeit fortzusetzen, zu entlarven und auszurotten. Wodurch ist zu erklären, daß unsere Parteiorganisationen bis jetzt weder die Karrieristen entlarvt und gebrandmarkt haben, die sich durch Parteiausschlüsse hervorzutun und in den Vordergrund zu schieben suchen, noch auch die getarnten Feinde in der Partei, die hinter Geschrei über Wachsamkeit ihre feindliche Haltung zu verbergen und sich in der Partei zu halten suchen, die sich bemühen, durch Anwendung von Repressalien unsere bolschewistischen Kader zu zerschlagen und unnötiges Mißtrauen in unseren Reihen zu säen? Das ist zu erklären aus der verbrecherisch leichtfertigen Einstellung zum Schicksal der Parteimitglieder. Allen ist bekannt, daß sich viele unserer leitenden Parteifunktionäre als politisch kurzsichtige, prinzipienlose Praktiker erwiesen haben, daß sie den Volksfeinden und Karrieristen ermöglichten, sie hinters Licht zu führen, daß sie leichtfertig zweitrangigen Funktionären die Entscheidung von Fragen überließen, die das Schicksal von Parteimitgliedern betrafen, und daß sie es in verbrecherischer Weise unterließen, diese Angelegenheit zu leiten. Die Gebietskomitees, Regionskomitees, die Zentralkomitees der nationalen Kommunistischen Parteien und ihre Leiter versäumen es nicht nur, die parteifeindliche und dem Bolschewismus fremde Praxis beim Ausschluß von Kommunisten aus der Partei zu korrigieren, sondern tragen häufig selbst durch ihre falsche Leitung zu diesem formalen und herzlos bürokratischen Verhältnis zu den Parteimitgliedern bei und schaffen damit einen günstigen Nährboden für Karrieristen und getarnte Parteifeinde. Es hat keinen einzigen Fall gegeben, daß Gebietskomitees, Regionskomitees und Zentralkomitees der nationalen Kommunistischen Parteien nach Klärung einer Angelegenheit die Praxis der unterschiedslosen und summarischen Behandlung von Parteimitgliedern verurteilt und die Leiter der örtlichen Parteiorganisationen für den unbegründeten und unrechtmäßigen Ausschluß von Kommunisten aus der Partei zur Verantwortung gezogen hätten. Die Leiter der Parteiorganisationen sind der naiven Meinung, daß die Korrektur der Fehler in bezug auf die unrechtmäßig Ausgeschlossenen die Autorität der Partei untergraben und der Entlarvung der Volksfeinde schaden könne. Sie verstehen nicht, daß jeder Fall eines unrechtmäßigen Parteiausschlusses Wasser auf die Mühle der Parteifeinde ist. In vielen Gebiets- und Regionsorganisationen liegt eine große Anzahl von ungeprüften Berufungen vor, die überhaupt nicht behandelt werden. Im Gebiet Rostow sind mehr als 2.500 Berufungen nicht überprüft, in der Region Krasnodar 2.000, im Gebiet Smolensk 2.300, im Gebiet Woronesh 1.200, im Gebiet Saratow 500 usw.. Die Gebietskomitees, Regionskomitees und die Zentralkomitees der nationalen Kommunistischen Parteien, die es ablehnten, Berufungen von Ausgeschlossenen zu überprüfen, haben die Beschlüsse der Rayon- und Stadtkomitees der KPdSU (B) in dieser Frage, entgegen dem Parteistatut, in unwiderrufliche und endgültige Beschlüsse verwandelt. Alles dies bedeutet, daß die Gebietskomitees, Regionskomitees und die Zentralkomitees der nationalen Kommunistischen Parteien es in Wirklichkeit unterlassen haben, die Tätigkeit der örtlichen Parteiorganisationen in einer überaus wichtigen und brennenden Frage, in der Frage des Schicksals von Parteimitgliedern, zu leiten, daß sie die Entscheidung dieser Frage dem Selbstlauf und häufig der Willkür überlassen haben. Die Gebietskomitees, Regionskomitees und die Zentralkomitees der nationalen Kommunistischen Parteien fördern selbst die Praxis der massenweisen, unterschiedslosen Parteiausschlüsse, indem sie diejenigen leitenden Parteifunktionäre straflos ausgehen lassen, den Kommunisten gegenüber willkürlich verfahren. Es ist an der Zeit, mit dem den Bolschewiki fremden, formalen und herzlos bürokratischen Verhalten zu den Menschen, den Parteimitgliedern Schluß zu machen. Es ist an der Zeit zu verstehen, daß: „... die Partei zu einer sehr bedeutenden und ernsten Angelegenheit für das Parteimitglied geworden ist und die Mitgliedschaft in der Partei oder der Parteiausschluß ein großer Umschwung im Leben des Menschen ist.“ Es ist an der Zeit zu verstehen, daß: „... für die einfachen Parteimitglieder das Verbleiben in der Partei oder der Parteiausschluß eine Frage auf Leben und Tod ...“ ist (Stalin). Es ist an der Zeit zu begreifen, daß das Wesen der bolschewistischen Wachsamkeit darin besteht, daß man es versteht, den Feind zu entlarven, so listig und geschickt er auch sein mag, in welches Gewand er sich auch hüllen mag, und nicht darin, wahllos oder „auf alle Fälle“ alle, die einem in die Hände fallen, zu Dutzenden und Hunderten aus der Partei auszuschließen. Es ist an der Zeit zu begreifen, daß die bolschewistische Wachsamkeit ein Maximum an Vorsicht und kameradschaftlicher Sorge bei der Entscheidung von Fragen des Parteiausschlusses oder der Wiederaufnahme in die Partei nicht nur nicht ausschließt, sondern im Gegenteil voraussetzt. Das Plenum des ZK der KPdSU (B) fordert von allen Parteiorganisationen und ihren Leitern, daß sie die bolschewistische Wachsamkeit der Massen der Parteimitglieder im höchsten Grad verstärken, daß sie alle freiwilligen und unfreiwilligen Parteifeinde entlarven und ausmerzen. Das Plenum des ZK der KPdSU (B) hält die völlige Liquidierung der die Partei schädigenden Praxis der unterschiedslosen, nicht individuellen und summarischen Behandlung der Menschen, der Parteimitglieder für die wichtigste Voraussetzung zur erfolgreichen Lösung dieser Aufgabe. Das Plenum des ZK der KPdSU (B) beschließt: Die Gebietskomitees, Regionskomitees, die Zentralkomitees der nationalen Kommunistischen Parteien und alle Parteiorganisationen werden verpflichtet, endgültig Schluß zu machen mit den rnassenweisen wahllosen Parteiausschlüssen und eine wirklich individuelle, differenzierte Behandlung bei der Entscheidung über den Parteiausschluß oder die Wiederaufnahme von Mitgliedern herbeizuführen. Die Gebietskomitees, Regionskomitees und die Zentralkomitees der nationalen Kommunistischen Parteien werden verpflichtet, diejenigen leitenden Parteifunktionäre ihrer Funktionen zu entheben und seitens der Partei zur Verantwortung zu ziehen, die die Direktiven des ZK der KPdSU (B) nicht erfüllen, Mitglieder und Kandidaten der KPdSU (B) ohne sorgfältige Überprüfung aller Materialien aus der Partei ausschließen und Willkürhandlungen gegenüber den Parteimitgliedern begehen. Die Gebietskomitees, Regionskomitees, die Zentralkomitees der nationalen Kommunistischen Parteien und die Parteikollegien der Kommission für Parteikontrolle beim ZK der KPdSU (B) werden beauftragt, innerhalb von 3 Monaten die Überprüfung der Berufungen aller aus der Partei Ausgeschlossenen abzuschließen. Alle Parteikomitees werden verpflichtet, in ihren Beschlüssen über den Ausschluß von Kommunisten aus der Partei klar und genau die Motive darzulegen, die als Begründung für den Ausschluß gedient haben, damit die übergeordneten Parteiorgane die Möglichkeit haben, die Richtigkeit dieser Beschlüsse zu überprüfen. Jeder solcher Beschluß eines Rayon-, Stadt- oder Gebietekomitees bzw. eines Zentralkomitees einer nationalen Kommunistischen Partei ist unbedingt in der Presse zu veröffentlichen. Es wird festgelegt, daß die Parteiorgane bei der Wiederaufnahme von Parteimitgliedern, die von den örtlichen Parteiorganisationen zu Unrecht ausgeschlossen wurden, verpflichtet sind, in ihren Beschlüssen genau anzugeben, welches Rayon- oder Stadtkomitee der KPdSU (B) dem Wiederaufgenommenen die Parteidokumente auszuhändigen hat. Die Rayon- und Stadtkomitees der Partei werden verpflichtet, den Wiederaufgenommenen unverzüglich die Parteidokumente auszuhändigen, sie zur Teilnahme an der Parteiarbeit heranzuziehen und allen Mitgliedern der Grundorganisationen klarzumachen, daß sie für die bolschewistische Erziehung der in die KPdSU (B) Wiederaufgenommenen verantwortlich sind. Die Parteiorganisationen werden verpflichtet, Personen vor der Partei zur Verantwortung zu ziehen, die sich der Verleumdung von Parteimitgliedern schuldig gemacht haben, diese Parteimitglieder völlig zu rehabilitieren und in den Fällen ihre Beschlüsse in der Presse zu veröffentlichen, in denen vorher diskreditierendes Material über diese Parteimitglieder erschienen war. Den Parteiorganisationen wird verboten, den Ausschluß eines Kommunisten aus der Partei vor der Überprüfung der Berufung und vor dem Zustandekommen eines endgültigen Beschlusses über den Ausschluß in die Registrierkarte einzutragen. Die falsche und schädliche Praxis, die aus der KPdSU (B) Ausgeschlossenen sofort aus ihrer Arbeit zu entlassen, wird verboten. Es wird angeordnet, daß in all den Fällen, in denen es sich im Zusammenhang mit dem Ausschluß aus der KPdSU (B) als notwendig erweist, den Funktionär seiner Stellung zu entheben, diese Entlassung nur vorgenommen werden kann, nachdem ihm eine andere Arbeit nachgewiesen wurde. Die Gebiets- und Regionskomitees sowie die Zentralkomitees der nationalen Kommunistischen Parteien werden verpflichtet, über die entsprechenden Sowjet- und Wirtschaftsorgane dafür zu sorgen, daß die aus der KPdSU (B) Ausgeschlossenen bis spätestens 15. Februar 1938 eine Arbeit aufnehmen, und in Zukunft nicht mehr zu dulden, daß aus der KPdSU (B) Ausgeschlossene ohne Arbeit bleiben. „Prawda“ Nr. 19, 19. Januar 1938; Quelle: Die Kommunistische Partei der Sowjetunion und Resolutionen und Beschlüssen der Parteitage, Konferenzen und Plenen des ZK. Band IX, Berlin 1957. Anmerkungen (Quellennachweise)
1.) Leo Trotzki: Mein Leben. Versuch einer Autobiographie. Berlin 1990, S. 521 - 530. 2.) Ebd. S. 521. 3.) Ebd. S. 522. 4.) Ebd. 5.) Ebd. 6.) Ebd. 7.) Ebd. 8.) Ebd. S. 523. 9.) Siehe Kurt Gossweiler: Betrachtungen zum deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakt von 1939. In: Kurt Gossweiler: Wider den Revi-sionismus. München 1997, S. 167 - 191. 10.) Trotzki: Mein Leben, a.a.O., S. 523. 11.) Ebd. S. 524. 12.) Ebd. S. 525. 13.) Ebd. S. 527 f. 14.) Lenin: Brief an den Parteitag, 22. Dezember 1922. In: LW 36/579. 15.) Zu Bucharin siehe Ulrich Huar: Stalin als Theoretiker des Marxismus-Leninismus, Teil II-2, Beiträge zur politischen Ökonomie des Sozialismus. In: Schriftenreihe für marxistisch-leninistische Bildung der Kommunistischen Partei Deutschlands, Heft Nr. 86/II-2, Berlin, August 2002, S. 3 - 10. (im weiteren “Schriftenreihe...” genannt.). Der Bucharin-Biograph A.G. Löwy verweist darauf, daß es ihm unmöglich war, aus den ihm “zur Verfügung stehenden Quellen verläßliche Daten über Bucharins Leben zu entnehmen. In der westlichen Literatur fanden sich nur die widersprüchlichsten Angaben über seine Le-bensweise...”, so daß er das “erforderliche Quellenstudium” durch Gespräche aus dem persönlichen Bekanntenkreis Bucharins er-gänzen” mußte. Solche in Gesprächen er-worbenen Kenntnisse dürften nicht frei von Subjektivismus sein und sind nur mit Vorsicht zu berücksichtigen. A.G. Löwy: Die Welt-geschichte ist das Weltgericht. Leben und Werk Nikolai Bucharins. Wien 1990, S. 8. 16.) LW 26/464. 17.) Oh.L. Montesquieu: Vom Geist der Gesetze. Buch XIV - XVIII, hrsg. von K. Weigand. Stuttgart 1965, S. 221. 18.) Die Wahrheit über Stalin. Gespräch mit Richard Iwanowitsch Kosolapow. In: Schrif-tenreihe... Berlin, September, Heft Nr. 45 S. 23. Die Kommunistische Partei der Sowjetunion in Resolutionen und Beschlüssen der Parteitage, Konferenzen und Plenen des ZK, Band IX. Berlin 1957, S. 229 - 244. (im weiteren KPdSU in R. u. B. genannt.) 19.) Isaak Deutscher: Stalin. Eine politische Biographie. Berlin 1990, S. 377. 20.) Ebd. S. 378. 21.) LW 21/345. 22.) LW 23/52. 23.) Ebd. S. 74. 24.) Ebd. S. 92. 25.) Ebd. S. 356. 26.) LW 24/298 - 301. 27.) LW 25/358 und 369 f. 28.) LW 26/77. 29.) Ebd. S. 273. 30.) Ebd. S. 442 - 446, 471. 31.) LW 27/49. 32.) Ebd. S. 338. 33.) LW 29/42. 34.) Ebd. S. 330. 35.) LW 30/147. 36.) LW 31/391 und 393. 37.) Ebd. S. 405. 38.) Ebd. 427. 39.) LW 32/335. 40.) LW 33/488. 41.) Am 4. Juli 1917 ließ die Regierung Kerenski eine friedliche Demonstration von Arbeitern und Soldaten durch konterrevolu-tionäre Truppen zusammenschießen. Damit war die Möglichkeit eines friedlichen Übergangs der Macht an die Sowjets nicht mehr gegeben. Ab Juli herrschte eine konterrevolutionäre Militär-diktatur. Lenin setzte nunmehr den bewaffneten Aufstand, dessen Verbindung mit der Massen-bewegung der Arbeiter, Bauern und Soldaten, auf die Tagesordnung. Siehe hierzu Lenin: Die politische Lage, - Zu den Losungen, - Eine Antwort. LW 25/174 - 176, 181 - 139, 209 - 220. 42.) Siehe Geschichte der Kommunistischen Partei der Sowjetunion in sechs Bänden. Bd. III, 1. Buch, Moskau 1971, S. 219. (im weitern GKPdSU/6 genannt). 43.) SW 3/161. 44.) Ebd. S. 159 f. 45.) VI. Parteitag der SDAPR (Bolschewiki). Protokolle. S. 104 f. russ. Zitiert nach GKPdSU/6, III/1, a.a.O., S. 217. 46.) Ebd. S. 219. 47.) SW 3/172 f. 48.) SW 6/323 - 339. Trotzkis Theorie der “permanenten Revolution” ist nicht zu ver-wechseln mit der Forderung von Marx und Engels “...die Revolution permanent zu machen” aus dem Jahre 1850 in Auswertung der europäischen Revolutionsperiode 1848 - 1850. Bei Marx/Engels heißt es: “...Während die demokratischen Kleinbürger die Revolution möglichst rasch und unter Durchführung höchstens der obigen Ansprüche zum Abschluß bringen wollen, ist es unser Interesse und unsere Aufgabe, die Revolution permanent zu machen, so lange, bis alle mehr oder weniger besitzenden Klassen von der Herrschaft verdrängt sind, die Staatsgewalt vom Proletariat erobert und die Assoziation der Proletarier nicht nur in einem Lande, sondern in allen herrschenden Ländern der ganzen Welt so weit vorgeschritten ist, daß die Konkurrenz der Proletarier in diesen Ländern aufgehört hat und das wenigstens die entscheidenden produktiven Kräfte in den Händen der Proletarier konzentriert sind. Es kann sich für uns nicht um Veränderung des Privateigentums handeln, sondern nur um seine Vernichtung, nicht um Vertuschung der Klassengegensätze, sondern um Aufhebung der Klassen, nicht um Verbesserung der beste-henden Gesellschaft, sondern um Gründung einer neuen.” MEW 7/247 f. 49.) SW 6/327. 50.) Ebd. S. 324 f. 51.) Ebd. S. 327. Hervorhebungen im Original. 52.) Ebd. S. 329. 53.) Ebd. S. 331. 54.) Ebd. S. 332. 55.) Ebd. S. 334. 56.) Ebd. 57.) Ebd. S. 334 f. 58.)Ebd. S. 336. 59.) Ebd. 60.) SW 7/14. 61.) Ebd. S. 14 f. Stalin ließ in diesem Brief den folgenden Satz Lenins weg, den ich hier vollständig zitiere: “Das ist noch nicht die Errichtung der sozialistischen Gesellschaft, aber es ist alles, was zu dieser Errichtung notwendig und hinreichend ist.” LW 33/454. In der Polemik gegen Trotzki im Mai 1925 zitiert Stalin diesen Passus dann vollständig. SW 7/100. 62.) SW 7/15 f. 63.) Ebd. S. 94 - 104. 64.) Ebd. S. 96. 65.) Ebd. S. 96 f. 66.) Ebd. S. 98 - 101. 67.) Ebd. S. 101. (Lenin, Werke, 4. Aus-gabe, Bd. 27, S. 336. russ. In der deutschsprachigen Ausgabe konnte ich dieses Zitat nicht finden.) 68.) Ebd. S. 102. 69.) SW 8/10 - 81. 70.) SW 6/62 - 166. 71.) SW 8/54 und SW 6/94 f. 72.) SW 8/55. 73.) Ebd. S. 55 f. 74.) Ebd. S. 59 - 61. 75.) Ebd. S. 63. Siehe die KPdSU in R. u. B., a.a.O., V/250. 76.) SW 8/64 - 66. 77.) Ebd. S. 192 - 208. 78.) Ebd. S. 194 f. 79.) Ebd. S. 197. 80.) Ebd. S. 247. 81.) Ebd. S. 248. 82.) Ebd. S. 249. Pompadour: Typus eines bornierten und starrsinnigen Provinzgewaltigen aus dem Werk des russischen Satirikers Saltykow-Schtschedrin “Die Pompadoure und ihre Damen.” 83.) MEW 7/97. 84.) MEW 19/111. Es empfiehlt sich, den ganzen Brief zu lesen, S. 107 - 112. 85.) MEW 18/663 - 674. 86.) Ebd. S. 674. 87.) Ebd. S. 667. 88.) MEW 7/19 f. 89.) SW 8/250. 90.) Die KPdSU in R. und B., a.a.O., Bd. IV., S. 263. 91.) Ebd. Bd. V., S. 171. 92.) Deutscher, a.a.O., S. 209 f. 93.) SW 8/262. 94.) Die KPdSU in R. und B., a.a.O., Bd. IV, S. 246. 95.) SW 8/264. 96.) Ebd. S. 279. 97.) Ebd. 98.) Siehe Lenin: Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus. In: LW 22/189 - 309. 99.) SW 8/281. 100.) SW 8/283 101.) LW 21/409. 102.) SW 8/284 f. 103.) LW 9/74, 75, 87, 90. 104.) SW 8/292 - 297. 105.) Ebd. S. 297 - 313. 106.) Ebd. S. 297. 107.) Ebd. S. 293 f. 108.) Ebd. S. 299 - 301. 109.) Ebd. S. 301. 110.) Ebd. 111.) Ebd. S. 302. 112.) Ebd. S. 302 f. 113.) Ebd. S. 303. LW, 4. Ausgabe, Bd. 21, S. 381 f. russ. In der deutschsprachigen Ausgabe der Lenin-Werke habe ich diesen Artikel nicht gefunden. Er muß dem Kontext nach 1915 geschrieben worden sein. 114.) SW 8/304. Die KPdSU in R. und B., a.a.O., Bd. V., S. 250 f. Das Leninzitat siehe 2.2.1. Lenins Theorie vom Sozialismus in einem Land. 115.) SW 8/313 - 315 116.) Ebd. S. 316. 117.) Ebd. Siehe GKPdSU/6, a.a.O., Bd. IV/1, S. 387 - 396. Siehe Trotzkis Brief an die Oppo-sitionellen, September 1926. - Anlage zum stenographischen Protokoll der Sitzungen des Politbüros vom 8. und 11. Oktober 1926. 118.) Ebd. S. 391. 119.) Ebd. S. 389. 120.) Ebd. S. 393. 121.) Ebd. S. 396. 122.) SW 9/3 - 132. 123.) Ebd. S. 3 f. 124.) Ebd. S. 7 125.) Ebd. S. 8., MEW 35/374. Der Brief von 1885 in MEW 36/365. 126.) SW 9/18 - 20. 127.) Ebd. S. 22. 128.)Ebd. S. 24. 129.) GKPdSU/6, a.a.O., Bd. IV/1, S. 518 und 519. 130.) SW 9/33. 131.) Ebd. S. 44. 132.) Ebd. S. 45. 133.) Ebd. S. 47. 134.) Ebd. S. 48. 135.) Ebd. S. 49. 136.) Ebd. S. 114. 137.) Ebd. 138.) Ebd. S. 127. 139.) Ebd. S. 127 und 128. 140.) Ebd. S. 128. 141.) Ebd. S. 129 f. Siehe auch GKPdSU/6, Bd. IV/1, S. 512 - 522. 142.) Ebd. S. 517. 143.) Deutscher, a.a.O., S. 379. 144.) Ebd. 145.) SW 6/290 - 319. 146.) Ebd. S. 312. 147.) Ebd. S. 313. 148.) Ebd. S. 315. 149.) Ebd. S. 316. 150.) Ebd. S. 317. 151.) Ebd. Siehe Leo Trotzki: Über Lenin. Essen. Arheiterpresse, 1996, S. 112 f.; Die Kritik Stalins an diesem Buch ist noch sehr zurückhaltend. Lenin werden von Trotzki Äußerungen unterstellt, die er nicht belegen kann. 152.) SW 6/317. 153.) Ebd. S. 318. 154.) SW 7/306 - 340. 155.) Ebd. S. 330. 156.) Ebd. S. 333 f. 157.) Ebd. S. 339. 158.) Siehe Vereinigtes Plenum des ZK und der ZKK der KPdSU (B), 29. Juli - 9. August 1927. In: SW 10/3 - 74. 159.) Fremdwörterbuch des VEB Biblio-graphisches Institut, Leipzig 1954.; Friedhelm Hübner: Fremdwörterbuch. Deutsche Bibli-othek. (Bassermann-Ratgeber) Niederhausen/Ts. 1995. 160.) SW 10/46. 161.) Ebd. S. 47. 162.) Ebd. S. 51 f. 163.) Ebd. S. 72 f. 164.) Ebd. S. 133 - 145. 165.) Ebd. S. 138. 166.) Ebd. S. 141. 167.) Ebd. 168.) LW 36/577 - 596. Auf diese Briefe wurde bereits in dem Heft “Stalins Beiträge zur Theorie der nationalen Frage”, Schriftenreihe für marxistisch-leninistische Bildung der Kommunistischen Partei Deutschlands, Heft 86/1, Juni 2002, S. 33 und in “offensiv”, Zeitschrift für Frieden und Sozialismus, Heft 5/2002, S. 30 verwiesen. 169.) LW 36/580. 170.) Ebd. S. 578 und 580. 171.) A.G. Löwy: Die Weltgeschichte ist das Weltgericht. Leben und Werk Nikolai Bucharins, Wien 1969/1990, S. 193. 171 a.) Die Wahrheit über Stalin, Gespräch mit R.I. Kosolapow. Schriftenreihe..., a.a.O., S. 13 f. 172.) LW 36/579. 173.) Ebd. 174.) SW 10/150 f. 175.) Ebd. S. 151. 176.) Ebd. S. 153. 177.) Ebd. S. 155. 178.) LW 32/246. 179.) Ebd. S. 248. Dieser Absatz wurde auf Beschluß des Parteitages nicht veröffentlicht. Erst auf der XIII. Konferenz der KPR (B) am 17. Januar 1924 wurde er veröffentlicht. KPdSU in R. u. B., a.a.O., Bd. IV, S. 270. 180.) SW 11/280 - 284. Es handelt sich um eine Erstveröffentlichung, zu der kein Datum und kein Ort angegeben ist. 181.) Ebd. S. 260 f. 182.) KPdSU in R. u. B., a.a.O., Bd. VI, S. 331f. 183.) Ebd. Bd. VII, S. 96 f. 184.) SW 11/281 ff. 185.) Ebd. S. 283. 186.) Geschichte der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (Moskau 1959) Berlin 1960, S. 611. 187.) GKPdSU/6, Bd. IV/2, S. 296. Hier wird nur von “Umtrieben feindlicher Kräfte” gesprochen.; Geschichte der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (Moskau 1969) Berlin 1971, S. 535. Hier ist nur von einem Einzeltäter die Rede, der “erfüllt war von Feindschaft und Haß gegen die Partei und ihre leitenden Funktionäre, die konsequent die auf den Sieg des Sozialismus gerichtete Generallinie der Partei verfolgten.” Nach dieser Lesart hatte Stalin wohl mit der “Generallinie” nichts zu tun!? 188.) Geschichte der Kommunistischen Partei (Bolschewiki) Kurzer Lehrgang, 1938, Berlin 1946, S. 394 f. 189.) Siehe Schriftenreihe... Beiträge zur politischen Ökonomie das Sozialismus Heft Nr. 86 II - 2, Berlin, August 2002, S. 7 - 9 und S. 18 oder “Offensiv” Zeitschrift für Sozialismus und Frieden, 8/02, S. 41 - 44 und S. 50. 190.) SW 11/235. 191.) Ebd. S. 286. 192.) Ebd. 193.) Siehe Nikolai Bucharin: 1929 - Das Jahr des großen Umschwungs, Berlin 1991, S. 132 - 138. 194.) Ebd. S. 139 - 141. 195.) Ebd. S. 132 f. 196.) Ebd. S. 134. 197.) Siehe KPdSU in R. u. B., a.a.O., Bd. VII. S. 190 - 218. 198.) Ebd. S. 203. 199.) Siehe Über die rechte Abweichung in der KPdSU (B), In SW 12/1 - 95. 200.) Ebd. S. 32. 201.) Ebd. S. 33. 202.) Ebd. S. 39. 203.) Ebd. S. 54 - 56. Siehe auch Schriftenreihe... Beiträge zur politischen Ökonomie des Sozialismus, Heft 86/II - I, Abschn. III und IV. S. 20 - 47 oder “Offensiv”, a.a.O., S. 16 - 38. 204.) SW 12/270 f. 204 a). G.Le Bon: Psychologie der Massen, Stuttgart 1960, S. 102. Zit. nach W. Walther: Der andere Krieg, Leipzig 1983, S. 17. 205.) SW 14/132. 206.) Ebd. S. 136. 207.) Ebd. S. 138. 208.) Ebd. S. 140. 209.) Ebd. S. 210. 210.) Zitiert nach G.K. Shukow: Erinne-rungen und Gedanken, Bd. 1, Moskau 1969/Berlin 1970, S. 369 und 372. 211.) J.E. Davis: Als USA-Botschafter in Moskau. Authentische und vertrauliche Berichte über die Sowjetunion bis Oktober 1941. S. 210 und 211. Zürich 1943. 212.) SW 14/144 - 160. 212 a.) Siehe Anlage: Plenum des ZK der KPdSU (B), Januar 1938. 213.) SW 14/146 214.) LW 28/252 f.
|